Geschwister Pfister – In der Toskana – 02.05.2014 – Langenfeld
Schauplatz, Langenfeld
„Komm ein bisschen mit nach Italien, komm ein bisschen mit ans blaue Meer“, singen die Geschwister Pfister, packen ihre Camping-Klappstühle in den VW-Käfer und tuckern über den Brennerpass in den Süden. Es sind die 50er Jahre, Toni Pfister fordert mitreißend auf: „Raus aus den zerstörten Städten!“ und macht mit Fräulein Schneider und dem kleinen Ursli den ersten Urlaub im Sehnsuchtsland Italien.
„Für eine Fahrt ans Mittelmeer, gäb ich meine letzten Mittel her“, singen sie, und schon die strahlend blauen Vorhänge auf der Bühne lassen an Himmel und Meer denken. Auch die authentische Urlaubskleidung der Pfisters wirft die Zuschauer in eine frühere Zeit zurück. Da stimmt alles. Von den geblümten Reisetaschen bis hin zu den Riemchen-Herrensandalen. Dass ich das Muster von Fräulein Schneiders Rock von den früheren Übergardinen in meinem Elternhaus kenne, freut mich ganz besonders.
Nach einer langen Fahrt treffen die Pfisters auf einem Campingplatz ein, singen „Junge Leute brauchen Liebe“ und trinken ihren ersten „EXpresso“, der ihnen von einem dunkelgelockten Tankwart serviert wird. Alles ist exotisch, neu und „Bene, bene, bene.“ Kleine Leute in der großen weiten Welt, mit Träumen und Sehnsüchten vom süßen Leben.
Die Pfisters singen passende Lieder aus der Zeit, – ich liebe es, wenn sie dreistimmig singen -, es gibt kleine, synchrone Choreographien und wunderschöne Szenen, die mit wenigen Mitteln ganz genau die Atmosphäre treffen. Es ist nichts dem Zufall überlassen, wirkt aber immer locker und leicht und wie ein großer Spaß. Musikalisch begleitet werden die Geschwister Pfister vom bewährten und souveränen Jo Roloff Trio (Flügel, Bass und Schlagzeug), und hin und wieder gibt es Geigen, Trompeten und was sonst noch nötig ist, vom Band dazu. Das aber so perfekt eingebaut, dass es wie live wirkt und eigentlich nur auffällt, weil das betreffende Instrument gar nicht zu sehen ist. Einmal singt der Bassist Jürgen Schäfer ein Solo-Lied und hat dabei eine so schöne Stimme, dass ich ganz fasziniert bin. Der ist für zweite Stimmen ja glatt überqualifiziert.
Die Arrangements der Lieder sind sehr klasse, und ich grinse breit, als plötzlich „Schuld war nur der Bossa Nova“ und „Sag mir quando, sag mir wann“ geschickt miteinander verschachtelt werden. Die Dame neben mir lacht bei jedem Lied freudig auf und raunt ihrer Nachbarin halblaut zu: „Es war alles verschüttet, aber jetzt kommt es wieder!“
Die verzwickte und spannende Lebensgeschichte der Geschwister Pfister bringt es mit sich, dass Toni Pfister (Tobias Bonn) mit Schweizer Akzent spricht, Ursli (Christoph Marti) mit amerikanischem und Frl. Schneider (Andreja Schneider) mit bulgarischem. Drei völlig unterschiedliche Charaktere, die zusammen ein wunderbares, sehr harmonisches Team ergeben. Ursli, mit dem strahlenden Lachen, den blitzenden Augen und den mehr als lasziven Bewegungen ist der Gegenpol zum ruhigen, biederen und zuverlässigen Toni, und die selbstbewusste und mütterliche Frl. Schneider hält alles lächelnd und warmherzig zusammen. Ich mag die Geschwister Pfister sehr, weil sie trotz ihrer Kunstfiguren so natürlich wirken und ihre Shows ernsthaft und bis ins Detail sorgfältig, aber mit einem lächelnden Augenzwinkern bringen. Sie haben Freude auf der Bühne und ich lasse mich von ihnen gerne in ihre Zeitreisen und Geschichten mitnehmen.
Der Italienurlaub ist ein Spiel mit stimmungsvollen Bildern, Klischees und Kitsch, aber bei aller Freude an der Überspitzung, bleiben die Pfisters doch liebevoll und bringen so manche Schätzchen. Ein ganz zartes „Der Sommerwind“ von Frl. Schneider, das erst lustig wird, als der Ventilator wie in alten Fernsehshows das Kleid umweht, ein „Es war Sommer“, von Ursli auf der Vespa gesungen, das so ernsthaft und berührend ist, dass es im Publikum ganz still wird, oder auch Toni mit seiner strahlenden, warmen Tenorstimme, die wie ein Überbleibsel aus den 20er-Jahren wirkt und an den großartigen Rudolf Schock erinnert. Mir wird auf einmal bewusst, dass manche der alten Schlager wunderschön sein können.
Wild wird es, als die Pfisters in Luigis Taverne auf frühere Schlagergrößen wie die Kessler Zwillinge, Cindy und Bert, Vicky Leandros und Katja Ebstein treffen. Sie springen durch die Zeiten und die Länder – plötzlich werden auch Spanien und Griechenland besungen -, haben rasante Kostümwechsel, und das begeisterte Publikum kreischt auf, lacht laut und klatscht im Rhythmus mit. War es vorher in der Show liebevoll sentimental und komisch, wird es jetzt schrill und sehr witzig. Aber auch hier werden die Pfisters nicht zu platt überspitzen Travestiekünstlern, sondern sind respektvoll und mit ihrem Blick fürs Wesentliche verblüffend authentisch. Großartig!
Auch der schönste Urlaub geht einmal vorbei und es muss Abschied genommen werden. „Arrividerci, Roma“, „Goodby, my love, goodbye“, „Bella bella bella Marie“ – alles, was Abschied in und von Italien bedeutet, kommt in einem herzschmelzenden Medley zusammen. Ich werde ganz sentimental. Ach, wie schade. Schon vorbei. Nicht nur der Urlaub der Pfisters, auch die Show.
Das begeisterte Publikum gibt donnernden Applaus mit Fußgetrampel, und die Pfisters bringen eine Zugabe, die eigentlich unbedingt zur Show gehört. Ganz romantisch singen sie „Nichts ist so schön wie der Mond in Wanne-Eickel“ und führen damit grandios zurück in die Heimat. Perfekt!
Die Pfisters: Diesmal in der Toskana, aber IMMER sehr zu empfehlen!