Queen Bee trifft Pigor & Eichhorn - Quartett - 09.03.2001- Bonn

Pantheon, Bonn

Das Damen-Musik-Kabarett-Duo Edda Schnittgard & Ina Müller (Queen Bee) traf im Bonner Pantheon auf das Herren-Musik-Kabarett-Duo Thomas Pigor & Benedikt Eichhorn (Pigor & Eichhorn). Wobei der Begriff Musik-Kabarett ziemlich schwammig ist und nur aussagt, dass es da Musik und irgendwelche Texte gibt.

Queen Bee hatte ich schon im Programm ‘Freundinnen müsste man sein’ gesehen und fand sie toll. Bombastisch guter Gesang, witzige Sticheleien und sehr gutes Timing. Bei Pigor & Eichhorn war ich zurückhaltender. Ich hatte sie in einem Kurzprogramm beim Kabarettfestival im Pantheon gesehen, fand die Texte zum Teil außergewöhnlich gut, zum Teil gewöhnungsbedürftig. Allerdings hatten mir die Stücke, die sie dort zusammen mit Queen Bee machten, sehr gut gefallen. Richtig beurteilen konnte ich sie also noch nicht, aber was ich gesehen hatte reichte, um sofort Karten für diesen gemeinsamen Abend zu kaufen. Ich war sehr gespannt und neugierig.

Der Abend begann mit Benedikt Eichhorn, der auf die Bühne kam und mit Musik am Flügel loslegte. Doch er blieb nicht lange alleine, denn nacheinander kamen Edda, Ina und Pigor hinterher, und zusammen brachten sie “Never give up!” Ein sehr temperamentvoller, guter und vor allem lauter Einstieg. Ina und Pigor sangen zusammen und man merkte an ihren Blicken, dass sie viel Spaß daran hatten. Auf der anderen Seite der Bühne saßen Edda und Eichhorn gemeinsam am Flügel und hauten lachend in die Tasten. Sehr gut gesungen, sehr gut gespielt, die gute Stimmung ging sofort auf das Publikum über und der Einstieg war gelungen.

Das erste Thema danach war der deutsche Kleinkunstpreis, den Pigor & Eichhorn im Jahr 1999 verliehen bekamen, und den jetzt die beiden Damen ganz frisch für das Jahr 2001 erhalten hatten. Beide Paare fragten sich freundlich stichelnd, für welche Leistung die anderen den wohl bekommen hatten. Pigor & Eichhorn führten stolz die komplette Sammlung ihrer Preise vor, was viel Gelächter ergab.

Anschließend legten sie auch musikalisch los. Eichhorn sehr gut am Flügel, Pigor mit steifen Tanzbewegungen am Mikro. Ein Lied über junge Mädchen in Mexiko, denen er rein wissenschaftlich interessiert auf den Po schlug, um zu sehen, wie sie darauf reagierten. Angewandte Ethnologie. „Die Mexikanerinnen haben da mehr Feuer im Blut. Nicht diesen drögen deutschen Missmut.“ Pigor gab den Text rhythmisch sehr exakt in einer Mischung aus Gesang und Rap von sich. Wahrscheinlich bin ich in den letzten zehn Monaten seit dem Kabarett-Kurzprogramm intellektuell sehr gereift, oder ich bin offener für Ungewohntes geworden. Auf jeden Fall erkannte ich plötzlich, wie gut und schlau alles ist und fand die Pigortexte total klasse! Er wirkte wie improvisiert gesprochen, war aber natürlich exakt durchdacht und wurde in rasantem Tempo und perfektem Timing gebracht. Und Pigor haute Edda am Anfang wirklich auf den Po und erntete dafür böse Blicke.

Danach kam Queen Bee dran. Pigor & Eichhorn setzten sich zu den Zuschauern an den Bühnenrand und die beiden Frauen röhrten ihr “Stramm genuch” in den Raum. Einfach Wahnsinn, wie die singen können! Am Schluss wurden ihnen viele Stofftiere auf die Bühne geworfen, die Eichhorn während des Liedes aus zwei Säcken an das Publikum verteilt hatte. Anschließend die kopfschüttelnde Bemerkung von Pigor & Eichhorn: “Dafür kriegt man ’n Kleinkunstpreis. Der ist auch nicht mehr, was er früher war.”

Die beiden Paare einigten sich, dass jeder ein Wunschlied singen durfte, und dabei bestimmen konnte, was die anderen dazu machen sollten. “Du stellst dich da hin“, war die Anweisung, oder auch: „Du bist der Chor!” Die beiden Duos ergänzten sich und passten wunderbar zusammen. Es wäre völlig in Ordnung, wenn sie immer als Quartett unterwegs wären, so harmonisch wirkte die Zusammenstellung.

Ina und Edda zankten sich bei diesem Programm übrigens gar nicht, aber Pigor unterdrückte den armen Benedikt Eichhorn durchgehend. Er kommandierte ihn herum, stahl ihm die Witze und schickte ihn immer wieder zum Flügel. Nicht umsonst hieß ihr eigenes Programm: “Pigor spielt und Eichhorn muss begleiten”. Natürlich hatte Eichhorn damit alle Sympathien des Publikums. Besonders als er freudig aufgeregt ein Duett mit Ina singen wollte und Pigor ihm den Ton abdrehen ließ und selber sang. Die hilflose Verzweiflung des Pianisten, der weiter begleiten musste, immer wieder an das Mikro klopfte und sich schließlich traurig in sein Schicksal ergab, war schon herzergreifend. Armer Eichhorn.

Trotz aller Konkurrenz und Wortsticheleien zwischen den Frauen und Männern, gab es zwischen ihnen heiße Blicke, lachende Augen und supergute Stimmung. War ja alles nur gespielt! Sie mochten sich, das war zu merken und das machte dem Publikum Spaß.

Sehr schön auch ein Saunalied. Die Nebelmaschine verbreitete Dunst, Eichhorn setzte sich in weißem Frottee-Badematel und mit Plastik-Badeschuhen an den Flügel, und Ina und Pigor, auch in Bademänteln, sangen ein Liebeslied. Sie waren Rainer und Iris, die sich in der Saune trafen. Es war wie im Musical. Musik, Gesang, Herz, Schmerz. Gefühlsmäßig alles rosarot. Allerdings waren es Pigor-Texte, und so wurde mit ernstem Gesicht von “...es sind Schweißtropfen, keine Tränen!” gesungen. So ganz ernst blieben die Gesichter bei den Darstellern allerdings nicht, und an manchen Stellen gab es kurze, heftige Lachausbrüche. Sehr schön und total witzig.

Edda trug danach mit unnachahmlichem Blick etwas seriös Klassisches vor, und obwohl der Text aussagte, dass nach diesem schwachsinnigen Lückenfüller nur Idioten klatschen, gab es viel Applaus. Das Publikum war schmerzfrei. Inzwischen standen alle wieder gut gekleidet auf der Bühne, nur der arme Eichhorn saß immer noch im Bademantel am Flügel, weil er durchgehend begleiten musste und nicht weggehen durfte.

Ina sang, im glitzernden Abendkleid sehr lasziv auf die Wendeltreppe drapiert, mit Pigor, der am anderen Ende des Raumes stand, ein knisterndes Lied über die bevorstehende Nacht. Sex ohne Fragen. Beide waren im verdunkelten Raum mit einem Spot angeleuchtet, und obwohl es auch viel Gelächter gab, war eine doch auch eine prickelnd erotische Stimmung vorhanden. Beide zogen nach dem Lied freudig in die Garderobe ab, kamen aber enttäuscht wieder, da es bei den Vorbereitungen angeblich schon einige Missverständnisse gegeben hatte.

Und endlich war auch Eichhorn mal dran. Er stand plötzlich ganz alleine mit weit ausgebreiteten Armen auf der Bühne, hatte eine goldene Lederjacke, eine schwarze Hose und dicke Stiefel an, und strahlte begeistert ins Publikum: “Seid ihr gut drauf??” “JAA!!” Total süß. Dann zeigte er verschmitzt grinsend auf seine Schuhe und verriet: “Das sind doch nur Moonboots!”

Er sang am Flügel “Sternenhimmel”, ein wunderschönes Lied, bei dem auch noch die Diskokugel an der Decke startete und viele strahlende Punkte durch den Raum schickte. Es ging um einen Mann, der leider immer zu viel redete und damit jede romantische Stimmung zerstörte. Im Publikum gab es zunächst viel lautes Gelächter, das aber zum Ende hin immer weniger wurde. denn eigentlich war es richtig traurig. Die Stelle: “Küss mich, bitte küss mich. Ich könnte dein Prinz sein”, war sehr berührend. Große Klasse!

Ein Medley mit den wunderbar ineinander übergehenden Stücken des Abends beschloss das Programm. Natürlich gab es sehr viel Applaus und sofort eine Zugabe. “Ich möchte Günther nicht mehr küssen”, ein energiegeladenes Stück, das mir schon im Kurzprogramm super gefallen hatte.

Der Riesenapplaus verlangte eine weitere Zugabe. Pigor redete in schnellem Tempo los, und erst nach verwundertem Hinhören war klar, welche Sprache er benutzte: Die B-Sprache! Jeder Selbstlaut wird dabei mit einem B davor wiederholt. Aballebes klabar? Die kannte ich noch aus der Schulzeit, es verlangte aber höchste Konzentration, bei diesem Tempo mitzukommen. Eine junge Zuschauerin schaffte es, sich mit Pigor zu verständigen und bekam großes Lob dafür. Subupeber!

Queen Bee und Pigor & Eichhorn sangen einen ‘Schlabageber’. “Marmor, Stein und Eisen bricht”, komplett in der B-Sprache. In schnellem Tempo, durch die zusätzlichen Silben jede Zeile noch voller als normal, sangen sie laut und temperamentvoll: “Mabarmobor, Steibein ubund Eibeiseben bribicht.....” Irrwitzig und supergut!

Nach dem Dankeschön an alle möglichen Beteiligten war dann endgültig Schluss. Eichhorn wurde zum CD-Verkauf geschickt und der tolle Abend war zu Ende.

Fazit: Ich finde Queen Bee sehr gut und werde ganz sicher nochmal in ihr Solo-Programm gehen. Pigor & Eichhorn haben mir so gut gefallen, dass ich auf jeden Fall auch ihr Solo-Programm besuchen werde. Ich kann gar nicht mehr verstehen, warum ich mit manchen Vorträgen im Kurzprogramm Probleme hatte. An diesem Abend fand ich die Texte sehr unkonventionell, schlau, witzig und reizvoll. Und so gut, dass ich mir sofort ihre CD gekauft habe. Die von Queen Bee hatte ich schon.

Der Quartett-Abend der beiden Gruppen (im Sommer 1999 aus einem Spaß heraus entstanden) war wirklich sehr gut, kurzweilig und abwechslungsreich. Es gab viel zu hören, viel zu gucken, sehr gute Musik, klasse Texte und ganz viel Gelächter. Ein toller Abend!