Wise Guys – 25.08.2005 – Pantheon – Bonn … ohne Winter
Pantheonkonzerte der Wise Guys fanden traditionell Ende Dezember als letzte Auftritte des Jahres statt. Das Augustwetter versuchte sein Bestes, eine kalte Jahreszeit vorzutäuschen, aber kalendarisch war es trotzdem Sommer. Völlig unrheinisch hatten die Wise Guys mit einer alten Tradition gebrochen und ihre verwirrte Fangemeinde kurz nach den Sommerferien ins Pantheon bestellt. Mir fiel es ein wenig schwer vom Gedanken des gemeinsam gefeierten Jahresabschlusses wegzukommen, denn ich hatte beim letzten Afterglow des Jahres immer mein vergangenes Wise Guys Jahr überdacht und meinen eigenen, privaten Jahresabschluss gemacht. Aber Wise Guys Konzerte im Pantheon versprachen bestimmt zu jeder Jahreszeit schöne Erlebnisse. Außerdem konnte ich mich Ende Dezember ja vors Pantheon setzen und dann meinen privaten Jahresabschluss machen.
Pantheonkonzerte der Wise Guys bedeuteten – egal zu welcher Jahreszeit – einen übervollen Saal. Das galt ganz besonders für das letzte Konzert der Reihe. Dass die wenigen Zwischenräume im Raum nicht besetzt waren, lag daran, dass zumindest schmale Fluchtwege offen bleiben mussten. Aber wer wollte schon flüchten? Drei Minuten vor 20 Uhr fiel mir ein: “Ich hätte noch einen Milchkaffee trinken können”, und ich zitierte originell: “Jetzt ist es zu spät.” Mein Gatte saß neben mir und kommentierte spontan: “Du kannst nicht alles haben”, woraufhin seine Nachbarin zwischen zwei Schlucken Cola rhythmisch passend: “Tscheng, tscheng” einwarf. Wir waren typisch für das Publikum am letzten Pantheonabend: Überzeugte Vielfachkonzertbesucher und Szenekenner.
Drei Minuten nach 20 Uhr waren die Wise Guys immer noch nicht da, obwohl die Saaltür schon geschlossen war. Wie wäre es, stellte ich mir vor, wenn um 20 Uhr schlagartig alle Gespräche abbrechen und die Zuschauer in drohender Stille auf den Konzertbeginn warten würden? Wahrscheinlich würden die Wise Guys in der Garderobe aufgrund der plötzlichen Stille mit großen Augen mitten im Gespräch erstarren und dann nervös hinter dem Vorhang hervorlinsen, um zu gucken, was passiert wäre. Ehe ich mir ihre dummen Gesichter richtig vorgestellt hatte, ging das Licht aus und das Publikum brach in lauten Applaus aus.
Lachend und gut gelaunt betraten die fünf Hauptdarsteller die kleine Bühne und grinsten freudig ins ebenfalls erfreut grinsende Publikum. Nach einer Weile gab Sari den Ton an und sie begannen mit Wo der Pfeffer wächst. Der Dynamikwechsel zwischen den beiden verschiedenen Gesangsteilen war sehr deutlich, und Dän hatte manchmal einen total kindlich beleidigten Tonfall drauf, der bei mir breites, vergnügtes Grinsen auslöste. Obwohl ich das Lied ja nun wirklich gut kannte, hörte ich gebannt zu und ließ mich mitziehen. Auch Was für eine Nacht, das sofort danach kam, war ebenso mitreißend. Das lag zwar hauptsächlich an den Wise Guys und ihren gesanglichen und choreographischen Aktivitäten, aber auch am Klang, der an diesem Abend sehr gut war. Eine gute Abmischung, volle, warme Töne und ein sehr kräftiger Bass.
Gut gelaunt begrüßte Dän danach das Publikum zum vierten und letzten Abend der Pantheonreihe. “Die wird intern auch die “Zombienacht” genannt, weil wir danach manchmal länger gefeiert haben … aber das ist alles zu privat, um das zu erzählen.”
Er schlug vor, Bierdeckel auf die Gläser der ersten Tische zu legen, die unmittelbar vor der Bühne standen, um verirrte Spucketröpfchen zu stoppen, und betonte, dass man im Pantheon so nah an den Wise Guys saß, dass man Mimik und Falten, ja sogar Ferenc’ Bewegungen sehen konnte. Das mit den Bierdeckeln war nur theoretisch eine gute Idee, denn die hatten, passend zu ihrer aufgedruckten Werbung, ein Loch in der Mitte. Und Ferenc’ Bewegungen konnte man auch kurzsichtig aus der hintersten Reihe erkennen, denn der bewegte sich auffallend locker und gut gelaunt. Es schien vorbei zu sein mit dem stillen Bass im Hintergrund und seinen sparsamen Bewegungen. Mir gefiel das sehr.
Dän erklärte, dass die Pantheonkonzerte zwar sonst vor Weihnachten stattfanden, aber trotzdem auch diesmal vorweihnachtliche Stimmung herrschen könne. Es sei auch ein vorweihnachtliches Programm. Na klar, alles, was nicht unmittelbar nach den Weihnachtstagen stattfand, war in gewissem Sinne vorweihnachtlich. ‘Nach dem Fest ist vor dem Fest’ oder so. Logisch. Du kannst nicht alles haben hatte teilweise eine neue, gute Choreographie und viele Mitklatschstellen, an denen das Publikum kurz und knallig im perfekten Timing einstieg. Super! Außerdem hatte Eddi einige Hüftschwünge drauf, die denen von Sari nicht nachstanden.
Alle Wise Guys schienen beweglicher geworden zu sein. Außer vielleicht Sari, der vermutlich sowieso keine Knochen, sondern Gummi im Leib hatte. Ich fand es klasse, wie locker sie sich bewegten, als ob es für sie das Normalste der Welt wäre, singend und rhythmisch tanzend unterwegs zu sein. An der Mitklatschstelle, an der NICHT mitgeklatscht werden sollte, gab es eine Sensation: Es klatschte keiner mit! Es blieb ganz spannungsvoll still im Saal und die Wise Guys machten große, verwunderte Augen und staunten. Ich weiß nicht, wie oft die Wise Guys das schon erlebt hatten, aber für mich war es das erste Mal. Eigentlich ein Grund zum Feiern, aber dafür hatte ich keine Zeit, denn ich saß ja im Konzert. Außerdem fürchtete ich die spätere Frage: “Warum hast du denn gefeiert?” und meine vielleicht missverständliche Antwort: “Weil bei den Wise Guys keiner geklatscht hat.”
Aber auch Dän staunte danach: “Wahnsinn! Es hat keiner in die Pianostelle reingeklatscht! Das passiert sehr selten.” Er bat um Saallicht und machte die Zuschauerumfrage. Nur wenige Zuschauer waren zum ersten Mal auf einem Wise Guys Konzert, die meisten waren erfahrene Mehrfachtäter. Dän fragte die Häufigkeit der Konzertbesuche ab. Bei “mehr als 50” zeigten noch einige Besucher auf, bei “mehr als 80” wenige und bei “mehr als 100” blickten sich fast alle nur noch um, ob es tatsächlich solche wahnsinnig bekloppten Fans gäbe. Es gab sie. Zwei davon waren mein Gatte und ich. Es war genau mein 137. Konzert, und ich lag zahlenmäßig etwas vor ihm. Im Zuschauerapplaus für die “Bekloppten” hielt ich meinen Mund und verriet nicht, wer auch im Saal war, noch mehr Konzerte besucht hatte, aber NICHT aufzeigte: Die Wise Guys! – Im Übrigen stand ich offen zu meinen häufigen Konzertbesuchen und jammerte eher rum, weil die Wise Guys immer öfter weit weg fuhren und ich nicht mal eben hinfahren konnte. Dän tröstete die Konzertbesucher: “Alle anderen sollten nicht traurig sein. Das können Sie im nächsten Jahr auch schaffen!”
Schlag auf Schlag kam bei Aber sonst gesund das Gelächter und es machte Spaß, dem schnellen, informativen Text zuzuhören. Ein guter Drive trieb alles an und mir gefiel es sehr. Dän wies danach auf das Kunststoffarmband an seinem Handgelenk hin, auf das ihn einige Fans angesprochen hatten. Es war weiß und hatte den Slogan “Deine Stimme gegen Armut” drauf. Er erzählte, dass er zunächst gedacht hatte, dass es “Deine Stimme gegen Hartmut” hieß und gegen die Gruppe PUR mit dem Frontsänger Hartmut Engler gerichtet sei. Ob er es deswegen oder doch aus anderen Gründen trug, sagte er aber nicht.
Denglisch kam schön soulig rüber und der starke, kräftige Bass hörte sich superklasse an. Vergnügtes Gelächter kommentierte die eingesungenen englischen Begriffe, und am Ende gab es wirklich großen Jubel. Toll.
Als sich der lange Endapplaus beruhigt hatte, sagte Clemens mit ernster Stimme: “Tja, das war ja recht lustig”, und löste damit sofort einen neuen Lacher aus. Dann wurde es aber wirklich ernster, denn Erzähl mir die Geschichte war dran. Wunderschön. Ich weiß nicht genau, ob es das Lied, die Stimmung oder Däns Stimme ist, die mich hinschmelzen lässt, ist aber auch egal. Im Saal wurde es ganz ruhig und alle hörten still zu. Leider war der Background im Refrain zu laut und übertönte die Leadstimme fast. Aber in den Strophen war es perfekt, und auch der Dynamikwechsel von laut zu leise, beziehungsweise von gewaltig zu zart war wunderbar. Es gab einen kurzen Augenblick Pause, ehe der Applaus losplatzte. Seltsamerweise war der aber gar nicht so lang wie die Begeisterung groß war. Ich hatte ihn länger erwartet und war verwundert, als er auf einmal schon leiser wurde.
Bei Das war gut guckte ich mir die Wise Guys und ihre Bewegungen an und dachte schon wieder “lockerer, lebendiger, länger, mutiger”. Das hieß, dass sie erstaunlich locker mit Hüften und Schultern wackelten und auch noch sichtlich Spaß hatten. Da war gearbeitet worden. Gut! Sofort ging es mit Achtung! Ich will tanzen weiter. Freudiges Gelächter im Publikum schon bei den ersten Dudelsacktönen und dann auch im Verlauf der ausgefeilten und beeindruckenden Gruppenchoreografie. Ich grinste mich fast weg, als am Ende Ferenc so mutig und vertrauensvoll durch die hin- und her hüpfenden Kollegen schritt und auch tatsächlich nicht umgerannt wurde. Es sah total gut aus.
Dän schnaufte sich außer Atem durch die nächste Moderation und fragte mit Blick zu seinen Kollegen schwer atmend: “Geht das nur MIR so?” An den vorderen Tischen gab es schon länger leichte Unruhe, die sich in Form von Lachanfällen zeigte. “Wir wollen uns alle sammeln”, sagte Dän ruhig und guckte dann genauer hin: “Ich seh nur ein Getränk bei euch auf dem Tisch. Was ist denn da drin?”, woraufhin sich das Gelächter nochmal steigerte.
Das nächste Lied sollte wieder ein ernsteres sein, und als Clemens seine Gesichtsmimik auf ‘seriös’ stellte, lachten viele Zuschauer los und hielten das für einen Witz, dabei guckte er wirklich nur ernst. Als die Romanze begann, merkten aber alle, dass kein Grund für lautes Gelächter gegeben war.
Was für ein wunderschönes Lied! Und ich finde, dass Clemens genau der richtige Leadsänger dafür ist, denn ich erkenne in ihm ein wenig die Hauptperson wieder. Das Lachen an den lustigen Stellen blieb leise und war fast noch ein Lächeln, weil das Lied einfach liebevoll. Bei aller Wissenschaft trotzdem sehr romantisch und eigentlich ein wenig traurig. Nur der Schlusssatz brachte schon nach der Hälfte laut losplatzendes Gelächter, als der Reim und damit die Auflösung zu erahnen war. Klasse!
Für die Traditionalisten gab es die Powerfrau, die auch sofort begeistert angenommen und begrüßt wurde. Mir fiel auf, dass außer in den Refrains den ganzen Abend über nur wenig mitgesungen wurde, obwohl der Saal gut mit textsicheren Fans besetzt war. Ich persönlich fand das ja klasse. Eigentlich genau ein Konzert, wie ich es liebte. Sehr gute Laune, ein kleines, feines Konzert, positives, sehr interessiertes Publikum, aber keine laut mitsingenden oder sogar schrill kreischenden Fans. Gejubelt und geschrien wurde an den richtigen Stellen, wenn zum Beispiel Sari seine Arme hob und den Bauch unter dem Hemd hervorblitzen ließ …
… aber nicht das ganze Konzert hindurch. Und es gab keine wilden La Ola Wellen, wie ich nach der La Ola Überdosis vom Weltjugendtag erfreut feststellte. Für meine Begriffe also ein rundum schönes Konzert.
Bei Du bist dran sang Eddi dem Ferenc ein temperamentvolles “Tätätä” ins Gesicht, der sich danach mit der Hand demonstrativ die feuchten Spuren abwischte. Ferenc nahm sich danach bei seiner Strophe den Sari vor und sang ihn aggressiv an. Im Endapplaus reagierte Sari, stellte sich vor Ferenc und warf sich in seine Powerfrau-Pose, die ihm sofortigen Jubel einbrachte.
Clemens erzählte in einer Moderation sehr lebendig und begeistert über Indien und das Butterflies-Projekt von Misereor und schloss ab: “Es gibt oft junge Damen, die nicht wissen, was sie zu uns sagen sollen. Sprechen Sie uns auf Indien an!” Na, Clemens, das ist aber mal ein guter Tipp. Ich vermute, dass die meisten jungen Damen ganz andere Interessen-Schwerpunkte haben, wenn sie mit einem Wise Guy reden wollen. Naja, vielleicht kommt man über Indien auch ans Ziel.
Während Dän noch etwas zur aktuellen CD und DVD und der demnächst ganz neuen Maxi-CD erzählte, verschwand Clemens von der Bühne und kündigte damit den erfahrenen Besuchern schon an, dass Nur für dich dran war, das letzte Lied vor der Pause. Und tatsächlich: Der Background begann und er eilte von der Seite mit kleinen Schritten zurück auf die Bühne. Aber was war denn das für eine Jacke? Ausgeliehen oder Eigenbesitz? Auf hochgeschlossene Art getragen und dazu die ins Gesicht gestrichenen Haare und der seltsame Gesichtsausdruck – da würde sich mit ihm auf der Straße nicht mal jemand über Indien unterhalten. Eher wahrscheinlich Hilfe anbieten oder einen Euro mit aufmunterndem Nicken in die Hand drücken.
Nachdem er eine Weile vorwurfsvoll von seinen vergebenen Anstrengungen gesungen hatte, zog er die Jacke aus und sprang selbstbewusst in sein eigenes Leben zurück. Die anderen Wise Guys rockten mit ihm über die Bühne, sprangen herum und alle sprühten am Ende temperamentvoll kleine Spucketröpfchen in die nicht ordnungsgemäß abgedeckten Gläser auf den vorderen Tischen. Vermutlich waren die meisten davon inzwischen aber sowieso schon leer.
Pause. Zeit, sich mit Brezeln, neuen Getränken oder frischer Luft zu versorgen. Ich holte endlich meinen Milchkaffee und verquatschte mich im Foyer, so dass er schon lauwarm war, als ich wieder am Tisch ankam. Du kannst nicht alles haben. Tscheng, tscheng.
Als der Saal wieder gefüllt und die Türe geschlossen war, ging das Licht aus und die Wise Guys betraten im Dunkeln die Bühne. Das Publikum wurde ruhig und sofort war der Beginn von Mad world zu hören. Das Bühnenlicht ging erst nach einigen Tönen langsam an und blieb sparsam. In ihren dunklen Anzügen, fast bewegungslos, bei spärlichem, blauem Licht, passten sie perfekt zum Lied. Jeder war für sich allein und sah in eine andere Richtung, es gab keine Gemeinschaft oder ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Optisch sehr schön gelöst. Nur Dän sang mir zu kraftvoll. Er hörte sich nicht einsam und verzweifelt an, sondern strotzte akustisch vor Kraft. Er war wahrscheinlich zu gut gelaunt an dem Abend, um wirklich deprimiert singen zu können. Vielleicht sollte ich ihm demnächst in der Pause mal was Trauriges erzählen, um ihn für das erste Lied in die passende Stimmung zu bekommen.
Dann der Schocker des Abends: Sofort danach der Ohrwurm. Grausam so unmittelbar nach Mad world. Allerdings musste ich auf einmal grinsen, als ich die fünf seriösen Herren in ihren schwarzen, sehr schicken Anzügen sah und sie dabei den lauten Ohrwurm singen hörte. Das war in diesem Kontrast dann doch schon wieder schön.
“Ja, da simma wieder“, erklärte Dän danach fröhlich, “die Wise Guys jetzt in figurschweichelndem Schmarz – äh, figurschmeichelndem Schwarz.” Er erzählte von Fans, die den krassen Übergang zwischen den beiden Liedern nicht gut finden würden, aber der wäre so gewollt. “Es soll anklagen. Wir brechen mit der Hörtradition.” Ja ja.
Der Ohrwurm-Nachfolger im 12-Ton-Satz, den er dann vorsang, hatte eine Background-Begleitung von Eddi und Sari, die es nicht schöner, aber noch interessanter machte. Klasse!
Bei der nächsten Anmoderation bekamen alle Spaß. Dän begann damit, dass sie oft von zu Hause weg wären, manchmal bis zu acht Tagen am Stück und dann in Hotels übernachten müssten. Die anderen Wise Guys hörten mit ernsten Gesichtern zu, während im Publikum leises Gelächter begann.
“Im Hotelzimmer legt sich die Einsamkeit wie ein Hammer über uns”, redete Dän mit klagendem Unterton weiter, und ich wurde an längst vergangene Zeiten erinnert, als Dän mit ernster Miene das Körtgen-Gedicht vom ‘Herbst’ rezitierte und die Kollegen krampfhaft versuchten, ernst zu bleiben. Im Regelfall vergeblich. Als er jetzt davon sprach, dass sie sich in Hotelzimmern mit sich selbst beschäftigen müssten, platzten nicht nur die Zuschauer los. „Auch das Fernsehprogramm ist manchmal seltsam.“ Eddi und Sari drehten sich heftig lachend nach hinten weg und auch Clemens und Ferenc konnten ein breites Grinsen nicht unterdrücken. Es war superlustig. Kaum hatten sich alle einigermaßen beruhigt, sagte Dän: “Das ist alles sehr inspirierend”, und Sari prustete los und klappte zusammen.
Aber dann konnte irgendwann doch Neun live losgehen. Beim Refrain klatschte das Publikum so laut und begeistert mit, dass kaum ein Wort vom Text zu verstehen war. War aber völlig egal. Mit dickem Jubel wurde am Ende die supergute Stimmung des Publikums gezeigt. Dän machte sofort mit dem Crashkurs für das Mundschlagzeug weiter und es lachten endlich mal mehr als zehn Leute beim “Macrofon”, dem etwas größeren Microfon. Seine Kollegen guckten übrigens sehr gespannt und aufmerksam und auf alles gefasst. Was für einen Unsinn würde er noch reden, wenn er in dieser Stimmung war? Schon alleine diese Spannung zu sehen, war sehr schön.
Dän verlangte allerdings nur vom Publikum “bisschen mehr Eier!” beim Bassdrum-Geräusch. Seine kurze Demonstration von verschiedenen Rhythmen war echt klasse. Im Pantheonsound klang es wie ein großes, voll eingesetztes Schlagzeug und es war kaum zu glauben, dass es Dän alleine war. Auch in der Begleitung von Einer von den Wise Guys war der Rhythmus knallend und voll. Ferenc setzte dazu mit seinen gesungenen Basstönen ein, die ebenfalls voll und dazu tief klangen, und es war einfach super! Das Publikum klatschte mit und zwar mehrheitlich auf die 2 und die 4.
Sofort ging es weiter mit Zu spät, einem meiner Lieblingslieder. Nicht ganz jugendfrei, aber mit so viel ehrlicher Enttäuschung gebracht, dass mir die Wise Guys fast leidtun konnten. Aber nur fast. Clemens rang sich danach ein grimmiges: “Schön, dass Ihnen das Lied so gut gefällt!” ab und erfreute damit das Publikum.
Bei Weltmeister wurde im Refrain laut und heftig mitgeklatscht, und ich genoss die superschöne Stimmung. Fröhlich, aber nicht aufgedreht. Dän wies nochmal auf die nächste Single hin und sagte: “Die erscheint am 19. September.” Er drehte sich fragend um: “19. September?”, und erhielt ein so genervtes, lautes “Ja!!” als Antwort, dass sofort klar war, dass er diese Frage öfter mal stellte. “19.9. – ist ja eigentlich ganz einfach”, murmelte er daraufhin.
Sari jonglierte bei Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf nicht mit drei Bällen in einer Hand, sondern mit 25 Wörtern in jeder Zeile, dann animierte Eddi das Publikum bei Sing mal wieder zum Mitsingen. Es gab ein paar originelle Wendungen mit gehauchten Tönen oder gar keinen, was die Sache neu und interessant machte. Bei den letzten Liedzeilen wurde heftigst auf 2 und 4 mitgeklatscht, nur eine ältere Dame neben mir klatschte alleine, aber konsequent auf die 1 und die 3. Respekt. Ich fand Leute gut, die Rückgrat zeigten und unbeirrbar ihren Weg gingen. Dän empfahl für das nächste Lied: “Bleiben Sie im Groove, schnippen Sie auf die 2 und die 4, damit Sie das heute Abend endlich mal lernen.” Also nee! Man darf sich nicht durch eine einzelne Dame beirren lassen! Das Publikum im Pantheon war ziemlich gut.
Es gab King of the road mit einem charmanten Ferenc, der in tiefen Tönen vom schnellen Leben sang, und der nur kurz irritiert reagierte, als Eddi und Sari im Background einen übertrieben lauten und jammernden Einwurf sangen, der total unpassend und darum witzig war. Rhythmisches, immer schneller werdenden Klatschen feierte ihn danach. Vielleicht waren auch alle nur froh, dass sie ihn in diesem Moment im Pantheon und nicht auf der Autobahn trafen.
Mit einem wunderbar leichten, südamerikanischen Rhythmus verabschiedeten sich die Wise Guys mit Feierabend. Schön. Ich mag das Lied sehr und ich finde es schön, wenn Konzerte mit Openern beginnen und mit Closern schließen. Einen richtig typischen Opener gab es momentan nicht, dafür aber den passenden Abschluss. Wobei ich nichts gegen den ‘Pfeffer’ sage, der trotzdem ein schöner Beginn ist.
Als Zugabe gab es Jede Stimme zählt, bei der Eddi am Schluss jodelnd auf der Bühne stand. Was so ein Fernkurs alles schafft! Erstaunlich, wie gut das klang. Übte er das unter der Dusche oder mit Rücksicht auf Familie und Nachbarn in einem schalldichten Bunker?
Er jodelte auf jeden Fall mit Begeisterung bis zum Abtransport.
Mit Ruf doch mal an wurden die meisten Besucher von den Stühlen gerissen, konnten in der Enge des Saales aber trotzdem nicht hüpfen, weil sie die Stühle eng in den Kniekehlen hängen hatten. Und mit angewinkelten Beinen über der Stuhlkante auf und ab zu hüpfen, sieht verkrampft aus und ist nicht mit wirklich fröhlicher Körperhaltung zu vereinbaren. Die Stimmung war trotzdem klasse. Es gab noch Jetzt ist Sommer hinterher und ganz am Ende, nach der einzigen La Ola Welle des Abends, die von den Wise Guys gestartet wurde und ebenso passend wie richtig dimensioniert war, wurde noch einmal der Ohrwurm angesungen. Das Publikum setzte ein und sogar ich sang mit, denn ich wusste, was verlangt war. Die Wise Guys kamen zurück, sangen die letzte Strophe, riefen laut “Tschüß!”, verbeugten sich, winkten, gingen ab, und das Saallicht ging an und die Zuschauer standen brav auf.
Das letzte Pantheonkonzert 2005 war vorbei und Weihnachten stand nicht vor der Türe. Es war immer noch mitten im Jahr und das hatte den Vorteil, dass ich noch ein paar Konzerte mitmachen könnte bis zum Jahresabschluss. So konnte ich dann doch wieder das Positive an der Terminverschiebung erkennen.
Mir hat das Konzert sehr gut gefallen. Schöne Stimmung, tolle Soundabmischung, sehr guter Gesang und lockere, sehr souveräne Wise Guys, die eine von vorne bis hinten tolle Show boten. Rundum gelungen. Weil es nicht das tatsächlich letzte Konzert des Jahres war, ging es nicht so albern zu, wie letzte Konzerte es meistens an sich haben. Aber dafür war es ja auch August.
Wo der Pfeffer wächst
Was für eine Nacht
Du kannst nicht alles haben
Aber sonst gesund
Denglisch
Erzähl mir die Geschichte
Das war gut
Achtung! Ich will tanzen
Romanze
Powerfrau
Du bist dran
Nur für dich
Mad world
Ohrwurm
Neun live
Einer von den Wise Guys
Zu spät
Weltmeister
Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf
Sing mal wieder
King of the road
Feierabend
Jede Stimme zählt
Ruf doch mal an
Jetzt ist Sommer
Ohrwurm-Reprise