Maybebop - Immer für dich da - 14.06.2005 - Bonn

Pantheon, Bonn

Dass sie nicht belastbar waren, konnte man den vier Sängern von Maybebop wirklich nicht nachsagen. Früh am Morgen waren sie in Hannover gestartet und bis nach Bonn gefahren, wo sie am Beethoven-Gymnasium einen Workshop gaben, dann ging es nach Köln zum Deutschlandfunk und von dort aus wieder nach Bonn, wo sie am Abend ihren Konzerttermin hatten. Wo sie schon so nah waren, hätten sie zwischendurch auch gleich noch bei mir eine Tasse Kaffee trinken können, dachte ich leicht pikiert. Aber war nur Spaß. Ich hätte ja gar nicht genug Zeit zum Kuchen backen gehabt.

Das Programm begann mit verdunkelter Bühne, auf der die Nebelmaschine loszischte und eine graue Wolke entstehen ließ. “Oh, da qualllmt et schon!”, freute sich eine rheinische, ältere Männerstimme am Nebentisch, und ich möchte erwähnen, dass die anscheinend falsche Schreibweise den rheinischen Dialekt betonen soll. In den Qualm hinein stellten sich vier Personen und begannen nacheinander zu singen. Die Stimmen klangen durch den Raum, waren mit Hall ziemlich verstärkt, und ich hörte sofort fasziniert zu. Das hatte was. Vor allem wurde es richtig poppig und erinnerte mich mehr an Musik von MTV, als an klassischen A-cappella-Gesang.

Der Dynamikumfang ging von ganz weich und zart bis hin zu lauten, mächtigen Klängen, die teilweise von knallenden Beats in der Mouthpercussion unterstützt wurden. Die Bewegungen auf der Bühne waren zunächst sparsam, die Musik wirkte umso stärker, und ich fand, dass das ein richtig guter Einstieg in das Programm war. Ich war jedenfalls sofort sehr aufmerksam.

Allerdings war der Hall danach bei ‘Take on me’ weniger und es klang sofort magerer. “Mir fehlt der fünfte Mann”, dachte ich, denn wenn einer sich um die Mouthpercussion kümmern musste, blieben nur drei Stimmen für den Gesang übrig. Beziehungsweise, wenn einer von denen dann noch die Leadstimme sang, blieben nur zwei für den Satzgesang im Background. Die fehlende Fülle wurde manchmal durch den Hall ausgeglichen, der die Lücken auffüllte und ein runderes Klangbild erreichte. Den Gedanken an einen fünften Mann hatte ich aber nur hin und wieder, nicht ständig. Manchmal war es zu viert perfekt und mir fehlte nichts.

Die vier einzelnen Stimmen waren klasse. Ich konnte mich bis zum Ende nicht entscheiden, welche ich am besten fand, denn die waren alle sehr schön. Warme, volle Stimmen, die unangestrengt, sauber und sehr locker sangen. Es machte Spaß zuzuhören. Meistens. Im Zusammenklang kam es mir bei einigen Stücken so vor, als würden Leadstimme und Begleitung nicht ganz harmonisch zueinander passen. Dann überlegte ich, ob das wirklich so gewollt war, was sie sangen. Lag es an meinen Ohren oder am ungewöhnlichen Arrangement? Eigentlich fand ich die Arrangements nämlich richtig klasse, weil sie so eng gesetzt waren und einen ganz eigenen Stil hatten. Aber es brachte natürlich die Gefahr mit sich, dass es schnell aus der Spur lief, wenn links mal ein Viertelton höher und rechts ein Achtelton tiefer gesungen wurde. Dann konnte es sich so undefinierbar nach modernem Jazz anhören, nicht wirklich falsch, aber auch nicht überzeugend richtig.

Hin und wieder klang es auch schon mal etwas hektisch, so zum Beispiel beim Stayin’ alive/Dancing Queen-Medley, das auch intonationsmäßig etwas hakelig war. Mit nur vier Leuten hektisch und damit leicht abgehackt zu singen, brachte Unruhe und hörte sich im Klang magerer an. Aber es gab auch traumhaft gute Stücke, bei denen ich saß, genoss und staunte. Auf jeden Fall war mir schnell klar, dass es oft sauschwer war, was die Herren musikalisch und rhythmisch brachten. Die hatten echt was drauf!

Choreographisch blieb es sparsam, aber genau richtig. Die Jungs hatten ihren Stil und wirkten locker und sicher. Ihre Bewegungen waren weich und ungezwungen, und sie fühlten sich sichtlich wohl auf der Bühne. Natürlich waren alle Aufstellungen überlegt, alle gemeinsamen Drehungen eingeübt, aber es war genau im richtigen Maß, nicht überperfekt, sondern schön lässig und trotzdem synchron. Es passte einfach.

Bei manchen Liedern, wie beim denen über den Ventilator und über den Hund, der gewaschen werden sollte, fiel der Kontrast zwischen tollem Arrangement, gutem Gesang und dem sehr simplen Text extrem auf. Da tat mir das Zuhören fast weh und ich hätte den Text lieber in Englisch gehabt, weil ich dann nicht so drauf gehört hätte. ‘Du zweite Wahl’ wurde dagegen sofort mein Favoritenlied, was nicht nur an dem eingängigen Refrain, sondern auch am witzigen Text lag.

Musikalisch einfach umwerfend waren ‘Spain’ von Chicorea, bei denen die Maybebops so knallig jazzig wie Manhatten Transfer waren und mich völlig überzeugten. Auch das effektvolle ‘Thriller’ von Michael Jackson war klasse.

Und ‘Just the two of us’, das nur von Oliver und Lukas gesungen wurde, groovte voll. Sie wechselten dabei ständig Begleit- und Leadstimme, was total klasse war. Es standen vier nette, lockere, normale Leute auf der Bühne, die toll singen konnten und eine abwechslungsreiche Show mit sehr guten, eigenständigen Arrangements machten. Was sie brachten konnte sensationell gut klingen, hin und wieder aber auch mal kurzfristig etwas mager oder intonationsmäßig etwas daneben. Sehr abwechslungsreich also in alle Richtungen.

Wie unterschiedlich das beurteilt wurde, und dass jeder Zuschauer auf andere Sachen Wert legte, konnte man am Beispiel der beiden Herren sehen, die mit mir am Tisch saßen. “Die zweite Hälfte war noch besser, als die erste!”, strahlte der eine begeistert, während der andere meinte: “Die zweite Hälfte hat mir nicht mehr gefallen. Nur ‘Thriller’ war gut!” Dafür fanden beide Herren die Texte nicht gut, während ich die zumindest zum Teil witzig und treffend fand - wenn es nicht gerade um Ventilatoren und Hunde ging.

MAYBEBOP: Sebastian Schröder, Lukas Teske, Jan Bürger, Oliver Gies

Mein persönliches Schlusswort fällt so aus: Hingehen, anhören! Und das empfehle ich nur, wenn ich finde, dass sich das lohnt! Es steckt sehr viel Potential in der Gruppe, sehr viel Talent und es gibt vier tolle Stimmen und beeindruckende Arrangements. Ein abwechslungsreicher A-cappella-Abend mit Spaß und sehr guter Musik.