Friedemann Weise – Kleinkunstschwindel – 29.10.2015 – Bonn
Pantheon, Bonn
Neun Monate nach meinem ersten Besuch bei Friedemann Weise, sah ich mir sein Programm „Der große Kleinkunstschwindel“ im kleinen Casino des Bonner Pantheons an. Zu meiner Verwunderung waren nicht viele Zuschauer da, obwohl er noch im Mai im Finale des Prix Pantheons gestanden hatte. Hätte in Bonn darum eigentlich anders aussehen sollen. Aber vielleicht lag es am Wetter, fehlender Werbung oder sogar am Spielort, den ich zwar sehr faszinierend fand, der tief im Keller unter einem riesigen Hochhaus aber auch etwas Unheimliches hatte.
Ich war gespannt, ob sich am Programm und vor allem am Auftritt des Künstlers etwas geändert hatte. Ja, hatte sich! Vom Programm kannte ich natürlich einiges, aber ich konnte immer noch darüber lachen und es waren erstaunlich viele neue Sachen dabei. Der Abend war von Anfang bis Ende sehr kurzweilig und abwechslungsreich. Und Friedemann Weise, der Mann, der seine Gags früher am Schreibtisch und vor der Videokamera machte und sein Publikum vorwiegend über die Distanz des Internets erreichte, zog sich auf der Live-Bühne nicht mehr in seinen Schutzbereich zurück, sondern sprach das Publikum an, hatte Blickkontakt und war lässig cool. Es machte großen Spaß, und jetzt war auch das Gemeinschaftsgefühl zwischen Künstler und Publikum da.
Sehr locker machte er Bemerkungen zu den wenigen Zuschauern, – er hatte sicher mehr erwartet -, aber genau dieser offene, witzige Umgang mit seiner eigenen Enttäuschung brachte Nähe. Und das Publikum, das damit sofort auf seiner Seite war, klatschte umso heftiger, um die fehlende Masse auszugleichen. Er sagte: „Ihr gehört nachher zu den Leuten, die sagen können: Den haben wir schon gesehen, da ist er noch vor ganz wenigen Leuten im Pantheon Casino aufgetreten!“, und lobte: „Ihr klatscht als ob ihr mehr als vier Zuschauer wärt!“, dabei waren es dann doch deutlich mehr als vier.
Mir gefiel sehr, wie offen und souverän Friedemann Weise jetzt auf der Bühne wirkte. Immer noch war er ganz ungefährlich und eher schutzbedürftig, aber das passte gut zu seiner eigenen Komikwelt, in der er herumsprang. Auch dass er das Publikum mal siezte und mal duzte war vielleicht keine Absicht, wirkte aber nett und ein wenig planlos. Der Blickkontakt in wechselnde Richtungen war klasse und brachte eine schöne Verbindung, und wenn er beim Singen plötzlich rief: „Tisch 1 singt den Refrain mit!“, zuckten die Leute an Tisch 1 zwar mal kurz, lachten dann aber so vergnügt wie alle anderen los, weil klar war, dass das niemand tun MUSSTE. Er machte zwar manchmal Hammer-Gags, aber er tat keinem persönlich weh. Das würde auch überhaupt nicht zu ihm passen.
Ich hatte sehr viel Spaß, lachte den ganzen Abend über und fand sogar die Lieder witzig. Waren sie witziger als im Januar oder waren meine Erwartungen an den Text niedriger? Vielleicht war auch die Performance lockerer und dadurch wirkte alles leichter und humorvoll überspitzt. Gitarre spielen konnte er auf jeden Fall klasse. Auch die spontanen Bemerkungen waren sehr gut. Als Friedemann Weise versehentlich seine Wasserflasche vor der Linse des Beamers abgestellt hatte und einen Schreck bekam, als er unerwartet auf ein verschwommenes Bild sah und zunächst gar nicht wusste, was der Grund dafür war, ging er nicht einfach darüber hinweg, sondern kommentierte es witzig. Das Publikum lachte vergnügt und mochte ihn dafür. Am Ende gab es viel Applaus für einen richtig schönen Abend.
Fazit: Hohe Gagdichte. Schön schräg. Wird nicht jedem gefallen, aber wem es gefällt, dem richtig. Mir zum Beispiel.