WG Konzertberichte

Wise Guys – 20.04.2004 – Millowitsch-Theater – Köln … mit Artikelstand

Eigentlich war Mittwoch. Und eigentlich war der 24. März, denn das stand auf meiner Eintrittskarte. Aber da das Konzert am ursprünglichen Termin ausfallen musste, weil Dän krank geworden war, kam ich an einem Dienstag im April mit dieser völlig veralteten Karte ins Millowitschtheater hinein. Es war 19 Uhr 30, und langsam tröpfelten die Zuschauer ins Foyer, schauten sich oft zunächst vorsichtig um, ob vielleicht ein Plakat oder ein betreten blickender Wise Guy von einer erneuten Absage unterrichten würde, und marschierten dann gut gelaunt zur Garderobe weiter. Einige waren mit dem verschobenen Termin sogar höchst zufrieden: „Im März hatte ich eigentlich gar keine Zeit. MIR war das recht!“

Mit einigen Minuten Verspätung kamen die Wise Guys auf die Bühne und wurden sofort mit lautem Johlen begrüßt. Weil ich ein Kölner bin startete das Programm. Der Klang in dem kleinen Saal war voll und kräftig, mir persönlich einen kleinen Tick zu hallig, aber ich war trotzdem sehr zufrieden. Kein Grund zu meckern, besonders da die Basstöne laut waren und ein gut hörbares, stabiles Fundament gaben. Wann war ich eigentlich auf meinem letzten Wise Guys Konzert gewesen? Es konnte doch nicht lange her sein, aber ich hatte das Gefühl, als wäre es mein erstes Konzert nach langer Pause. Ich schmolz vor mich hin als die ruhigen, kräftigen Akkorde den Raum füllten und merkte wieder mal, dass das wirklich meine Lieblingsgruppe war, die dort auf der Bühne stand.

Däns Stimme kam mir an einigen Stellen leicht rau oder eher etwas hauchig vor, aber nicht mehr so, dass ich mir wirkliche Sorgen machte. Das klang nicht wie in den Wochen davor krank, sondern nur noch leicht belegt. So richtig genießen konnte ich das aber noch nicht, wenn ich auch sonst sein bekennender Erkältungs-Stimmen-Fan war. Dazu saß der Schreck über seine angeschlagene Stimme noch zu tief. Das Publikum war ruhig, brach jedoch an den richtigen Stellen in leises, vergnügt lebendiges Gelächter aus. Am Ende gab es lauten, sehr guten Applaus.

Sofort ging es mit Ruf doch mal an weiter. Die kleine Bühne war komplett in Action – im Gegensatz zu Riesenbühnen, auf denen fünf springende Wise Guys manchmal klein und verloren wirkten. Die Bässe hämmerten und mein Sitz wackelte im Takt, weil die ganze Reihe von Zuschauern rhythmisch mitklatschte. Und nicht nur meine Reihe. Das ganze Millowitschtheater war in Bewegung. Ich saß auf dem oberen Balkon ganz hinten und hatte einen guten Blick auf das Publikum. Normalerweise waren bei Konzerten die ersten Reihen voller junger Mädchen, aber an diesem Abend sah ich von hinten eine Menge Halbglatzen und viele dauergewellte Ich-bin-über-40-Einheitsfrisuren. Das machte bei der Stimmung aber keinen Unterschied, außer vielleicht, dass weniger gekreischt und mitgesungen wurde. Die Choreografie auf der Bühne, die mitreißende Musik und das sehr synchrone Springen der Wise Guys trieben mir ein entzücktes Grinsen ins Gesicht. Klasse! Die Zuschauer reagierten mit lautem Gejohle und langem Geklatsche.

Dän begann: „Meine Damen und Herren, wir begrüßen Sie zu unserer dreiträgkri…g…“, und beendete den Stolperer mit einem herzhaften: „Ssupp!“ Er setzte freundlich von vorne an: „Meine Damen und Herren, wir begrüßen Sie zu unserer dreitägigen Konzertreihe im Millowitschtheater. Wir möchten vorab unser Sprachzentrum neu ordnen.“ Das Publikum hatte Spaß und er entschuldigte sich für das verschobene Konzert. „Einer von uns Fünfen ist krank gewesen. Wir haben eine Absprache, dass wir keine Namen nennen und nicht sagen, wer es war. Aber einer von uns war krank. Es ging ihm sehr, sehr dreckig.“ Weil die anderen Wise Guys ihn grinsend anstarrten, gab er zu: „Ja, OK, ich war es!“ Sofort wies er aber auf den Vorteil des neuen Termines hin, da sie sich in den Osterferien erholt hätten, guckte dann auf Sari, der ruhig neben ihm stand und fragte überraschend: „Warum stehst du eigentlich DA?“ Sari erwiderte etwas, das man wegen des abgeschalteten Mikros nicht verstehen konnte, Dän rief laut protestierend: „Nääähäää!“ und Sari wechselte sofort zum Platz in der Mitte. Kurz und knapp erklärte Dän dem Publikum, was A-cappella sei und wer die Wise Guys wären und grinste: „Für alle, die zum ersten Mal heute Abend hier sind, beziehungsweise zum zweiten Mal, aber uns zum ersten Mal hören.“

Die Neuhörer gaben sich durch überraschtes Gelächter bei Kinder erkennen, und Dän war so hemmungslos offen, dass er nach dem Applaus alle Wise Guys Kinder namentlich nannte und ihren Vätern zuordnete. Wäre eigentlich nicht schlecht, wenn er bei jedem Konzert andere Namen nennen würde, um da mal kreative Verwirrung zu schaffen. (“Hat der Eddi seinen Sohn wirklich Wolf-Wendelin genannt?” “Nee, der heißt doch Mortimer.”) „Wir möchten im Gegenzug auch etwas von Ihnen erfahren“, startete Dän die Zuschauerumfrage, und ich machte mich bereit die Namen meiner Kinder zu rufen, aber die wollte er gar nicht wissen.

Zunächst interessierte ihn, wer genau unter dem riesigen Kronleuchter in der Mitte des Saales saß, und er faselte etwas von Gedanken, die er hätte, wenn der mal runter … Das Thema wurde sofort abgebrochen und die Neuhörer durften sich per Handzeichen melden. Das war etwa ein Viertel der anwesenden Zuschauer. Dän fragte, wer von ihnen bis dahin noch nie etwas von den Wise Guys gehört hätte, für wen also die drei ersten Lieder des Programmes die erste Erfahrung mit der Gruppe gewesen seien. Interessiert blickte er zu den wenigen hochgehaltenen Händen und fragte ganz neugierig: „Und? War schön?“

Außerdem wollte er erfahren, wer mehr als 50 km weit angereist war. Sofort anschließend fragte er: „Und wer ist heute zum zweiten Mal die 50 km gefahren?“ Als sich tatsächlich einige Leute meldeten, die einen Monat vorher von der kurzfristigen Absage überrascht worden waren, lachte er entschuldigend: „Tut mir echt leid!“ Allerdings stellte sich danach heraus, dass es Zuschauer gab, die zum zweiten Mal sogar mehr als 200 km angereist waren. „Woher?“ „Schwäbische Alb.“ Dän versprach ihnen beim Afterglow ein Kölsch, das er bezahlen würde.

Um die lange Umfrage zeitmäßig wieder einzuholen, wurde das nächste Lied etwas schneller gesungen. Es war der Root Beer Rag, der das vertragen konnte, aber er war so schnell, dass er nicht nur die vorher verplemperte Zeit wieder ausglich, sondern fast wieder Freiraum für ein weiteres Lied schaffte. Vor lauter Spannung holte ich zwischendurch manchmal keine Luft und hätte ohnmächtig vom Sitz kippen können! Zum Überleben half mir, dass Dän vor nicht allzu langer Zeit beim Friseur gewesen war und die seitlichen Haare jetzt ziemlich kurz waren. Als er seinen Kopf choreografiebedingt stark hin- und herwackeln musste, floppte nur die obere Haarmatte als dichtes Büschel auf dem Kopf von rechts nach links, während seitlich am Kopf alles ruhig blieb. Das Zuschauergelächter platzte wegen dieser ungeplanten Komik laut los, und da ich laut mitlachen musste, bekam ich durch die Schnappatmung wieder Sauerstoff. Nebenbei konnte man endlich mal erkennen, was für ein Vorteil Ferenc mit seiner Frisur hatte. Da tobte nichts ungewollt herum! Der Schluss vom ‚Root Beer rag‘ war neu, ungewöhnlich und mal ganz was anderes. Fiel aber nicht jedem auf.

Was für eine Nacht hämmerte laut los und war sehr gut. Die ungewöhnliche Größe, beziehungsweise Kleine der Bühne war zu erkennen, als sich die Wise Guys im hinteren Teil recht nah nebeneinander aufstellten und genau von links nach rechts zwischen die seitlichen Vorhänge passten. Nach der umjubelten Party kamen die Überlegungen im Dialog. Die Stimmung wurde ganz ruhig und es war wirklich sehr schön gesungen. Clemens änderte eigenmächtig den Text von: „dann bin ich sofort für mich da“ in: „dann bin ich völlig für mich da“, aber das fiel kaum auf. Das Lied war wunderschön. Clemens übernahm auch gleich die nächste Ansage, sprach vom „Wunsch nach Freiheit und Ruhe“ und leitete damit zu Nix wie weg hier über. Es gab eine neue Choreografie dazu, das Feeling war sommerlich, wenn auch nicht wirklich relaxed. Lässig, Jungs! Träumt dabei von Sonne, Sand, Meer und unendlich viel Zeit, so dass man beim Zuhören total neidisch wird, weil man merkt, dass ihr das gerade in diesem Moment auf der Bühne erlebt!

Ohne weitere Ansage ging es zu Das war gut. Das Tempo war etwas schneller als bei einigen früheren Konzerten und gefiel mir viel besser, weil wieder Spannung da war. Wow, da wartete jemand erschlagen, aber völlig begeistert auf eine Wiederholung! Die Aufregung darüber war zu spüren. Kräftig knallte dazu die Mouthpercussion durch den Raum und ebenso kräftig knallte danach vom Publikum der Applaus los. Überhaupt wurde an diesem Abend meistens sehr laut und vor allem lange geklatscht.

Eines meiner Lieblingslieder war inzwischen Wo der Pfeffer wächst, bei dem Däns Stimme von einem sanften zu einem aggressiven Teil wechselte. Der laute Teil war super heftig und je wütender Dän wurde, desto breiter und begeisterter grinste ich. Klasse! Aber auch der sanfte Teil war naiv-schön und liebevoll gesungen und das ganze Lied einfach toll. Es gab langen Applaus dafür – nicht nur von mir.

Sari räumte bei der Powerfrau ab, erhielt Szenenapplaus bei seiner netten bauchnabelfreien Pose, und ich johlte ihm laut zu, obwohl mir das fast ein wenig peinlich war, weil seine Eltern, die ich gut kannte, ganz in meiner Nähe saßen. Sah vielleicht ein wenig blöde aus, wenn ich jungen, verheirateten Männern laut zujubelte. Andererseits saß auf der anderen Seite neben mir mein Gatte und da hatte ich ja auch keine Probleme meine Begeisterung über andere Männer laut und undamenhaft zu zeigen. Nach kurzem Zögern warf ich alle Hemmungen über Bord und war einfach so wie immer.

Vor dem letzten Lied im ersten Teil wies Dän auf den Artikel-Stand im Foyer hin, wusste aber nicht genau, ob im Millowitschtheater überhaupt einer aufgebaut war. „Ich glaube, es gibt einen CD-Stand von uns. Schau’n Sie einfach mal nach, ob da einer ist!“ Nur für dich fing an, und das Publikum hatte sofort Spaß an der Haltung und Mimik von Clemens. Er wackelte mit klagender Miene an den vorderen Bühnenrand und litt extrem, während er vorwurfsvoll sang. Eine tolle Performance von Clemens, toller Gesang und ein tolles Lied! Allerdings sang er den letzten, schnelleren Teil mit hart krächzender Stimme, was nicht sein müsste. Laut und mit beleidigendem Unterton würde reichen. Der Schlussgag des Liedes brachte lautes Gelächter und die Wise Guys gingen unter viel Applaus ab in die Pause.

Es gab dort übrigens einen Artikelstand.

Grünes Licht leuchtete auf, als die Wise Guys zum zweiten Teil auf die Bühne zurückkehrten. Der Applaus war kurz, da sie ziemlich schnell mit dem Ohrwurm begannen und das Publikum darum verständlicherweise nicht länger klatschen wollte. Auch hier gab es eine neue, sehr dynamische Choreografie. Allerdings fehlten die „Mähs“ der Schafe, was ich sehr schade fand. War zwar ein bisschen albern, aber irgendwie doch schön gewesen. Außerdem lustig. Die Zuschauer klatschten zwar begeistert die letzten Refrains mit, aber auf die Idee zu singen, kamen die meisten nicht. Vielleicht könnte man das Publikum vor dem Lied im Schafsrufen ausbilden, damit dann an der richtigen Stelle akustisch eingesetzt werden könnte. Dann könnten die Wise Guys seriös singen, aber die netten Schafstimmen wären trotzdem dabei.

Gut wummernd wurde Einer von den Wise Guys mit Bass unterlegt, und einige bildliche Darstellungen auf der Bühne lösten schrilles Gelächter aus. Die Pinkel-Szene brachte sogar Extra-Applaus, und es war total witzig, als die Wise Guys sich später um das fiktive Loch im Boden sammelten und hineinsahen.

Als die Chocolate Chip Cookies dran waren, überlegte ich kurz, ob das nicht etwas für die Kochsendung von Alfred Biolek wäre. Ich mochte die Sendung gerne, aber im Vergleich fiel sie spannungsmäßig und erotisch doch etwas ab. Natürlich wäre das in dieser Form vorgetragene Rezept etwas kurz für eine ganze Sendung, aber vermutlich würden die meisten Zuschauer sowieso nach drei Minuten vor dem Fernseher begeistert kollabieren und wären die restliche Sendezeit damit beschäftigt, den Kreislauf wieder zu aktivieren.

Bei Zu spät gab es viel Gelächter, und die Zuschauer amüsierten sich sehr über den Text und die vorwurfsvollen Mienen der Darsteller. Besonders Sari, der sich mit Gejammer und „Ohojoujoujoooh!“ kaum noch beruhigen konnte. Sehr klasse!

Superschön war auch Die Bahn kommt. Schlagartig wurde die Stimmung im Saal ruhig, aber trotzdem gespannt, der Rhythmus trieb die Räder der Bahn an und wenige Bewegungen in rotem Licht reichten aus, um ein intensiv wirkendes Bühnenbild zu haben. Am Schluss ging das Licht aus und es dauerte einen kurzen Moment, ehe der Beifall laut losging.

Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf groovte voll ab und war richtig klasse. Ich fand es supergut, aber der Applaus war zu wenig für dieses gute Lied. Schön und laut, aber viel zu schnell zu Ende. Warum? Vielleicht, weil es nicht ganz einfach war, dem schnellen Text zu folgen? Sari war als Leadstimme ein wenig zu leise eingestellt, so dass es etwas mühsam war die gesungen Worte bei dem rasenden Tempo zu verstehen. Mir bereitete es keine Probleme, weil ich den Text auswendig kannte, aber ich merkte schon während des Liedes, dass die Verständlichkeit nicht ideal war. Endlich war das stimmliche Fundament im Background mal schön kräftig, aber dafür die Leadstimme zu mager.

In der Ansage von Du Doof nannte Dän keine Namen, was ich sehr elegant fand. Es wusste trotzdem jeder, wer gemeint war. Allerdings war mir Ferenc dann zu laut eingestellt und fiel mit seinem bassigen Stöhnen zu sehr auf. Ist ja nicht so, als würde ich ihn nicht gerne hören, aber diesmal hatte ich – rein musikalisch gesehen – zu viel von ihm. Das lenkte von Saris Leadstimme und von Eddis Einwürfen und Quietschereien ab. Als Eddi einmal allzu blöd zu Sari guckte, musste der loslachen und ließ danach ein sehr heftiges und völlig überzeugtes: „Du Doof!“ in dessen Richtung los.

Die Aufforderung Sing mal wieder wurde vom Millowitsch-Publikum gewissenhaft befolgt. Im Mitsingteil ging es gewaltig ab und es war erstaunlich, wie locker das größtenteils etwas älter wirkende Publikum mitmachte. Ein großes Lob für ein tolles Publikum! Eddi machte es sichtlich Spaß und er gab die musikalischen Vorgaben sehr temperamentvoll an. Der Saal dröhnte, und am Schluss gab es erfreutes Geklatsche von beiden Seiten. „Großartig“, lobte dann auch Dän, „sehr schön gesungen!“

„Wir brauchen etwas Unterstützung für unseren Bass, der zu Recht immer in der zweiten Reihe steht!“ forderte Dän auf, und das Publikum reagierte sofort mit gewaltigem Geklatsche, Gejubel und Applaus. Es hörte kaum noch auf, und ich merkte grinsend, dass Ferenc, ohne überhaupt einen Ton gesungen zu haben, mehr Applaus bekam, als die anderen NACH ihren Liedern. Verblüffend. Als das Publikum sich endlich einigermaßen beruhigt hatte, konnte King of the road losgehen. Dän begann die ersten Basstöne und hatte sie ungewohnt rhythmisch versetzt, irgendwie punktiert, woraufhin Clemens beeindruckt zu Eddi und Sari blickte und dabei anerkennend die Augenbrauen hob. Eddi brachte etwas später eine innovative Tonfolge ins Arrangement, die sich aber so jammernd anhörte, dass Clemens loslachen musste und dabei nicht anerkennend die Augenbrauen hob. Am Ende stand Ferenc, wie immer, umjubelt im hellen Scheinwerferkegel, aber da etwa 10 Leute, die davor in den ersten Reihen saßen, auch hell angestrahlt waren, wurde ihnen gemeinschaftlich zugejubelt. Ich kann allerdings versprechen, dass mein Gejohle nur Ferenc galt und nicht einem der Herren aus den ersten Reihen in grauem Anzug, weißen Haaren und mit Halbglatze. Wobei ich zugeben muss, dass ich die nicht von vorne sah und in dem Falle vielleicht anders entschieden hätte. Aber nur vielleicht.

Dän kündigte den Afterglow mit den schönen Worten: „Nach dem Konzert gibt es unten noch uns!“ an. Das löste natürlich begeisterte und freudige Rufe aus, aber er stellte richtig: „Nee … ja … nein!“ und wollte das dann doch nur auf das Unterhalten beschränkt wissen. Der Deutsche Meister begann sanft und schön, und als das Publikum an der „Schaum“-Stelle sofort passend einsetzte, sagte Dän während des Liedes freundlich: „Ja, singen Sie ruhig mit!“ Nach einer kurzen Pause, in der nur der Akkord zu hören war, setzte er: „Ehrlich!“ hinterher. Das Lied war anscheinend vielen Zuschauern bekannt, denn der Refrain wurde sofort laut und freudig gemeinschaftlich gesungen. Toll! Als die Wise Guys nach dem Endapplaus pfeifend und trommelnd abgingen, brach sofort gewaltiger Applaus mit lauten Zugabe-Rufen aus.

Die Wise Guys machten natürlich weiter, aber ehe man etwas sehen konnte, waren laute Töne zu hören, die das Geklatsche sofort verstummen ließen. Live and let die fing an, aber seitenverkehrt. Die Wise Guys kamen von rechts, was mich völlig verwirrte und meine Gedanken rotieren ließ. Würden sie das ganze Lied spiegelverkehrt machen? Warum??? Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich merkte, dass es völlig egal war, ob sie den Aufgang von links oder rechts hatten, da sie sich sowieso in der Mitte trafen und von dort aus in die übliche Choreografie einstiegen. Da konnten sie einfach auf die Lage der Bühne eingehen, was ihnen anscheinend weniger Schwierigkeiten bereitete als mir. Ich bin blond, vielleicht habe ich darum manchmal so quere Gedanken. Manchmal vermute ich allerdings, dass ich die auch hätte, wenn ich schwarz-, rot- oder grünhaarig wäre. Das Bühnenlicht war schwach rot oder flackerte grell, der Bass trieb hämmernd an, und alles wirkte wie ein völlig unrealer Traum. Ich starrte auf die schnell wechselnden Bilder und ließ mich von den unterschiedlichen Stimmungen mitziehen. Es war faszinierend und gleichzeitig beklemmend. Fast wie ein Albtraum, weil es wie eine Sequenz in einem Film, ungreifbar und fremd war. Nach so einem Traum könnte man aufschrecken, schweißgebadet im Bett sitzen und blass stammeln: „Ich habe von den Wise Guys geträumt!“ Auch das Publikum brauchte einen kurzen Moment, um nach dem letzten, verklingenden Ton aufzuwachen, jubelte dann aber laut und begeistert los. Was für eine tolle Nummer!

Inzwischen waren die Zugaben ja schon dran, und an den Blicken von Ferenc und Sari konnte ich sofort sehen, dass sie bei Rasier dich etwas anstellen wollten. Sie blitzten sich herausfordernd an und versuchten von Beginn an, sich gegenseitig aus der Fassung zu bringen. Mit Spannung erwartete ich im Endteil eine schräge Pose oder einen sonstigen Ausbruch aus der Choreografie, aber Ferenc fand seine Chance unerwartet früh. Kurz bevor er Sari aus einer Pirouette heraus über die Bühne schleudern sollte, griff er bei der Pirouette davor schon neben dessen Hand, so dass Sari völlig ungeplant aus dem Schwung kam, verloren auf der falschen Seite der Bühne stand und zur späteren Hauptdrehung gar nicht erst ansetzen konnte. Ich weiß nicht mal, ob das von Ferenc so geplant war, denn er lachte selber sofort fröhlich los, aber es war sehr witzig zu beobachten. Sari rächte sich, indem er ganz am Ende neckisch an dem kleinen Büschel Haare zupfte, das Ferenc auf der Stirn wuchs.

Bei Jetzt ist Sommer konnten alle nochmal losgrooven, was sich die Zuschauer nicht lange sagen ließ, sondern sofort von den Sitzen aufsprangen und kräftig mitsangen und -klatschten. Wunderbar! Der Endapplaus war laut und sehr begeistert, die Wise Guys stimmten den Ohrwurm an und gingen ab. Das Publikum sang kräftig und unbeirrt weiter, bis die Hauptsänger nach einigen Durchgängen auf die Bühne zurückkamen und wieder übernahmen. Die letzte Strophe wurde gesungen, es gab eine Endverbeugung, dann war endgültig Schluss.

Der Afterglow war relativ kurz und relativ leer. Die Leute aus der Schwäbischen Alb waren nicht mehr da, so dass Dän kein Kölsch ausgeben konnte. Vielleicht waren sie auch lieber Kaffee trinken gegangen. Ich war sehr zufrieden. Es war ein sehr schönes Konzert in ungewohnt kleinem Rahmen gewesen, ein wieder ziemlich gesunder Dän, den man unbesorgt auf die Bühne lassen konnte, eine schöne Stimmung, ein tolles Publikum und ein paar ungewöhnliche Harmonien und Akkorde in den Liedern, die sich dort während der Osterpause eingeschlichen hatten. Angeblich waren sie neu arrangiert und extra eingeübt worden, wie mir versichert wurde, aber ich bin nicht ganz überzeugt, ob ich alles glauben darf, was mir mit ernstem Gesichtsausdruck erzählt wird. Egal, es war für mich ein wirklich sehr schöner Abend, der mir rundum gefallen hat.


Weil ich ein Kölner bin
Ruf doch mal an
Kinder
Root Beer Rag
Was für eine Nacht
Dialog
Nix wie weg hier
Das war gut
Wo der Pfeffer wächst
Powerfrau
Nur für dich

Ohrwurm
Einer von den Wise Guys
Chocolate Chip Cookies
Zu spät
Die Bahn kommt
Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf
Du Doof
Sing mal wieder
King of the road
Deutscher Meister
Live and let die
Rasier dich
Jetzt ist Sommer