Rainald Grebe – Klimarevue – 15.11.2008 – Leipzig
Alle reden vom Wetter. Die Klimarevue. Mit Rainald Grebe, Marcus Baumgart, Martin Brauer, Anna Blomeier, Emma Rönnebeck, Anita Vulesica, Peter René Lüdicke, Klaus-Dieter Werner.
Central-Theater, Leipzig
Die Veranstaltung war klimaneutral. Für 18 Cent konnte jeder Besucher ein Ausgleichszertifikat erwerben, mit dessen Erlös in Panama Bäume gepflanzt wurden, die verbrauchte CO2-Emissonen aus der Luft holen würden. Der durch die Show bewirkte Anstieg der Treibhausgaskonzentration durch zum Beispiel Anfahrten, Strom, Dekorationanfertigung und atmen, würde durch die Wiedereinbindung einer entsprechend großen CO2-Menge auf der neuen Waldfläche rückgängig gemacht.
Was ich zuerst für einen spaßigen Einfall hielt, war völlig ernst gemeint. Abgesehen davon, dass ich Wiederaufforstung grundsätzlich für sinnvoll hielt, kam es mir doch komisch vor, dass ich einen winzigen Setzling bezahlen konnte, der meinen Anteil der CO2-Menge des Abends neutralisieren sollte. Mit 18 Cent dabei und ein gutes Gewissen haben? Ich dachte kurz nach, dass ich mit dem Auto von Köln bis nach Leipzig gefahren war, um diese Show zu sehen, und kaufte mal lieber mehrere Zertifikate, um auch dem Auto das Gewissen zu erleichtern. Waren meine Umweltsünden eigentlich erst weg, wenn mein eigener Baum groß genug war, um die entsprechende CO2-Menge einzubinden, oder übernahmen das vorher stellvertretend andere Bäume? Es blieben Fragen.
Doch nicht nur die Fragen zur Klimaneutralität blieben, sondern auch andere. “Sometimes I feel so overfordert”, sang Rainald Grebe im Schlusslied und ich konnte nur nicken. Ich war nämlich völlig überfordert, den Bogen des Abends zu erkennen oder den roten Faden zu finden. Dabei bemühte ich mich wirklich und versuchte mich in großartigen Interpretationen. Aber warum war das Feuerwerk-Finale am Anfang der Show und am Ende die Bronzezeit? Und warum hampelte dieser Herr Lüdicke, der weder Tuba, noch Trompete, noch Saxophon spielen konnte, den ganzen Abend so übertrieben herum, als hätte er Teil 1 und Teil 2 von ”Großartige Theatergesten” auswendig gelernt? Warum wurde aus dem schwarzen Martin ein weißer, und gab es einen Grund, warum die Tanz- und Singgirls immer wieder die Perücken aus und dann wieder anzogen? Warum fand ich einfach nicht den Bogen zwischen den Nummern, konnte mich entspannt in meinem Sessel zurücklehnen und ein zufriedenes “Aha! So meint er das also!” denken?
Eigentlich war ich ja Rainald-Grebe-erfahren, oder sogar mehr: Ich war Rainald-Grebe-Fan. Ich fand den klasse und ich mochte seine assoziativen Gedankensprünge. Er war ungewöhnlich, unberechenbar und hielt sich wenig an vorgegebene Regeln. Und weil ich ihn so gut fand und sehr an seiner Arbeit interessiert war, fuhr ich extra bis nach Leipzig, wo der Spielort seiner Klimarevue war. Die spielte er nur dort am Central-Theater und die wollte ich einfach nicht verpassen. Netterweise hatte er in diesem Sommer im gleichen Zeitraum an seiner Revue gearbeitet, in dem ich an meinem Kinderbuch gearbeitet hatte. Und wir waren beide fast gleichzeitig fertig geworden. Ich hatte am Mittwoch die Daten in die Druckerei gebracht, er hatte am Donnerstag Premiere gehabt. Und jetzt war Samstag, und ich war in Leipzig.
Die Show begann mit einer Beschreibung des Jahres 2020. Es gab Klimaflüchtlinge aus dem Süden, die in die nordischen, angenehm warmen Länder kommen wollten, einige Länder waren komplett unter dem Meeresspiegel verschwunden, im mit Stacheldraht geschützten Sibirien wurde Korn angebaut und Venedig und Brandenburg lebten vom Tauchtourismus. Gleich im ersten Lied sang Rainald Grebe, der wie ein Showmaster aus einer 70er-Jahre-Show aussah, vom “Land mit den Pelikanen, wo die Mädchen auf den Palmen wachsen – Sachsen”. Die Klimaveränderung lag vor der Haustür.
Das Bühnenbild gefiel mir sehr. Es gab eine große, breite Treppe, auf der sich die Darsteller malerisch anordnen konnten und viel buntes Showlicht. Drei Tanz- und Singgirls mit hohen Amy-Winehouse-Frisuren und kurzen Röcken bewegten sich rhythmisch und alles sah gleichzeitig nach vertrauter Show und doch nach Satire aus.
Gegen Ende des Liedes kam einer der Schauspieler nach vorne, später wusste ich, dass es Herr Lüdicke war, zündete Feuerwerkfontänen und schoss mit einer Pistole herum. Ich guckte ihm verwundert zu. Häh? Was wollte er mir sagen? Und warum bewegte er sich so theatralisch überzogen? War er immer so nervig oder spielte er einfach überzeugend?
Im Hintergrund riefen die Mädels: “Böses CO2! Böses CO2!” und Rainald Grebe sang laut den Satz: “Ich habe ein Recht auf einen konstanten Meeresspiegel!” Das waren kurze Einwürfe, typisch für Rainald Grebe. Verwertete Gedankenschnipsel, mit denen konnte ich was anfangen, die fand ich gut. Auch als Rainald Grebe prognostizierte, dass viele Volkslieder verschwinden würden, wie “Alle Vögel sind schon da” oder “Bunt sind schon die Wälder”, weil bald die natürlichen Abläufe im Jahreslauf nicht mehr vorhanden wären, war ich noch voll dabei.
Beim Al-Gore-Lied guckte ich aber schon wieder verwirrt. Eines der Singmädel grölte, schrie und stöhnte ein Solo, und ich dachte: Wenn das mal keine endgültige Klimakatastrophe auslöst! Und Herr Lüdicke, der mich zunehmend mit seinen ausholenden Dramatik-Bewegungen nervte, spielte Saxophon und konnte es gar nicht. Das hätte sehr originell sein können, weil er dabei in ein Kazou summte, aber mir war es einfach zu lang. Zwölf Takte sind witzig. Ab dem zwanzigsten wird es unoriginell. Aber da wusste ich noch nicht, dass er auch noch eine Tuba und eine Trompete hatte, die er ebenfalls nicht spielen konnte aber auf diese Art spielen würde. Er war der Kontrast zu Marcus Baumgart und Martin Brauer, der Kapelle der Versöhnung, die beide sehr unauffällig musizierten, es dafür aber extrem gut konnten.
Eine große, luftgefüllte Weltkugel kam auf die Bühne gerollt und hüpfte nach einem leichten Anstoß in den Zuschauerraum. Das Publikum war begeistert und viele Hände sorgten dafür, dass die Welt in Bewegung blieb und durch den Theaterraum schwebte. Eine Sorgsamkeit und liebevolle Behandlung, die die echte Erde nicht erwarten konnte.
Es war wunderschön, weil die Erdkugel sich sanft bewegte und damit eine zauberhaft ruhige Atmosphäre entstand. Die Zuschauer bekamen leuchtende Kinderaugen, streckten begeistert ihre Arme hoch, wenn die Kugel in die Nähe kam und sprangen manchmal sogar vom Sitz auf, um mitmachen zu können. Her mit der Welt, ich will sie auch mal drehen! Am Schluss rollte Herr Lüdicke die Kugel die Bühnentreppe hoch und ließ sie hinter einen Vorhang hüpfen, der anscheinend aus Wasser bestand. Er rauschte und glitzerte jedenfalls wie echtes Wasser, und ich meine, ich hätte sogar Tropfen erkannt. Ich war entzückt.
Trotzdem sprangen gleich die Hirnzellen an und ich überlegte. War das einfach nur schön und kitschig und herzerwärmend oder sollte das die Überflutung der Erde mit Wasser andeuten, nachdem das Publikum mit ihr gespielt hatte? Warum gab es eigentlich keine Interpretationshilfe? Und warum hatte ich an mich den Anspruch, alles sofort kapieren zu müssen? Einfach zusehen und fühlen reichte doch wohl. Aber ich fühlte Verwirrung.
Zu den Klängen von White Christmas kam Martin Brauer nach vorne, erzählte ziemlich lange über verschiedene Tierarten, die aussterben werden, weil sie sich nicht umstellen können, stellte sich selber aber gleichzeitig durch Entfernen von Perücke, Bart und Schminke, vom Schwarzen zum Weißen um. Und schon wieder grübelte ich: Was sollte mir das sagen? Ging es um Schwarze? War symbolisch der Bart ab, oder drehte ich jetzt komplett durch in meinem Ich- will- mir- alles- erklären- können- Wahn?
Zum Glück gab es da ein Rabenlied, gesungen von einer der Sängerinnen und ganz sparsam und zart von Marcus Baumgart auf der Gitarre begleitet. Ich fand es wunderschön, auch wenn ich den Bezug zum Wetter oder Klima nicht fand. Aber egal. Es waren die leisen, sanften Texte und Töne von Rainald, die ich so mochte. In diesem Fall auch, wenn sie von einer anderen Sängerin interpretiert wurden.
Rainald sang von Klaus, der alles richtig gemacht hatte, und das gefiel mir auch.
Klaus-Dieter Werner kam auf die Bühne. Er hatte vor der Show das Prinzip der Klimaneutralität erklärt und fiel durch seine extreme Kleinwüchsigkeit auf, aber ebenso durch seine Intelligenz und seine auffallend positive und sympathische Ausstrahlung, die ihn lächelnd zu umgeben schien. Er war klein und verwachsen, übernahm aber nicht die Rolle des Clowns, die ich im ersten Moment mit Schrecken erwartet hatte, sondern war der seriöse Fakten-Erklärer. Ich fand ihn als Persönlichkeit großartig. Augenzwinkernd erklärte er, dass sein Aussehen die Optimierung seiner Körperlichkeit sei und unterhielt sich mit Rainald, der das Ausgleichszertifikat für einen mittelalterlichen Ablasshandel hielt. Es gab ernsthafte Erklärungen, und ich fühlte mich plötzlich aus der bunten Show herausgerissen und vor die graue Realität gestellt. Dabei wollte ich jetzt gar nichts von den nüchternen Fakten hören. War das nun ein Klimamusical mit Show, bunten Farben und Tralala oder eine nüchterne Infoveranstaltung?
Herr Werner verließ die Bühne, und Marcus sang im NDW-Stil von Chinesen in seiner Wohnung. Eine der Sängerinnen (ich weiß leider nicht, welcher Name zu welchem Gesicht gehört) wollte aus der schnellen, anonymen Stadt raus aufs ruhige Land und sang sehnsüchtig vom “Gehöft, wo der Hirtenhund kläfft”, blieb dann aber doch lieber in der Stadt. Da war sie wieder: Die Sehnsucht nach einer heilen Welt, die bei Rainald Grebe häufig vorkam. Eine heile Welt, die nur von weitem ruhig und harmonisch aussah. Mit aller Konsequenz wollten die dann doch nur wenige leben.
Auch wenn ich die Musikerinnen und Musiker – bis auf die Bläsereinsätze von Herrn Lüdicke – sehr gut fand, und ich auch toll fand, wie gut sie Rainald-Grebe-Lieder umsetzen konnten, hätte ich meistens doch lieber Rainald selber singen gehört. Manchmal war es so eindeutig ein Rainald-Lied, wurde dann aber von einer anderen Stimme gesungen, dass es für mich trotzdem nicht rund war. Klar, es war ein Musical und da sangen auch andere Darsteller, aber Rainald Grebe in Text und Musik, aber nicht mit der richtigen Stimme zu hören, fand ich doch seltsam. Als wäre ich im Robbie-Williams-Konzert und dort würden die Titel von Gastmusikern gesungen. Vermutlich war ich einfach zu spießig. Vielleicht mochte ich aber gerade die Kombination seiner Texte mit seiner Stimme. An diesem Abend blieb er weitgehend hinter seinem Keyboard sitzen und war manchmal fast unauffällig. Er moderierte die Show auch nicht durchgehend, wie ich es zunächst erwartet hatte, sondern machte einfach mit, leitete von seinem Randplatz aus. Ein zurückgezogener Hauptdarsteller und Bandleader, der die wilde Show meistens den anderen überließ.
Nach einem energieverschwendenden Tanz der Frauen und einer Erklärung, wie die Osterinseln durch Raubbau erst die Vegetation, dann die Menschen verloren hatten, ging das Licht aus. Nur durch Muskelkraft konnten über Fahrraddynamos einige Scheinwerfer leuchten. Rainald Grebe legte sich in den Lichtkegel und sang taten- und fast emotionslos davon, dass er alle Katastrophen ständig im Fernseher sah und so viel guckte, dass seine Augen schon grau waren. Zusehen, wissen, vollgeknallt werden, hilflos bleiben.
Danach ging das Bühnenlicht wieder an und Herr Lüdicke hing am Seil von der Decke und sang über die Bronzezeit. Dabei machte er schon wieder die übertriebenen Gebärden. Warum nervten die mich eigentlich so? Sie nervten mich so sehr, dass ich ihn kaum noch anguckte, sogar während der Show bewusst wegguckte, wenn er mir ins Sichtfeld kam. Vermutlich verpasste ich damit wesentliche Bewegungen. Vielleicht war er der Schlüssel zum Verständnis und ich blickte nicht hin! Aber ich hielt den Anblick seiner mächtig ausholenden und viel zu überladen wirkenden Gesten einfach nicht aus. Der erinnerte mich zu echt an selbstgefällige heiße-Luft-Wirbler, die ich nicht leiden konnte. Dabei war der privat vielleicht ganz nett und gestikulierte nicht sehr.
Zwischen Rainald und Klaus-Dieter Werner gab es wieder ein Gespräch, diesmal über den Klimawandel und die Optimierung, und mir war das zu ernst, auch wenn zwischendurch gelacht wurde. Das riss die ganze Show auseinander. Ich wollte keinen Infoabend, ich wollte nichts lernen. Ich wollte eine lustige, traurige, berührende, alberne oder auch hammerharte Show sehen. Ich wollte keine ernsten Gespräche. Die Persönlichkeit von Klaus-Dieter Werner zu erleben, fand ich toll, aber das hätte ich lieber klar vor oder klar nach der Show gehabt. Sollte ich mich durch die Fakten betroffen fühlen? Vorne den Tanzgirls zugucken und dabei ständig daran erinnert sein, dass ich für den Untergang der Welt hinter mir mit verantwortlich war? Irgendwie kam bei mir nicht an, um was es ging.
Martin Baumgart spielte im Schneegestöber – ja, da erkannte ich den Klimawandel – und eine Gruppe von Pinguinen watschelte auf die Bühne. Auch das war Klimawandel. Ich klammerte mich an jede Interpretation und Erklärung. Die Pinguine waren sehr niedlich und sehr klimawandelig. Sie hatten die Botschaft, dass Kinder dem Klima schaden. “Ein Kind wärmt nicht nur das Herz, sondern auch den Nordpol”. Kurz gesagt: “Wer lebt, stört.” Aha. Das war immerhin ein möglicher Lösungsansatz.
Das Schlusslied von Rainald hatte den Refrain: “Sometimes I feel so overfordert, und ich weiß, ich bin da nicht allein.” Ich konnte nur zustimmen. Ich war überfordert. Ich stand nicht nur hilflos dem Klimawandel gegenüber – meine 0,18-Euro-Ausgleichszertifikate erschienen mir nicht als die perfekte Lösung – sondern ich grübelte auch, was der Kern des Abends war.
War es nicht alles ziemlich pessimistisch gewesen? Eine Bestandsaufnahme ohne Lösungsvorschlag. Nicht mal richtig satirische Witze hatte es gegeben. Wir warten besorgt auf den Klimawandel und haben keine Ahnung, wie wir den aufhalten können. Und wir werden auch nichts Entscheidendes tun, um ihn aufzuhalten. Wir gucken einfach zu, kaufen Ausgleichszertifikate und lassen in Panama winzige Ablass-Setzlinge pflanzen, während wir CO2 in dieser Show verbrauchen. Wenn das die Aussage war, hätte ich ein anderes Ende erwartet. Wenn, dann richtigen Raubbau, auch an der Show. Weniger und weniger, bis alles weg gewesen wäre.
Der Abend war eine volle Mischung aus Show mit abgedrehten Einlagen, lauten Liedern, berührenden Textzeilen, ganz leisen Stellen, einem Infoabend der Klimakonferenz-Ortsgruppe und vielen Dingen, die ich nicht einordnen konnte. Ich hätte gerne mehr Rainald Grebe gehabt. Mehr Rainald-Grebe-Gesang, gerne auch mit Marcus und Martin, der Kapelle der Versöhnung, mehr Rainald-Grebe-Zwischenmoderation, weniger seriösen Infoteil und gar keine Gesten von Herrn Lüdicke. Gut, dann wäre es kein Musical gewesen, sondern ein Rainald-Grebe-Abend, aber mir persönlich hätte das gefallen. Und ich hätte gerne gewusst, um was es gehen sollte und wenigstens manchmal gerne den roten Faden quer durch die Nummern gefunden. Habe ich den nur nicht gesehen oder war der nicht da? Und warum war die Show auf einmal zu Ende, ohne dass ich einen Schluss fühlte?
Das Publikum in Leipzig hatte – im Gegensatz zu mir – den Faden gefunden oder war einfach so von der Show begeistert. Es gab Standing Ovation und sehr viel Beifall, der die Akteure mehrfach auf die Bühne holte. Das freute mich natürlich sehr für Rainald Grebe und die Mitwirkenden. Es war ja auch nicht so, dass ich die Vorstellung total blöd fand oder gelangweilt im Zuschauerraum gesessen hätte. Dass eine Klimarevue von Rainald Grebe nicht von vorne bis hinten Wetter- und Eisbärenlieder hat, war mir klar. Ich mag es auch, wenn es schräg am Thema vorbei geht, aber diesmal war viel dabei, das ich nicht gebraucht hätte. War ich am Anfang noch von den Showmädels in ihren gleich choreographierten Bewegungen hinter den Mikros begeistert, guckte ich nachher kaum noch hin, weil es immer wieder ähnlich aussah. Herrn Lüdicke, der heiße Luft herumwirbelte, übersah ich schon kurz nach Beginn der Show bewusst, weil ich es nicht als lustig oder interessant empfand, sondern nur tierisch genervt wurde. Vielleicht war er als “aktionsreicher Mensch, der sich wild bemüht, aber nichts erreicht” besetzt, aber das wollte ich gar nicht wirklich interpretieren.
Es gab bunte Lichteffekte, tolle Musiker, herunterknallende Scheinwerfer, schwaches Dynamolicht, Stellungsänderungen auf der Treppe, eine große Erdkugel und ein ausgestopftes Mammut, aber am Ende fehlte mir die Steigerung. Vielleicht ist es altmodisch, aber aus Bauchgefühl-Showempfinden habe ich am Ende gerne eine fühlbare Steigerung. Es muss im letzten Teil nochmal ganz anders, sehr laut, sehr leise, sehr schnell, ganz überraschend oder tief berührend werden. Beim Wettermusical hatte ich das Gefühl, dass zwar ganz viel gemacht wurde und immer wieder Aktion war, dass es aber nicht kompakt war, am Ende eine Weile weiterlief und dann fertig war. Vielleicht war aber auch alles bewusst so inszeniert und ich habe es nur nicht verstanden. Wenn ich aber sehe, wie sehr mir nicht nur das “Robinson”-Programm von Rainald Grebe ins Herz geht und wie sehr ich davon berührt werde, war ich beim Wettermusical relativ emotionslos dabei. Ich habe geguckt und gelacht und zugehört und blieb interessiert, aber es traf mich nicht im Inneren.
Als Zugabe gab es die “90er Jahre” und ich freute mich darüber. “Klima”, “Wetter” und “Eisbär” kam drin vor und damit passte es sogar in die Show. Außerdem machten zwar alle Darsteller mit, aber es war Text, Musik und Stimme von Rainald Grebe und das war das, was ich einfach gerne hörte.
Sollte die Klimarevue doch mal irgendwann in meiner Nähe aufgeführt werden, würde ich sie mir sicher nochmal ansehen. Ich würde offen und interessiert dabei sein, und vielleicht würde mir dann einiges klarer werden, vor dem ich jetzt grübelnd und erklärungssuchend hängenbleibe. Und obwohl mich die Show nicht direkt vom Hocker gehauen hat, bin ich froh, nach Leipzig gefahren zu sein und sie gesehen zu haben. Es interessiert mich einfach, was Rainald Grebe entwickelt und aufführt. Er bleibt unberechenbar. Und das soll er auch. Auch auf die Gefahr hin, dass ich ihm nicht folgen kann.