Friedemann Weise – Das bisschen Content – 23.10.2024 – Düsseldorf
ZAKK, Düsseldorf
Vor etwa zehn Jahren habe ich zum ersten Mal Friedemann Weise live gesehen. Bis dahin hatte ich nur seine kurzen, schrägen Beiträge im Internet gesehen, die er selber produzierte und über die ich sehr lachen musste. Sein damaliges Programm „Der große Kleinkunstschwindel“ war sein erstes Solo-Bühnenprogramm. Es bestand aus vielen – sehr vielen – Witzen und Gags, lustigen Fotos und Diagrammen auf der Dialeinwand, vielen Liedern, die nur angefangen und sofort wieder abgebrochen wurden und einigen kompletten Liedern, die ich meist musikalisch gut, oft aber textlich zu „normal“ fand. Insgesamt ein sehr lustiges Programm, bei dem ich schnell erkannte: Der Herr Weise kann durchaus auch mal platte Witze machen, ist dabei aber sehr schlau. Und: Nicht alle kommen da mit. Und: Einige der Lieder könnten von mir aus auch wegbleiben, ohne dass ich sie vermissen würde.
In den zehn Jahren dazwischen habe ich ihn nicht aus den Augen verloren, aber es wird Zeit, mal wieder in ein Programm von ihm zu gehen. „Das bisschen Content“ ist sein viertes Soloprogramm, und dafür fahre ich nach Düsseldorf ins ZAKK. Das Publikum dort ist eher locker und lachbereit, das passt gut.
Auf der Bühne im ZAKK stehen eine Leinwand, ein Mikrofonständer und ein Klavier. Vor der Leinwand auf einem Tischchen ein seltsamer, beleuchteter Kasten. Als Friedemann Weise kommt, trägt er einen rosafarbenen Anzug mit T-Shirt und Turnschuhen – eine für ihn typische Kleidung, in der er nicht mal verkleidet wirkt. Schnell hat er ein älteres Paar in der ersten Reihe herausgesucht, die seine Frage bestätigen, dass sie in Düsseldorf wohnen. „Sie wohnen aber nicht in einer WG“, vermutet Friedemann Weise sehr sicher. „Wir sind hier in Düsseldorf. Vermutlich gehört Ihnen die ganze Straße.“ Er wendet sich erklärend ans Publikum: „Bei uns in Köln sagt man zu dem Bereich, in dem man wohnt ‚mein Viertel‘. Das meint man aber nur vom Gefühl her. Hier in Düsseldorf GEHÖRT einem das Viertel.“ Das Paar wird im Verlauf des Abends immer mal wieder angesprochen, vor allem wenn es um heutige Medien oder Computerbegriffe geht, die er ihnen extra erklärt. Das ist für alle anderen sehr lustig, die beiden lachen zum Glück auch.
Friedemanns Stimme ist an diesem Abend etwas angegriffen und klingt deutlich heiser. Das macht sie besonders beim Singen zur etwas tieferen, rauen Liedermacherstimme und klingt unerwartet sexy. Ein Schuss Leonard Cohen – der dann wieder im Kontrast zu den eher lustigen Texten steht. Und Lieder gibt es viele. Wie auch vor zehn Jahren schon musikalisch gut, im Gegensatz dazu aber textlich viel besser. Das freut mich sehr. Es sind kleine Geschichten, denen ich zuhöre und bei denen ich lachen oder gerührt gucken kann. Da fragt sich Friedemann Weise singend, was ein Bäcker zum Frühstück isst. Und weil der ja frühstückt, bevor er mit seiner Arbeit beginnt, muss es das Brot vom Vortag sein. Immer nur Brot vom Vortag – tragisch.
Zwischen den Liedern erzählt er. Ich liebe Sätze wie: „Die Uhr hat ein Ziffernblatt im zeitlosen Design“, die beim Publikum nur langsam reintröpfeln und manchmal vermutlich nicht mal ankommen. Er hat so schöne Wortspiele und Ideen, ich bin, wie immer, sehr entzückt. Das Publikum singt an den richtigen Stellen mit, kichert und giggelt den ganzen Abend über, bleibt aber bei den spontanen Reaktionen und Lachern eher leise. Keine Lachstürme, dafür am Ende der Nummer kräftiger Applaus. Das ist etwas ungewöhnlich für das ZAKK. Die Stimmung ist trotzdem sehr gut, auch wenn sie wenig zu hören ist. Friedemann kommentiert es mit: „Düsseldorf. Da hält man sich vornehm zurück.“
Bei den Zwischenmoderationen ist er locker und souverän, geht auf die Zuschauer ein und reagiert schlagfertig. Das macht Spaß. Die ganze Zeit ist er dabei so lebendig, dass er die volle Aufmerksamkeit behält. Die geht höchstens mal auf seinen Spielpartner „Friedemännchen“ über, der in der kleinen Box sitzt und zwischendurch per Video zugeschaltet wird. Die Unterhaltungen der beiden laufen verblüffend gut und in perfektem Timing. Normalerweise nerven mich quäkend verfremdete Stimmen sehr schnell, hier nicht. Zu Friedemännchen passt sie, der ist total niedlich.
Auch wenn ich den Lieder jetzt gerne zuhöre und es immer wieder witzige Zwischenmoderationen gibt, fehlen mir etwas die vielen blödsinnigen, oft kurzen, aber auch mal längeren Geschichten. Da britzelt mein Hirn und muss schnell schalten und das mag es. Nur einmal setzt sich Friedemann ans Klavier, spielt untermalende Akkorde und haut dabei eine Reihe von kurzen Geschichten und Gags raus, die das Publikum zu noch mehr Gekicher und Gegiggel bringen. Um mich herum krümmen sich viele Zuschauer lachend, bleiben dabei aber weiterhin nur halblaut. Ich grinse breit und genieße die Schnappatmungsgags.
Gegen Ende kommt „Eine kurze Geschichte der Zeit“ – das Lied, das ich immer schon großartig fand, „Die langsamste Pizzeria der Welt“ – schon der Titel ist klasse, dann spielen Friedemännchen in der Box am Schlagzeug und Friedemann auf der Bühne an der Gitarre sogar ein Lied gemeinsam. Ein perfektes Duo.
Ich gehe gut gelaunt nach Hause. Das war ein schöner, kurzweiliger Abend. Für mich könnten das spontane Erzählen und die schrägen Gags gerne noch etwas mehr Platz im Programm bekommen. So halb Lieder und halb Gags und erzählte Geschichten fänd ich eine gute Mischung. Grinsen, gerührt sein, schnell schalten, entspannt zuhören, mitsingen und Lachtränen weinen – das alles geht bei Friedemann Weise.