WG Konzertberichte

Wise Guys – 22.12.2004 – Pantheon – Bonn – mit Ente und Blockflöte

Das letzte Konzert des Jahres stand auf kippeligen Füßen. Vier Pantheonkonzerte waren geplant gewesen, aber schon das zweite musste ausfallen, weil Clemens stark erkältet war. Das dritte schaffte er dann wieder, aber ob er das vierte und letzte komplett durchhalten würde, war noch am Mittag nicht sicher. Auch bei größtmöglicher Schonung der Stimme konnte es passieren, dass irgendwann die Töne wegblieben und er nicht mehr singfähig war. Aber optimistisch wie er war, wollte er es zumindest versuchen. Außerdem waren wegen Sari und dessen origineller Zungenwurzelentzündung schon kurz vorher zwei Konzerte ausgefallen, die in einem eigentlich freien Zeitraum im nächsten Jahr nachgeholt werden mussten. Jedes Konzert, das jetzt durchgestanden wurde, versprach einen freibleibenden Tag im Sommer.

Wer beim letzten Konzert im Pantheon einen guten Platz haben wollte, musste früh genug da sein. Vor dem Pantheon und im Foyer standen schon ziemlich viele Besucher dichtgedrängt, als die Wise Guys gegen 18 Uhr ankamen und an allen entlang zum Backstagbereich gingen. Der Abschlussabend des Jahres war bei den Kennern begehrt, weil es meistens während des Konzertes etwas albern zuging und danach ein extra langer Afterglow gemacht wurde. Allerdings war ich in Bezug auf den Afterglow in diesem Jahr etwas skeptisch, denn nach den letzten Wochen mit sehr vielen Terminen und einigen Krankheitsausfällen erschienen mir die Wise Guys doch etwas ausgepowert. Aber wer weiß, vielleicht würden sie nach dem letzten Konzert nochmal so richtig loslegen, um das glücklich erreichte Ende der langen Tour zu feiern. Vielleicht würde aber auch Clemens schon vor der Pause seine Stimme verlieren und damit das Ende der Tour terminlich nach vorne ziehen. Es war alles drin.

Als die Tür zum Saal geöffnet wurde, füllte der sich sehr schnell. Nach 10 Minuten sah er schon ganz voll aus, aber immer noch kamen ununterbrochen Leute herein, die nach freigebliebenen Plätzen und Lücken im vollgestellten Saal suchten, die sie auch wirklich noch fanden. Die Bühne war ebenfalls ungewohnt vollgestellt. Mit dunklen Tüchern waren große, kantige Gebilde verdeckt und nur in der Mitte blieb der Blick auf eine schmale, helle Treppe frei. Viel Platz blieb nicht, denn es waren nicht mal zwei Meter Bühnentiefe vorhanden. Das reichte gerade für fünf Wise Guys, aber nicht mal für einen mickrigen Weihnachtsbaum. Wobei ich jetzt keinesfalls die fünf Wise Guys irgendwie mit dem Wort “mickrig” in Verbindung bringen möchte.

Als das Saallicht ausging, kam sofort großer Beifall auf, ehe überhaupt einer der Hauptdarsteller zu sehen war. Doch dann kamen sie, hatten ihre bunten Bühnenklamotten an, stellten sich nebeneinander auf die schmale Bühne und grinsten in die Zuschauerrunde. Plötzlich beugte sich Dän von der Bühne verstohlen und zögernd herunter, griff dann blitzschnell zu und riss einem Jungen, der ganz vorne an der Bühne saß, mit Schwung einen Schal vom Hals, den er nach hinten in die Kulissen schleuderte. So machte man das in anderen Ländern mit Giftschlangen. War in diesem Fall ein Leverkusenschal, der für Dän wahrscheinlich ähnlich wie eine Kobra gesehen wurde.

Während das Publikum noch fröhlich johlte, stellten sich die Wise Guys auf und begannen sofort mit Wo der Pfeffer wächst. Dän mit völlig unschuldigem Gesicht. Es war wunderbar die Wise Guys mal wieder so nah zu erleben. Im kleinen Pantheontheater waren selbst die hintersten Plätze nicht weit von der Bühne weg und das Hör- und Seherlebnis war sehr intensiv. Toll! Ich genoss es sehr.

Mit Pfeifen und Gejohle wurde das Ende des Liedes von den begeisterten Zuschauern beklatscht, und auf der Bühne ging es sofort mit Was für eine Nacht weiter. Auf der zugebauten Bühne lief die Choreographie zwangsläufig enger und mit sparsameren Bewegungen ab. Wer im Hintergrund den Platz wechseln wollte, musste mit Blickkontakt abklären, in welche Richtung umeinandergekreist wurde, damit es reibungslos passte. Gegen Ende des Liedes klatschte das Publikum rhythmisch mit und hatte natürlich eine tolle Stimmung. Wer hätte es anders erwartet, am letzten Pantheonabend?

Noch im Applaus drehte sich Dän um und verschwand in den Backstagebereich. Er kehrte mit einem schwarzen Wise Guys Schal zurück, den er lässig und nicht unbedingt liebevoll dem Jungen in der ersten Reihe zuwarf und sich sofort wieder umdrehte, um zu seinem Platz zu gehen. “Es soll sich ja keiner erkälten”, kommentierte er knapp und ging sofort zur Publikumsbegrüßung über. „Wir haben Gäste hier aus London, aus Toulouse in Frankreich und aus Bad Neuenahr-Ahrweiler.“ Dann kramte er aus seiner Hosentasche einen gefalteten Zettel, den er in rasendem Tempo vorlas: „Der Wise Guys Opener, Wie die Zeit vergeht, Charlie Razzamatazz, Ich bin grumpig, Wenn sie tanzt …” Es ging weiter und weiter, und am Ende der langen Liste endete er mit: “… das kommt alles nicht. Aber wir haben einige spektakuläre Lieder im Programm heute Abend …”, Clemens lachte los, “… die in dieser Form zu Recht von uns noch nicht zu hören waren.”

Um eventuelle Einwände gleich aus dem Weg zu räumen, kam das Argument Du kannst nicht alles haben in musikalisch ausgearbeiteter Form. Die Zuschauer zeigten, dass die meisten von ihnen erfahrene Konzertbesucher waren, denn sie setzten an der Klatsch-Stelle sofort im richtigen Rhythmus ein. An der leisen Stelle, an der ausnahmsweise nicht geklatscht werden sollte, blieb es vorschriftsmäßig ruhig, bis auf den zaghaften Klatscher eines einzigen vorwitzigen Handpaares, das aber sofort eingeschüchtert verstummte, als es keine Begleitung hörte. Die Wise Guys grinsten rüber und freuten sich.

Dän kam zum nächsten Programmpunkt: “Meine Damen und Herren, jetzt traditionell, obwohl wir Sie ja eigentlich alle schon kennen …” der Lacher in seiner Stimme war nicht zu überhören, denn beim letzten Pantheon-Konzert waren zum größten Teil die Fans im Publikum, die auch sonst auf einigen anderen Konzerten auftauchten, “… unsere kleine Zuschauerumfrage.” Und da zeigte sich, dass sich doch tatsächlich einige Zuschauer meldeten, die sich auf ihrem ersten Wise Guys Konzert befanden und von denen einige sogar noch nie etwas von den Wise Guys gehört hatten. Es gab auch Betriebsfeiern, die den Abend im Pantheon verbrachten, und Dän wandte sich an eine Gruppe am Rand: “Darf ich fragen, was Sie machen? Was für eine Firma ist das?” “Wir fotografieren.” “Was denn so?” “Menschen.” Dän nickte anerkennend: “Das ist sehr interessant. Also alle Mann Fotografen?” Die Antwort kam nach längerem Zögern: “Ähm … eins, zwei, drei … äh … zwei.” Emotionslos wiederholte Dän: “Zwei”, ging stumm an seinen Platz am anderen Bühnenrand zurück und kratzte sich dabei bedächtig am Kopf. Während das Publikum vergnügt lachte, hörte man ihn murmeln: “Riesenfirma.”

Er beendete die Umfrage: “Gut, dann wollen wir noch abschliessend … äh … nix mehr wissen, glaube ich.” Aber dann fiel ihm ein, dass er erzählen wollte, dass sie neue Sachen in der Choreografieprobe am Vormittag gelernt hatten. “Wir sollen zum Beispiel gerade stehen und wir sollen versuchen, uns eine attraktive Frau im Zuschauerraum auszusuchen und dann mit dem Blick darauf bleiben. Auch mal 30 Sekunden lang. Wenn es einem von Ihnen auffällt, dass jemand von uns Sie anstarrt, dann ist das auf die Probenarbeit von heute zurückzuführen. Nicht persönlich nehmen!”

Schnell wies er noch auf den Bühnenaufbau hinter sich hin: “Es gibt Leute, die erwarten gleich den großen Bühneneffekt hinter uns. Dass da ein Feuerwerk losgeht oder Elefanten rauskommen oder so. Das wird heute NICHT passieren, denn die Deko gehört zur Pink Punk Pantheon-Sitzung vom Theater und schränkt uns nur ein BISSCHEN ein. Es wird also heute Abend eine zweidimensionale Wise Guys Show – so wie das damals vor fünf Jahren eigentlich immer war. Sie können also ein Auge zuhalten, weil Sie räumliches Sehen heute Abend nicht benötigen.”

Hallo, Berlin kam wieder mal sehr gelungen rüber. Eigentlich bin ich ja kein Fan von diesem Lied, aber Clemens sang es klasse und der Background war toll. Clemens wirkte übrigens fit und gesund, auch wenn ich inzwischen wusste, dass er so etwas sehr gut spielen kann. Das Publikum applaudierte nach dem Lied laut, und Dän begann zu zanken und meckerte mit leicht aggressivem Unterton: “Eddi, du hast jetzt gerade bei ‚am Ende des Tunnels ein Lichtlein sehen‘ SO gemacht …” Er hielt sich die Hand indianermäßig über die Augen. “Das ist Quatsch! Wenn du im Tunnel bist, musst du keine Sonnenblende haben. Das gibt überhaupt keinen Sinn. Musst du dir mal was anderes überlegen!” Eddi hörte ihm still zu und nickte dann ernst. Dän wandte sich an einen Tisch ganz vorne, wo auf den gefüllten Gläsern Bierdeckel lagen. “Warum habt ihr hier die Deckel drauf? Wegen der Spucke von uns oder was? Echt??” Er guckte zu einem Nebentisch, an dem das auch so aussah, schüttelte leicht den Kopf und sagte etwas distanziert: “Naja … “, und nach einer Pause: “… ist schon vernünftig.”

Monica folgte, die Wise Guys bewegten sich im Samba-Rhythmus (glaube ich wenigstens), und mir gefiel die Choreografie auch in zweidimensionaler Ausführung sehr gut. Die Vorstellung wirkte dadurch sogar privater und improvisierter. Mehr Platz hätten sie in meinem Wohnzimmer auch nicht, also auch keinen guten Grund, mir mal ein Privatkonzert vor meinem Sofa abzuschlagen. Andererseits fände ich es aber peinlich, gleichzeitig von allen Fünf angegrinst zu werden, weil keine anderen Damen im Publikum wären, die bis zu 30 Sekunden lang angestarrt werden könnten. Vielleicht also besser nicht. Ich blickte auf Saris T-Shirt mit den eingewebten Fettflecken und freute mich, dass ich es zum letzten Mal in diesem Jahr sehen würde. Das Rot war ja schön – aber die Flecken! Tief im Inneren war ich wahrscheinlich doch eine richtige Hausfrau, die an Fettflecken, so modisch sie auch sein mochten, nichts Schönes finden konnte. Da hatte man es endlich geschafft, dass die eigenen Kinder ihre beferkelten Frittenhände nicht mehr am Shirt abwischen, da kam ein Wise Guy mit sowas auf die Bühne! Naja, im nächsten Jahr würde Sari es noch bei einigen Konzerten anziehen, aber dann würde es ja mal irgendwann ersetzt. An die Möglichkeit, dass demnächst alle Wise Guys mit solchen T-Shirts ankommen könnten, wollte ich nicht mal ansatzweise denken.

Eddi machte die nächste Ansage. Erwartungsgemäß war sie ein wenig wirrig, steigerte sich dabei aber noch. “An dieser Stelle kommt jetzt ein anderes Lied”, begann er und hatte das kichernde Publikum auf seiner Seite.

Er sprach über leichtbekleidete Frauen und sein Singleleben, war dabei etwas sprunghaft in den Gedanken, und im Zuschauerraum bekam eine junge Dame einen Lachanfall, der sie quietschend nach Luft schnappen ließ. Akustisch etwa wie eine regelmäßig in den Scharnieren quietschende Schaukel: “hiiep … hiiep … hiiep …” Während das Publikum, durch Eddis Ansage schon bestens animiert, fröhlich loslachte, hielt sich Dän interessiert die Hand über die Augen und versuchte einen Blick auf die Quietschstelle im dunklen Saal zu werfen. Sari presste sich verkrampft die Hände aufs Herz und grinste, und nur Eddi blieb ernst und wirkte verwundert über die ganze Aufregung. Er erzählte weiter: “Das Nachhausekommen war auch immer bitter. Das … leere … Bett.” Er warf einen schnellen Blick auf seine Kollegen: “Nee, scheiße jetzt.” Die klappten lachend nach vorne und Eddi sagte: “Ich fang nochmal von vorne an!”. Lachende Schnappatmung war inzwischen von mehreren Stellen aus dem Zuschauerraum zu hören. Sehr witzig für alle.

Als es endlich wieder ruhiger wurde, sagte Eddi lässig: “Ach egal”, und schob ganz schnell hinterher: “Also wenn man dann jemanden kennengelernt hatte, war es superklasse und davon handelt das nächste Lied.” Sari gab schnell den Ton an und ehe es mit der Moderation schlimmer werden konnte, setzten sie sofort mit Das war gut ein. Zum Glück hatte Sari am Ende auch genug Platz, um sich umzudrehen und die Hüften kreisen zu lassen, was natürlich undamenhaftes Gejohle bei allen Frauen, die keine Damen waren, auslöste.

Dän kündigte danach an: “Jetzt wäre eigentlich im Programm das Lied ‘Achtung! Ich will tanzen’ gekommen. Wir haben das ein paarmal geprobt und sind dauernd gegen Kulissen gerannt. Das tat sehr, sehr weh. Darum haben wir ein anderes Lied eingeprobt. Das ist ein kleiner Leckerbissen für alle Fans von Weihnachten.” Während einige Zuschauer noch kurz mit einem enttäuschten “Oooh!” dem Tanzlied hinterhertrauerten, waren die andern sehr gespannt auf den angekündigten “alten kölschen Text im Barbershop-Stil”. Die Wise Guys stellten sich auf, Clemens in der Mitte sollte die Melodiestimme singen und gab das Tempo an. Der Klang der fünf Stimmern war voll, getragen und richtig feierlich.

 Nur der kölsche Text war bei genauerem Hinhören nicht sehr besinnlich. “Denn mir sin kölsche Jonge, hann Spetzebötzjer an …” Das war ein Karnevalslied, das von Spitzenunterhosen handelte, an die keiner ran durfte. Der Originaltext handelte von Frauen und ihrer Wäsche, darum war die Vorstellung, dass die Wise Guys gerade von ihren eigenen Spitzenunterhosen sangen, doppelt lustig. (Denn mir sin kölsche Mädcher, hann Spetzebötzjer an. Mir lossen uns nit dran fummele, mir lossen keiner dran.) Als Vierzeiler, der nur aus dem Refrain bestand, war das Lied schnell vorbei, und nach dem dramatischen Endakkord grinste Clemens frech und sehr erfreut: “Gott, war das schön!”

Mit Alter Schwede ging es weiter, und Ferenc bekam den großen Applaus schon wieder vor dem ersten Ton, allein bei der Ankündigung, dass er gleich singen würde. Soweit muss man erstmal kommen! Der Sound war voll und tief, und ich grinste breit an der Stelle, an der Ferenc schnippte, um den Lichtspot zu ändern. Beim Licht, das im Pantheon vorhanden war, gab es die Spots nicht, und der Lichttechniker dort hatte keine Ahnung vom üblichen Ablauf der Show. Natürlich änderte sich trotz des Schnippens nichts an der Ausleuchtung, nur Ferenc grinste zufrieden und die erfahrenen Zuschauer lachten leise. Im Hintergrund versuchten sich Eddi und Clemens jeweils überraschend ein lautes “Oho!” ins Ohr zu singen, da aber beide vorsichtig waren, konnte keiner überrascht werden, weil sich jeder immer rechtzeitig wegdrehte. Als sie plötzlich beide mit den Köpfen weit auseinandergingen, weil jeder glaubte, der andere würde laut ins Ohr singen wollen, lachte Eddi spontan los und grinste danach sehr vergnügt.

Ohne Ansage ging es sofort mit der Powerfrau weiter, was sehr geschickt war, denn eigentlich hatte das Publikum noch lange für Ferenc klatschen und johlen wollen, hörte aber gespannt auf, als sich die Wise Guys plötzlich wieder in Position stellten und Anzeichen machten, mit neuen Tönen zu beginnen. Dass ich übrigens nicht so viel zu den einzelnen Liedern schreibe liegt daran, dass die durchgehend gut waren und viel Spaß machten. Der Klang war gut, die Darbietung auch, es gab nichts Auffälliges zu beschreiben. Eddi und Clemens hatten sich während des Liedes schon wieder gegenseitig reinlegen wollen, und am Schluss hatte Eddi es geschafft, indem er vor der Schlusspose, an der sie sich Rücken an Rücken aneinanderlehnen sollten, einfach einen Schritt zurückging und showmäßig auf Clemens zeigte. Der konnte seine Bewegung gerade noch abbrechen, als er merkte, dass er im Rücken keinen Halt hatte, und guckte mit blitzenden, lachenden Augen zu Eddi, der sich natürlich sehr freute. Weil der Applaus danach so lange dauerte, stellte sich Sari extra nochmal in Position und ließ dabei seinen Bauchnabel sehen, was begeisterten Jubel auslöste. Als es ruhig wurde, fragte Dän zu seinen Kollegen hinüber, die ihm vorher durch ihr Gelächter aufgefallen waren: “Was war da los bei euch?”, doch Clemens winkte lachend ab. Aber Dän war in gespielter Meckerstimmung und fragte leicht genervt ins Publikum: “Erkennt man das eigentlich am Anfang, dass das ein Besen war? Ich finde das total bescheuert!”

Dass ein Zusammenleben mit den Kollegen auf engem Raum nicht unbedingt schön sein muss (auch wenn einige Fans sich das sicher romantisch vorstellen), zeigte das Lied mit der Wahrheit über die WGWG, die Wise Guys Wohngemeinschaft. Du bist dran war mit der Inszenierung ein großer Spaß mit hohem Lach- und Unterhaltungswert. Sehr witzig und wirklich klasse vorgeführt! Das Publikum klatschte und johlte danach laut, und Dän angelte sich während des Applauses den am Anfang des Konzertes in die Kulissen geworfenen Schal wieder hervor und trug ihn mit spitzen Fingern zur Seite raus, wo er ihn vermutlich einfach irgendwo fallen ließ.

Er kam zurück und kündigte das letzte Lied vor der Pause an: Nur für dich. Clemens schlurfte dazu schlapp und gebeugt auf die Bühne und sah damit wahrscheinlich genau so aus, wie er sich fühlte. Er war mit seiner starken Erkältung ja nicht ganz gesund, aber da er das so glänzend überspielen konnte und ständig fröhlich grinste, wäre die Überraschung groß gewesen, wenn in der Pause das weitere Konzert aus Krankheitsgründen abgesagt worden wäre. Außerdem: Wer sich so witzig mit Eddi zanken kann, wem wer wann ins Ohr trötet, der kann sich nicht kurz vorm Abkratzen befinden. Außerdem ging es IHM ja noch ganz gut, aber seiner STIMME nicht. Im Prinzip schlurfte also seine Stimme gebeugt und jammernd durch die Gegend, aber mit diesen Gedankengängen höre ich jetzt lieber mal auf, damit das nicht aussieht, als wäre ich das ganze Jahr 2004 über so seltsam gewesen. War ich ja auch, aber es wäre einfach schön, wenn ich irgendwann mal seriös rüberkäme. Naja, nach diesem letzten Absatz kann ich das wohl für diese Jahr vergessen. Egal.

Beim Schluss von ‘Nur für dich’ zeigte sich, dass der Einsatz von Bierdeckeln über den Gläsern auf den ersten Tischen sehr sinnvoll und vorausschauend gedacht war, denn es wurde beim letzten Akkord (kann man das noch Akkord nennen?) doch ziemlich feucht am Bühnenrand. Es gab viel Gejubel, die Wise Guys gingen zügig ab und das Saallicht an. Es war Pause.

Als der Großteil der Zuschauer ins Foyer gegangen war und dort eine Weile gestanden hatte, kamen alle zurück und es ging weiter im Programm. Das Saallicht ging aus, und auf die noch dunkle Bühne kamen die Wise Guys und begannen mit Früher. Erst nach einigen Tönen ging sparsames Bühnenlicht an, und da die Akteure für die zweite Hälfte schwarz gekleidet waren, sah man von ihnen bei der reduzierten Beleuchtung eigentlich nur die Hände und Köpfe als helle Flächen. Auch die Treppe in der Deko leuchtete aus dem Dunkel, was den Anblick noch geheimnisvoller machte. Wo führte die Treppe auf dieser kleinen Bühne hin? Und warum?

Die Stelle mit der Telefonzelle verpennte Clemens total. Er sang vorschriftsmäßig weiter, ging aber nicht wie eigentlich vorgesehen in die Mitte der Bühne, um das Warten vor der Telefonzelle szenisch darzustellen. Dän guckte demonstrativ intensiv zu ihm rüber und grinste dabei amüsiert. Clemens guckte zuerst verwundert zurück, kapierte dann plötzlich, dass er was verpasst hatte, und lachte los. Selbst die Zuschauer, die das von alleine nie gemerkt hätten, bekamen durch die Reaktion mit, dass eine kleine Panne passiert war, und alle lachten mit.

Aber Clemens war für seine kurze Konzentrationslücke ja entschuldigt, weil er krank war. Auch wenn die Erklärung eine ganz andere war: Kurz vorher hatte er Probleme mit seinem Sender gehabt, nebenbei an ihm rumgeschaltet und die Stelle ganz einfach verpasst. Eine ‘Konzentrationsschwäche wegen seiner Krankheit’ hört sich aber spannender an, finde ich. Schade, jetzt ist schon die Wahrheit raus. War ich mal wieder zu schnell.

Es ging es mit Clemens als Leadsänger und dem Ohrwurm weiter. Freudiges Gelächter im Publikum, als das Lied in der ersten Zeile erkannt wurde. Einige Zuschauer klatschten sofort mit, aber Eddi zeigte, dass ein Mitschnippen angebrachter wäre. Bei den Wise Guys kam langsam der Gedanke durch, dass sie den letzten Konzertabend des Jahres hatten – sie wurden alberner. Ferenc bohrte während des Ohrwum-Liedes mit seinem Zeigefinger im Nacken von Clemens herum, um einen Ohrwurm darzustellen, und gegen Schluss, als Clemens dicht vor seinen Kollegen stand, drängten sie ihn gemeinschaftlich bis zum Bühnenrand und hielten ihn dort, schon leicht über die ersten Tische gebeugt, fest.

Als sie schließlich zurückgingen und ihn nicht fallengelassen hatten, griff sich Clemens erleichtert ans Herz.

Nach dem Mundschlagzeug-Schnell-Workshop, den Dän optisch und akustisch sehr anschaulich vorführte, ging es mit dem Rhythmus unmittelbar in Einer von den Wise Guys über. Eddi saß am Anfang malerisch in den Kulissen und ich fand, dass die Wise Guys überlegen sollten, solche Aufbauten immer mitzuschleppen und in die Choreographie einzubauen. War der Platz auf der Bühne auch beschränkt, konnte die Kulisse kreativ einbezogen werden und wirkte gar nicht mehr so zugestellt und wie eine Notlösung, sondern optisch immer noch sehr ansprechend. Dabei war es in Wahrheit zugestellt und eine Notlösung. Sah aber gut aus.

Die Pinkelszene im Mittelteil des Liedes, so unmittelbar vor den ersten Tischen, war dann allerdings fast unangenehm nah. Die pullerten ja genau auf die Tische! Aber es lagen Bierdeckel auf den Gläsern, was sich jetzt als gut geplant erwies. Brüllendes Gelächter zeigte, dass es tatsächlich Neuhörer gab, die von der Szene völlig überrascht wurden. Damit Clemens seinen rasanten Lauf in der Hocke auskosten konnte, machte Eddi nach einigen Schritten eine Kurve und ging weiter. Clemens natürlich in der Hocke hinterher. Plötzlich stoppte Eddi und drehte sich ruckartig um, so dass Clemens gerade noch bremsen konnte und fast aus dem Gleichgewicht geriet. Die Zuschauer freuten sich und klatschten am Schluss alle mit.

Dän erklärte, dass für die Chocolate Chip Cookies auf dem neuen Album ein verbessertes Rezept verwendet worden war, das in englischer Sprache verfasst war. Er beendete die bis dahin gewohnte Anmoderation unerwartet: „Wir möchten heute – und das wissen meine Kollegen noch gar nicht – sehen was passiert, wenn man die beiden Rezepte vermischt.“ Die vier Anderen stockten kurz, dann hielt sich Eddi lachend die Hand vor die Augen und auch Ferenc grinste amüsiert, in Vorfreude auf das, was da kommen mochte. Sari und Clemens blieben sehr beherrscht, aber vielleicht gingen sie auch nur im Schnelltempo und hochkonzentriert den englischen Text nochmal durch, den sie seit der Studiozeit im September nicht mehr gesungen hatten. Die Spannung der Wise Guys ging sofort aufs Publikum über. Würden sie es schaffen?

Der Anfang ging. Eddi musste “Baa ja ba …” singen, was international war. Dann setzte Dän mit englischen Zeilen ein. Sehr lässig und man hätte denken können, dass er geübt hatte, aber das glaube ich nicht. Der war so fair und testete sich unter gleichen Bedingungen. Clemens öffnete den Mund – und sang Deutsch, was fröhliches Gelächter beim Publikum auslöste. Irgendwie wurde die ganze Choreographie, das Rezept und überhaupt die Kekse zur Nebensache, denn es war viel wichtiger, in welcher Sprache gesungen wurde. Eddis nächster Einsatz ging völlig daneben, denn nach seinem herzhaften „Zinggg!“ kam ein unverständliches „Blllbbbmoobo“. Vermutlich hatte er sich auf die Schnelle nicht entscheiden können, welche Sprache er nehmen wollte. Er rettete sich in den deutschen Text, das Publikum johlte, und Sari nutzte die Chance, im Anschluss auch die deutschen Zeilen zu singen. Dabei sah man allen an, dass die Gehirne rotierten und sie angestrengt nach den englischen Textzeilen suchten.

Ferenc trat nach vorne und brachte seine beiden Zeilen kräftig und sicher in Englisch, was ihm lauten Applaus und anerkennendes Gejohle einbrachte. Im Beifallssturm drehte er sich zur Seite und machte Eddi und Sari eine lange Nase. Es war hochspannend. Clemens setzte mit der englischen Version ein, Eddi auch, aber dann stockte er und sang, um die sich plötzlich auftuenden Lücken zu füllen: “Blm blmmm blmm …” Die Stimmung war hervorragend: Das Publikum hatten riesigen Spaß, egal ob Englisch oder Deutsch gesungen wurde, aber am meisten, wenn gar nichts kam und die Worte fehlten. Auch auf der Bühne grinsten alle breit. Die letzte, kurze Endzeile wurde in Englisch gesungen und genau da kam Dän raus, stockte kurz und musste lachen. Sehr, sehr witzig!! Eine gelungene Spontanaktion!

Als sich das Publikum einigermaßen beruhigt hatte, ging es mit Zu spät weiter. Die Zuschauer waren sehr lachbereit, was die Wise Guys zu noch intensiverem Verhalten herausforderte. Sie litten beim Singen total, mussten aber auch immer mal wieder grinsen. Eine sehr schöne Stimmung im Pantheon mit Spaß auf der Bühne und im Publikum. Der zarte Juli brachte die Stimmung zunächst wieder in romantische, ruhige Gefilde. Auf der Bühne passierte optisch nicht viel, die Harmonien klangen sanft durch den Raum und ich liebte das hörbare Lächeln, mit dem Dän die Leadstimme sang. Ein wunderschönes Zuckerstückchen-Lied.

Nach dem letzten Ton wurde es auf der Bühne dunkel, da kam ein Stofftier geflogen. Es wurde wieder hell, und Dän nickte zunächst seinen Kollegen sehr zufrieden und anerkennend zu, weil ‘Juli’ so schön geklungen hatte. Dann hob er das gelbe Stofftier auf. Es war eine Ente und die begann bei einem einzelnen Druck auf ihren Bauch dreifach zu quaken. “Wääk wääk wäääk”, war leise zu hören. Sehr niedlich, aber auch etwas penetrant. Er hielt sie nah ans Mikrofon, sie quakte: “Wääk wääk wääk” und er meinte: „Süß!“

Dann guckte er zu Eddi, der sich gerade in die Bühnenmitte zur nächsten Ansage begab. Dän ließ die Ente quaken und kündigte an: „Das mach ich jetzt die ganze Zeit bei deiner Ansage, ja? Immer, wenn was Schlechtes kommt, drück ich da drauf!“ Die Zuschauer lachten los, und Eddi begab sich zögernd auf seine Position. Dän lehnte sich gemütlich an den Bühnenaufbau, schaute betont uninteressiert in die Gegend und hielt die Ente ganz dicht an sein Mikrofon, bereit, ihr sofort auf den Bauch zu drücken. Den Finger am Abzug sozusagen.

Eddi gab dem Publikum eine Erklärung: “Wir hatten nämlich vereinbart, dass sein Mikrofon offen ist bei meiner Ansage.” Dän warf ein: “Zu Übungszwecken”, und blieb dabei völlig ernst. Eddi, der sehr angespannt und schreckbereit in der Bühnenmitte stand, sagte erleichtert: “Wow, ich dachte, da kommt direkt die Ente”, und drehte sich zu Dän um: “Danke!” Der mahnte freundlich, aber bestimmt: “Jetzt musst du langsam in die Pötte kommen, sonst quakt es hier!“ Das Publikum platzte los.

Kaum war es ruhig, wiederholte Eddi: “Danke!” und die Ente quakte los. Eddi lachte, wollte weitersprechen, aber die Ente quakte wieder. „Die quakt immer dreimal!“, erklärte Dän, was zu neuer Erheiterung beim Publikum führte. Eddi war hochgespannt und begann: „Stellen Sie sich bitte vor, es wäre Samstagabend …“ „Ach, die kenn ich schon, die ist OK,“ stellte Dän mitten im Satz lässig fest und legte die Ente nach hinten auf die Ablage. Nicht nur Eddi und die Zuschauer lachten los, auch die anderen Wise Guys konnten sich nicht beherrschen.

Leicht nervös, aber zügig beeilte sich Eddi danach die Ansage fehlerlos hinter sich zu bringen und erwartete trotz weggelegter Ente jeden Augenblick ein neues Gequake. Aber er kam ungestört durch und Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf war dran. Sehr schön, und im Endapplaus war schon der nächste Ton aus Saris Stimmpfeife zu hören und Sing mal wieder wurde begonnen.

Im Mitsingteil fing das Publikum recht laut an, aber Eddi wollte das gar nicht und verlangte von seinen Kollegen: “Machen wir mal einen Moment leiser!” Ferenc reagierte nicht sofort und wurde von Eddi mit einem sehr lauten: “LEISER!!!” angefahren, woraufhin er mitten im Singen abbrach und verblüfft guckte. Dann drehte er sich um, holte die Ente aus der Deko und hielt sie Eddi drohend unter die Nase. Der zuckte sofort zusammen und war wieder freundlich. Er sang den Zuschauern nicht nur seltsame Tonfolgen und Rhythmen vor, die sie nachzumachen hatten, sondern auch ungewöhnliche Geräusche. “Mir ist das immer noch nicht leise genug”, stellte er nach einigen Durchgängen fest, “wir machen das jetzt pantomimisch! Ich mach eine Bewegung vor und Sie machen die Bewegung nach!”

Er malte Linien und Kurven in die Luft und kichernd machten die Zuschauer sie nach. Es sah total klasse aus, wenn sich im Zuschauerraum plötzlich viele Hände mit den gleichen Bewegungen hoben. Unbemerkt von Eddi stellte sich Sari plötzlich dicht hinter ihn und machte gleichzeitig völlig andere Armbewegungen, was sehr an eine indische Tempelfigur mit mehreren Armen erinnerte. Plötzlich drehte sich Eddi um und erschrak, als er Sari so dicht hinter sich sah. Aber sofort reagierte er und fragte: “Willst DU mal? Komm!“ Sari wollte eigentlich überhaupt nicht, aber das Publikum klatschte ihn nach vorne. Wer Eddi für abgedreht hielt, hatte Sari noch nicht erlebt.

Er kniff die Augen rhythmisch zu oder presste wie auf dem Klo oder drehte sich mit erhobenen Händen, was vom Publikum in vorbildlicher Weise sitzend nachvollzogen wurde. Große Klasse, und im Zuschauerbereich war schon wieder verdächtig häufig die Schnappatmung zu hören. Mit lautstarken Gesängen endete das Lied schließlich vorschriftsmäßig, und der anschließende Applaus war gewaltig. „Großartig, meine Damen und Herren, dass Sie da so mitgespielt und diese für uns peinliche Situation gerettet haben“, bedankte sich Dän.

Kaum hatte er in der folgenden Anmoderation den Namen ‘Ferenc’ ausgesprochen, johlte das Publikum laut auf und klatschte freudig. King of the road war dran und Dän begann zu schnippen. Das Publikum setzte ein und hörte dabei zwangläufig mit dem Klatschen und Johlen auf. Sari gab den Ton an – und Dän tat, als ob er ihn nicht hören konnte. Er ging näher an Sari heran, ließ ihn sich nochmal angeben, trat noch näher, ließ ihn angeben, noch näher, bis Sari richtig fest in die Stimmpfeife trötete, Dän sich an seinen Platz begab, und dann doch wieder fragend zu Sari zurückkam. Der kramte die Stimmpfeife wieder aus der Hosentasche heraus, blies nachlässig irgendwo rein, so dass ein mehrfacher und dazu völlig falscher Ton rauskam, und Dän nickte zufrieden und fing endlich an. Ferenc lachte los und das Publikum hatte Spaß.

Nach den ersten rhythmischen Tönen von Däns Begleitung setzte Ferenc tief und kräftig ein: „Erst wenn die Ente brennt …“, woraufhin es schon wieder lautes Gelächter gab, das Lied aber normal weitergesungen wurde. Nur Eddi sank zusammen und musste ein paar Töne lang pausieren. Die drei Backgroundsänger hatten es sich sitzend auf dem hohen Bühnenaufbau bequem gemacht. In dieser Position waren die choreografischen Bewegungen sehr eingeschränkt, aber Sari, Eddi und Clemens erwiesen sich als einfallsreich. An der Stelle, an der sie eigentlich schrittweise nach hinten und dann wieder nach vorne laufen mussten, legten sie sich einfach immer weiter nach hinten bis sie auf der breiten Stufe lagen. Clemens hatte danach keine Lust, sich wieder aufzurichten und sang liegend weiter. Ferenc drückte Sari nach hinten, und während Clemens wieder hochkam, blieb Sari erstmal liegen. Sehr witzig. Langen Applaus gab es danach offiziell für Ferenc, aber eigentlich für die ganze Nummer.

“Ich hab die Ente jetzt mal nach nebenan gelegt, war das OK?” fragte Dän, der während des Applauses kurz verschwunden war und nun auf die Bühne zurückkehrte. Scheinbar wollte er die Seriosität wieder ins Spiel bringen, aber so pseudoernsthaft, wie der das fragte, war es auch schon wieder witzig. Er redete davon, dass jetzt das letzte Lied des Abends, der Konzertwoche, des Monats und des ganzen Jahres dran wäre. Das Publikum seufzte: „Ooooh!“ während Eddi freudig die Arme hochriss. Dän blickte seine Kollegen an: „Wir freuen uns auch, dass wir ein paar Tage frei haben und uns gegenseitig nicht sehen müssen …“, aber da fiel ihm ein Privattermin ein: „Morgen noch. Geburtstagsparty.“ Sari winkte sofort ab, dass er nicht dabei wäre, und Ferenc hob den Finger und kündigte an: “Ich auch nicht.“ Dän sah das und ergänzte nachlässig: „Ach Gott, ich weiß auch noch nicht, ob ich komme.“ Daraufhin kippte Eddi schon wieder lachend nach vorne, und Ferenc bekam einen Lachanfall, von dem er sich kaum beruhigen konnte. Als alles wieder unter Kontrolle war, sprach Dän vom harmonischen Zusammenleben noch nach all den Jahren, vom schönsten Lohn, den strahlenden Kinderaugen, und dankte den Eltern und der Plattenfirma. Eddi brach schon wieder lachend zusammen.

Dän wies auf den Afterglow hin: “Wir feiern unseren Jahresabschluss. Wenn Sie Lust haben, bleiben Sie noch ein bisschen hier. Wir werden nichts mehr singen, weil Clemens noch krank ist, aber wenn Sie uns was vorsingen wollen, gerne. Wir können da ganz gut abschalten …” Eddi musste schon wieder loslachen, aber Dän machte völlig ernsthaft weiter: “Ansonsten können Sie auf unserer Homepage auch Kommentare loswerden, wenn Sie uns die nicht ins Gesicht sagen wollen, weil die zu böse sind. Schreiben Sie einfach anonym ins Gästebuch und wir löschen die dann eigenhändig raus.”

Das letzte Lied im Programm wurde von Dän angekündigt: “Wir verabschieden uns mit einem kleinen Lied aus Köln …”, er wandte sich an den Jungen am vorderen Tisch, “… wegen dem ich dir vorhin leider den Schal von Bayer Leverkusen abnehmen musste.” Sari gab den Ton für Deutscher Meister an. Es wurde still im Saal und die Wise Guys begannen ganz leicht wackelig: „Uuuuuuuh“, Dän setzte dazu ein: „Im Leben gibts für jedermann …“, brach ab und fragte freundlich: „Können wir das nochmal machen?“ Fröhliches Gelächter im Publikum, denn Dän war in Zankstimmung. Sari gab den Ton erneut an. „Uuuuh ….“, setzten sie ein, aber ein Glucksen in den Stimmen verriet das lockere sitzende Lachen und sie brachen grinsend ab. „Nee, jetzt war gut!“, fand Dän. Das nächste ”Uuuuuh” war wackelig und Dän sagte: “OK, machen wir nochmal!“ Wieder ging der Anfang daneben, zumal jetzt alle mit hoher Spannung auf den Einsatz lauschten und überkritisch waren. Dän benahm sich wie ein Besucher bei einer Gesangsprobe und fragte seine Kollegen neugierig interessiert: „Macht da eigentlich einer ein Zeichen oder geht das einfach so irgendwie los?“ Eddi erklärte ihm: „Da gibt’s so einen spannungsgeladenen Moment und dann setzen wir irgendwann ein.“ „Ach so.“ Sari gab den Ton erneut an, sie starteten wackelig und wirklich nicht einwandfrei, das Publikum lachte los, aber Dän zuckte mit den Schultern und winkte nachlässig weiter. War ja eh alles egal. Als die ersten Mitsinger zaghaft einsetzten, ermunterte Dän das Publikum sofort freudig: „Genau! Singt alle mit!“, Sofort ging ein richtig kräftiger Chor los und in die nächste Pause hinein sagte er schnell und desillusioniert: „Ach, nee, lieber doch nicht“, was schon wieder Schnappatmung bei vielen Zuschauern auslöste. Mitgesungen wurde aber trotzdem weiterhin.

Beim dritten Refrain hakten sich die vier Background-Wise Guys ein und warfen die Beine im Takt rechts und links hoch. Dän drehte sich um, wedelte ihnen ein „wohl verrückt geworden“ vor seiner Stirn und kam dabei kurz aus dem Textfluss. Er setzte gerade noch mit: „… lieb den kölschen Bock“ ein, was für Eddi aber für seinen musikalischen Einwurf zu überraschend kam. Der brachte nur noch ein schnelles, jämmerlich kleines „böh“ raus, was diesmal Sari zusammenklappen ließ. Irgendwie war die Choreographie gewaltig gestört und alles wirkte improvisiert. Sogar die hohe Trompete am Schluss hatte Clemens an Eddi ausgeliehen, um seine Stimme zu schonen. Es war sehr lustig und einige Zuschauer wischten sich beim Abgang der Wise Guys die Lachtränen aus den Augen.

Es gab viel Beifall, und plötzlich kam Sari von der Seite zurück und hatte ein Glockenspiel in der Hand, auf dem er mit dem Schläger eine kleine Melodie spielte. Er überquerte langsam und konzentriert spielend die Bühne und die feinen Töne perlten durch den Raum. Vorsichtig lief er ein paar Stufen auf der Treppe hoch und rutschte auf seinem Hintern stückchenweise in die Mitte eines erhöhten Podestes. Das sah schonmal sehr niedlich aus. Dän war gleich hinter ihm hergegangen, beobachtete ihn lächelnd, setzte sich dann neben ihn und hatte plötzlich eine Blockflöte ihn die Hand. Er beobachtete Sari, der immer wieder die gleiche Tonfolge auf dem Xylophon spielte, bis der plötzlich auffordernd: “Komm!” sagte, und Dän mit Stille Nacht auf der Blockflöte einsetzte.

Schon bei der zweiten Zeile sang das Publikum leise den Text mit. Da kam auf einmal Clemens mit einer Posaune aus der Deko und setzte ein, nach ihm Eddi, der ebenfalls Posaune spielte. Der Klang war erstaunlich gut. Es sah lustig aus, war aber schön, weihnachtlich und berührend. Außerdem klangen die Zuschauerstimmen dazu sehr schön. Plötzlich tauchte ganz oben am Rand des Bühnenaufbaus Ferenc auf, die Zuschauer jubelten auf, und er schlug in einer kurzen Instrumentalpause einmal laut auf eine Triangel. Wie der Oberengel persönlich stand er danach still auf seiner Wolke, beziehungsweise dem Bühnenaufbau, und sah den anderen zu, wie sie die Schlusszeile spielten. Ein letzter Schlag auf die Triangel, die Posaunen zogen den Endton wunderbar herunter, dann brach lauter Jubel aus. Was für eine wunderschöne Nummer!

Nach ausgiebigem Zuschauergeklatsche kamen die Wise Guys zurück und Dän warf nachlässig den Leverkusenschal an den vorderen Tisch zurück, ehe er die Treppen hochging und sich mit Eddi und Clemens auf das erhöhte Podest stellte. Ferenc und Sari blieben unten und waren die Hauptsänger bei Rasier dich. Wieder ein Argument für einen großen Dekoaufbau bei Wise Guys Konzerten, denn das sah richtig gut aus und könnte sicher gut in die Bühnenshow eingebaut werden. Aber natürlich müssten mindestens zwei Helfer alleine für den gigantischen Bühnenaufbau eingestellt werden, was den Maschinen-, Fuhr- und Helferpark der Wise Guys weiter anwachsen lassen würde. Die musste man ja auch alle satt bekommen – also vielleicht lieber doch nicht.

Sari und Ferenc kreisten umeinander, um schließlich miteinander zu tanzen. Dabei hörten sie aber nicht mehr auf und drehten sich wie zwei Teddybären im gemeinsamen Tanz. Schließlich schleuderte Sari Ferenc ein Stück weg, ging dann drohend auf ihn zu, aber der erwartete ihn in tanzbereiter Haltung. Sari stellte sich ordnungsgemäß mit ihm auf, da meckerte Ferenc laut: „Du kannst es ja eh nicht!“ und ging weg.

Das Publikum lachte auf, und Sari kam mit der Ente angelaufen und hielt sie Ferenc unter die Nase. Der schüttelte vorwurfsvoll den Kopf und rief leicht genervt: “Jetzt hat er die Ente nochmal gebracht!“

Große Verbeugung, Abgang unter rhythmischem Klatschen. Donnernde Füße trampelten lautstark auf den Boden. Zum Glück war das Pantheon im Keller und es wohnte keiner mehr drunter. Die Wise Guys kamen zurück und Dän erklärte: “Das ist die dritte und letzte Zugabe. Der Clemens ist krank.” Jetzt ist Sommer wurde im Christmas- Jinglel-bells- Tempo gebracht. Lässig, groovig und ungewohnt leise. Eine feine Endnummer, die die Albernheit nahm und den Abend wunderbar beendete. Nach einer letzten Verbeugung gingen die Wise Guys mit Humbtata und Täterä als Spielmannszug ab und tröteten dabei ‘Oh, du Fröhliche’.

Der Afterglow im Foyer war erst sehr voll, aber dann doch ganz anders als in den Jahren zuvor. Es fand in diesem Jahr nach dem Wise Guys Konzert keine lärmende Disco mit offenen Türen und vielen Menschen statt, sondern Charlotte Roche und Christoph Maria Herbst hielten im geschlossenen Saal ihre Staubsauger-Lesung ab. Eigentlich die Gelegenheit zu einer richtig tollen Afterglow-Feier, aber Clemens war krank und setzte sich nach einem Autogramm-Rundgang ziemlich schnell ab, Ferenc hatte ein krankes Kind und wollte nach Hause, Sari war geschafft und müde, und auch Eddi und Dän hatten schon mal frischer gewirkt. Sie hatten zu viele Konzerte und Krankheitsfälle hinter sich und konnten, so müde und kaputt wie sie waren, nicht mal mehr richtig feiern. Richtig lang wurde der Afterglow im Pantheon darum nicht und nach einer wilden Orgie sah es auf den ersten Blick auch nicht aus. Auf den zweiten übrigens auch nicht. So war der letzte Konzertabend des Jahres 2004 dann sehr lustig und richtig schön und endete ruhig und leise. Aber Clemens hatte durchgehalten und durfte nun seine Stimme schonen.

Auch für mich war 2004 das bisher arbeitsreichste Jahr mit den Wise Guys gewesen. Was vor einigen Jahren aus Spaß angefangen hatte, war zu einer fast durchgehenden, oft sehr zeitintensiven Beschäftigung geworden. Glücklicherweise hatte alles immer noch mit ganz viel Spaß und Freude zu tun, so dass ich einer weiteren Ausweitung im Jahr 2005 gelassen und mit großer Freude entgegensah. Die Wise Guys waren ein fester Teil meines Lebens geworden, der mir sehr wichtig war. Alles Gute für 2005, Jungs!



Wo der Pfeffer wächst
Was für eine Nacht
Du kannst nicht alles haben
Hallo Berlin
Monica
Das war gut
Kölsche Jonge
Alter Schwede
Powerfrau
Du bist dran
Nur für dich

Früher
Ohrwurm
Einer von den Wise Guys
Chocolate Chip Cookies
Zu spät
Juli
Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf
Sing mal wieder
King of the road
Deutscher Meister
Stille Nacht
Rasier dich
Jetzt ist Sommer