Horst Evers - Schwitzen ist, wenn Muskeln weinen - 11.09.2008 - Bonn

Pantheon, Bonn

Ich konnte nicht behaupten, dass die Bühne im Bonner Pantheon spektakulär aussah, als ich sie mir beim Warten auf den Vorstellungsbeginn ansah. Und doch hatte sich, im Vergleich zu früher, etwas getan. Während Horst Evers vor einigen Jahren nur mit einem Mikrofon oder auch mal einem Mikrofon, einem Tisch und einem Stuhl auskam, waren inzwischen ein Tisch, ein Stuhl, ein Mikrofon, ein Notenständer und noch ein Mikrofon aufgestellt. Ich erwartete zwar keine aufwändigen Choreographien beim Wechsel von einem zum anderen Mikrofon, aber es war immerhin ein sich manchmal veränderndes Bild zu erwarten. Vermutlich Horst Evers mal sitzend und mal stehend. Mir reichte das.

Seit 2001 war ich Horst-Evers-Fan und es gab Sätze und Formulierungen von ihm, bei denen ich mich fast weglachen konnte. Manchmal las ich zuhause in seinen Büchern und wiederholte Sätze drei- oder auch fünfmal nacheinander und hörte nicht auf zu lachen, weil sie so wunderbar komisch waren. Es war ein Humor, der genau meinen Humornerv traf. Aber sowas von genau.

Horst Evers kam auf die Bühne, wurde gleich freudig beklatscht und ging zunächst auf die aktuellen Tagesereignisse ein. Am Vortag war bei Genf ein Experiment mit einem unterirdischen Teilchenbeschleuniger gestartet worden und einige Experten fürchteten das Entstehen unkontrollierbarer schwarzer Löcher. Horst Evers sprach über Materie und Antimaterie, die Antriebsformen, die aus diesen Energien resultierten und erklärte bekräftigend, dass die Physik sein Steckenpferd sei. Dass er seine umfassenden Kenntnisse, besonders die über den Materie-Antimaterie-Antrieb, nur aus der Fernsehserie Raumschiff Enterprise hatte, wie er hinzufügte, relativierte seine Aussagen und brachte vergnügtes Gelächter.

Wichtig war ihm auch, zu betonen, dass sein Programmtitel zwar sportliche Themen und Trainingspläne erwarten ließ, dass er aber eher alternative Trainingspläne anbieten würde. “Alternativ im Sinne von Gegenteil”. Die Zuschauer lachten los. Wenn jemand wie eine “Couchkartoffel” aussah, dann war es Horst Evers, so dass sowieso niemand einen ernsthaften Sportgedanken von ihm erwartet hätte.

Freie Moderationen, die im besten Falle “sowas von perfekt” auf die nächste Geschichte hinleiteten, wechselten mit vorgelesenen Geschichten ab. Sehr interessant fand ich, dass sich der Tonfall und die ganze Ausstrahlung von Horst Evers dabei jeweils änderten. Bei den Moderationen wirkte er energiereich, realistisch und selbstbewusst. Sobald er vorlas, änderte sich seine Stimme und er wurde zum sanften, fast phlegmatischen, sich dem Schicksal ergebenden Menschen. Und anstatt jemals an einer unsinnigen Situation zu zweifeln, nahm er sie dann einfach ergeben hin. Wenn der Busfahrer ihm erzählte, dass eine ganze Weltverschwörung beschäftigt war, um Horst Evers das Leben schwer zu machen, glaubte er das sofort, ohne auch nur einmal den Wahrheitsgehalt der Aussage anzuzweifeln. Gerade das war dann besonders witzig.

Das Publikum reagierte vergnügt und locker, oft vor Lachen schluchzend. Besonders die treffenden Geschichten über Computerprobleme fanden große Zustimmung. Ob Horst Evers Bäckereigeschichten erzählte, bei denen jemand “heute ein Brot vorbestellt, das morgen von gestern ist”, ob er von mehrfach als Wurfobjekte verwendbaren Eierkochern sprach oder vom Computer Kopfrechenprogramme mit ungefähren Überschlagergebnissen forderte - “das reicht doch!” - es war wie aus dem Leben. Nur immer noch schlimmer, als alles, was einem selber passierte. Die Erzählungen waren kurz und präzise, aber doch so genau, dass ich mir alle Situationen sofort vorstellen konnte. Ich wusste, wie es dort aussah, als ob ich einen Film sehen würde. Es waren skurrile Situationen, sehr pointiert beschrieben und sie trafen mit ihrer Ernsthaftigkeit immer wieder voll in den Humorpunkt. Manchmal musste sogar der Vorleser Horst Evers über das lachen, was dem Hauptdarsteller Horst Evers in den Geschichten passiert war.

Am Ende gab es immer wieder Stellen, in denen auf frühere Geschichten zurückgeführt wurde. Der Mann, der in einer der ersten Geschichten zum Rauchen aus der Bahn gestiegen und die Weiterfahrt verpasst hatte, tauchte am Ende in der Kneipe wieder auf, und ein Mann aus einer völlig anderen Geschichte fand die Liebe seines Lebens zufällig in einer vorher beschriebenen Bäckerei. Die Kreise schlossen sich. Wunderbar! Das Publikum honorierte diese Begegnungen mit freudigem Applaus und großem Gelächter.

Es gab sehr großen Schlussapplaus, Horst Evers musste wieder rauskommen und noch was lesen und ganz am Ende ging das Publikum rundum zufrieden, immer noch lächelnd und mit deutlich eingeprägten Lachfalten nach Hause. Ein sehr gelungener, äußerst kurzweiliger Abend!