Rainald Grebe – Die Band – 27.03.2023 – Düsseldorf
Düsseldorf, Zakk
Am Abend tritt Rainald Grebe im Düsseldorfer Zakk auf. Mit Band. Ich freue mich sehr, bin aber auch etwas wehmütig, denn Martin Brauer, der ein wichtiger Teil der „Kapelle der Versöhnung“ war, ist nicht mehr dabei. Er starb unerwartet im Februar 2021. Erst gab es keine Band mehr, jetzt doch wieder – mit dem „neuen Trommler“, „Onkel“ aus Berlin. Und mit Marcus Baumgart an der Gitarre und Serge Radke am Bass, die ich seit Jahren in Bandbegleitungen von Rainald kenne. Ohne Martin, was ein seltsames Gefühl ist. Als wäre etwas falsch.
Dass Rainald überhaupt wieder im Zakk auftritt, ist großartig, denn genau hier hatte er vor sechs Jahren seinen ersten Schlaganfall, der ihn abrupt stoppte und es sehr fraglich machte, ob er wieder würde auftreten können. Zum Glück und zu meiner großen Freude macht er das inzwischen wieder.
Von Anfang an empfinde ich den Abend als „Feuerwerk“. Als müsse Rainald verlorene Zeit aufholen, bringt er in hohem Tempo lange Texte, singt textlich dichte Lieder und scheint vor Energie zu sprühen. Wobei ich mich verwundert frage, warum es ausgerechnet, wenn das Gedächtnis und das Sprachzentrum noch leichte Probleme haben, Lieder mit extrem viel Text in großer Schnelligkeit sein müssen. Aber vielleicht gerade darum. Grenzen überschreiten, sehen, was geht. Und es geht. Er erzählt, plaudert, singt und lacht, und das Publikum freut sich darüber.
Manchmal hält Rainald beim Singen Zettel mit ausgedrucktem Text in der Hand, auf die er hin und wieder kurz guckt, was überhaupt nicht stört, aber zeigt, dass das Gedächtnis noch nicht immer so verlässlich schnell wie gewohnt ist. Aber die Show läuft durch und ich kann oft abschalten, zuhören und völlig darauf vertrauen, dass es Rainald gerade gut geht. Beim Zakk ist das das schwieriger als an anderen Orten, denn hier ist das Wissen um seinen Schlaganfall präsenter.
Dass ich bei jeder kurzen Textpause sofort hochschrecke und mir kurz Sorgen mache, kann ich nicht abstellen. Dabei ist das ja gar nicht meine Sache. Aber Rainald Grebe hat mich in meiner eigenen Entwicklung sehr beeinflusst und ist mir nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch wichtig. Von daher ist es dann doch meine Sache. Umso schöner, dass ich das Gefühl habe, dass alles gut läuft.
Aus der mir so vertrauten „Kapelle“ mit Rainald, Martin und Marcus, die einen ganz eigenen Stil hatte und die ich immer sehr fasziniert angehört habe, ist jetzt die vierköpfige „Band“ geworden. Bei den ersten Liedern denke ich: „Ach, siehste, geht auch“, aber dann vermisse ich das wunderbare, sehr feinfühlige, immer wieder die Rhythmen wechselnde Schlagzeugspielen von Martin doch. Der „Onkel“ ist ein sehr guter Schlagzeuger, aber er macht gerne einen Klangteppich aus vielen Schlägen, bei dem ich froh bin, dass Marcus, der Gitarrist, mit einem gleichmäßigen Schlag ein beruhigendes Grundgerüst gibt. Der Schlagzeugsound ist jetzt lauter, dichter und fast schon übervoll und das Schlagzeug eher ein dominantes Soloinstrument. Mir ist das für Rainaldlieder etwas zu viel, ich mochte das musikalisch harmonische Ineinanderflechten von Martin, Marcus und Rainald sehr. Aber das Leben ist Veränderung und ich genieße den Abend und freue mich, dass er stattfinden und ich dabei sein kann.
Am Ende gibt es viel Applaus und Gejubel. „Die Band“ ist wieder da. Und Rainald hat den Abend an dem Ort, der auch bei ihm sicher eine besondere Erinnerung auslöst, gut und ohne neue Beeinträchtigungen überstanden. Sehr gut.