Gregor Meyle – Wohnzimmer-Tour – 25.04.2025 – Düsseldorf
Savoy, Düsseldorf
Gregor Meyle war auf Wohnzimmer-Tour, die erst am Vorabend in Oberhausen gestartet war. Der kuschelige Name bedeutete allerdings nicht, dass er in privaten Wohnzimmern sang, sondern dass sowohl die Bandbesetzung als auch die Konzertorte kleiner als gewöhnlich ausfielen. Kleiner – das war ein bisschen lustig, denn viele Jahre lang hatte Gregor Meyle Konzerte an vorwiegend kleinen Orten gegeben, mit oft nur sehr kleiner Bandbesetzung, vor manchmal sehr kleinem Publikum. Gesungen hatte er auch da schon mit seiner unverwechselbaren, tollen Stimme und einige Lieder, die damals entstanden, sang er bis heute. Er war damals eben nur noch nicht „entdeckt“ worden. Das geschah 2014 vor großem Fernsehpublikum bei der Show „Sing meinen Song“, in der Gregor als eher unbekannter Musiker teilnahm und als Shootingstar endete. Ein typischer Fall von „Über Nacht erfolgreich – aber die Nacht war sehr lang.“
Jetzt also eine Wohnzimmer-Tour, um mal wieder von den sehr großen Konzerten runterzukommen und zur Abwechslung leiser näher zu sein. Es gab sehr freudigen Begrüßungsapplaus, als die Band und Gregor auf die Bühne kamen. Gregor, wie üblich mit Brille und Hut, grinste ebenfalls freudig ins Publikum. Er griff zur Gitarre, das Klatschen hörte sofort auf, und es wurde erwartungsvoll still. „Pling, pling, ploong“, machte es, als Gregor in aller Ruhe seine Gitarre stimmte. Das Publikum, das gerade noch in der „Jetzt-singt-er-los“-Erwartung gewesen war, blickte ausgebremst, stumm und abwartend zu. Es fühlte sich wie eine Lücke im Programm an. Gregor hätte auch kurz mal was sagen können, um die Lücke zu überspringen, aber er stimmte nur konzentriert die Saiten und sang dann ohne weitere Einleitung los. „Immer wenn du loslässt …“ klang die vertraute, etwas raue und soulige Stimme durch den Raum, mit der „Dann bin ich zuhaus“ begann.

Die ihn begleitende Band bestand aus Geiger, Keyboarder, Schlagwerker, einem Saxophonisten und zwei Sängerinnen. Da eine der Sängerinnen aber zwischendurch auch Geige oder Gitarre spielte, der Keyboarder Akkordeon und der Saxophonist jede Menge unterschiedlichster Blasinstrumente und außerdem Bassgitarre, war es sehr vielfältig. Zusammen klangen sie immer wunderbar und sehr harmonisch. Eine der Sängerinnen sang mir ein bisschen zu schluchzend, aber das war ja Geschmacksache. Ich vermisste immer noch Laura Bellon, die eine so schöne, warme Stimme hatte.
Die Wohnzimmer-Tour war ein Rückblick auf Gregors musikalischen Weg und sein damit verbundenes Leben. Er wies auf die vielen Bilderrahmen mit Schwarzweiß-Fotos auf der Bühne hin, die bekannte Musiker wie die Beatles, Phil Collins und ABBA zeigten. „Das sind unsere Heroes.“ Plaudernd berichtete er über die Teilnahme an Stefan Raabs Castingshow, zu der ihn sein Bruder 2007 heimlich angemeldet und unter einem Vorwand ans Set gelockt hatte – „Wir müssen etwas Schweres tragen und ich brauche dich“. Plötzlich war er einer der zwanzig Teilnehmer, schrieb die Lieder für seine Auftritte in der Show und wurde in der letzten Entscheidungsshow Zweiter. „Und jetzt steh’n wir hier. Unfassbar“, staunte er selber immer noch.

Der warme Geigenklang war bei Gregor-Konzerten typisch. Bandmitglied Christian Herzberger spielte wunderschön, aber an diesem Abend hatte die Geige in der Abmischung einen sehr künstlichen Klang. Manchmal klang es nur „ähnlich wie Geige“. Vielleicht war das gewollt und extra für die Tour eingesetzt, aber die Geige hätte dann auch mit einem Synthesizer gespielt werden können, was ich schade fand. Ich mochte es lieber echt und pur.
Gregor hatte zu Beginn Überraschungen für den Abend angekündigt, und die gab es, als er die Bühne verließ und in den Zuschauerraum ging. „Gibt es eine Frage, die du mit immer schon mal stellen wolltest?“, fragte er einen Zuschauer und hielt ihm das Mikrofon vor das Gesicht. „Äääh …?“ sagte der. Das war genau die Frage, die mir dann auch spontan eingefallen wäre. Netterweise zog Gregor das Mikrofon sofort wieder zurück, lachte: „Das ist der Überraschungsmoment“, und ging weiter.

Er bat die Singles, aufzuzeigen. Einige Hände gingen hoch und er guckte sich um und begrüßte eine Frau. Dann fragt er nach den Männern, die sich eben gemeldet hatten. Es zeigte niemand mehr auf, was aber nicht an der Frau liegen konnte, die sehr sympathisch wirkte und dazu gut aussah. Vielleicht verschreckte aber das gerade die männlichen Singles, die davon ausgehen mussten, dass sie mit der Frau bekannt gemacht oder sogar verkuppelt werden sollten. Gregor guckte suchend in die ersten Reihen, wo er vorher eine erhobene Hand gesehen hatte. In diesem Moment riefen zwei Frauen, die dort saßen, laut: „DER hat sich gemeldet!“ und zeigten auf einen Mann. Es gab Gelächter, vor allem über die dreiste Unverschämtheit, mit der sie ihn verrieten. Gregor lächelte mild: „Schön, dass er das freiwillig entscheidet.“
Die Frau und der Mann wurden auf das freie Sofa auf der Bühne geleitet und bekamen Wein angeboten. Gregor, der den Wein selber anbaute, nickte beruhigend: „Ich krieg den billiger.“ So ganz nah an Gregor und der Band, bequem auf einem Sofa sitzend, ein Glas Wein in der Hand, hörten sie „Behalt dein Lächeln im Gesicht“ an. Das Publikum sang leise mit. Wie schön es doch ist, wenn tolle Musik fein und leise gemacht wird.

Das Paar auf dem Sofa wurde sehr nett verabschiedet, und das Konzert ging weiter mit vorwiegend vertrauten Songs und Plaudereien von Gregor. Was er zwischendurch erzählte, war nicht zufällig. Die Geschichten gehörten immer zur betreffenden Zeit und spannten einen Bogen durch sein musikalisches Leben. Er erzählte locker und frei, wurde auch mal ernst und lachte selber amüsiert, wenn er lustige Situationen beschrieb. Es kam alles wie in einem fast privaten Gespräch rüber, sehr authentisch und echt. Gregor war kein Mensch, der sich verstellte. Der war so.
Im Publikum wurde manchmal leise mitgesungen, in den Refrains oft laut. Der Nachteil eines leiseren Wohnzimmerkonzertes war, dass der gesungene Text nicht mehr zu verstehen war, wenn die Zuschauer aufstanden und mitklatschten. Das gab so viele Nebengeräusche, dass Gregors Singstimme, die ja sowieso etwas vernuschelt war, kaum noch zu verstehen war. Aber die Atmosphäre blieb auch ohne Textverständnis harmonisch, entspannt und sehr musikalisch.

Sehr schön war „Dir gehört mein Herz“, der Disney-Song von Phil Collins für „Tarzan“. Gregor sang es mit seiner rauen, souligen Stimme und gab ihm einen ganz eigenen Reiz. „Ich singe es zum zweiten Mal im Leben live“, sagte er. „Gestern in Oberhausen war es das erste Mal.“
Musikalisch blieb es fein und schön. Die Geige sirrte manchmal in höchsten Tönen, der Saxophonist schien eine unerschöpfliche Blasinstrumentensammlung zu haben und spielte einmal eine Flöte, die wie aus mystischen Urwaldzeiten klang, und der Schlagzeuger rappelte, klopfte und strich sanft über klingende Metallstäbe. Wie kreativ und schön aufeinander eingespielt man Musik machen konnte!

Schon wieder suchte Gregor im Publikum, diesmal nach Pärchen. Nur wenige zeigten auf. Vermutlich hatten alles Sorge, auf die Bühne zu müssen. Auch bei dem Paar, das Gregor entdeckt hatte, winkte die Frau erst ab, ging dann aber doch mit. Anscheinend freiwillig. Vermutlich, weil Gregor so nett war und sie ihn nicht enttäuschen wollte. Das Paar – seit 22 Jahren zusammen – wurde an einen kleinen Tisch geleitet, bekam Wein und Gregor kündigte an: „Wir spielen jetzt das romantische Lied ‚I will survive‘. Nee, Spaß!“ Es wurde dann aber doch sehr romantisch bei „Kleines Lied“ mit Textzeilen wie: „Ich lass dich nicht zurück ganz allein. Ich bin so froh, mit dir zu sein.“ Die Dame brauchte dringend ein Taschentuch, was rührend war.
Während Gregor wieder einmal eine Gitarre stimmte, erzählte er: „Pro Jahr gucken wir fünf Wochen aufs Handy. Wahnsinn! Fünf Wochen der Blick auf ein Telefon.“ Dann grinst er: „Und was ich im Jahr an Gitarre stimme!“

Es gab weitere, wunderschön gebrachte Lieder, natürlich auch „Keine ist wie du“, und am Ende viel Applaus und Standing Ovation. Dann legten alle Musiker ihre Instrumente weg, stellen sich nebeneinander und sangen eine A-Cappella-Version von „Don’t worry, be happy“. Gregor mit passendem Akzent in den Strophen. Das Publikum setzte an den Uuuuh-hu-hu … Stellen ein und pfiff laut mit oder sang jaulend in den Höhen. Als alle gerade gut drin waren und die Stimmung super war, zog die Truppe auf der Bühne im Gänsemarsch und weiter vor sich hinpfeifend nach hinten ab.

Mit rhythmischem Klatschen wurde sie zurückgeholt und spielte „Niemand“. Auch da war der Text passend zu Gregor und dem, was er vermittelte: „Du brauchst niemand, der dir zeigt, wie leicht man lebt. Du brauchst niemand, der dir sagt, worum es geht. Es gibt niemand, der dein Leben für dich lebt.“

Nach einer letzten, großen Verbeugung gab es das Schlusslied mitten im Publikum. Gregor stellte mit einem Blick auf die jetzt leere Bühne fest: „Das ist aber echt ein schönes Bühnenbild!“, womit er Recht hatte. Es gab ein feines „Du bist das Licht!“, was so pur und leise gesungen und gespielt wunderbar und sehr eindringlich war.

Hach, ein schönes, feines Konzert mit tollen Musikern und einem authentischen, herzlichen und mehr als sympathischen Gregor. Gut für Herz und Seele.