Mark Britton – Buchpräsentation „Englishman“ – 21.09.2004 – Köln
Buchpräsentation „Ein Englishman in Köln“
Gloria, Köln
Der britische Comedian Mark Britton lebt seit vielen Jahren in Köln. In seinem ersten Comedy-Roman geht es um einen Briten, der von Beruf Comedian ist und nach Köln zieht. Das konnte kein Zufall sein.
Der Verlag Kiepenheuer & Witsch, kurz KiWi genannt, lud zum Pressefrühstück ins Foyer des Gloria-Theaters, wo das Buch vorgestellt werden sollte. Ein kleiner Bücherstapel war säuberlich aufgeschichtet und rechtwinklig ausgerichtet auf einem Tisch aufgebaut, die Espressomaschine zischte hinter der Theke und es roch nach frischem Kaffee. Ich war gemeinsam mit einem Freund gekommen und wir wurden von den Verlagsmitarbeiterinnen freundlich begrüßt und nannten unsere Namen. “Welches Medium?” fragten sie mit Blick auf die Presseliste. Mir war klar, dass sie sich über die Antwort: “FAZ” oder “Spiegel, Kulturressort” gefreut hätten. “Wise Guys” sagte der Mann neben mir, und ich überlegte: “Eher privat”, trug dann aber doch dewitz-home.de, meine Homepage mit den Berichten, in die Liste ein. Mein Besuch war zwar privat, aber auch journalistisch. Privat-Journalismus, sozusagen. Auf jeden Fall würde ich am nächsten Tag mehr Infos über das neue Buch bringen, als die FAZ und der Spiegel zusammen.
Die Anwesenden, die sich in kleinen Teilgruppen im Raum verteilten, waren hauptsächlich Familie, Freunde, ein paar Presseleute, die Mitarbeiter von Kiepenheuer & Witsch und mittendrin ein lachender, quirliger und aufgedrehter Mark Britton. Buchpräsentation – wie spannend! Die Kaffeelöffel rührten klingelnd in den Tassen, es gab freudige Begrüßungen, lockere Gespräche, eine angenehme Wartezeit – und dann ging es los. Mark Britton setzte sich an einen kleinen Tisch, rückte sein Buch zurecht, das mit vielen umgeknickten Eselsohren alle Seiten markierte, die vorlesebereite Abschnitte hatten, und eine Dame von KiWi sprach ein kurzes Vorwort. Das Buch “Ein Englischman in Köln” basierte auf der Radioserie “Dear Norman”, die Mark im Jahr 2002 für das WDR Funkhaus Europa geschrieben und gespielt hatte. Zum Roman erweitert, in Deutsch und Englisch geschrieben und dann beides von einem Übersetzer bearbeitet, schildert Mark Britton in Tagebuchform die Erlebnisse des fiktiven Charakters Charlie Churchill in der fremden Welt.
Um einen Eindruck zu geben, und weil das bei einer Buchvorstellung mit Lesung natürlich erwartet wurde, musste Mark aus seinem Buch vorlesen. Wir hatten uns wenige Tage vorher kurz privat beim Kaffee über das Buch unterhalten, und ich hatte Mark so sprechen gehört, wie ich ihn kannte. Er sprach von “Kolln” und kannte kein Ö. Wunderbar! Ich liebe seinen britischen Akzent! Als ich danach im Buch blätterte und einige Passagen anlas, stand da plötzlich überall “Köln” und alles war in perfektem Hochdeutsch. Das war nicht Mark! Obwohl – wenn ich las, WAS dort stand, war das doch Mark. Ein genauer Blick für die Komik in völlig normalen Situationen und die Fähigkeit das kurz und prägnant zu beschreiben, so dass ich beim Lesen sofort grinsen musste.
Bevor er mit dem Vorlesen begann, wies er darauf hin, dass der Roman nicht seine Lebensgeschichte, sondern eine fiktive Biographie sei. So oder so ähnlich hätte ihm das passieren können. Manches war ihm so ähnlich passiert. Das machte es natürlich spannend. Was war echt, was erfunden?
Als Mark mit dem Lesen begann, grinste ich. Das war er wieder. Er las “Kolln”, obwohl dort “Köln” stand, und mit dem Akzent passte der Text viel besser zu ihm. Schade, dass man nicht Deutsch mit britischem Akzent aufschreiben konnte, aber ein Hörbuch, von ihm gelesen, würde ich mir sofort als Ergänzung zum Lesebuch holen. Vermutlich wären die Aufnahmen für ihn aber die “Holle”, nicht nur, weil es so viele Ös gab.
Die Geschichte hatte eine Rahmenhandlung und war in viele kleine Episoden unterteilt. Witzig, skurril, aber manchmal auch ein bisschen traurig, weil so viel nicht klappte und es Pannen gab, bei denen die Hilflosigkeit des Hauptdarstellers zu spüren war. Trotzdem kam ständig der Humor durch und das Buch hieß zu Recht “Comedy Roman”.
Mark las, hin und wieder blitzen Kameras auf, und die Zuschauer fühlten sich wohl und lachten entspannt, wenn es witzig war. Eine sehr nette Atmosphäre. Zum Glück war das Buch flüssig und kurzweilig geschrieben, so dass das Zuhören richtig Spaß machte. Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn man bei der Lesung eines Freundes sitzt und feststellt, dass das Buch absolut öde und grauenvoll geworden ist, und man verzweifelt überlegt, wie man aus dem Laden rauskommt, ehe man zu seiner Meinung gefragt wird. Bei Mark hatte ich keine Sorge. “Ein Englishman in Köln” war gelungen und faszinierte mich nicht nur, weil meine deutsche Gesellschaft von neutralen auswärtigen Augen beobachtet wurde, sondern auch, weil es zum größten Teil in Köln spielte. Außerdem war es witzig geschrieben. Bei Mark Britton konnte man sicher sein, dass es ein guter, präziser Humor war, keine platten Witzchen.
Als Mark mit seinen ausgewählten Passagen fertig war, übersprang er den Gibt-es-noch-Fragen-Teil und erklärte sofort: “Um die furchtbare Stille zu vermeiden, nach ‘Gibt es noch Fragen?’, hänge ich jetzt an der Theke ab und wenn es noch Fragen gibt, können wir die dort besprechen.” Das fand allgemeine Zustimmung, die Laune war bestens, die Kaffeelöffel klapperten wieder in den Tassen, und der offizielle Teil war beendet.
Während Mark noch eine kleine Extra-Lesung in die Mikrofone von Radiosendern gab, sprach ich kurz mit Tobias Bungter, der das Manuskript übersetzt hatte. “Die englischen Passagen waren dabei kein Problem”, erklärte er, “aber bei den deutschen musste ich oft nachfragen, was er damit gemeint hat.” Ich grinste und wusste, was er meinte. Das war eben Mark Britton, der englische Comedian, der nach zehn Jahren in Köln noch einen wunderbaren Akzent und ein paar originelle Grammatikformen im Satz hatte, aber trotzdem zu einem “Kollner” geworden war.