Berichte

Pe Werner – Gans oder gar nicht – 20.12.2013 – Troisdorf

KÜZ, Troisdorf

In vier Tagen ist Heiligabend. Das Wetter ist für Dezember viel zu warm und viel zu grau, ich habe weder Spekulatius noch Plätzchen im Haus und bin dementsprechend so gar nicht in der jahreszeitlich angebrachten Stimmung. Da kommt ein vorweihnachtliches Konzert von Pe Werner gerade recht, um vielleicht doch noch ein Weihnachtsgefühl auszulösen.

Wie weihnachtlich es den anderen Zuschauern im hübschen KÜZ-Saal zumute ist, weiß ich nicht, aber sie klatschen erwartungsfroh los, als Pe, nikolausrot gekleidet, aber wesentlich graziler und eleganter als jeder Nikolaus, auf die Bühne kommt. Mit ihr kommen drei Musiker, und es geht sofort los mit der musikalischen Aufforderung, die Schuhe rechtzeitig vor die Tür zu stellen, ehe der Nikolaus vorbei gerauscht ist.

Sofort ist zu merken, dass Weihnachten bei Pe Werner kein schnulzig-entspanntes Kitsch-Fest ist. Sie singt über das, was sich hinter Zimt und Geschenkebergen verbirgt. Es geht um Schnee, Einkaufsstress, die Tofu-Gans für Vegetarier und der Sehnsucht nach dem Weihnachtsmann zum Verlieben. Sie lässt ihre klare Stimme fliegen, trifft die Töne ganz genau und geht gekonnt mit der Dynamik um. Was für eine tolle Stimme!

Bei „Lass es schnei’n“ wird sie ganz zart, bei „Wie kommst du über’n Winter“ und „Ich zünd die Kerzen nicht mehr an“ sehr sanft und leise. Ich staune immer wieder, wie leise sie singen kann und dabei doch total präsent ist. Der Ton schwebt nur durch den Raum, ist aber trotzdem gewaltig da. Großartig! Wobei ich ja sowieso finde, dass sie total unterschätzt wird und ihre Stimme ganz besonders bei swingenden, jazzigen Liedern ganz wunderbar ist.

Aber auch die Musiker, Peter Grabinger am Flügel, Adam Zolynski an der Geige und Martin Bentz am Cello, sind extrem gut. Sie machen von sanft und romantisch bis hin zu swingenden und jazzigen Rhythmen alles mit, liefern einen vollen, sauberen Klang und spielen mit viel Gefühl. Besonders der Geiger tut es mir an. Er kommt mir vor wie aus der Zeit gefallen, als käme er gerade von einem Treffen mit seinen Freunden, den Comedian Harmonists. Ich mag seine Ausstrahlung, sein Temperament beim Spielen, seine fliegenden Haare und gucke ihm immer wieder fasziniert zu. Er wird sofort zu meinem Lieblingsgeiger.

Die Musiker spielen zu dritt eine temperamentvolle „Petersburger Schlittenfahrt“, und ich fühle mich wie in einem teuren Kurort-Kaffeehaus, in dem ein kleines, feines Orchester zur Freude der Gäste aufspielt. Oder wie auf der Titanic, noch weit vor dem Eisberg. Auf jeden Fall in exklusivem und edlen Ambiente. Singen können sie auch alle, was sie bei einem A-cappella-Stück zeigen, zu dem auch der Tonmeister Pit Lenz auf die Bühne kommt, der an anderer Stelle außerdem mit einem Mundharmonika-Solo brilliert.

Humorvolle Moderationen von Pe Werner verbinden die Stücke und leiten weiter, und wenn ich nicht wüsste, dass es draußen grau und mittelwarm ist, würde ich glatt denken, die Landschaft wäre gerade winterlich verschneit. Am Ende gibt es den „Segler aus Papier“, bei dem Pe nochmal ganz zart und berührend singt. Was für eine großartige Stimme!

Ich bin nach dem lauten, jubelnden Schlussapplaus zwar immer noch nicht wirklich in Weihnachtsstimmung, aber das ist auch ganz egal. Es war ein wunderbarer Konzertabend mit hohem musikalischen Niveau und einer Stimme, der ich völlig themenunabhängig genussvoll zuhören kann. Pe Werner kann eben nicht nur vom „Kribbeln im Bauch“ singen, wenn sie singt, kribbelt es vor Wonne auch bei den Zuhörern.