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Die Wise Guys und ich – 1998

Es war etwa Mitte der 90er Jahre. Ich wohnte mit dem Gatten und zwei kleinen Kindern in Köln. Dass es dort eine A-cappella-Gruppe gab, die ab und zu in der Fußgängerzone sang, war uns zu Ohren gekommen. Und auch, dass das nicht die Kelly Family war. Irgendwelche „Guys“ zogen da rum. Wir hatten selber einige Jahre vorher hin und wieder mit einer kleinen Gruppe A-cappella in derselben Fußgängerzone gesungen und fanden das gut. Da wir inzwischen aber ins bürgerliche Milieu abgerutscht waren und entweder arbeiten gingen oder mit zwei kleinen Kindern zu Hause waren, trafen wir diese „Guys“ nie zufällig in der Fußgängerzone an.

Als wir einmal mit dem Auto in Köln unterwegs waren, lief im Autoradio “Kölsche Jung in New York”. Wir drehten sofort lauter, hörten aufmerksam zu und fragten freudig lachend: „Was ist das denn?“ Erfuhren wir damals aber nicht. Dass ich immer noch weiß, dass wir in diesem Moment bei sonnigem Wetter auf der Aachener Straße stadtauswärts fuhren, zeigt, dass ich sofort davon berührt wurde.

1996 sah ich beim Fernsehgucken einen netten, bezopften Kandidaten bei der Sendung “Geld oder Liebe”. Ich hörte zu, als er mit seiner Gruppe in der Sendung sang. Ich glaube, es waren der damalige „Opener“ und „Tekkno“, der mit dem Entchen. „Oh, A-cappella. Das sind doch die aus Köln!“, sagte ich freudig.

Einige Wochen später stand der Bass unserer früheren A-cappella-Gruppe vor der Tür und schenkte uns die CD “Haarige Zeiten” von den Wise Guys. Er war begeistert und schwärmte uns von dem Konzert vor, auf dem er gewesen war, und wie nett die fünf wären. Wir hörten die CD an, fanden sie zum Teil ganz gut, zum Teil nicht und waren .. na ja … nicht überzeugt.

1997 sah ich die Wise Guys schon wieder im Fernsehen. Diesmal als musikalische Gäste bei Jürgen von der Lippe. Die waren ja wirklich nett, konnten auch gut singen, aber trotzdem haute mich ein Lied wie “Alles Banane” nicht vom Hocker. Ich blieb aber grundsätzlich interessiert.

Im Juni 1998 gaben die Wise Guys ein Konzert in einer evangelischen Kirche im Nachbarort und wir gingen etwas skeptisch hin. Was auf CD noch ganz gut klingt, kann live furchtbar sein. Und wenn das, was auf ihrer CD zu hören war, schon das beste, im Studio noch nachbearbeitete Ergebnis war, mussten wir im Konzert wohl einige Abstriche machen.

Das Wise Guys Konzert begann, die Jungs kamen zügig nach vorne und stellten sich auf. Ich dachte: “Die sehen ja wirklich nett aus. Mal sehen, ob sie auch singen können.” Die ersten Töne des Openers erklangen: “Lauft nicht zur Theke, geht nicht aufs Klo, hier kommt die Wise Guys A-cappella-Show!”, und ich lächelte und dachte anerkennend: “Hey! Das hört sich ja schon gut an!” Und dann sangen sie weiter: „Wir sagen schönen guten Abend, meine Damen und Herrnnnnnnn …“ – und damit hatten sie mich. Der lange Ton auf dem „nnnnnnn“ am Ende von „Herrn“. Meine skeptische Stimmung schlug sofort in Begeisterung um und ab da fand ich das komplette Konzert und die Wise Guys nur noch toll. Ein Satz hatte ausgereicht, eigentlich sogar nur das erste schöne, sehr harmonische „nnnnnnn“.

Ich kannte ihre Namen noch gar nicht, aber ich merkte, diese Wise Guys waren total sympathisch, konnten richtig gut singen und machten eine sehr gute Show. „Der-Große-mit-den-Locken” erzählte irrsinnig komische Sachen. „Der-mit-dem-Zopf-aus-Geld-oder-Liebe” hatte eine wunderschöne Stimme. “Der-Blonde” und “Der-mit-diesem-indischen-Namen” waren witzig und klasse und “Der-Bass” so richtig knuffig.

Von links: Der Bass, der Große mit den Locken,
der Blonde, der mit diesem indischen Namen,
der mit dem Zopf aus Geld oder Liebe.

Es war ein wunderbarer Abend, und ich wusste nicht erst nach dem umwerfenden “More than words” am Ende des Konzertes, dass wir demnächst nochmal zu einem Wise Guys Konzert gehen würden. Dass es dann recht viele wurden, konnte ich da noch nicht ahnen. Auch noch nicht ahnen konnte ich, dass mein blöder Gedanke noch während des Konzertes: „Mit denen wäre ich gerne befreundet“, dann ebenfalls wahr wurde.

Zwei Jahre später kannte ich nicht nur ihre Namen und hatte sie nach mehreren Konzerten bei den Afterglows getroffen, ich hatte mich auch gut mit ihnen unterhalten und gemeinsam lachen können. Im Sommer 2000 filmte ich spontan ein einstündiges Open-Air-Konzert mit einer Videokamera aus der ersten Reihe mit und schenkte ihnen die Aufnahme.

Wenige Wochen danach fragte Dän, ob wir auch mal Aufnahmen von einem ganz normalen Konzert machen könnten. Das machten wir kurze Zeit später, im Oktober 2000 in der Alten Oper in Frankfurt.

Mit dem Gatten zusammen begann ich immer mal wieder Konzerte oder Backstage zu filmen, ich schrieb die ersten kleinen Berichte über Konzerte und stellte meine ersten Wise Guys Seiten ins Internet. Im Frühsommer 2001 begleitete ich die Gruppe aus reinem Spaß mit einer Dokukamera bei vielen Terminen zur Vorbereitung des Tanzbrunnenkonzertes. Das Lied „Jetzt ist Sommer“ wurde zu der Zeit im Tonstudio eingesungen, und während eines Fotoshootings im Freibad hängten wir spontan einige Szenen für einen „Video-Clip“ an.

Der Sommer-Clip wurde beim Tanzbrunnen gezeigt und gelangte sogar bis zum Fernsehsender VIVA, wo er bei den Charteinstiegen zwischen den ganzen professionellen Clips gezeigt wurde.

Es gab danach weiterhin kleine Video-Clips, ich fotografierte, dachte mir Aprilscherze aus, baute Marionetten, wir filmten Konzerte, Dän nahm in unserem Kellerstudio Demos auf, der Gatte fuhr mit zu Kreativblöcken, ich saß bei großen Konzerten in der Bildregie und bereitete vorher die vielen Einspieler und Extras für die Leinwand vor.

Es war ein spannende, aufregende, tolle Zeit, in die ich viel Begeisterung, Liebe und Kreativität steckte. Eine Zeit, in der ich viel lernen konnte, völlig unbefangen und mit Spaß auch an große Projekte ging und in der ich mit meinen Ideen einiges bei den Wise Guys unterstützen und einbringen konnte. 

Foto: Guido Kollmeier

Zehn Jahre später wurden die Konzertsäle größer, die Gruppe erfolgreicher, die Konzertorte fanden öfter in weiter entfernten Orten statt. Irgendwann war es soweit, dass alles größer und erfolgreicher laufen sollte, die Wise Guys mit professionellen Filmern arbeiten wollten, eine neue Plattenfirma, poppigere Musik und neue Ziele hatten und ich nicht mehr richtig passte. 2010 machte ich die letzten Einspieler und Clips für die Totalnacht und verabschiedete mich dort mit dem Ikea-Clip und dem Star-Trek-Video.

Mit einer Träne im Auge, gleichzeitig auch gespannt in die Zukunft blickend. Oder wie ein Freund mal fragte: „Wieso arbeitest du für andere und steckst deine Zeit und Energie nicht in eigene Projekte?“ Die große Liebe für die Wise Guys und viele tolle Erinnerungen an die spannenden frühen Jahre bleiben.