Cover me 2006 - 30.11.2006 - Köln

E-Werk, Köln

Mit Dirk Bach, Laith Al-Deen, Gabi Decker, Bernd von Fehrn, Mike Leon Grosch, Bernhard Hoecker, Uwe Kröger, Maren Kroymann, Ralph Morgenstern, Alexa Phazer, Edda Schnittgard, Barbara Schöneberger, Juliette Schoppmann, Birgit Schrowange, Hella von Sinnen, Georg Uecker, Isabel Varell, Jasmin Wagner, Lilo Wanders, Pe Werner, Begleitagentur, Background Allstars, Pretty Ugly Dance Company

‘Cover me’, das jährlich stattfindende Benefizkonzert für die AIDS-Hilfe, hatte Geburtstag. Es wurde 5 Jahre alt, also ein halbes Jahrzehnt. Das war ein Grund zum Feiern, was bei dieser Veranstaltung nicht schwer fiel, denn die Beteiligten fühlten sich sowieso alle wie auf einer aufgedrehten, prickelnden Party. Die Idee von ‘Cover me’ war, dass an diesem Abend viele Künstler vor Publikum ihre Lieblingslieder sangen und die Einnahmen an das Lebenshaus in Köln gingen. So eine Art der Veranstaltung war prinzipiell schon mal eine gute Idee und konnte nett werden, bei ‘Cover me’ war es immer ein überschäumendes, energiegeladenes, ansteckend fröhliches, grandioses Erlebnis, das Planer, Mitarbeiter, Künstler und Zuschauer gleichermaßen mitriss.

Wie in jedem Jahr freute ich mich kurz vor Beginn der Show über die gelungene Mischung. Künstler, Organisierer und Helfer saßen quer durcheinander im Backstagebereich, und in Foyer und Zuschauerraum gab es ein buntes Durcheinander von Schwulen, Lesben und Heteros, mal in Jeans, mal in festlichem Outfit, dazwischen sexy aufgebrezelte Travestie-Damen, die mithilfe halsbrecherischer Highheels und unglaublich langen Beinen an die Zwei-Meter-Marke kamen, biedere, ältere Ehepaare und aufgeregt kichernde Teeniefangruppen, die Fotos ihrer Stars bereit hielten. Dieses akzeptierende, wohlwollende, friedliche Miteinander war es, das ich so toll fand. Jeder passte in diese Veranstaltung, keiner fühlte sich am falschen Ort.

Der Konzertabend begann mit einem Vorfilm, der in kurzen Ausschnitten die Auftritte der Künstler beim letzten ‘Cover me’ zeigte. Das brachte sofort die richtige Stimmung in den Saal und es wurde - je nach Lied und Künstler - andächtig gelauscht, bewundernd gestaunt oder vergnügt gelacht. Als das letzte Bild abgeblendet wurde, begann erwartungsvolles Gejohle, und aus dem Dunkel kam die laute Stimme von Dirk Bach: “Willkommen bei Cover me 2006!”

Sofort setzte die Liveband ein, das Bühnenlicht ging an und zwei langhaarige, glitzernd gekleidete Gestalten, die dem Publikum die Rücken zuwandten, waren zu sehen. Eine der Gestalten war schmal und lang, die andere kleiner und runder. Das Lied war “I was made for loving you” von KISS und als die beiden tanzenden Gestalten sich umdrehten, waren es Barbara Schöneberger und Dirk Bach.

Der Publikumsjubel ging los und es war nicht ganz eindeutig, ob er sich nur auf die beiden Akteure bezog, oder auch auf die zeitgleich auf der Bühne emporspritzenden Feuerwerksfontänen. Ich würde eher auf die beiden Personen tippen, denn sie sahen heiß aus. Nicht nur die weiß geschminkten Gesichter mit den schwarzen Sternern über den Augen waren Hingucker, sondern auch die hautengen Lederanzüge, die bei Barbara Schöneberger eine tolle Figur und bei Dirk Bach einen unbedeckten, faltenfreien, silbern glitzernden Bauch zeigten. Beide hatten die gleiche dunkellockige Haarpracht, und während Dirk Bach sowohl an seiner Figur wie auch an seiner Stimme zu erkennen war, löste das Erscheinen von Barbara Schöneberger bei einigen Zuschauern vermutlich fragende Blicke aus, denn sie war weit schwieriger zu identifizieren.

Beide rockten über die Bühne, die Begleitagentur machte die perfekte Musik dazu und die Show ging sofort mit voller Energie ab. Ein toller Konzertbeginn! Das Publikum jubelte beim letzten Ton begeistert los und zeigte, dass im Saal volle Aufmerksamkeit und gute Stimmung herrschte. Barbara freute sich sichtlich über den gelungenen Auftakt und lachte fröhlich, während Dirk Bach etwas zurückhaltender blieb und stattdessen Luft holte. Die brauchte er auch, um dann laut die Moderatorin des Abends anzukündigen: “Hier ist Hella von Sinnen!”

Hella kam in weißem Overall mit auffallender Karrikaturzeichnung, und während Barbara Schöneberger und Dirk Bach abgingen, erzählte sie dem Publikum: “Ihr glaubt nicht, was los ist. Hinter der Bühne, in den Garderoben. Alle üben ihre Lieder, alle üben ihre Einsätze, alle sind hochhysterisch. Wir denken mit Tränen in den Augen an die Anfänge vor fünf Jahren in den Vulkanhallen zurück: Eine Hand voll Freunde sang für eine Hand voll Freunde eine halbe Stunde, danach haben wir alle getanzt. Jetzt ist ein dreistündiges Konzert daraus geworden, mit hochprominenter Unterstützung, mit Popstars, aber auch mit den Paten der ersten Premiere.”

Sie dankte freudig der Begleitagentur, die als wunderbare Liveband diese Auftritte erst möglich machte und das Publikum klatschte zustimmend los. Besonders diejenigen, die die Begleitagentur schon in den letzten Jahren erlebt hatten und wussten, dass sie alle Musikrichtungen perfekt begleiten konnten und wertvolle Partner für die auftretenden Künstler waren. Auch die drei Backgroundsänger Michel, Lisa und Maria wurden beklatscht, die sich vor drei Jahren als einzige Musikstudenten auf einen Aushang gemeldet hatten, mit dem Backgroundsänger für ‘Cover me’ gesucht wurden, die ohne Honorar arbeiteten. War ja schließlich eine Benefiz-Veranstaltung, bei der es keine Honorare gab. Seitdem begleiteten sie die Konzerte für die Ehre und mit viel Spaß.

Hella von Sinnen bedankte sich auch bei den drei Gebärdendolmetscherinnen Marion, Tanja und Asta, die abwechselnd alle Beiträge simultan für die vielen anwesenden Gehörlosen übersetzten. Sofort nutzte sie die Möglichkeit und wollte wissen, wie der Name “Hella von Sinnen” übersetzt wurde. Die Gebärdendolmetscherin formte mit den Fingern blitzschnell H E L L A als Buchstaben, setzte eine kurze Handbewegung daran, die das “von” zeigte, tippte sich an den Kopf und drehte den Finger mit einer schnellen Bewegung weg. Hella von Sinnen guckte etwas enttäuscht. “Mmh, von Sinnen”, sagte sie und wiederholte das Tippen an den Kopf, so wie sie es gesehen hatte. “Ich dachte, es wäre mehr so....” und sie zappelte mit den Armen, wackelte mit dem Kopf und schielte. Das Publikum fand beide Varianten lustig und amüsierte sich lachend.

Maren Kroymann kam in glitzerndem, schwarzen Kleid auf die Bühne, sah mit toupierten Haaren und dunklem Lidstrich stilistisch wie aus den 6oern aus und sang “Little by little”, von Dusty Springfield aus den 60ern. Sie sah elegant, damenhaft und überhaupt sehr gut aus, sang wunderbar locker swingend, Saxophon und Trompete gaben passende Bläsereinsätze. Sehr schön.

Winkend verschwand Maren Kroyman unter dem lauten Applaus des Publikums, das Mikrofon wurde schnell weggeräumt und die Begleitagentur begann sofort mit dem nächsten Lied. Das war in der Musikrichtung weniger swingend, klang fast wie aus den deutschen 30er-Jahren, und nach den ersten Takten kam Lilo Wanders mit rotem Kleid, rotbraunen, langen Haaren, forschem Schritt an und sang “So ein Mann”, den Klassiker von Margot Werner.

Das Publikum klatschte hingerissen im Takt mit und jubelte auf, als im letzten Refrain ein spärlicher bekleideter junger Mann auf der Bühne erschien, dessen leicht glitzernder Körper ein muskelaufbauendesTraining erkennen ließ und der Lilo Wanders mal eben auf den Arm nahm - wobei er so viel Schwung hatte, dass sie fast nach hinten überstürzte. Das löste nicht nur beim Publikum eine Schrecksekunde aus. Dann trug er sie lächelnd im Rhythmus des Liedes über die Bühne. Als er sie am Ende absetzte, gab es eine weitere Schrecksekunde, weil er einen schnellen Schritt nach vorne machte, aber lächelnd hatte er alles im Griff.

Hella von Sinnen kam hinzu, rief: “Lilo Wanders!” und erklärte, indem sie auf den netten Muskelmann zeigte: “Und das Leckerchen hier ist Kersten.” Sie zeigte in Richtung seiner engen, knappen Hose, die einen glitzernden Gürtel hatte und fragte: “Ist das alles echt hier, Schatz?”, und die interessierten Zuschauer mussten selber ahnen, ob sie die Hose, die Glitzersteine oder etwas anderes meinte. “Das IST echt!” betonte Lilo Wanders sofort, woraufhin Hella grinste: “Ach, du hast es alles schon ausprobiert?”

Als nächsten Programmpunkt kündigte Hella von Sinnen einen “jungen Mann” an, “der zwei Idole hat. Das eine ist Lenny Krawitz...”. Kaum hatte sie das gesagt, ertönten einige spitze Schreie im Publikum, was darauf schließen ließ, dass jugendliche Fans im Publikum waren, die schon genau wussten, wer “zwei Idole hatte, von denen eins Lenny Krawitz war”.

Das fand ich so wunderbar an “Cover me”, dass alle Arten von Zuschauern im Saal saßen und manchmal eben auch Gruppen von aufschreienden Teenies, die jedes auftauchende Fitzelchen ihres Stars, sei es im Filmbild oder als Name, bejubelten. In diesem Fall war es Mike Leon Grosch, der schon bei der Nennung seines Idoles bejubelt wurde und der übrigens als weiteres Idol Laith Al-Deen hatte, der zufällig auch an diesem Cover-me-Abend auftrat. Im März 2006 war Mike Leon Grosch Zweiter bei ‘Deutschland sucht den Superstar’ geworden, und auch wenn ich den sogenannten ‘Superstars’ und ihrem schnellen Verheizen sehr skeptisch gegenüber stand, wusste ich, dass er wirklich gut singen konnte.

Der Schlagzeuger begann mit einem treibenden Rhythmus und Lenny Krawitz kam mit umgehängter Gitarre auf die Bühne und war natürlich nicht Lenny Krawitz, sondern Mike Leon Grosch. Aber in dieser Kleidung, mit dichtem, schwarzen Kraushaar und Sonnenbrille hätte ich den nie erkannt. Sehr rockig sang er “Are you gonna go my way” - das natürlich von Lenny Krawitz war. Er röhrte ins Mikrofon, benahm sich hart und rockig und ich fand’s klasse, auch wenn das sonst gar nicht meine Art von Musik war. Leider legte Mike Leon Grosch die gut aussehende Gitarre zur Seite, ehe er darauf gespielt hatte, zog dafür aber den Mantel aus und sang im Unterhemd weiter. Manchmal stieß er schreiende Töne aus, die wahrscheinlich stimmgefährdend waren, aber richtig schön rotzig rüberkamen.

Ich wunderte mich fast, dass er während des letzten langen Abschlusstons nicht die Gitarre nahm und unter der Begleitung des hämmernden Schlagzeuges mehrfach in einen der Verstärker haute, denn das hätte vom optischen und musikalischen Konzept her sehr gut gepasst, aber die war vermutlich Dekoration und musste zurückgegeben werden. Abgesehen vom Verstärker, der ja auch einen Besitzer hatte.

Kontrastprogramm. Gerade war Mike Leon Grosch unter lautem Jubel von der Bühne gegangen und dem Publikum dröhnten noch die Ohren, da kam lang und schmal Ralph Morgenstern in die Mitte gehuscht, stellte einen Mikrofonständer ab und murmelte: “Mit Umbauverpflichtung hier.” Die Zuschauer erkannten ihn plötzlich und freuten sich laut. Bis dahin hatten sie ihn vermutlich mehrheitlich für einen der schnell huschenden Umbauhelfer gehalten. Er drehte sich zur Band um und forderte sanft und mit übertrieben deutschem Akzent: “Jungs, rockt se Haus!”, was diese sofort machten. Diesmal aber anders als bei Lenny Kravitz. Klimpernde Klaviertöne erklangen und Ralph Morgenstern begann ruhig und zurückhaltend mit der ersten Strophe des Liedes: “Ich liebe das Leben” von Vicky Leandros.

In den Refrains änderte sich die Stimmung allerdings und die Stimme wurde kraftvoll und strahlte große Energie aus, was auch zur Aussage passte. Sehr klasse! Die Zuschauer machten klatschend und zum Teil laut singend mit, so dass die Refrains wie anfeuernde, aus tiefem Herzen gemeinte Hymnen rüberkamen.

Ich mochte Ralph Morgenstern sehr und fand es schön, wie natürlich, freundlich und herzenswarm er immer rüberkam. Außerdem “kannte” ich ihn schon seit vielen Jahren, weil er ganz früher mal, um genauer zu sein, vor mehr als 25 Jahren, in einem Laden jobbte, in dem ich zu dieser Zeit öfter einkaufen ging. Bei Problemen - die dort immer auftauchten - versuchte ich zwischen den langen Regalen meinen mir namentlich unbekannten “Lieblingsverkäufer” zu finden und ihm Fragen zu stellen wie: “Kannst du mir bitte sagen, wo ich PL 70621 finde?” Und er war - im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen - immer außerordentlich nett, freundlich, hilfsbereit und ging mit mir zusammen bis zum richtigen Fach. Ich fand ihn damals schon total nett, und die großen Augen, die ich machte, als ich meinen “Lieblingsverkäufer” etwas später als Schauspieler sah, rührten auch aus der Erkenntnis, das er mir wohl endgültig als Einkaufshilfe verloren gegangen war. Aber kein Wunder, dass ich mich jetzt noch freute ihn zu sehen, auch wenn ich ihm nicht mehr so seltsame Fragen stellte.

Begeisterte Pfiffe und Jubel ertönten anschließend vom Publikum, und Hella von Sinnen eilte aus den Kulissen, um Ralph Morgenstern ein wenig konsterniert vorzuhalten, dass sie ihn gerne ohne Bärtchen, dafür im Kleid als Vicky Leandros gesehen hätte. Er warf einen Blick auf ihren Overall und meinte nur: “Ich dachte mir, wenn DU schon einen Anzug anhast, dann komm ich auch im Anzug!” Ausnahmsweise konnte Ralph Morgenstern nicht bis zum Finale bleiben, weil er Aufnahmen hatte, und Hella von Sinnen erinnerte das an “Wetten, dass?”, wo die Stars auch alle nach ihrem Auftritt abdüsten. Sie verabschiedete ihn freundlich zum Flieger nach Berlin und kündigte danach eine schrille Nummer an, bei der “sechs Pussycats auf die Bühne kommen, aber nur zwei Pussys”. Etwas mysteriös, aber das Publikum begriff sofort, als die Darsteller erschienen.

Knapp, schwarz und sexy gekleidet, langhaarig und mit lasziven Bewegungen kamen fünf mehr oder weniger langbeinige Wesen auf die Bühne und besetzten die dort stehende Barhocker. Bernd von Fehrn, Dirk Bach und Georg Uecker erkannte ich sofort, Isabel Varell auch, die war eine der beiden Frauen - und die andere? Rasant ging ich die Künstlerliste im Kopf durch, aber ich fand keine, die ich in dieser zierlichen, hübschen Frau wiedererkannte. Wer war sie?

Bernd von Fehrn sang die Leadstimme bei “Don’t cha” der Pussycat Dolls und weil die anderen immer zusammen im Chor sangen, konnte ich die zweite Frau nicht mal an der Stimme erkennen. Erst als sie mit vermeintlich weichen, dann aber doch etwas ungeübten und viel zu großen Schritten quer über die Bühne ging, guckte ich plötzlich sehr aufmerksam. Konnte das sein? Das gab’s doch nicht! Oder? Aber klar! Die Frau war Bernhard Hoecker! Ich war verblüfft. So also konnte man aus kleinen, superschlauen Männern zierliche, hübsche Frauen machen!

Bevor ich mich von meiner Überraschung erholt hatte, kam Edda Schnittgard auf die Bühne und rappte im Zwischenteil mit vollem Tempo los. Danach ging sie zügig ab, während die anderen sich wechselnd mit erotischen Bewegungen ansangen und sichtlich Spaß am Lotterleben hatten.

Ich fand übrigens Bernd von Fehrn mit seinen langen Beinen und den lasziven Bewegungen sehr sexy, einige der im Saal anwesenden Männer fanden vielleicht Isabel Varell besser. Oder Bernhard Hoecker, je nachdem, ob sie ihn schon erkannt hatten. Und vielleicht dann erst recht.

Am vorderen Bühnenrand legte sich der singende Georg Uecker programmgemäß lässig auf den Boden und Isabel Varell nutzte die Chance sich showmäßig an ihn ranzumachen. Knisternde Erotik zog durch den Saal - bis Isabel beim Aufstehen mit dem Fuß zu nah an den Rand kam und plötzlich gemeinsam mit Georg Uecker über den Bühnenrand stürzte. Es ging etwa 1,40 m runter und sie landeten unsaft auf dem Boden. Sehr erschrocken eilten die Kollegen oben an den Bühnenrand, um zu sehen, ob den beiden etwas passiert war, sangen dabei aber - ganz die Profis - weiter. Wobei ich das Gefühl hatte, dass sie nicht sangen, um das Lied zu retten, sondern weil ihnen vor Schreck nichts anderes einfiel. Und zum Glück rappelten sich auch die beiden Absturzopfer schon wieder auf, griffen zu ihren Mikros und sangen aus dem Zuschauerraum heraus mit.

Als das Lied nach den nächsten Refrains beendet war, konnten die auf der Bühne verbliebenen Pussycats den Applaus gar nicht genießen, sondern guckten ziemlich hilflos auf die beiden Kollegen, die über eine Box etwas mühsam wieder auf die Bühne kletterten. “Helli, hilf!”, flehte Bernd von Fehrn nach der Moderatorin, was besonders rührend war, weil er ansonsten derjenige war, der alles organisierte und alle Probleme löste. Georg Uecker wandte sich erklärend an das Publikum: “Ich möchte betonen, dass ich nur in der Rolle tablettensüchtig bin!” und spielte damit auf die ‘Lindenstraße’ an, in der er einen tablettensüchtigen Arzt spielte.

Etwas konfus ging der gemeinsame Abgang von der Bühne vor sich, denn der Auftritt war am Ende anders abgelaufen, als er geplant gewesen war, aber allen war die Erleichterung anzusehen, dass nichts Schlimmes passiert war.

Sofort ging es seriöser weiter. Die Bühne wurde dunkel, sanfte Trompetentöne begannen mit einem Intro, und Gabi Decker kam in die Bühnenmitte, wo sie von einem hellen Strahler optisch aus dem Dunkel hervorgehoben wurde. Ein wunderschönes Bild - großes Lob auch an die Lichttechniker. Und eine tolle Stimme! Gabi Decker war im letzten Jahr ganz kurzfristig für eine erkrankte Kollegin eingesprungen und hatte mich da schon mit ihrer Stimme nicht nur überrascht, sondern fast vom Hocker gehauen. Sie sang diesmal das jazzig-melancholische “Mad about the boy” von Dinah Washington und hätte damit auf jede amerikanische Showbühne gehen können. Das i-Tüpfelchen war der tiefe, gar nicht damenhafte Schluck aus dem mitgebrachtem Glas. Sehr klasse, der ganze Auftritt!

Das Publikum applaudierte dröhnend, und Hella von Sinnen kam auf die Bühne und rief freudig aus: “Sensationell!” Etwas verlegen dankte Gabi Decker als Hella sagte: “Wir können uns ein Cover-me-Konzert ohne deine sensationelle Stimme nicht mehr vorstellen”, und als es hieß: “Du singst wirklich phantastisch”, betonte sie sofort abwehrend: “Wir singen ALLE phantastisch” und wies dabei bescheiden auf ihre Kollegen hin.

Als nächste Nummer gab es ein Lied von Brigitte Bardot, “Ne me laisse pas l’aimer”, das französisches Flair brachte und von Jasmin Wagner gesungen wurde. Die war früher als ‘Blümchen’ unterwegs gewesen, hatte mit dem Größerwerden aber ihren Namen geändert, was auch viel besser zu ihrer jetzigen Erscheinung passte. Groß, schlank, hübsch kam sie in Minikleid und Stiefeln ans Mikrofon geeilt und hatte sicherheitshalber den französischen Text auf einem Notenständer liegen, in den sie während des Singens spingsen konnte. Die meisten Zuschauer würden es aber vermutlich nicht mal bemerkt haben, falls es Sprach- oder Auspracheprobleme gegeben haben sollte. Ich übrigens auch nicht.

Ehe Jasmin Wagner im Applaus von der Bühne eilen konnte, fing Hella von Sinnen sie ein und erkundigte sich mit etwas fassungslosem Unterton, wer damals auf die Idee des Namens ‘Blümchen’ gekommen sei. “Meine Mutter hat ihn erfunden, darum sind Sprüche dagegen absolut verboten”, betonte Jasmin Wagner, und Hella von Sinnen zuckte sofort zurück und fand den Namen gar nicht mehr blöd. “Freunde nennen mich inzwischen Frau Blume”, verriet das frühere ‘Blümchen’, was Frau von Sinnen sofort an ‘Blume’, das Stinktier von ‘Bambi’ denken ließ. “Ist es nicht unser aller Liebling?”, konterte Jasmin Wagner, und verriet außerdem, dass sie nicht gut Französisch sprechen könne. “Ich hoffe, das hat man nicht so bemerkt. Ich habe einfach alles vernuschelt, was ich nicht konnte.”

Mit Pe Werner und Juliette Schoppmann kam ein Duo auf die Bühne, das schon in den letzten Jahren mit gemeinsamen Auftritten bei Cover me Begeisterung ausgelöst hatte. Juliette Schoppmann, die auch mal Zweite bei ‘Deutschland sucht den Superstar’ (2003) gewesen war, konnte sehr soulig singen und passte damit wunderbar zur tollen Stimme von Pe Werner. Sie sangen “Right here waiting” und animierten das Publikum den Refrain in verschiedenen Stimmen zu unterstützen.

Im Prinzip war das einfach, denn die Melodie war bekannt, aber leider war das Singen in verschiedenen Stimmen nicht so einfach, denn es war schwer die frisch eingeübte Tonfolge im Kopf zu behalten, wenn die nächste Gruppe eine andere Stimme einübte, die ebenso eingängig war. Am Ende sangen viele Zuschauer einfach irgendeine Stimme mit, was ganz gut funktionierte, auch wenn der Sound von der Bühne, besonders vom Backgroundchor, so laut war, dass man das Publikum kaum hören konnte. Aber egal, einfach dranhängen und mitmachen.

“Wir werden die beiden heute Abend noch sehen, keine Sorge!” versprach Hella von Sinnen dem aufgedrehten Publikum und kündigte als Hinweis zur folgenden Nummer an: “Keine Cover-me-Party ohne ABBA”, was erneut Begeisterung auslöste.

Bernhard Hoecker, der diesmal wie Bernhard Hoecker aussah und auch von mir sofort erkannt wurde, sprang auf die Bühne und war ABBA. Also, er sang ABBA-Melodien, hatte dazu aber Texte von deutschen Kinderliedern, was irgendwie nicht passte und darum besonders schräg war. Mit französischem Kinderliedertext wäre das vermutlich kaum einem aufgefallen, aber die deutschen Texte waren so vertraut, dass einen besonderen Reiz hatte, die so ernsthaft auf bekannte Melodien zu hören. Theatralisch sang er vom Fuchs, der die Gans gestohlen hatte, von den schwimmenden Entchen und vom Kuchen backen und hüpfte dabei je nach Lied über die Bühne oder blieb balladig ergriffen am Platz stehen.

“Erzähl mir mal, wie du auf die Idee gekommen bist”, forderte ihn Hella danach zu einer Erklärung auf. Bernhard Hoecker plauderte: “Der Dirk hat mich gefragt. Ich habe eine E-Mail bekommen und dann habe ich “Ja” gedrückt. Tja, ein paar Monate später stand ich in Frauenklamotten auf der Bühne. Ich hatte die so zehn Minuten an und dachte plötzlich: Oh, als Frau, ist doch auch irgendwie schön.” Hella warf bewundernd ein: “Und er hat so schöne Beine!”, woraufhin Bernhard Hoecker geschmeichelt lächelte und verriet: “Ich hab sogar zwei davon!”

Für den nächsten Gast wurde es auf der Bühne zunächst wieder dunkel, dann begann das rhythmische Intro einer Akustikgitarre und Laith Al-Deen betrat die Bühne. Schwarzer Nadelstreifenanzug, weiße Krawatte, weiße, spitze Schuhe und eine unglaubliche Stimme. Er sang “Crazy”von Seal. Aber ‘singen’ konnte man das eigentlich nicht nennen, das wäre viel zu wenig gewesen.

Er summte, zog die Töne, vibrierte spannungsgeladen, war manchmal ganz leise und explodierte trotzdem fast vor Energie, die hinter den sanftesten Tönen mitschwang und sich manchmal nur durch ruckartige, temperamentvolle Bewegungen der Hand oder ein schnelles Aufstampfen des Fußes zeigte. Aber er war nicht nur leise, er wurde auch kraftvoll laut und hatte eine große Ausdruckskraft in der Stimme.

Roger Schaffrath von der Begleitagentur begleitete ihn zunächst alleine mit der Gitarre, erst später kamen weitere Musiker dazu, und die Zuschauer erlebten eine großartige Nummer. Ich schmolz dahin und war weg. Was für eine Stimme, was für eine Energie! Ich staunte nur noch und genoss jeden Ton. Wow! Und ein spitzes, langgezogenes “Woooooow!” machte auch Hella von Sinnen, als sie am Ende des Liedes auf die Bühne kam und sich ebenfalls begeistert zeigte. Das Publikum hörte kaum auf zu pfeifen und zu klatschen und es dauerte eine Weile - Laith Al-Deen musste sich nochmal verbeugen und die Begleitagentur dann auch - bis das Publikum sich endlich beruhigte und Hella ihre Fragen stellen konnte.

Sie erfuhr, dass er irakische Wurzeln hatte, nicht irakisch sprechen konnte und dass er sich bei Cover me “zwischen Tunten und Tragödien”, wie sie es nannte, wohl fühlte. Geschickt versuchte sie ihn noch zu einem Besuch im nächsten Jahr bei ‘Cover me’ festzunageln und er sagte lächelnd zu, aber das war als Antwort vermutlich einfacher, als umständlich den Terminkalender aus der Garderobe zu holen und am späten Abend jemanden aus dem Management zu erreichen, um das schnell zu besprechen. Von mir aus könnte er allerdings in jedem Jahr gerne dabei sein, ich hätte mein sofortiges OK noch aus dem Zuschauerbereich geben können.

Hazy Hartlieb, der als Designer die wundervollen Kostüme bei ‘Cover me’ gestaltete, wurde von Hella von Sinnen auf die Bühne geholt, um ihm zu danken. Er rauschte in einem langen Mantel an, der ebenso wirkungsvoll wie die Garderobe der auftretenden Künstler war und gleich erkennen ließ, dass man es bei ihm ebenfalls mit einem Künstler zu tun hatte. Dass die Blumen, die er überreicht bekam, farblich sehr gut zum Mantel passten, ließ mich kurz überlegen, ob das Zufall war, oder ob er seine Garderobe passend zu den hinter der Bühne in Eimern wartenden Blumensträußen gewählt hatte. Egal. Sah auf jeden Fall gut aus. Sowohl der Mann, als auch der Mantel und die Blumen.

Zum Abschluss des ersten Konzertteiles kündigte die Moderatorin Hella eine Sensation an. ‘Tokio Hotel’ waren da, allerdings, um Fan-Hysterie zu vermeiden, unter dem Namen ‘Pension Iserlohn’. Der Liedtitel “Durch den Konsum” bewahrte zufällig anwesende Tokio-Hotel-Fans vermutlich rechtzeitig vor dem Kollaps, denn auf die Bühne kamen Pe Werner, Edda Schnittgard und Isabel Varell. Optisch waren sie kaum vom Original zu unterscheiden, allerdings sahen alle drei wie Leadsänger Bill aus, weil sie igelige Haare quer vor die Gesichter gekämmt hatten.

Sie hopsten auf der Bühne, spielten den coolen Star und sangen dabei einen Text, der fast traurig war, weil er aussagte, dass sie noch Kinder waren und dem Ruhm eigentlich nicht gewachsen. Der Refrain hatte die Zeile: “Irgendwann kauf ich mir’n Kamm”, und das Wort “Mama!” wurde zwischendurch rufend, fast klagend gesungen. Am Ende zogen sie passend zu ihrem Starleben ohne ein Lächeln ab und verschwanden wortlos von der Bühne. Stattdessen meldete sich Hella von Sinnen und kündigte eine kurze Pause an.

Die Zuschauer schwärmten aus und konnten dabei die letzten Lose der Tombola erwerben, bei der jedes Los ein Gewinn war, gestiftet von Firmen und Sponsoren. Außerdem gab es die Möglichkeit ein Getränk zu erwerben oder völlig kostenfrei frische Luft zu schnappen.

Natürlich dauerte die ‘kurze Pause’ etwas länger, und die letzten Zuschauer huschten im Dunkeln auf ihre Plätze, während auf der Bühne die Begleitagentur schon die ersten Takte spielte und Laith Al-Deen langsam erschien. Ein “Motown”-Medley war dran, bei dem mehrere Künstler nacheinander kurz Hits ansangen, die bei der vorwiegend auf Rhythm & Blues-, Soul- und Popmusik spezialisierten Plattenfirma ‘Motown’ erschienen waren. Es begann mit “Heard it through the grapevine” von Marvin Gaye, gesungen von Laith Al-Deen.

Muss ich groß erwähnen, dass ich schon wieder von dieser unglaublichen Stimme hin und weg war? Ehe ich vor Begeisterung eventuell Herzrasen und Atemnot bekommen konnte, verließ Laith Al-Deen aber schon wieder die Bühne und fröhlich lächelnd kamen Barbara Schöneberger, Maren Kroymann und Gabi Decker an und sangen ein beschwingtes “Baby Love” von den Supremes.

Im Gleichschritt ging es von der Bühne und zu schwungvollem Rhythmus der Begleitagentur erschienen schon wieder die Supremes, diesmal in Form von drei glitzernde Damen, die Isabel Varell, Bernd von Fehrn und Georg Uecker waren.

Mitreißend sangen sie “You can’t hurry love” und wurden abgelöst von Mike Leon Grosch, der wundervoll balladig “Three times a lady” sang. Ganz sanft und wunderschön. Im Publikum wurden Leuchtstäbe von links nach rechts geschwenkt, und nach seinem letzten Ton warf Mike Leon Grosch triumphierend den Arm nach oben. Vermutlich freute er sich selber, dass es im Zusammenspiel mit den Musikern toll geklungen hatte und das Publikum so wunderbar mitgegangen war.

Die Musik wurde wieder schneller, und “I’m coming out” war dran, in der deutschen Version “Mein Coming Out” von Hella von Sinnen. Ein Thema, das an diesem Abend eine besondere Bedeutung hatte und sicher für einen Teil der Anwesenden wichtig war.

Allerdings verpackt in eine locker gesungene Musikverpackung. “I want you back” von den Jackson 5 war der nächste Titel, den drei so stimmgewaltige Frauen sangen, dass es nicht weiter auffiel, dass sie eigentlich zwei zu wenig waren. Pe Werner, Juliette Schoppmann und Edda Schnittgard soulten um die Wette und füllten den Saal mit ihren tollen Stimmen. Am Ende ihres Stückes wurden die drei Jacksons nicht nur fünf Jacksons, sondern noch mehr, denn die anderen Medley-Sänger kamen alle zurück auf die Bühne und der Refrain wurde mehrfach mit viel Spaß und Energie wiederholt. Es erinnerte sehr an einen mitreißenden Gospel-Gottesdienst, bei dem nur die wallenden Gewänder fehlten. Super.

Ein kurzer Einspielfilm zeigte eine Pressekonferenz von ‘Cover me’ beim Lebenshaus, an das ja der Erlös des Abends ging. Im Garten des Lebenshauses hatten sich einige Wochen vorher mehrere Cover-me-Künstler getroffen, um einen Baum zu pflanzen und eine Bank aufzustellen. Ich hatte das gefilmt, kurz zusammengeschnitten und Dirk hatte es kommentiert. Einige Fans im Publikum freuten sich genauso ihren Star auf dem Video zu sehen, wie sonst live auf der Bühne, und pfiffen und johlten laut, wenn er oder sie im Bild zu sehen war.

Passend zum Lebenshaus-Film begrüßte Hella von Sinnen anschließend die Schirmherrin von ‘Cover me’, Elfi Scho-Antwerpes, die eine der Bürgermeisterinnen von Köln war. “Meine Liebe”, begrüßte Hella sie mit Küsschen auf die Wangen, was auf nähere Bekanntschaft schließen ließ und fragte: “Wie geht’s dir?” “Bei euch geht’s mir immer sehr gut”, strahlte Frau Scho-Antwerpes. “Und sonst?”, fragte Hella, “Was machste beruflich?”, woraufhin das Publikum loslachte und Frau Scho-Antwerpes sehr verblüfft guckte und einen Moment lang nicht wusste, was sie antworten sollte. Dann grinste sie, zuckte mit den Schultern und sagte: “Ich bin HIER”. Sie betonte aber, dass es keine Pflichtveranstaltung sei, sondern sie sich bei allen für die Unterstützung bedanken wollte, was sie dann auch machte.

Vom informativen Teil des Abends ging es über in den schrägen. Hella von Sinnen kündigte den “Cover-Papi”, ”meine kleine Knutschkugel” Dirk Bach an, der nach ihren Worten immer schon ein Faible für schrille, trashige Lieder hatte. Sie verriet, dass in der letzten halben Stunde alle Kollegen im Backstagebereich mit ihren Handys Fotos von ihm in seinem Outfit machten, weil er “so unfassbar” aussähe. 1975 hatte die Gruppe Sweet “Fox on the run” gesungen, das von den Scorpions in eine deutsche Version “Fuchs geh voran!” geändert wurde. Hella von Sinnen hob zweifelnd die Augenbrauen und distanzierte sich im Tonfall deutlich vom Ergebnis, so dass klar war, dass sie nicht von der Qualität des neuen Textes überzeugt war.

Dirk Bach kam auf die Bühne und sah aus wie Brian Connolly, der Leadsänger von Sweet. Ähm, - also etwas kleiner und dafür breiter, sozusagen ein gestauchter Brian, aber ansonsten natürlich zum Verwechseln ähnlich. Das lag nicht nur am schwarzen, glitzernden Anzug mit Ledereinsätzen und den langen blonden Haaren, sondern auch an seinem rockigen Auftreten.

Zwei Jungs der Pretty Ugly Dance Company begleiteten ihn tänzerisch, wobei das nichts mit synchronen Fernsehballet-Auftritten zu tun hatte. Die Tänzerinnen und Tänzer der Gruppe waren knackig trainierte Leute, die zwar vorbereitete Choreographien tanzten, aber trotzdem Wert auf individuelle Bewegungen und unterschiedliches Aussehen legten. Es wirkte sehr lässig, war aber trotzdem nicht ungeplant.

Mir gefiel das sehr gut und es passte wunderbar zu ‘Cover me’. Wenn man beim Fuchslied nicht zu aufmerksam auf den Text achtete, war es eine tolle Nummer. Dirk rockte sich die Kehle aus dem Hals und neben ihm tanzten zwei leicht bekleidete Kerle. Die Begleitagentur war sowieso klasse und ich hatte keinen Zweifel, dass sie das bei jedem Lied bis zum Ende des Abends sein würde. Die konnten einfach alles begleiten.

“Wunderbar”, meinte Hella von Sinnen, als sie am Ende der Nummer zurück kam, und kündigte Edda Schnittgard an, die “Midnight Train to Georgia” sang, auch in einer eingedeutschten Version, als “Abendzug nach Soltau”. Gegen Georgia, das recht groß war, fiel die norddeutsche Stadt Soltau eher klein aus, aber die mächtige Stimme von Edda glich die fehlende Größe der Ortschaft aus. Außerdem war der Inhalt gar nicht witzig gemeint, sondern handelte von der Sehnsucht nach dem Zuhause auf dem Land. Edda konnte schön soulig und jazzig singen und traf beim Improvisieren kurzer Läufe genau die richtigen Töne. Sehr klasse!

Es gab mächtigen Applaus am Ende, und kaum war Edda abgegangen, kam Barbara Schöneberger in langem, schulterfreien Kleid an und stellte sich ruhig vor ein Standmikrofon. Klaviertöne und Mandolinenklänge klimperten zart durch den Raum, dann setzte sie mit kräftiger Stimme ein und sang die ersten Zeilen von “Nur nicht aus Liebe weinen”, einem alten Zarah Leander Lied. Das Publikum erkannte es schnell und klatschte freudig los. Barbara ließ sich Zeit beim Singen, hetzte nicht und sang sehr schön ausdrucksstark. Die Zuschauer belohnten es, indem sie fasziniert zuhörten und sich beim Refrain sofort vom anziehenden Tempo mitnehmen ließen, halblaut mitsangen und sogar im Takt klatschten. Der Refrain wurde immer drängender und schneller, wie bei einem ungarischen Cardasz. Dann eine kurze Pause - und die nächste Strophe begann wieder sehr ruhig und im Erzählton.

Mir gefiel sehr, wie Barbara Schöneberger die Töne zog, manchmal sogar das Zarah-Rrrrr rollte und überhaupt passend wie ein 40er-Jahre Ufa-Filmstar aussah. Nur dass sie nicht schwarzweiß war. Mit stolzer Körperhaltung und triumphierender Stimme sang sie den letzten Satz: “Wenn ich auch fühle, es muss ja Lüge sein - ich lüge auch - und bin dein!” Der letzte Ton verklang, das Publikum jubelte los und ihr Gesicht begann zu strahlen. “Dankeschön!” rief sie lachend ins Publikum und freute sich über den großen Applaus und das Gejubel.

Hella von Sinnen kam auf die Bühne und kniete vor ihr nieder, was Barbara zum Anlass nahm ebenfalls zu knien und etwas verlegen zu rufen: “Hör doch auf! Das ist mir doch unangenehm!” “Wie geil war das denn?”, rief Hella laut aus und beide standen lachend wieder auf.

Das Publikum jubelte beim Abgang von Barbara, und auch ich fand es immer wieder schön, mit welcher Begeisterung und mit wie viel Talent sie sang. Das machte schon beim Zusehen Freude. Dafür, dass sie keine hauptberufliche Sängerin war, war sie überraschend gut und konnte wirklich nicht als laienhafte Badewannen-Sängerin bezeichnet werden. Wobei ich nichts gegen laienhafte Badewannen-Sängerinnen sagen will, aber Barbara war eben besser als die meisten anderen.

Die Musiker der Begleitagentur wurden einzeln von Hella von Sinnen vorgestellt, wobei sie nach drei Namensnennungen, bei denen der jeweilige Musiker aufstand und beklatscht wurde, motzend forderte: “Samma, könnt ihr nicht alle so’n TON machen? Ich kenn das von Rockkonzerten.” Sie fing nochmal von vorne an und diesmal führte jeder Musiker, anstelle der Verbeugung, ein paar Töne auf seinem Instrument vor. Sie hatte Recht, das war viel schöner. Die Band waren: Roger Schaffrath, Klaus Tenner, Josef Kirschken, Eberhard Schröder, Felix Petri, Christoph Fischer, Gero Körner.

Hella wandte sich ans Publikum: “Für die nächste Nummer müssen wir mal kurz eine La-Ola einstudieren. Und wir machen nicht nur “Uuuuuaaaaaaah!”, nein, wir stehen dabei auf!” Sie beugte sich runter, grummelte ein anwachsendes “Oooooooo!” und erklärte dabei: “Also jedes Mal, wenn ihr gleich “Ooooooooh” hört, stehen wir alle auf mit dieser Bewegung”. Mit Schwung warf sie die Arme nach oben und sah in das fröhlich zusehende, aber fast bewegungslose Publikum. In genervtem Muttertonfall erklärte sie der unaufmerksamen Kinderschar: “Können wir das mal BITTE einmal proben?” Der nächste Durchgang war schon ganz nett, aber sie behauptete: “Das kriegen wir in der Hochburg des Kölner Karnevals noch besser hin!”. Wieder zählte sie bis 3 vor, diesmal wurde es richtig laut und gut, und sie rief freudig aus: “So will ich euch!!”

Im Abgehen rief sie die Ansage: “Gegen sie sehen ‘Baccara’ aus wie Moosröschen. Hier sind Isabel Varell und Birgit Schrowange mit ‘Yes, Sir, I can Boogie’!” Das aufgedrehte Publikum jubelte, und die beiden Sängerinnen kamen auf die Bühne und sangen die ersten Töne des Intros. Sangen? Sie stöhnten sie, aber das war im Original so vorgesehen. Hella von Sinnen setzte in der Zwischenzeit am dunklen Bühnenrand zu einer Begrüßungs-La Ola Welle an, aber weil die Zuschauer auf die beiden Damen achteten und außerdem in der Melodie kein “Ooooooooh” vorkam, wurde sie übersehen. “Hallo! Aufstehen!”, kam in vorwurfsvollem Kommandoton von Hella, und das Publikum reagierte sofort und sprang Arme hochwerfend in die Höhe. Vermutlich sahen die meisten Zuschauer Hella, die außerhalb der hellen Beleuchtung stand, gar nicht, aber die Stimme aus dem Off reichte aus. Wenn Mutti diesen Ton drauf hatte, überlegte man nicht lange.

Zufrieden zog Hella ab, während Isabel und Birgit vom stöhnenden Intro in die erste Strophe übergingen. Um es sofort zu sagen: Es machte totalen Spaß. Die beiden sahen klasse aus, sangen mit sichtbarem Vergnügen, das Lied war ein altvertrauter Klassiker und die La-Ola-Welle alle paar Sätze brachte noch mehr Schwung in die Sache.

Birgit Schrowange gehörte auch zu den Künstlern, die nicht hauptberuflich, aber mit großer Begeisterung sangen. Sie schlug sich erstaunlich gut, was auch an ihrer Gesangspartnerin Isabel Varell lag, die sich strikt an die Tonart der Musiker hielt und ihr damit ein sicheres Fundament gab. Und das ist jetzt nicht hämisch gemeint. Ich finde, dass ruhig noch zwei oder drei nicht immer perfekte, aber begeisterte Gast-Sänger mehr auftreten könnten, weil das einen großen Reiz des Abends ausmacht. Sich mutig auf die Bühne zu stürzen und mit Bandbegleitung live neben Profisängern aufzutreten, ist eine große Sache.

Es wäre schade, wenn sich die begeisterten Freizeit-Sänger abschrecken ließen. Das Publikum gibt nämlich dicke Sympathiepunkte an Künstler, die aus anderen Bereichen kommen und mit Freude mitmachen. Der Gedanke und die Show zählt und das bunte Miteinander ist das Besondere des Abends. Außerdem waren die Auftritte bei ‘Cover me’ - auch durch die Unterstützung der zuverlässigen Begleitagentur und der Backgroundsänger - nie völlig daneben. Dicke Punkte also an Birgit Schrowange, die das so gut durchzog und mit Isabel Varell zusammen eine sehr tolle Nummer auf die Bühne brachte. Und die temperamentvolle Isabel Varell und ihre etwas rauen Stimme fand ich sowieso klasse. Am Ende der Nummer gab es von den beiden Damen ein gehauchtes “Yes, Sir!”, das Publikum pfiff und klatschte laut los, und Isabel und Birgit strahlten sich freudig lachend an, weil es auch ihnen viel Spaß gemacht hatte. Eine toller Auftritt!

Hella von Sinnen erklärte: “Unsere nächste Künstlerin bittet mich zu sagen, sie hat das Gefühl, dass ihre Stimme nicht so ist, wie sie sie eigentlich braucht. Ich persönlich bin sicher, das, was sie an Stimme hat, wird reichen.” Als sie erwähnte, dass die Sängerin unplugged, begleitet von der Pianistin Alexa Phazer, singen würde, gab es laute Schreie im Publikum, die vermutlich nicht so sehr der Pianistin galten, sondern den Kennern klar machten, dass Juliette Schoppmann auftreten würde. “Sie singt “Beautiful” von Christina Aguilera”, sagte Hella von Sinnen und ging unter dem vorfreudigen Geklatsche der Zuschauer ab.

Es wurde dunkel auf der Bühne, und man konnte gerade noch erkennen, dass die Pianistin zu ihrem Instrument ging. In die Stille hinein hörte man Hellas Stimme aus dem Bereich hinter der Bühne: “Ach, was höre ich gerade? Die Stimme ist weg?” “Fast”, hörte man eine heisere Juliette leise krächzen. Aufmunternd sagte Hella: “Ach was, die kriegst du jetzt wieder”, und rief dem Publikum laut zu: “Gebt ihr die Stimme zurück!”, woraufhin das sofort laut klatschte und jubelte. Ein Trick, angeschlagene Stimmbänder zu kurieren, der Hals-Nasen-Ohren-Ärzten vermutlich unbekannt war. Aber die hatten auch nicht immer genügend Publikum im Wartezimmer sitzen.

Juliette erschien jedenfalls auf der dunklen Bühne, wartete das sanft klimpernde Intro ab und setzte dann gemeinsam mit der Pianistin zweistimmig singend ein. Man konnte hören, dass Juliettes Stimme rauer als sonst klang und gerade die leisen Töne zu Beginn des Liedes schwer zu halten waren. Als es dann an die Strophen ging, konnte sie etwas kräftiger singen, was mehr Kontrolle über die Stimme erlaubte. Vermutlich hielten einige Zuschauer ab da die “Stimmprobleme” für vorgeschoben, denn es war sehr schön, was zu hören war und vieles kam sehr sauber und klar rüber. Aber der raue Unterton war doch zu hören und ich merkte, wie hochkonzentriert Juliette Schoppmann sang, um die Stimme bei den zarten Tönen unter Kontrolle halten zu können.

Der Eindruck einer leichten Erkältungsstimme passte übrigens hervorragend zum Lied, ließ den Gesang schmerzlich gebrochener und damit noch eindringlicher wirken. Klasse! Als Juliette gegen Ende laut und mit voller Kraft sang, ging ein anerkennender Beifall durch den Saal, weil es wirklich eine großartige Leistung war. Sie setzte sich voll ein und riskierte damit, eine halbe Stunde später vielleicht überhaupt keine Stimme mehr zu haben. Aber vermutlich war ihr das egal, sie wollte JETZT ihren Auftritt so gut wie möglich machen. Glücklich lächelnd sang sie den letzten Ton und war vermutlich sehr erleichtert, dass sie so gut bis zum Ende durchgekommen war.

Hella von Sinnen erschien Beifall klatschend auf der Bühne und umarmte sie. Juliette Schoppmann und Alexa Phazer gingen unter lautem Applaus ab, was Hella zu schnell war. Sie rief hinterher: “Jetzt holt euch hier nochmal euren Applaus ab!”, aber die beiden kamen nicht zurück. Hella schaltete wieder ihren vorwurfsvollen Mutter-Kommandoton ein: “Hallo, Mädels! Wenn die dicke Tante ruft, dann sollt ihr euch euren Applaus nochmal abholen!” Sie ging in Richtung der Auftrittsecke und guckte fordernd, aber es kam niemand. In genervtem Ton, so wie Mütter das lang ausstehende Aufräumen des Kinderzimmers anmahnen, stöhnte sie: “Könnt ihr nochmal bitte auf die Bühne kommen?”, während das Publikum durchgehend klaschte, jubelte und ebenfalls auf die Künstlerinnen wartete. Endlich reagierten die beiden, kamen zurück und nahmen den dicken Applaus nochmal lachend entgegen.

Juliette Schoppmann hatte danach aber keine Stimmerholungs-Pause hinter der Bühne, denn Hella von Sinnen kündigte den Musicalstar Uwe Kröger an, für den als Backgroundchor Pe Werner, Bernd von Fehrn, Edda Schnittgard und die gerade abgegangene Juliette auf die Bühne kamen und sich am Rand aufstellten.

Sehr soulig begann der Backgroundchor “Freedom” von George Michael zu singen, Uwe Kröger kam dazu, und sechs Tänzerinnen und Tänzer der Pretty Ugly Dance Company begannen zu tanzen. Zusammen mit den Musikern und der Gebärden-Dolmetscherin war die Bühne ziemlich voll, und die Show wirkte ansteckend gut gelaunt und irgendwie gewaltig. Auf jeden Fall hörte es sich so an, als würden diese Künstler ständig miteinander singen und mal eben ein Stück aus ihrem Repertoire vortragen. Dass sie sich nur an diesen Abend zusammen auf die Bühne stellten, war nicht zu merken.

“Ich glaube, ich hatte noch nie ein so hochkarätiges Ensemble auf der Bühne, die für mich gesungen haben”, bedankte sich Uwe Kröger mit einer Verbeugung vor seinen stimmgewaltigen Background-Kollegen, als diese abgingen.

Die letzte in der Reihe war Pe Werner und die blieb lächelnd stehen. Uwe Kröger nahm sie an seine Seite und sagte: “Und jetzt singen wir was zusammen.” Zwei Barhocker wurden auf die Bühne gebracht, auf die sie sich setzten, das Licht wurde abgedunkelt und ein kurzes Intro zu “Yesterday” begann. Beide hatten sehr schöne Stimmen, die trotzdem ganz unterschiedlich waren.

Uwe Kröger sang sanft und weich, und wenn er kräftiger und lauter wurde, hörte sich das sehr gut an, aber es war zu merken, dass er eigentlich die sanfteren Töne bevorzugte. Eine Musicalstimme eben, wo genau das verlangt wurde. Pe dagegen konnte zwar sehr sanft und schmelzend singen, fühlte sich aber im lauten souligen und jazzigen Bereich sehr wohl. Bei beiden war ein ständiges Vortasten zu spüren, ob laut oder leise, wer eine zweite Stimme sang und wer die Hauptstimme übernahm. Dabei gingen sie sehr rücksichtsvoll miteinander um und jeder zog sich lieber nach einigen Takten wieder etwas zurück, um dem anderen Platz zu lassen. Keiner von ihnen wollte mit langen Gesangseinlagen die Show an sich reißen und den anderen sängerisch an die Wand drücken.

Es war anders als in den Duetten von Pe Werner und Juliette Schoppmann, bei denen man als Zuhörer das Gefühl hatte, dass sie ähnliche Stimmen hatten, sich blind aufeinander verlassen konnten und einfach um die Wette soulten, ohne dass die Gefahr bestand, dass eine von ihnen zu kurz kommen könnte. Aber in dieser Form, mit den zwei unterschiedlichen Stimmen von Pe und Uwe, war es auch sehr reizvoll und das Publikum freute sich.

“Wir sind fast am Ende von Cover me 2006”, kam Hella von Sinnen auf die Bühne. “Ich weiß nicht, wie es euch geht - ich hatte einen phantastischen Abend.” Das Publikum war wohl derselben Meinung und klatschte laut Beifall. Hella kündigte an, dass es Danksagungen geben würde, und dass die Leute, die ihren Namen hören, auf die Bühne springen sollen. Ich grinste vor mich hin, weil ich mir denken konnte, wie sie reagieren würde, wenn die nicht sofort losspringen würden. Aber Hella von Sinnen hatte noch eine ganz andere Idee im Kopf. Sie drehte sich zur Hammondorgel um und fragte den Spieler: “Kannst du nicht sowas gut gelauntes, so Tschaka-dipa-Tschau-dabika... spielen?”

Der daneben sitzende Schlagzeuger reagierte sofort und machte einen passenden Rhythmus auf dem Becken. Zufrieden drehte sich Hella um und ging tänzelnd los. “Ihr wisst, was.” In diesem Moment hörte der Schlagzeuger auf. Sie stockte, drehte sich dann um und mahnte energisch: “IHR WISST WAS!” Der Hammondorgelspieler lächelte sie fragend an und wusste augenscheinlich nicht was. Sie kommandierte gereizt: “Ja, fang an!”, drehte sich um und tanzte wieder los. Er drückte ein paar Tasten, einige Töne wabberten, aber es war nicht das, was Frau von Sinnen sich vorgestellt hatte. Sie brach ihr Getanze ab, drehte sich um und erklärte in sehr ruhigem, unterschwellig aber doch genervtem Ton: “Nein, nein, nein, Schatz!”

Dann sang sie vor, was sie haben wollte: “Tschike takke tschicke takke...” Der Hammondorgelspieler spielte eine leichte Melodie, die zu einem Helge-Schneider-Lied gepasst hätte, der Schlagzeuger machte einen kleinen Rhythmus dazu, und breit lächelnd drehte Hella sich um und tanzte in kleinen Schritten zum Bühnenrand. Sehr zufrieden rief sie ein lautes “Tschakka-tschakka!” aus, was vom Publikum freudig johlend kommentiert wurde, denn das war ihr typischer Ruf aus alten “Alles Nichts Oder?”-Zeiten.

Die Dankesworte konnten endlich losgehen. Im Hintergrund plätscherte die Tschike-takke-Musik in einer Endlosschleife, und Hella von Sinnen las die Namen der vielen Helfer und Mitarbeiter vor, von denen aber zunächst keiner erschien, weil die meisten noch halfen und mitarbeiteten. Mitten im Satz drehte sie sich plötzlich um und rief laut in den Backstagebereich: “Und hoffentlich kommt hier mal bald irgendjemand auf die Bühne, damit ich nicht mehr so alleine stehe!” Zögerlich kam der Erste und nur langsam wurde es voller.

Bevor auch die Künstler aufgerufen wurden, dankte Hella ganz besonders dem Organisator, der “Mutti”, Bernd von Fehrn, der über die Bühne eilte, sich im Vorübergehen schnell mal verbeugte und dann bescheiden an den Rand huschte. Dabei wäre ohne ihn die ganze Veranstaltung wahrscheinlich keine fünf Jahre alt geworden, denn es steckte unglaublich viel Arbeit und Engagement in der Planung. Der Kostümdesigner Hazy Hartlieb schubste ihn darum auch extra nochmal energisch nach vorne, wo sich Bernd von Fehrn wieder nur schnell verbeugte und dann sofort zurück an den Rand eilte, um sich unauffällig in der anwachsenden Menschenmenge in die zweite Reihe zu stellen.

Auch der “Cover-me-Papi” Dirk Bach wurde gerufen und er erschien zusammen mit Elfi Scho-Antwerpes, die ja dann so etwas wie die ‘Cover-me-Tante’ war. Anschließend wurden alle weiteren Künstler aufgerufen und durchgehend vom Publikum beklatscht, bis die Bühne voll war. Dirk Bach kam nach vorne, verkündete, dass das Vorjahresergebnis aus Eintrittskartenverkauf und Tombola übertroffen sei und bedankte sich bei Hella für die tolle Moderation des Abends. Und da hatte er Recht, die Moderationen waren kurzweilig und locker gewesen, hatten gut unterhalten und eine schöne Verbindung zwischen den unterschiedlichen Nummern geschaffen. Hella von Sinnen hatte sich sichtlich wohl gefühlt, auch die genervten Mutter-Töne hatten Spaß gemacht, so dass es rundum klasse war.

Dann war Zeit für das große Finale. Wie immer lief es zu Anfang chaotisch ab, als alle auf der Bühne ihren Platz suchten, einige Mitarbeiter sichtlich nicht wussten, was sie machen sollten und manche Künstler verwirrt guckten, als hätte ihnen niemand gesagt, was das Finallied sei und wer es singen würde. Die Begleitagentur spielte schon das Intro, da wechselten die letzten noch ihren Platz und drängten sich irgendwo in eine Reihe. Ich mochte diese Verwirrung vor dem Finale immer sehr, weil alles so familiär und natürlich wirkte.

Und - wie immer - wurde das Finale ganz besonders schön. “With a little help from my friends” passte wunderbar zum Abend, und es war toll, dass die Zeilen der Strophen abwechselnd von einzelnen Künstlern gesungen wurden. Mike Leon Grosch begann mit der ersten, Laith Al-Deen sang die nächste, dann kam der erste Refrain, bei dem alle auf der Bühne lachend und im harmonischen Bild mitmachten. Seitenfeuerwerke sprühten los, bei denen auch einige Sänger große, begeisterte Kinderaugen bekamen, Blicke trafen sich lächelnd und Dirk Bach lachte immer wieder vor lauter Freude und Wohlbehagen mit glücklich blitzenden Augen los. Egal, wo man auf der Bühne hinsah, es gab überall schöne Bilder und berührende Augenblicke zu entdecken.

Witzig auch, wenn eine neue Stimme die nächste Solo-Zeile sang, und die anderen Künstler auf der Bühne die Köpfe hin- und herdrehten, um zu sehen, wo sie herkam. Besonders witzig, als Bernhard Hoecker verwirrt in der Runde suchte, mehrfach angestrengt nach links und rechts blickte, und dann entdeckte, dass genau neben ihm Barbara Schöneberger stand, die sang. Aber auch schön, als Pe Werner ihre Zeile sehr soulig sang und neben ihr Laith Al-Deen breit grinsend zuhörte, die Augen schloss und begeistert seine Hand hin- und her schüttelte.

Beim letzten Ton flackerte die Lightshow, ein hoher Trompetenton strahlte abschließend durch den Raum, die Zuschauer standen zu Standing Ovations auf und von der Decke rieselten silberne Schnipsel. Großes Kino! Und ehe die Begeisterung um einen Grad abflauen konnte, ging die Musik wieder los und alle stimmten den Refrain erneut an. Das war eine echte Final-Feier. Dirk Bach hüpfte über die Bühne zu Hella von Sinnen und die beiden umarmten sich liebevoll.

Es gab noch eine weitere Runde Gesang, Freude und Begeisterung, das Publikum stand immer noch und klatschte wild, dann wurden Blumensträuße und einzelne Rosen verteilt, auf der Bühne umarmten sich einige Künstler zum Abschied oder einfach so, und Hella ging auf Dirk Bach zu und gab ihm einen Kuss: “Gratulation, Dicki, du bist fünf geworden!” Der ging zufrieden lächelnd zum Bühnenrand und warf seinen Blumenstrauß in hohem Bogen in den Saal, um sich auf diese Weise bei den Zuschauern zu bedanken. Ein toller Abend!!