Wise Guys - 05.12.2000 - Subway - Köln

Fernsehaufzeichnung für den WDR

Vorgeschichte:
Zu den begehrtesten Karten für ein Wise Guys Konzert gehörten im Jahr 2000 die Eintrittskarten für die WDR-Fernsehaufzeichnung im Kölner Subway. In einem kleinen Wettbewerb konnten 5x2 Karten gewonnen werden, wenn der Satz “Ich muss diese beiden Eintrittskarten gewinnen, weil ...” möglichst originell ergänzt wurde. Die Antwort musste innerhalb einer bestimmten Zeitspanne per E-mail im Wise Guys Büro eintreffen. Schon daran scheiterte ein Teil der Interessenten. Das war aber eine natürliche Auslese, und alle Leute, die schon die Spielregeln nicht kapierten, fielen sofort raus. Gerade die machten dann aber Ärger.

Die “Glücksfee Dän” musste danach immerhin noch mehr als 160 gültige Einsendungen prüfen und die Gewinner aussuchen. Die Fee machte sich mit viel Freude an die Arbeit, begründete die Wahl gut gelaunt und ... es brach ein Sturm der Entrüstung los. Eine Welle von beleidigten und beleidigenden Reaktionen überspülte die arme Fee und ihr Umfeld. Dabei sollte alles doch nur ein nettes Spiel sein! Die Glücksfee hatte daraufhin keine Lust mehr, warf ihren Idealismus in die Ecke und spielte nicht mehr mit. 

Als Problem erwies sich auch die Zusammensetzung des Publikums. Natürlich hätten die etwa 120 Plätze spielend mit hochgradig infizierten Fans besetzt werden können, aber das erschien nicht sinnvoll. Ein Teil der Zuschauer musste von den Liedern und Anmoderationen einfach überrascht werden, um spontane Lacher und echte Heiterkeitsanfälle zu gewährleisten. Ein Publikum, das am Anfang der Moderation laut lacht, weil es die Pointe kennt, ist später für die Fernsehzuschauer schwer zu begreifen. Auch lautes, begeistertes Mitsingen aller Strophen musste in diesem Fall als unerwünscht eingestuft werden. Doch schließlich war es geschafft und alle Karten waren mehr oder weniger glücklich verteilt.

Ich deponierte unsere glücklich erhaltene Karte im Safe, gleich neben dem Diamantencollier und dem Wolfgang-Petry-Autogramm und hatte wochenlang keinen Besuch mehr, um jede Gefährdung oder gar Entwendung zu vermeiden. (Nee, das war jetzt Spaß. Ich habe gar kein Diamantencollier!) 

Der große Abend der Fernsehaufzeichnung:
Endlich war es soweit: Es war der 5. Dezember und wir stiegen eine Treppe hinunter, um in die Tiefen des Subway einzutauchen. Eine andere Welt tat sich auf. Schon der Diskothek-Schriftzug an der Türe hatte an die 70er Jahre erinnert, aber hier unten waren die 80er und 90er komplett und spurlos vorübergegangen. Beige Cordbezüge auf hölzernen Sitzecken, etwas ramponierte Beistelltischchen, schwarzer Stoffbehang mit Neonbildchen an den Wänden ... das waren die 70er! Auch die Bar mit ihren Kugellampen und den vielen kleinen Glitzerlämpchen sah aus wie aus einer längst verdrängten Zeit. Auf dem Monitor im Übertragungswagen, der vor dem Subway auf der Straße stand, hatte der Raum größer, gestylter und perfekter ausgesehen. Wenn nun auch die Wise Guys größer, gestylter und perfekter rüberkämen, wäre das ja kaum noch auszuhalten!

Die Bühne war eigentlich eine Tanzfläche von etwa 3 mal 3 Metern, drumherum gab es einige Sitzecken, außerdem ein dicker Pfeiler, daneben eine dicke Standkamera und die letzten Lücken füllten ziemlich zuverlässig zwei Handkameramänner aus. Dadurch waren manche der Zuschauer zwar irgendwie live dabei, sahen aber alles nur auf einem seitlichen Monitor.

Als Musik von Al Jarreau begann, überlegten wir, ob wir die Tanzfläche stürmen sollten, aber da wurde künstlicher Nebel in den Raum gepustet, der zunächst furchtbar stank und Hustenreiz auslöste. Was sollte das denn nun? Erst Rauchverbot, aber dann verrauchte Atmosphäre künstlich herstellen? Wir bemühten uns so gut wie möglich bekifft auszusehen, um in die 70er-Jahre-Szene zu passen, da ging es glücklicherweise los.

Die Wise Guys kamen gleich in den guten Anzügen (war ja für’s Fernsehen!), erhielten sehr viel Vorapplaus und und begannen mit dem Frühlingslied. Unter den beobachtenden Objektiven der Kameras verhielt sich das kameranahe Publikum zunächst etwas zögerlich, taute aber zunehmend auf. Däns Umfrage zur Konzertstatistik zeigte, dass immerhin einige Neuhörer dabeiwaren. Die waren an diesem Abend ja für das spontane Lachen verantwortlich.

Es gab übrigens keinen Aufnahmeleiter, der am Rand stand und zwischendurch brüllte: “STOOOPP! Das Ganze nochmal von vorne! Frühlingslied, die Achte!” oder “Kann der Bass nicht mal was anderes als dum-dum singen?” Auch bei kleinen Verhasplern in der Moderation wurde einfach weitergedreht. Alles war ganz echt und am Stück. Es war eben wirklich ein Live-Konzert in einem kleinen Club.

Die Stimmung bei den Zuschauern war sehr gut und nach den Liedern wurde laut und heftig geklatscht. Für so wenige Leute gab es eine bemerkenswerte Phonstärke! Das neue Lied Ich war noch nie bei RTL war im letzten Refrain zum Mitsingen gedacht und das wurde auch laut und gerne gemacht. Es zieht einfach mit. Besonders die choreographischen Überreste des griechischen Weines, die darin sind, aber so gar nicht passen und gerade darum so sentimental-lustig sind, finde ich klasse.

Obwohl die extrem kleine Tanzfläche (Bühne kann ich da einfach nicht schreiben) und die Aufnahmesituation die ganze Atmosphäre beeinflussten, wirkten die Wise Guys nicht nervös. Sie zogen ihr Programm sehr locker durch und bewegten sich möglichst kameragünstig. Ich fand es wirklich gut, wie sie teilweise direkt in die Kamera sangen. Profimäßig. Aber inzwischen haben sie ja schon einige Übung. Auch die Kameraleute und ihre Assistenten, die um die Tanzfläche herum verteilt waren, lächelten zufrieden und man sah ihnen an, dass sie Spaß am Programm und ihrer Arbeit hatten.

Ohne dich war energisch, kraftvoll und mir gefiel, dass Eddi sich mehr bewegte. Vielleicht kam mir das auf der 3x3-Meter-Fläche aber auch nur so vor. Er lief dort mit wenigen Schritten von einem Rand zum anderen. Das täuscht natürlich Geschwindigkeit vor. Aber egal, es wirkte.

Da es in der Pause keinen Artikelstand gab, nutzte Dän die günstige Gelegenheit und machte für das ‘Millionenpublikum vor den Fernsehern’ Werbung für die Wise Guys Live CD, voller Hoffnung, dass die Szene nicht geschnitten würde.

Bleib wie du bist wunderschön gesungen, war ein überzeugend guter Beginn des zweiten Teils. Eine sehr ruhige, gefühlvolle Ballade, die mir immer wieder gefällt.

Nach einem rasanten Root Beer Rag (Sari mußte vorher zweimal den Ton angeben, weil Dän immer weiterredete und es ewig dauerte, bis das Codewort kam), wurde plötzlich ein Stuhl auf die Tanzfläche getragen. Oooops!? Normalerweise war das die Stelle mit dem Glitzerfrack und der “Sexbomb”. Sollte da wirklich nochmal ... ? Und tatsächlich: Es gab ein Wiedersehen und -hören mit Probier’s mal mit ‘nem Bass. Hurra! War wieder sehr schön und tat nach so langer Hörpause richtig gut. Allerdings erkannte ich auch, dass es völlig in Ordnung war, das Lied aus dem Programm zu nehmen. Ich liebe es wirklich und finde, dass Ferenc es immer überzeugend gut bringt, aber inzwischen habe ich es so oft gehört, dass ich mir fast vorstellen kann, wie nervtötend und gar nicht mehr lustig es ist, die tausendste Wiederholung zu singen. Ein herzliches Willkommen also an die “Sexbomb”.

Lied-Ansager Eddi (nicht zu verwechseln mit Lead-Ansager Dän) blühte vor den laufenden Kameras richtig auf und zauberte für Willst du mit mir gehn eine sehr souveräne und lockere Ansage hin. Von ‘Anmachsprüchen in der Straßenbahn’, ‘Keulenmethoden’ und ‘den Leuten vor den Schirmen’ war die Rede und es war einfach gut. Dafür sprang Sari später bei der Textzeile “... du ziehst mich so unwiderstehlich an” einem Kameramann fast ins Objektiv, als er mit vollem Tempo auf ihn zustürmte. Das sah superklasse aus, aber der arme Mann war bestimmt sehr erschrocken.

Als Zugabe gab es das schöne More than words, ganz ungewöhnlich am Beginn der Zugaben, aber die aufgeheizte Stimmung ging tatsächlich runter. Es folgte Ich will keine a-cappella, bei der Sari WDR- und Nachmittagsprogrammtauglich das T-Shirt anbehielt, und als Abschluß Golden Eye, das einen Kamera-Assistenten so faszinierte, dass er unbewusst Eddis Mimik nachmachte und ganz versunken zusah. Hätte sein Haupt-Kameramann plötzlich die Position gewechselt, wäre es wohl eine mittlere Katastrophe geworden, weil der versunkene Assistent das Kabel ganz festhielt und bestimmt nicht rechtzeitig losgelassen hätte. Das zeigte die Qualität der Wise Guys. Vielleicht hielt der junge Mann ihn aber auch wirklich für Tina.

Viel Beifall am Schluss. Als das Licht anging und die Al Jarreau-Musik wieder loslegte, packten die Kameraleute ein und der Afterglow begann. Am weitesten angereist und tatsächlich vor Ort: Die Preisausschreiben-Gewinnerin Maria aus Barcelona.
 

Es war ein schöner und ganz ungewöhnlicher Konzertabend, obwohl es die vertrauten Wise Guys und größtenteils ihr gewohntes Programm waren. Ich bin jetzt sehr gespannt auf das Ergebnis, das es demnächst im Fernsehen zu sehen gibt.

 

Unvollständige Liedliste:

Frühlingslied
Ohne dich
Bleib wie du bist
Root Ber Rag
Probier's mal mit nem Bass
Willst du mit mir gehn
More than words
Ich will keine a-cappella
Golden Eye