WG Konzertberichte

Wise Guys – 14.01.2007 – Johanneskirche – Köln … mit zwei Auswärtigen

Der letzte Bericht, den ich über ein Wise Guys Konzert geschrieben hatte, lag fast ein Jahr zurück. In der Zwischenzeit war ich zwar auf einigen anderen Wise Guys Konzerten gewesen, aber oft hatte ich dort gearbeitet, was einen Bericht fast ausschloss, weil ich dann kaum etwas von der Stimmung im Zuschauerraum mitbekam, oder ich hatte wegen dringend erforderlicher Stressvermeidung keine Zeit. Oder keine Lust mir die Zeit zu nehmen.

Am Tag des Johanneskirchenkonzertes dachte ich, dass es mal wieder Zeit für einen Bericht wäre. Zwei Stunden später in der Johanneskirche stellte ich fest, dass ich zwar Fotoapparat und Stifte, nicht aber den Notizblock eingepackt hatte. Ich war nach der langen Pause anscheinend völlig raus. Und jetzt? Um ein komplettes Konzert in Notizform auf die Arme zu kritzeln, waren meine jedenfalls zu kurz. Hilfesuchend wandt ich mich an einen Mitarbeiter, der mir beruhigend zulächelte: “Ich find schon was!” und wenig später mit einigen Formularen für die Anmeldung zur Trauung zurückkam. “Reicht das?” So kam es, dass die Notizen des Johanneskirchenberichtes 2007 auf grüne Trauungsformulare gekritzelt wurden, was zu seltsamen Eintragungen führte:
„Eltern des Bräutigams: Schnippen. Sofort auf 2 + 4“, oder: „Geburtsname der Mutter: Klinsi, schön, wenn Neuhörer lachen.“

Aber eigentlich passte das zum Konzert, denn die Johanneskirchenkonzerte waren privater als andere Konzerte, weil sie in dem Viertel stattfanden, in dem die Wise Guys wohnten. Oder gewohnt hatten, denn inzwischen lebten nicht mehr alle dort. Im Publikum saßen viele Leute aus den umliegenden Wohngebieten, im Nachmittagskonzert besonders viele Kinder, und anders als in anderen Konzerten, kannten sich viele der Besucher untereinander und einige auch die Wise Guys privat.

Pfarrer Jost Mazuch wurde mit freudigem Applaus begrüßt, als er zur Ansage nach vorne kam und freute sich seinerseits über die volle Kirche, auf das Kirchentagslied “Lebendig und kräftig und schärfer”, über die Tatsache, dass es an diesem Tag Benefizkonzerte waren und dann auf die Wise Guys. In diesem Fall war Eddi die Wise Guys, denn er kam alleine auf die Bühne, um den Opener A zu beginnen. Nach und nach kamen die anderen vier Wise Guys dazu, die jeweils mit einem Applaus begrüßt wurden, und das Klatschen wurde rhythmisch und mit freudigem Jubel vermischt, als Dän die Gruppe endlich komplettierte und es in den schnelleren Opener B überging.

Nach dem Einsteigerlied begrüßte Dän die Gemeinde und redete auffällig langsam und gestelzt: “Ei-nen wunder-schö-nen guten A-bend, meine Da-men und He-rren.” Etwas flüssiger erklärte er, dass ihm nach dem Nachmittagskonzert gesagt wurde, er hätte zu flott moderiert. “Das lag an den vielen Kindern. Die kleinen Kinder vorne waren wie Zeitbomben. Ich hatte einfach Angst. Am meisten vor unseren!” Praktischerweise waren im Nachmittagskonzert der Johanneskirche oft die eigenen Kinder dabei, die, wenn Papa vorne Lieder sang, nicht immer respektvoll und beeindruckt lauschten.

Er erzählte, dass sein 15 Monate alter Sohn die Hand drehend hob, wenn er Musik hören wollte. Beim Nachmittagskonzert hätte er das während einer Moderation gemacht, damit es endlich mit der Musik weiterginge. “Das hat mich sehr getroffen”, gab Dän betrübt zu, während die Zuschauer vergnügt lachten und auch Eddi breit grinste.

Dann verriet Dän, dass zwei der Wise Guys inzwischen nicht mehr in Sülz/Klettenberg wohnten. Etwas hämisch erzählte er, dass Clemens in einem kleinen, bergischen Kaff lebte, dass nicht mal zu Bergisch Gladbach gehörte, und Ferenc in die Stadt neben dem Phantasialand gezogen sei, die gebaut worden war, damit die Angestellten vom Phantasialand dort wohnen konnten.

Natürlich würden die drei anderen Wise Guys sie total beneiden, dass sie raus aus Köln seien, betonte er, aber sein Blick und der Ausdruck seiner Stimme ließen den Warheitsgehalt der Aussage sehr bezweifeln. “Wir sagen aber immer noch, wir sind die Wise Guys aus KÖLN”, erklärte er, und kündigte versuchsweise an: “Die Wise Guys aus Bergisch-Gladbach und Brühl!”, schüttelte dann aber ablehnend den Kopf.

Mit Denglisch ging es weiter, und das Publikum lachte, klatschte und jubelte am Ende laut los und hatte gute Stimmung. “Das war besser als heute Nachmittag”, sagte Dän zufrieden zu Eddi und startete die Zuschauerbefragung. Es waren nicht mehr sehr viele Neuhörer dabei, auch wenn es Zuschauer gab, die vorher nichts von den Wise Guys gehört hatten. “Wer ist mehr als 300 km für dieses Konzert angereist?”, wollte Dän wissen, und eine junge Frau meldete sich. “Woher?” fragte Dän neugierig, aber da stellte sich heraus, dass sie nicht angereist, sondern wiedergekommen war. “Das war nicht die Fragestellung”, rügte Dän, und während er auf andere Handmeldungen aufmerksam gemacht wurde, brach er kurz ab: “Jetzt hab ich keine Lust mehr!”, was in dieser unerwartet abrupten Art sehr witzig war.

Nach dem ziemlich vertrauten Mädchen lach doch mal kam Sie bricht mir das Herz, das für einige Zuschauer neu war. Nach der Zeile “…fängt an meinen Speichel abzusaugen” gab es spontan mittellautes Gelächter aus einer der Bankreihen und danach immer wieder im Raum verteiltes Lachen. Wie schön, wenn es in Konzerten unvorbereitete Neuhörer gab, bei denen man hören konnte, wann der Groschen fiel. In Sülz/Klettenberg fiel er ziemlich früh.

Das darauf folgende Lied kündigte Dän als entspannenden Reggae an, bei dem deutschuntypisch auf 2 und 4 geklatscht werden sollte. “Textlich ist er brilliant …” verkündete er, und änderte schnell in: “… äh … brisant!” Mit betont ruhiger Handbewegung gab er seinen Kollegen nach Saris Tonangabe zu verstehen, dass Jeden Samstag langsam gesungen werden sollte. Clemens hatte die Hauptstimme und gackerte zwischendurch reggaetypisch abgehackte Silben herunter, was sehr klasse war. Die kurzen Pausen im Reggaerhythmus, in denen nichts geschah, die aber voller Spannung waren, fand ich großartig! Wirklich! Auch wenn es sich blöd anhört, dass ich Stellen, an denen die Wise Guys mal überhaupt nichts sangen, besonders gut fand.

Nur der Schluss kam für mich etwas überraschend, denn plötzlich hörte das Lied auf. Satz zu Ende, Stille. Ich merkte, wie ich aus meinem entspannten Zuhören brutal herausgerissen wurde und hoch schreckte. Irgendwie hatte ich da eine Vorbereitung auf das Ende erwartet oder eine weitere, zusammenfassende Strophe. So nach dem Motto: Und die Moral von der Geschicht … Andererseits hatte das unerwartete Ende auch was und passte irgendwie zu den spannungsvollen Lücken.

Dän guckte nach dem Lied zu seinen Kollegen und überlegte: “Ja, war vielleicht jetzt’n Tick ZU langsam.” Er wies auf die Kinder, die vor der ersten Reihe auf dem Boden hockten: “Die ersten schlafen ein.” Mit Blick auf die Uhr ergänzte er beruhigt: “Ist aber auch schon spät.”

Er erklärte dem Publikum, dass die Wise Guys zusammen auf der Schule waren, bis auf Ferenc, der später zu der Gruppe gekommen war. “Er ist jetzt seit elfeinhalb Jahren dabei und hat bald seine Probezeit beendet. Im Sommer entscheiden wir das – es sieht gut aus. Und dann kriegt er auch endlich Gehalt.” Ferenc grinste breit und das Publikum lachte laut.

Mit der Ballade Wie kann es sein kam wunderbar ruhige Stimmung in die Kirche. Es gab einen vollen, warmen Klang, eine unglaubliche Fülle von Ton, aber trotzdem war alles ganz persönlich und berührend. Laut und doch leise, so wie es sein musste. Es gab dicken Applaus, und Dän erwähnte, dass im Nachmittagskonzert einer der Wise Guys Söhne ausgerechnet während dieses Liedes begonnen hatte, seinen Bruder zu verprügeln. “Ich verrate aber jetzt nicht, wer es war”, sagte er freundlich und ergänzte: “Er kam aus dem Bergischen”, woraufhin Clemens los lachte.

Bei Warum hast du das getan, das aus Verschleierungsgründen so hieß, im Volksmund und bei den Wise Guys aber längst Klinsi genannt wurde, ein Schicksal, das es übrigens mit dem Frühlingslied gemeinsam hatte, das inzwischen nur noch Anna hat Migräne genannt wurde, bei Klinsi also, war es wieder prima, dass es Neuhörer in der Kirche gab. Die lachten nämlich vergnügt und spontan an den witzigen Stellen los, was die witzigen Stellen dann noch witziger machten. Ich persönlich finde ja die dichterische Kombination von “Würgen” und “ach, Jürgen” so klasse, dass ich die Stelle immer wieder breit grinsend genieße. Ich hätte mich das nie getraut, aber es ist großartig! Die musikalisch manchmal etwas holperige Stelle, an der Sari vom Klinsi-Dialekt zurück ins Lied finden muss, war diesmal stolperfrei und glatt. Haben sie geübt oder war es Zufall?

Eddi machte die nächste Moderation und sagte: “Mir geht es seit Anfang des Jahres sehr, sehr gut. Das wollte ich Ihnen einfach mal erzählen.” Von mir aus hätte er sich an diesem Punkt umdrehen und aufhören können, ich fand es super. Aber dann erzählte er doch noch von seinen Kontaklinsen, mit denen er nicht nur Teile des Publikums, sondern auch seine Freunde auf der Bühne erkennen konnte. “Das ist manchmal gar nicht so schlecht.” Und dass er nicht wie früher manchmal durch die falsche Tür abgehen und dann an falschen Orten herumlaufen würde. Ferenc, Sari und Clemens lachten und schüttelten mal wieder ungläubig die Köpfe über Eddis Ansage.

Buddy Biber wurde gesungen und performed, gefolgt von Lebendig und kräftig und schärfer, bei dem ich irgendwie mehr Mitmach-Reaktion in der Kirche erwartet hätte.

Bei Wo der Pfeffer wächst sang Dän die Refrains sehr kräftig und fast wütend. Klasse! Vor dem letzten Lied gab es die symbolische Scheckübergabe an die Vertreter von Misereor und dem Don-Bosco-Club in Köln-Mülheim, die jeweils 7000 Euro Benefizerlös bekamen, und Dän freute sich über “die Fotomöglichkeit für die internationale Kölner Presse”, die natürlich wieder mal nicht da war.

Kaum waren die ersten Töne von Schunkeln zu hören, begann in den vorderen Zuschauerreihen die Wipperei, auch wenn textlich eigentlich noch gar nicht klar war, um was es ging. Wer sofort hin- und herwackelte, erwies sich als Kenner. Clemens guckte fast angewidert zu den Schunklern und ereiferte sich so wütend gegen ihre Wipperei, dass es fast verwunderlich war, dass sie weiterhin lächelten und schunkelten. Eine schöne rhythmische Begleitung war auch das gleichmäßige Knarren der Kirchenbänke, die selten mit Schwung von rechts nach links bewegt wurden und sich lautstark beschwerten. Vielleicht brummten sie aber auch zufrieden mit.

Es war Pause. Im Foyer wurden am Artikelstand T-Shirt-Restbestände gegen Spenden verkauft, wobei ich etwas fragend auf das Pfeffer-Girlie-Shirt in XL guckte. Breit, aber trotzdem knapp. Eigentlich kein Wunder, dass es davon noch ziemlich viele gab.

Das Ende der Pause musste von Pfarrer Mazuch energisch eingeklingelt werden, und es war für ihn mühsam, die Schäfchen auf den richtigen Weg zu bringen und zurück in die Kirchenbänke zu treiben. Das Wetter war mild, so dass viele am Vortag im Supermarkt begonnenen Gespräche an der frischen Luft weiter geführt werden konnten, und im Keller gab es Getränke und Schnittchen, die auch probiert werden sollten.

Endlich saßen fast alle Zuschauer, das Licht ging aus, und als die Wise Guys aus der Sakristei ins Bühnenlicht kamen, hatten sie ihre schwarzen Anzüge an. Ein lautes Gejohle und Gepfeife ging los, als hätte man in Klettenberg noch nie einen dunklen Anzug gesehen. Die Wise Guys begannen mit Ein Herz und eine Seele, das sehr schön war, auch wenn einige Kinder vor der Bühne leise, aber schnell herumflitzten und so doch Unruhe ins Bild brachten. Gleich danach sang Dän in der Leadstimme Radio, das Titellied der letzten CD, das mich immer ganz besonders berührte, weil ich es so gern mochte. Zum Glück wurde in der Johanneskirche beim Refrain nur aufmerksam gelauscht und nicht fröhlich mitgeklatscht. Ich bekam ja immer die Krise, wenn ein so berührender Text und die Spannung, die in der Geschichte steckte, rhythmisch zerklatscht wurde.

Vor Relativ führte Dän lang und ausführlich aus, warum Männer überhaupt nicht so viel reden können und woran das liegt, dass sie einen kleineren Wortschatz als Frauen haben und dementsprechend den Frauen rhetorisch immer unterlegen sind, die einen viel größeren Wortschatz besitzen und darum auch viel länger und ausführlicher reden können, während der Mann aufgrund des fehlenden Wortschatzes … Er redete und redete, und je länger die Ansage wurde, desto stärker widerlegte er ihre Aussage. Er zumindest schien einen sehr ausgeprägten Wortschatz zu besitzen und ihn auch gerne anzuwenden. Das Lied war schwungvoll, mitreißend und einfach klasse. Das ernüchternde “… – relativ gern” am Ende des Refrains ließ die Zuschauer in der Johanneskirche vergnügt auflachen. Früher von Dän oft etwas zurückhaltend “Liedchen” genannt, zeigte Relativ, dass kleine, unauffällige Sachen, die locker und verspielt wirken, wahre Schätzchen sein können.

Clemens machte die Ansage für Das bedeutet Krieg, bei der er zum Thema Kindererziehung passend, aber auch verschämt zugab, dass es sein Sohn war, der am Nachmittag während Wie kann es sein unbedingt seinen Banknachbarn durchkitzeln wollte. Es war ihm aber auch ein Bedürfnis ganz nebenbei darauf hinzuweisen, dass Heidi Klum, die im Lied Relativ erwähnt wurde, aus einem Ort im Bergischen, ganz in seiner Nähe kam.

Gebannt blickten die kleinen Zuschauer bei Krieg auf das Geschehen vor ihren Augen. Ich fand das Lied mit dem lauten, hämmernden Refrain und den drohenden “Gewehren” im Anschlag völlig unpassend in einer Kirche. Das könnte aber auch daran liegen, dass das Lied sowieso nicht mein Lieblingslied ist, weil mir darin das smarte Augenzwinkern fehlt. 

Bei Paris fehlte der Hocker, so dass Dän die Zeit im Grand Café stehend verbringen musste, was er aber lässig bewältigte. Ich grinste – wie immer – während des ganzen Liedes debil vor mich hin, weil ich alles so très charmant und einfach merveilleux finde.

Die Gemeinde stieg bei Sing mal wieder kräftig ein und ließ vermuten, dass einige Chormitglieder anwesend waren. Vielleicht waren auch das Sülz- und Klettenberg-Viertel grundsätzlich musikalisch, was dann das sängerische Talent der Wise Guys erklären würde. Als Eddi merkte, dass die Zuschauer sicher und gut mitsangen, sang er orientalische Haremsstöne und verzwickte Rhythmen vor. Auch das etwas lustvolle Stöhnen kam in der Kirche überzeugend rüber. Mit lauten, begeisterten Pfiffen und einem Riesenapplaus bedankte sich das Publikum am Ende für das Lied. Eddi kündigte im Gegenzug an: “Jetzt der Kick! Ich darf den EINEN Kollegen ankün…” Das reichte, um lautes Gejohle auszulösen, in dem nur noch entfernt Eddis lauter Ruf zu hören war: “FERENZZZZ HUSTAAAA!”    

Gleich bei den ersten Tönen setzte von Publikumsseite rhythmisch einwandfreies Schnippen auf 2 und 4 ein, und Ferenc legte mit Tiefgang los. Wie immer umjubelt und gefeiert. Ich freute mich besonders, dass er eine andere Frisur als im letzten Jahr in der Johanneskirche hatte, als er mit einem geschätzten 0,5-mm-Schnitt angekommen war, der mein optisches Empfinden ziemlich schlucken ließ. An alle, die damals behaupteten, er hätte damit jünger und besser ausgesehen: Vergesst es!

Dän wartete den großen Endapplaus ab, richtete dann seine Arme in die Richtung von Ferenc und rief laut: “Ferenc Husta – – aus Brühl!!”

Zum Ende des Konzertes verabschiedete er sich von den Zuschauern, wünschte ein schönes neues Jahr, was Gekicher auslöste, weil das Mitte Januar irgendwie spät wirkte, und fügte hinzu: “Auf gute Nachbarschaft weiterhin – bis auf zwei” und guckte ernst zu Ferenc und Clemens.

“Wir haben nie vergessen wo wir herkommen – und teilweise noch sind” beteuerte er mit einem weiteren Seitenhieb auf die beiden Kollegen, und versprach als letztes Lied eine Granate, den ersten kommenden Welthit. Etwas ungläubig, aber neugierig sahen die Zuschauer auf die Bühne und lachten los, als Hundegeheul ertönte. Schiller war dran. Als es dann aber immer spannender wurde, fiel auf, dass das lustige Hundegeheul gefährliches Wolfsgeheul gewesen sein musste. Wenn nicht sogar Werwolfsgeheul. Außerdem wurde die Performance unheimlicher und nahm dramatische Züge an, und den älteren Zuschauern kam plötzlich einiges aus Michael Jackson Videos bekannt vor.

An einer Stelle mit Zeilen aus der Bürgschaft von Schiller gab es Sonderapplaus, wobei mir nicht ganz klar war, ob der für die supertolle Gänsehautstimme von Ferenc gegeben wurde, oder für die Tatsache, dass dort echte Kultur ins Lied eingearbeitet worden war.

Der Sonderapplaus für die Choreographiestelle, an der alle Wise Guys in halbgebückter Haltung mit dem Rücken zum Publikum über die Bühne humpelten, war auf jeden Fall nicht aus kulturellem Anlass, sondern einfach, weil es so superklasse aussah. Ist es eigentlich in Ordnung, wenn ich die Mitglieder meiner Lieblingsgruppe dafür lobe, dass sie wie Zombies aussehen? Na, egal.

Nach der dicken Schlussverbeugung war allen klar, dass es trotzdem noch weiter ging. Fast allen. Ein Kind, das völlig korrekt “Konzert-Ende” verstanden hatte und brav und eilig von seinem vorderen Platz zu seinen hinten sitzenden Eltern eilte, wurde schnell zurück geschickt. Auf der Bühne stellten sich die Wise Guys auf, und für die Kenner war am fehlenden Clemens erkennbar, dass Nur für dich dran war. Als Clemens aus der Sakristei angeschlurft kam, hatte er wässerig nasse Haare sauber vor seine Stirn gestrichen und blickte Ferenc so trübsinnig an, dass der in seinen Basstönen hörbar lachen musste. Gegen Ende wurde das Lied temperamentvoller, und besonders die Kinder in der ersten Reihe sahen fasziniert, wie die Wise Guys schräg über ihnen beim Schlussgeräusch einen feinen Sprühregen erzeugten.

Es gab einen symbolischen Abgang der Wise Guys, dann einen erneuten Auftritt mit Jetzt ist Sommer. Sofort standen die meisten Zuschauer auf, klatschten mit und bewegten sich mehr oder weniger karibisch. Sehr schön. Auch nach dem nächsten umjubelten Abgang blieb es dunkel in der Kirche, was eine weitere Nummer wahrscheinlich machte. Die Zuschauer konnten gleich stehen bleiben, denn das Schlusslied war Ruf doch mal an. Die Stimmung in der Kirche war klasse, ringsherum wurde gewippt und manchmal sogar leicht gesprungen, und der Konzertabend endete fröhlich und mit aufgedrehtem Blutdruck, der einen gut zwei Straßen weiter bis nach Hause bringen konnte.

Vermutlich hätten viele Zuschauer noch ein paar Lieder mehr hören können, aber die Wise Guys waren froh den Tag mit dem Doppelkonzert fast überstanden zu haben. Fast, denn es folgte noch ein Afterglow mit Fans, Autogrammen, Fotos und Kurzgesprächen, der aber ruhig ausdümpelte und wegen der überschaubaren Zuschauerzahlen nicht furchtbar viel hektische Arbeit bedeutete.

Die Trauungs-Notizzettel werde ich übrigens zur Erinnerung aufheben, und der Bericht hat mal wieder richtig Spaß gemacht.

Opener A
Opener B
Denglisch
Mädchen lach doch mal
Sie bricht mir das Herz
Jeden Samstag
Wie kann es sein
Klinsi
Buddy Biber
Lebendig und kräftig und schärfer‘
Wo der Pfeffer wächst
Schunkeln

Ein Herz und eine Seele
Radio
Relativ
Das bedeutet Krieg
Paris
Sing mal wieder
Tiefgang
Schiller
Nur für dich
Jetzt ist Sommer
Ruf doch mal an