Götz Alsmann – Ringfest – 28.08.2005 – Köln
Mit Vittorio Casagrande und Greetje Kauffeld
Ringfest, WDR4-Bühne, Köln
Beim Ringfest hatte Götz Alsmann zwei Gäste auf die WDR4-Bühne im Mediapark eingeladen, mit denen er jeweils einen kurzen Teil des Programmes zusammen bestritt: Greetje Kauffeld, eine holländische Jazzsängerin und Vittorio Casagrande, einen italienischen Schlagersänger. Während mir Greetje Kauffeld ein Begriff war, weil ich sie schon bei Paul Kuhn als Sängerin gehört hatte, war mir der Name Vittorio Casagrande unbekannt. Casagrande? Großes Haus? Viktor Hochhaus? Schon an meinen albernen Gedankenspielen sah man, dass ich vor einem weißen Nichts in Bezug auf den Sänger stand. Das lag allerdings nur an meiner persönlichen Uninformiertheit. Vielleicht sang er eine Musikrichtung, die ich einfach nicht hörte.
Im Programm von Götz Alsmann ging es sofort mit viel Musik los, die unterbrochen wurde von langen Anmoderationen des Meisters. Da das neue Programm “Kuss” hieß, gab es ausholende Erklärungen über seine Kusserfahrungen, die nicht nur das Publikum zum Lachen brachten, sondern auch die Kollegen auf der Bühne vergnügt grinsen ließen. Götz Alsmann redete sprudelnd schnell an einem Stück und schien nicht mal Luft zu holen. Er wanderte dabei über die Bühne, gestikulierte, betonte manche Wörter laut, wurde leise, explodierte wieder, und manchmal war es gar nicht so wichtig WAS er sagte, sondern WIE er es sagte. Das Publikum grinste zur Bühne hoch, von der aus er vergnügt zurückgrinste, weil alle Spaß hatte.
Abgesehen davon, dass ich glaube, dass er auch ein durchaus stiller, in sich gekehrter Mensch sein kann, genieße ich seine Explosion auf der Bühne und lasse mich mitziehen und prächtig unterhalten. Sobald er Musik machte, war das zwar zwischendurch auch mal humorvoll, aber nie so, dass die Musik dabei Schaden nahm. Die war wichtig und wurde von ihm respektvoll behandelt und geliebt.
Ich hatte gelesen, dass jetzt ein Vibraphonist in der Band war, der die Aufnahmen für die neue CD entscheidend geprägt hatte. Hoffentlich dominierte jetzt nicht der Vibraphonklang das ganze Konzert und war irgendwann nervig. Etwas skeptisch verfolgte ich die ersten Lieder und atmete auf. Nein, der Vibraphonklang störte überhaupt nicht, sondern passte sehr gut zur Stilrichtung und war vor allem sanft und unterstützend im Hintergrund. Ab und zu ein Solo oder auch mal Stellen, an denen die weichen Klänge gezielt eingesetzt wurden, ansonsten einfach wunderbar in den Gesamtklang eingefügt. Und nicht nur eingefügt, sondern ergänzend dazu gemischt. Toll!
Daneben war auch der Percussionist mein Liebling, denn er klopfte mit solcher Hingabe auf den verschiedenen Fellen und Geräuschemachern herum und strich so liebevoll durch die Metallstäbe, die dann dieses klimpernd perlende Glöckchenklingeln machten, dass ich großes Vergnügen hatte, ihn dabei zu beobachten. Wie immer sah ich vom Bassisten und Drummer hinter dem Flügel so gut wie nichts, hörte aber, dass sie akustisch perfekt dabei waren. Die Besetzung von Klavier, Bass und drei Rhythmusinstrumenten war ziemlich ungewöhnlich, hörte sich aber harmonisch und sogar vertraut an. Es passte einfach. Vor allem schienen Götz Alsmann und die Musiker viel Spaß zu haben und grinsten sich immer mal wieder gut gelaunt zu.
Musikalisch gab es ein paar sehr schöne Ideen, z.B. der Klang einer großen Drehorgel oder die Verwendung eines Instrumentes, dessen Namen ich nicht mal kenne. Es sah aus wie ein kleiner Kasten, schien einige Tasten zu haben und klang wunderbar schief und krumm. Aber es war mit seinen schrägen Tönen charmant in ein Lied eingebaut und gab ihm einen ganz eigentümlichen, bezaubernden Charakter. Wunderschön!
Nach einigen Liedern wurde Vittorio angekündigt, der laut Götz Alsmann “uns die italienischen Klopper näherbringen will”. Der erste Klopper war “Marina”, den ich natürlich schon nach den ersten Tönen erkannte – ein Schlager aus den 60er Jahren. “Mariiina, Mariiiina, Mariiiiiinaaaa …”, sang Vittorio mit voller, kräftiger Stimme und hängte danach das Publikum beim Mitsingen ab, weil er die italienische Fassung sang und die meisten Zuschauer da nicht mithalten konnten.
Zu meiner Überraschung sprach Vittorio Casagrande perfekt Deutsch, so dass ich kurz überlegte, ob er sich vielleicht nur einen schlagerkompatiblen Künstlernamen zugelegt hatte. Aber nein, er schien tatsächlich Italiener zu sein. Sein zweites Lied kannte ich überhaupt nicht, dafür war das dritte und letzte der Renner. “Voolaaaare …” sang Herr Casagrande vor, und das Publikum sang sehr laut “Oohoooo!” zurück. “Caantaaaare …” “Oohohohooooo!” Götz Alsmann grinste breit und hocherfreut zu seinen Bandkollegen und freute sich, dass das Stück so gut ankam. Das Mitsingen war gewaltig bei den vielen Leuten auf dem Platz und machte Spaß. Wobei ich doch etwas verwundert war, wieso so viele sehr junge Leute das mitsingen konnten. Gab es “Volare” als Klingelton oder als Technoausgabe für den Club? Götz Alsmann griff zur Melodica und begleitete damit “Volare”, was etwas ungewöhnlich, aber sehr schön klang.
Und wie immer war er der perfekte musikalische Gastgeber und passte auf, dass seine Gäste sich wohlfühlten. Mit kurzem Nicken bestätigte er den Einsatz in die nächste Strophe, unterstützte leicht, wenn er merkte, dass der Künstler eine Kontrolle der Tonart brauchte und hielt sich zurück, um seinem Gast nicht zu Show zu stehlen. Ich mochte, mit welchem Respekt und mit welcher Achtung er mit seinen Gästen umging. Sie konnten ihm während ihres Auftrittes völlig vertrauen, denn er passte auf, dass das musikalische Fundament immer passend war oder im Zweifelsfall für den Künstler passend gemacht wurde.
Vittorio Casagrande ging laut beklatscht von der Bühne ab, und etwas später kam Greetje Kauffeld. Sie war seit vielen Jahren und auch jetzt immer noch als Jazzsängerin unterwegs, sang ein paar Stücke und wurde ebenfalls sehr klasse von der Band begleitet. Kein Problem für Götz und seine Musiker, wenn es jazziger und synkopischer wurde in der Begleitung.
Am Schluss gab es ein langsames Lied “Sei lieb zu mir”, das von Greetje Kauffeld mit einer warmen, vollen Stimme gesungen und nur von Götz Alsmann mit der Melodica begleitet wurde. Ganz sparsam, ganz wenig, nur zwei Stimmen, die sich sanft verbanden und gemeinsam über den Platz klangen. Wunderschön! Eigentlich liebe ich ja die rhythmischen Swingklassiker, aber dem Reiz dieses einfachen Liedes, das so perfekt vorgetragen wurde, war ich sofort voll erlegen.
Es gab noch einiges von Götz Alsmann zu hören, der Percussionist klopfte, rasselte und klingelte mit Hingabe und der Vibraphonist hatte immer wieder andere Schläger mit neuen Farben zu bieten. Am Ende nestelte sich Götz Alsmann seine Krawatte vom Hals, rief laut: “Ich gebe krawattenfrei für die Zugabe!”, und warf sie mit Schwung ins Publikum.
Es gab viel Applaus am Ende eines schönen Sonntags beim Ringfest im Kölner Mediapark.