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Wise Guys – Kein Hürth – Ein Konzert fällt aus – 2002

Sonntag, 3. November 2002
Hürth, Feierabendhaus

Am Vormittag klingelte das Telefon und ich erfuhr, dass das Hürth-Konzert am Abend ausfallen musste. Clemens war krank. Schon beim Konzert am Vortag war seine Stimme angegriffen gewesen und inzwischen ging gar nichts mehr. Er krächzte heiser, hatte zum Arzt gehen müssen und konnte auf gar keinen Fall singen.

Von den Wise Guys war sofort eine aktuelle Meldung auf die Homepage gesetzt worden und auch bei Radio Erft sollte die Meldung im Laufe des Tages gebracht werden. Trotzdem würden am Abend noch viele Leute zur Konzerthalle kommen, die vom Ausfall des Konzertes nichts erfahren hatten. Die vier singfähigen Wise Guys beschlossen darum, am Abend nach Hürth zu fahren, um den Ausfall zu erklären, ärgerliche Konzertbesucher zu besänftigen und Fragen nach dem Ersatztermin zu beantworten.

Wenn die Wise Guys ohne Konzert nach Hürth fahren konnten, dann konnte ich das auch! So oft hatte ich einen ganz normalen Konzertbericht geschrieben, jetzt bot sich endlich mal eine Gelegenheit, aus dem Trott auszubrechen. Was sagen die Besucher und wie ist die Stimmung, wenn es KEIN Konzert gibt? Wird trotzdem auf Eins und die Drei mitgeklatscht? Gibt es überhaupt eine Eins und eine Drei?

Als wir um 18 Uhr 30 am schönen Feierabendhaus ankamen, war der Parkplatz leer und der große Platz vor dem hellerleuchteten Gebäude dunkel und einsam. Erstaunlicherweise gab es kein Schild an der Tür, das in handgeschriebenen Buchstaben verkündete: „Wise Guys fällt aus!“ Das hatte ich erwartet.

Der Betreiber des Feierabendhauses saß an einem Tisch im Foyer und wartete auf unwissende Konzertbesucher. Neben ihm, nach Farben geordnet, vorbestellte Karten und das letzte Kontingent für die Abendkasse. Das Konzert war fast ausverkauft, etwa 900 Besucher hatten sich den Termin freigehalten und ein Großteil von ihnen war gerade auf dem Weg nach Hürth. Er nahm die Sache mit ergebenem Humor, hatte den Helfern vom Getränkeausschank und der Garderobe abgesagt und war gekommen, um alles zu regeln.

Die ersten Konzertbesucher waren sogar schon wieder weg. Sie waren früh aus der Eifel angereist und hatten neben einem tröstenden Lächeln auch einen kleinen Zettel erhalten, auf dem der Ersatztermin stand. Der war nur drei Wochen später.

Zwei Frauen fuhren vor, die zwar schon im Radio von der Absage gehört hatten, sich aber lieber selber davon überzeugen wollten. Kurz danach wollte eine andere Gruppe ihre beim Radio Erft-Gewinnspiel gewonnenen Karten einlösen und war völlig überrascht. Auf den Hinweis, dass der Sender eine aktuelle Meldung gesendet hatte, antworteten sie: “Wir hören kein Radio Erft!”, was MICH sehr überraschte.

Ein Parkplatzordner, von dem meist nur die reflektierenden Streifen zu sehen waren, stellte sich in der Einfahrt auf, wedelte mit einer Kelle herum und klärte ankommende PKW-Fahrer noch vor dem Einbiegen auf den Parkplatz über die Sachlage auf. Er sah zwar eine Menge enttäuschter Gesichter, konnte seinen Parkplatz aber übersichtlich frei halten, denn viele Fahrer drehten gleich wieder um.

Die vier gesunden Wise Guys kamen an, taten sehr überrascht, fragten theatralisch wo denn der Kollege bliebe, lasen enttäuscht von der Konzertsabsage und überlegten laut, ob sie am Ersatztermin überhaupt Zeit hätten.

Inzwischen kamen trotzdem stetig Konzertbesucher an, die dem Parkplatzwächter entweder nicht trauten – da konnte sich ja jeder hinstellen und sagen, dass das Konzert ausfällt -, die eine andere Zufahrt gefunden hatten oder mit ihrer bezahlten Karte zumindest mal das hell erleuchtete Gebäude betreten wollten. Sari, Eddi, Ferenc und Dän sprachen sie sofort an, erklärten, warum das Konzert ausfallen musste und reichten die Infozettel herum.

Die meisten Ankommenden hatten die Neuigkeit schon auf dem Weg zum Eingang von entgegenkommenden Zuschauern gehört, aber manche waren doch überrascht. “Ach, darum konnte ich noch in der ersten Reihe parken! Ich hatte mich schon gewundert.” Ebenfalls überrascht waren die meisten darüber, dass sich die Wise Guys selber ins Feierabendhaus stellten, um sie zu informieren. Die Anwesenheit der Stars verhinderte eventuelle Wutausbrüche oder Prügeleien, denn es war schon etwas anderes, von einem zerknirscht guckenden Wise Guy informiert zu werden, als von einem eventuell mürrischen Hausmeister, der sauer über den veränderten Tagesablauf war.

Viele Leute, die vom abgesagten Konzert erfuhren, kramten erst einmal ihr Handy aus der Tasche und riefen irgendwo an. Das war schon fast wieder witzig. Reinkommen, Absage erfahren, Handy suchen, telefonieren. “Wirklich – das Konzert fällt aus!” Und dann manchmal: “Und was soll ich jetzt stattdessen machen?” Auch die Wise Guys telefonierten zwischendurch. Vermutlich mussten vor allem sie sich erkundigen, was sie jetzt stattdessen machen sollten.

Der nette Hallenbetreiber, dem die gute Stimmung gefiel, organisierte plötzlich aus einem Hinterzimmer zwei Kästen mit Getränken. Damit konnte sogar eine Art Afterglow gemacht werden – diesmal ohne Konzert davor. Allerdings gab es Überlegungen, ob der nun besser Pre-Glow oder Instead-Glow heißen müsse.

Unterdessen kamen weiter Besucher ins Foyer. Außer einem saftigen: “Du Scheiße!” gab es oft eher leise Enttäuschung und die sofortige Frage nach dem Ersatztermin. Besorgte Frage: “Können wir da?”, strahlende Antwort: “Ja!” Manchmal allerdings auch ein trauriges: “Nee, da kann ich nicht.” Ein Paar war extra aus Zwickau angereist, hatte den Tag bei Freunden in Köln verbracht, und die tröstende Mitteilung, dass es einen Ersatztermin in drei Wochen gäbe, brachte sie zu vergnügtem Lachen. “Das hilft Ihnen auch nicht”, wurden sie von den Wise Guys bedauert und sie antworteten grinsend: “Nicht wirklich.” Als Entschädigung bekamen sie eine Flasche Bier angeboten, was ihren Kölner Bekannten erstaunte: “Wieso hast DU Bier und ich nicht?” – “Weil isch aus Zwiggau bin.”

Aber auch die Eifel und Dortmund waren vertreten und guckten enttäuscht: “Wir kommen extra, weil in Köln die Stimmung besser ist!” Als ein kleines Mädchen im Grundschulalter sofort in Tränen ausbrach, als es vom Konzertausfall hörte, waren Sari und Eddi ziemlich betroffen. Wie sie geguckt hätten, wenn auch alle Erwachsenen losgeheult hätten, will ich mir gar nicht vorstellen. Es war ein Kommen und Gehen, die Stimmung war sehr locker und freundlich, auch wenn die Wise Guys nicht mal Autogrammkarten dabei hatten, was einige Besucher sehr bedauerten.

Der Hallenbetreiber erklärte freundlich und unermüdlich, dass die Karten ihre Gültigkeit behielten, dass sie aber auch umgetauscht werden könnten, und die Wise Guys kümmerten sich um jeden, der mit fragendem Blick ins Foyer kam. Witzigerweise kannten einige Besucher sie nicht und merkten erst im Gespräch, dass einer der verhinderten Hauptdarsteller vor ihnen stand. Ein Besucher kam auf Ferenc zu, hielt ihn anscheinend für einen Mitarbeiter und fragte gespielt aggressiv: “So, wo sind die Jungs?” Er hatte keine Ahnung, dass der Bass vor ihm stand. Gerüchteweise war durchgedrungen, dass Clemens im Verlauf des Tages bei der Notambulanz gewesen war, was dann doch Besorgnis auslöste. Fragen, ob er einen Unfall hatte und ob er lange im Krankenhaus bleiben müsse, wurden mit dem Hinweis auf eine „popelige Halsentzündung“ völlig unspannend beantwortet. “Der hat nur keine Stimme mehr.” 

Den Haupttreffer machte ein Paar aus Bonn. Vor zwei Jahren wollten sie auf ihr erstes Wise Guys Konzert im Bonner Pantheon gehen. Als sie vor der Türe standen, erfuhren sie, dass es wegen Krankheit kurzfristig ausfallen musste. An diesem Abend in Hürth versuchten sie zum zweiten Mal auf ihr erstes Wise Guys Konzert zu gehen. Als sie hörten, dass es schon wieder wegen Krankheit ausfallen musste, lachten sie los und nahmen es mit Humor. Bei so wenigen abgesagten Konzerten genau zu treffen, war schon eine außergewöhliche Leistung. “Dann bis in drei Wochen in alter Frische!” verabschiedete sich ein Besucher, und Dän griff sich leidend an den Hals und stöhnte: “Oh, mir geht’s schon ganz schlecht!”

Um kurz nach 20 Uhr kam der Parkplatzordner und berichtete, dass er schätzungsweise 300 bis 500 Leute an der Einfahrt zum Parkplatz zum sofortigen Wenden bringen konnte. Die anderen waren ins Foyer gekommen, hatten den neuen Termin in den Kalender eingetragen und einen netten Was-auch-immer-für-einen-Glow gehabt. Während Clemens sich einen schönen Abend auf der Couch mit Halswickel und heißer Honigmilch gemacht hatte, hatten die anderen Guys ihren plötzlich freien Abend nicht privat genutzt, sondern haben sich um die Besucher gekümmert. Toll! Und nicht selbstverständlich.

Der nächste Versuch in Hürth ist am 25.11.2002. Ich hoffe sehr, dass die Wise Guys die Trefferquote des Bonner Paares beenden und dann auch mal singen! War trotzdem ein schöner Abend!