WG Konzertberichte

Wise Guys – 02.10.2004 – Ruhrtalhalle – Fröndenberg … mit CD-Aufnahme

Fröndenberg lag ein Stück von Dortmund entfernt und war eher ländlich. Auswärtige Besucher sahen auf dem Weg von der Autobahn bis dorthin viele Grün auf Wiesen und Feldern, dunkelbraune Hühner, weiße Gänse, hellbraune Kühe und immer wieder Gebäude aus roten Backsteinen. Aber Fröndenberg hatte etwas Besonderes, was man nicht sofort sehen konnte, denn die Wise Guys hatten dort ihr erstes, richtiges Konzert außerhalb von Köln gegeben.

Frank und Monika Schröer, die unter dem Motto ‘Kultur für uns’ mit viel Engagement verschiedene Künstler in die Region holen, hatten sie im Jahr 1995 engagiert, und der Abend vor fast 40 Zuschauern war ein großer Erfolg gewesen. Im Jahr darauf kamen schon 100 Leute und die Zuschauerzahlen stiegen mit jedem Jahr weiter an. Allerdings stieg auch der Erfolg der Wise Guys, so dass es nach sieben Jahren das Abschiedskonzert gab. Der Saal war inzwischen zu klein, und Fröndenberg traf das Schicksal vieler Gemeinden: Die Wise Guys konzentrierten sich auf die größeren Städte im Umfeld. Einerseits sehr schade, andererseits verständlich. Aber dann ergab es sich, dass der Verein ‘Kultur für uns’ im Jahr 2004 sein 25jähriges Jubiläum feierte, dass es die große Schützenhalle in Fröndenberg-Warmen gab, dass die Schröers nochmal nachfragten, dass die Wise Guys zusagten, und dass damit doch noch ein letztes Wise Guys Konzert in Fröndenberg stattfinden konnte.

Man sah Fröndenberg nicht an, dass es ein Meilenstein am Erfolgsweg der Wise Guys gewesen war. Kein Denkstein erinnerte an das Jahr 1995, keine Medaille war in die Hauptstrasse eingelassen, keine Tafel gab bekannt: “Hier haben die Wise Guys auf dem Weg zu ihrem ersten Auswärtskonzert vier Cola und einen Apfelsaft getrunken”. Außerdem hatte ein Teil der Bevölkerung keine Ahnung, dass das Schützenhaus in Fröndenberg-Warmen auch Ruhrtalhalle hieß. Beim Herumkreisen durch die verschiedenen Ortsteile grübelten die Einwohner bei der Frage nach der Ruhrtalhalle: “Mmm, kenn ich nicht. Wir haben nur ein Schützenhaus.” So kam es, dass ich eine Menge von Fröndenberg sah, ehe mich ein einfach ausgedrucktes und an einen Pfahl geklebtes Schild mit dem Schriftzug “Wise Guys –>” auf den Parkplatz vor der Ruhrtalhalle brachte. Oder vor das Schützenhaus, je nachdem.

Innen war die Halle mit grün-weißen Wimpelketten geschmückt, die in langen Reihen quer unter der Decke verliefen. Hinten gab es eine große Theke, in der Mitte etwa 700 Stühle in Reihen und vorne eine Bühne, die extra erhöht gebaut worden war, damit auch die hinteren Zuschauer einen guten Blick auf die Wise Guys hatten. Wegen der Bühnenhöhe über den Köpfen der Wise Guys wenig Platz bis zur Decke, aber da sie auf Saltos und irgendwelche Kraftakrobatik verzichten wollten, würde das wohl kein Problem ergeben. Nur dass die Scheinwerfer Temperaturen wie kleine Heizöfen entwickelten und so nahe an den Köpfen hingen, schien temperaturmäßig gesehen ungünstig.

Der Auftritt im Schützenhaus erinnerte an alte Zeiten, als die Wise Guys noch in Festzelten und kleinen Gemeindehäusern aufgetreten sind. Und wie damals oft, gab es auch jetzt keinen Backstagebereich unmittelbar hinter der Bühne, sondern einen entfernten Kellerraum, der nur über eine Seitentür des Saales, den Marsch über die Wiese um die Hausecke herum und den Einstieg durch ein großes Bodenfenster zu erreichen war. Dafür gab es dort aber ein ungewöhnlich gutes Buffet, viele Bilder von würdig guckenden, längst vergangenen Schützenpaaren und die Schießanlage im Nebenraum. “In der Pause dürfen wir schießen”, verkündete einer der Wise Guys seinen Kollegen sehr ernsthaft, wenn auch völlig unwahr, und einer der Kollegen hatte die Begeisterung in den Augen, als er nachfragte: “Echt?”   

Der Zeitpunkt des Konzertbeginnes war erreicht, Frank Schröer kam auf die Bühne und sah vom Vorbereitungsstress noch etwas geschafft aus. Er wirkte müde, aber zufrieden. „Das müsstet ihr mal sehen“, wies er von oben in den Zuschauerraum, der komplett gefüllt war. „Das sieht echt toll aus!“ Seine ganze Haltung drückte aus: Die Bühne ist aufgebaut, die Scheinwerfer brennen, der Saal ist voll, die Wise Guys warten vor der Türe auf ihren Auftritt, ich bin völlig am Ende, aber ich hab’s tatsächlich geschafft! Er berichtete kurz über den Aufwand der letzten Wochen und bedankte sich bei den vielen Leuten, die geholfen hatten, dass der Auftritt stattfinden konnte. Nachdem die Wise Guys vor zwei Jahren ihr Abschiedskonzert in Fröndenberg gegeben hatten, gaben sie nun anläßlich des Jubiläums ihr „definitiv letztes Konzert“, und Frank Schröer machte ihnen die die Bühne frei, die mit viel Stress und Aufwand in letzter Minute errichtet worden war.

Das Publikum klatschte begeistert und jubelte laut, als die Wise Guys grinsend auf die Bühne kamen, und hörte erst auf, als der Ohrwurm begann. Die Stimmung war sofort sehr gut und alle hatten Spaß.

Sofort danach ging es mit Was für eine Nacht weiter, und die Zuschauer klatschten bei den letzten Refrains laut mit und fanden alles prima.

Dän bedankte sich beim Publikum für die freundliche Begrüßung und blickte leicht grinsend in den Raum: „Die Wise Guys aus Köln endlich mal wieder in Fröndenberg. Heute in einem ganz besonderen … Ambiente, das wir … so häufig eigentlich … nicht mehr haben. Schön …“ Das Publikum unterbrach ihn lachend und klatschend. Er knüpfte an: “Schön, wenn man mal wieder was anderes sieht. Und wir sind, wie immer, sehr nett hier empfangen worden von der Familie Schröer. Natürlich 1A-Catering!“ Er wies darauf hin, dass die Wise Guys im Vergleich zu dem Konzert vor neun Jahren inzwischen lauter und besser seien, und setzte gleich noch Insider-Infos darauf, als er die Gruppe in Vierergruppen einteilte, bei denen immer einer von ihnen nicht dazu gehörte. Sari blieb alleine stehen, weil er “in modischen Fragen der Einzige war, der T-Shirts mit so Rost-, Schweißflecken nicht albern findet”. Ich lachte vergnügt vor mich hin und im Publikum gab es laute, amüsierte Quietscher. Irgendwann haben wir ihn mürbe gemacht und er zieht das fleckige T-Shirt nicht mehr an. Oder es ist unmodisch geworden und fliegt deshalb raus. Egal, ich warte.

Nach dem schnellen Root Beer Rag kam die Zuschauer-Befragung, zu der das Saallicht anging. „Es ist irgendwie schon hübsch hier“, sagte Dän „Aber man erwartet immer, dass jeden Moment Pferde reinlaufen.“ Die Zuschauer platzten lachend los. Auf die Frage, wer schon 1995 beim ersten Wise Guys Konzert in Fröndenberg dabei gewesen war, zeigten einige Leute auf. Dän reagierte freudig erstaunt: „Wow! Das sind ja ALLE von damals!“  

Hallo, Berlin mit Clemens in der Leadstimme und der typischen A-cappella-Begleitung kam sehr gut an, und das darauf folgende Monica erreichte spontane Lach- und Applausreaktionen. Das Lied war von Bodo Wartke geschrieben, und die Wise Guys sangen es sehr ryhthmisch-temperamentvoll mit wechselnden Leadstimmen in einem Arrangement von Eddi. Sehr klasse! Allerdings wussten die Zuschauer noch nicht, dass das Lied später am Abend nochmal auftauchen sollte.

Noch im abschließenden Applaus begannen die Wise Guys bei spärlicher, aber sehr interessanter Rückbeleuchtung mit Früher. Es sah gut aus, wie das Licht um die Shilouetten der Wise Guys strahlte, und die schöne Atmosphäre passte sehr gut zum Lied.

Eddi machte die nächste Moderation und dachte dabei an die Zeit zurück, als er noch Single war und im Sommer leichtbekleidete Frauen sah. Aber da früher nicht alles besser war, dachte er auch an den Stress bei der Suche nach einer Frau und an die Bekanntschaften, die man machen konnte. Damit fand er den Bogen zu Das war gut und zu Sari mit der Leadstimme, der seinerseits von seiner Bekanntschaft ziemlich begeistert war. Die Reaktionen im Schützenhaus auf seine kreisenden Hüften blieben allerdings etwas zurückhaltend. Solche Bewegungen war man an diesem Ort sonst wohl nicht gewohnt. Wär vielleicht mal ‘ne Idee für den nächsten Schützenkönig bei der Proklamation! Das bliebe im Gedächtnis und würde ihn über die Grenzen von Fröndenberg hinaus bekannt machen.

Dän erklärte, dass es eine weitere Besonderheit an diesem Abend gäbe: „Es gibt in diesem Raum zwei Klimazonen. Die eine ist Ihre, die andere ist unsere hier oben. Wenn Sie Lust haben, in der Pause, dann stellen Sie sich mal auf Ihre Stuhlkante, steigen Sie mal da drauf – nee, tun Sie’s nicht, das ist gefährlich. Halten Sie dann mal die Hand ganz hoch, das ist schön warm.“

Er sagte das nächste Lied mit Ferenc als Hauptsänger an, und das Publikum guckte erwartungsvoll, blieb aber ruhig. Kein Jubelsturm. „Ähm, … wir … äh … haben das …“, stockte Dän etwas verwirrt, weil keine Reaktion kam und setzte dann völlig ernst hinterher: „Ja, das ist an anderen Orten so: Wenn ich das sage, dann gibt es immer großen Applaus.“ Die Zuschauer lachten sehr leise und klatschten immer noch nicht, was Dän weiter verwirrte: „Ähm, Ferenc … ist ein … sehr … äh …“

Die ersten Klatscher setzten zaghaft ein, und Dän bekam einen gequälten Gesichtsausdruck und schüttelte den Kopf: „Ja, das ist jetzt irgendwie blöde. Das ist doof. Das ist zu spät.“ Noch mehr Leute klatschten los, aber er winkte ab: „Sie haben das instinktiv schon ganz richtig gerochen, denn der Song, der jetzt kommt, ist nicht so …“

Um es klar zu sagen: Die Fröndenberger waren manchmal etwas verhalten im Applaus oder den Jubelrufen, aber die Laune war trotzdem erstklassig und die Stimmung war toll. Für mitten auf dem Land, in einer großen Schützenhalle, kein Grund zu meckern. Allerdings gab es eine Menge schwacher, meist weiblicher Blasen. Das wäre vielleicht gar nicht so aufgefallen, wenn nicht die Toiletten vorne gleich neben der Bühne gewesen wären. Alle paar Minuten ging dort die Türe weit auf, ein heller Lichtschein, der von weißen Kacheln grell reflektiert wurde, strahlte in den Saal, und manche Damen schafften es sogar, die Türe beim Verlassen der Örtlichkeit nicht wieder zu schließen. Es war zu verstehen, dass viele Damen mit einem frühen Gang zu diesem Ort das lange Anstehen während der Pause vermeiden wollten, zumal man nicht oft auf dem Klo sitzen kann, während gleich nebenan die Wise Guys zur Unterhaltung singen, aber etwas störend für die Allgemeinheit war das schon.  

Trotz fehlender Jubelrufe bei der Ankündigung sang Ferenc Alter Schwede, war dabei schön tief in der Stimmlage und gut zu verstehen. Am Ende des Liedes eilte Sari zu ihm hin, um den Barhocker, den er ihm vorher gebracht hatte, wie üblich wieder wegzustellen, aber Ferenc war wohl durch den fehlenden Jubel vor dem Lied so kleinlaut geworden, dass er ihn selber an den Rand trug und Sari ihm nur verwirrt hinterher blicken konnte.

Ganz ruhig, mild und sehr schön ging es danach mit Weil ich ein Kölner bin weiter. Wunderschön – ich mag das Lied sehr. Mitklatschen konnte das Publikum danach bei der Powerfrau. Ob Sari allerdings mit seinem fleckigen Shirt alle von seinen Fähigkeiten als Hausmann überzeugen konnte, wage ich zu bezweifeln. Aber es soll ja Frauen geben, die ihn alleine wegen seiner netten Pose mit dem freiem Bauch nehmen würden. Wobei ich sagen muss, dass er sich in der Küche sehr dekorativ machen würde. Ich würde vermutlich immer vorsichtig um ihn herum kehren. Nach dem letzten Satz gab es jedenfalls großen Jubel vom Publikum und auch als Sari seine Pose wiederholte, ging es laut und begeistert ab.

Letztes Lied im ersten Teil war Nur für dich, vor dem Dän noch schnell informativ verkündete: „Jetzt noch eine kleine Statistik. Zwei von fünf Männern in Deutschland glauben, dass Längststreifen schlank machen.“ Der Blick der Zuschauer fiel auf die Bühne, auf der sich Dän und Ferenc in ihren längstgestreiften Hemden ziemlich ähnlich sahen, und unaufhaltsam sickerte fröhliches, ansteigendes Gelächter durch. Clemens schlich danach mit verzweifeltem Blick an den vorderen Bühnenrand und litt sichtlich an der verlorenen Liebe. Das vergnügte Gelächter im Publikum hörte kaum noch auf und begann bei jedem Satz neu. In der Mitte machte Clemens die bis dahin hochgeschlossene Jacke auf, zog sie lässig aus und ließ sie einfach auf den Boden fallen. Wunderbar, wie er ein anderer Mensch wurde! Was hatte der für ein strahlendes Lachen drauf!

Am Ende des Liedes gab es erst Gelächter, dann großen, begeisterten Applaus. Die Wise Guys verließen den Saal durch die Seitentüre nach draußen, um über die Wiese und durch das offene Kellerfenster in ihre Garderobe zu kommen. Das Saallicht ging an, und vor dem Damenklo neben der Bühne bildete sich eine Schlange.

Die restlichen Zuschauer verteilten sich schnell an die Bar im hinteren Bereich des Raumes, in den Vorraum und nach draußen. Alle schienen freudig begeistert zu sein, die Gespräche waren laut und die Stimmung toll. Das Problem war nur, dass sich die meisten Leute am Ende der Pause nicht wieder hinsetzten. Einfach das Saallicht auszuschalten, hätte wahrscheinlich Chaos gegeben, und so warteten die Wise Guys einige Zeit nach dem Ende der Pause immer noch draußen auf der Wiese und schickten zumindest die Leute von dort in den Saal zurück. „Wenn Sie alle sitzen, können wir weitermachen.“ Es saßen natürlich immer noch nicht alle, als die Hauptdarsteller dann trotzdem durch die Seitentüre in den Saal kamen und auf die Bühne gingen. Ein Großteil der Zuschauer klatschte laut, die anderen unterhielten sich weiter oder riefen laut ihre Familie zusammen, und der Rest kam im hörbaren Laufschritt zum Platz gerannt. Es war sehr unruhig, aber trotzdem begannen die Wise Guys mit den Sonnencremeküssen. Das war einerseits schade, weil die erste Strophe ziemlich im allgemeinen Lärm unterging, aber es hätte mit Sicherheit noch länger gedauert, wenn die Wise Guys blöde rumstehend abgewartet hätten, bis alle Leute auf den Plätzen waren. Und eigentlich fand ich das ziemlich unhöflich und respektlos von den Zuspätkommern nicht rechtzeitig aus der Pause zurückzukehren, sondern bis zu den ersten Tönen zu warten und dann laut und störend durch den Raum zu laufen.

Bis zur zweiten Strophe hatten fast alle im Dunkeln ihre Reihe und ihren Platz gefunden und es wurde zum Glück wieder ruhig im Saal. Sofort nach den sanften Sonnencremeküssen ging es hämmernd mit Einer von den Wise Guys weiter. Die Zuschauer freuten sich über den Text und lachten fröhlich über die szenischen Darstellungen, wobei Clemens, der als kleines Kind mit unglaublicher Schnelligkeit in der Hocke über die Bühne lief, Szenenapplaus bekam.

Bei den Chocolate Chip Cookies konnte jeder der Wise Guys seine sexy-laszive Seite zeigen, was auch jeder auf seine ganz eigene Art machte. Nicht nur die Frauen im Saal waren hingerissen. Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich dieses Lied schon gehört und vor allem gesehen habe, aber ich grinse immer noch sehr begeistert zur Bühne und finde alle fünf Jungs einfach schnuckelig. Außerdem gehöre ich zu den Damen, die sofort begeistert losjohlen, sobald auf der Wise Guys Bühne eine Hüfte kreist oder ein Hemdknopf geöffnet wird. Eigentlich peinlich, aber mir nicht. Zur Beruhigung muss ich hinzufügen, dass mir kreisende Hüften und offene Knöpfe dann auch reichen und ich bei weitergehenden Entblätterungen sehr schnell stumm und erschreckt gucken würde. Der laute Applaus nach dem Stück zeigte, dass nicht nur ich begeistert war, und er ließ ahnen, dass es nicht allein der Text sein konnte, der diese Zustimmung hervorrief.

Allerdings wurde den begeisterten Damen und Mädchen aller Altersstufen sofort symbolisch, aber heftig vor den Kopf gehauen, als Zu spät kam, das aussagte, dass es zu spät sei. Also gemeinsames Plätzchenbacken war eventuell noch drin, aber nicht mehr. Sari zeigte anklagend auf den Ehering an seiner Hand und jammerte verzweifelt rum. Die Frauen im Publikum lachten trotzdem. Während des Liedes zuerst amüsiert, bei der letzten Zeile dann laut, und blieben ohne Hoffnung, aber trotzdem höchst interessiert sitzen. Ohne weitere Ansage ging es mit Die Bahn kommt weiter. Sehr ruhig, schön und nach den beiden vorherigen Liedern dann doch nervenberuhigend.

Schnell und trotz der schätzungsweise 100 Silben pro Zeile gut zu verstehen, sang Sari Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf. Der Rhythmus hämmerte schön laut, es groovte und mir gefiel es sehr gut. Tja, bei Sari fing es gut an mit der Beziehung, aber bei Dän war danach alles schon wieder vorbei, als er Wo der Pfeffer wächst sang. Muss ich wiederholen, dass ich das Lied supergut finde und besonders den Kontrast zwischen den sanften Strophen und dem aggressiven Refrain liebe? Je wütender Dän bei diesem Lied über die Bühne rennt, desto begeisterter gucke ich. Und am Ende, wenn er sich nach dem letzten Ton sofort umdreht und nach hinten weg geht, bleibt mir jedesmal die Luft weg, weil diese Geste so perfekt ausdrückt, was das ganze Lied aussagt. Puh! Große Klasse! Auch in Fröndenberg jubelten die Zuschauer los und waren stark beeindruckt.

Eddi startete zu Sing mal wieder, und das Publikum klatschte im Takt mit und fand es gut, bis es zum Singen aufgefordert wurde. „Naaa-Nananaaaa-Naaaaah!“ sang Eddi vor und erhielt so gut wie keine Reaktion. „Ach so,“ verlor er kleinlaut seine ganze Körperspannung, winkte seine Kollegen lautstärkemäßig runter und erklärte ihnen halblaut: „Ist ja auch Fröndenberg.“ „Ihr setzt mal aus, ja, genau, geht mal runter!“ gab er ihnen Anweisungen und wandte sich dann verständnisvoll an das Publikum: „Also, wir machen ’nen Deal. Ihr wollt leise singen, das ist OK, aber dann ALLE!“ Sehr leise sang er vor: „Naaa-Nanananaaah“, bremste das jetzt doch zu laut antwortende Publikum mit einem erschreckten „Psst!“ aus und hielt die Lautstärke unten.

Neben mir hing eine Frau inzwischen mit lautem Lachanfall quer auf dem Stuhl und konnte sich nicht mehr beherrschen. Als das Eis erstmal gebrochen war, konnten die Zuschauer plötzlich auch laut singen und bekamen Spaß daran. Mehr als 700 Leute, außer denen, die nur so taten als ob, der Frau mit dem Lachanfall und den Leuten, die sich gerade auf der Toilette befanden (obwohl ich da natürlich nicht weiß, ob die nicht doch mitgesungen haben), erfüllten die Halle mit lautem Gesang, der auch Dän anschließend zu einem Lob hinriß: „Wunderbar. Großartig! Das war toll, wie Sie da mitgegangen sind!“

Ebenfalls hinreißend war Ferenc bei King of the road. Also sofern man nicht zu stark auf den Textinhalt hörte, sondern nur seine blitzenden Augen sah und die tiefen Töne bestaunte. Sehr lässig fegte er duch die Straßen und fand das auch noch gut. Das Publikum auch, aber er hatte ja auch kein Auto dabei und SANG nur davon, dass er 200 Stundenkilometer schnell war.

Dän verkündete danach: „Wir sind fast am Ende unseres kleinen Konzertes angekommen. Unser auf absehbare Dekaden letztes Konzert in Fröndenberg“, woraufhin die Zuschauer ein langes, aber eigentlich ungläubiges: „Oooooh!“ ausriefen. Ungläubig, weil das nicht das Ende des Abends, aber erst recht nicht das letzte Konzert der Wise Guys in Fröndenberg sein konnte. Aber Dän wies wenigstens noch auf den Afterglow hin, der diesmal eine Besonderheit aufweisen sollte. „Wir würden nämlich am heutigen Tage gerne noch ein kleines Liedchen beim Afterglow singen und das auch gerne aufnehmen. Das soll nämlich vielleicht noch auf unsere CD kommen. Das heißt, wer Lust hast, kann noch da bleiben und wer laut genug klatscht, kann sich nachher auf der CD wiedererkennen.“ Ganz kurz überlegte ich, dass ich mich noch einfacher wiedererkennen würde, wenn ich mitten in eine Strophe laut hineinrufen würde, aber ich befürchtete, dass mich dann auch die Wise Guys wiedererkennen und später immer vorwurfsvoll ansehen würden, wenn wir uns nochmal begegneten. Während ich noch grübelte, blickte Dän zur Seite, von wo aus es wieder mal grell aufleuchtete und sagte nachdenklich: „Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, bei Konzertsälen das Klo vorne rechts zu haben.“ Das Publikum lachte schallend los, und er guckte vorwurfsvoll in eine der ersten Reihen und ermahnte: „Vor allem – hier – nächstemal Tür zu machen, ne!“ Die Frau neben mir bekam wieder einen ihrer lauten Lachanfälle.

Mit Deutscher Meister endete das offizielle Konzert, und Fröndenberg kam nochmal richtig in Mitklatsch- und Jubelstimmung. Die Laune war toll und der Applaus begeistert und kräftig. Natürlich kamen die Wise Guys nochmal zurück, was auch an den fordernden Zugaberufen lag. Live and let die war ein akustisches und visuelles Erlebnis, das nicht richtig zur Schützenhalle passte, obwohl Waffen drin vorkamen. Vielleicht wenn die Wise Guys grüne Schützenjacken angezogen und schwerbehängte Königsketten vor der Brust baumeln gehabt hätten. Aber bei ihnen erinnerte es doch eher an James Bond. 

Ebenfalls unpassend für die Schützenverein-Atmosphäre war Rasier dich. Knutschrosa sangen Sari und Ferenc sich an, und nach der Tanznummer, als Ferenc seinen Kollegen bis in die Dekoration geschleudert hatte, kam der mit einer Sonnenbrille in der Hand auf die Bühne zurück und setzte sie plötzlich auf, als er auf Ferenc zuging. „Gute Idee!“ lobte der mit geringschätzender Stimme und setzte sich im gleichen Augenblick auch eine auf. Sari lachte überrascht los, zog dann seine Brille wieder aus und reichte sie Ferenc. Sie tauschten, Ferenc gab noch ein geknurrtes „Roooahr!“ hinterher, und es gab diesmal kein überzeugendes Happy End, sondern blieb bis zum Schluss ein unterschwelliger Konkurrenzkampf.

Unter Gejubel verbeugten sich die Wise Guys erst einzeln, dann gemeinsam, gingen ab, kamen zurück und sangen Jetzt ist Sommer. Die Fröndenberger standen auf, vorne aus Begeisterung, hinten vermutlich auch, weil sie sonst nichts mehr sahen, und der Saal groovte mit. Mit großem Applaus wurde die Gruppe im Anschluss belohnt und sie revanchierte sich, indem sie nochmal den Ohrwurm anstimmte, ehe sie den Saal verließ. Wie zu erwarten, blieben die Zuschauer stehen und sangen den Refrain immer wieder von vorne, bis die Wise Guys kurz danach erneut auf die Bühne kamen. Wahrscheinlich mit leicht verdreckten Sohlen vom Herumstehen und Abwarten auf der feuchten Wiese vor der Türe. Clemens sang die letzte Ohrwurm-Strophe, das Publikum setzte nochmal kräftig beim Refrain ein und dann war endgültig Schluss mit der letzten Vorstellung in Fröndenberg.

Beim Afterglow war es, wohl nicht zuletzt wegen der Gesangsankündigung, ziemlich voll. Es war gar nicht so einfach, die Wise Guys zu finden, und manche Autogrammjäger rannten mehrfach an einem von ihnen vorbei und guckten sich dabei suchend um. War ja auch ein bisschen gemein von den Wise Guys, dass sie sich umgezogen hatten und fast wie normale Leute aussahen! Nach vielen geschriebenen Autogrammen und freundlich gestellten Posen für gemeinsame Fotos wurde es endlich etwas ruhiger und der gesangliche Teil des Afterglows konnte losgehen.

Die Wise Guys stellten sich in einer Ecke auf und Dän erklärte, dass sie das Lied Monica vom Musikkabarettisten Bodo Wartke zur Verwendung bekommen hätten und es jetzt für die neue CD aufnehmen wollten. „Das ist halt’n bisschen ungewöhnlich, so nach dem Konzert hier. Ist jetzt kein Tonstudio, was wir hier haben, sondern die Afterglow-Atmosphäre soll ruhig rauskommen. Das kann ruhig locker und ungezwungen klingen. Mit Handyklingen …“ Die Zuschauer lachten in freudiger Erwartung, und Dän bat: „Es wäre jetzt toll, wenn Sie so tun würden, als ob sie alle Witze zum ersten Mal hören. Nein, das war nur Spaß! Ganz normal reagieren!“ Dann sprach er eine erklärende Ansage für die CD-Aufnahme, in der er davon sprach, dass sie sich in der Schützenhalle Ruhrtal befanden, was von den Anwesenden mit Jubel begrüßt wurden. Der Hinweis, dass es das vorläufige Abschlusskonzert von Fröndenberg war, wurde fast genauso laut, aber mit enttäuschtem „Ooooh!“ kommentiert. 

Locker lächelnd und mit Spaß sangen die Wise Guys die Monica, und die Zuschauer guckten fasziniert zu und lachten zwischendurch spontan. Eine sehr schöne Atmosphäre, bei der die gute Laune, die den ganzen Abend über geherrscht hatte, zu merken war. Höchstwahrscheinlich wird die Nummer auf der nächsten CD (Wo der Pfeffer wächst) drauf sein, irgendwo weit hinten als Hidden track, also versteckt. Klasse! Ich mag so nette Extras.

Das Publikum war nach dem Lied wieder voll auf der Droge und verlangte klatschend und laut rufend nach einer weiteren Afterglow-Zugabe. Manch einer hoffte damit vielleicht, dass die komplette CD in Fröndenberg beim Afterglow aufgenommen werden könnte, was natürlich nicht gemacht wurde, weil damit die ganze vorherige Studiozeit völlig umsonst gewesen wäre. Das hätte die Frage aufgeworfen: Warum lange im Tonstudio von Pavement arbeiten, wenn das auch in der Schützenhalle Fröndenberg geht? Die Wise Guys brachten aber noch kurz entschlossen Mädchen, lach doch mal, das an vielen Stellen von einem spontanen Zuschauer-Frauenstimmenchor verstärkt wurde, auch wenn es nicht für die CD aufgenommen wurde.


Ohrwurm
Was für eine Nacht
Root Beer Rag
Hallo Berlin
Monica
Früher
Das war gut
Alter Schwede
Weil ich ein Kölner bin
Powerfrau
Nur für dich

Sonnencremeküsse
Einer von den Wise Guys
Chocolate Chip Cookies
Zu spät
Die Bahn kommt
Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf
Wo der Pfeffer wächst
Sing mal wieder
King of the road
Deutscher Meister
Live and let die
Rasier dich
Jetzt ist Sommer
Ohrwurm

Monica – CD-Aufnahme
Mädchen, lach doch mal