WG Konzertberichte

Wise Guys – 24.05.2003 – Tanzbrunnen – Köln … ohne Regen, mit Marionetten

Das Tanzbrunnen-Konzert begann als Katastrophe. Ich war rechtzeitig vor Konzertbeginn schon am Vormittag dort, weil ich alles für die Videoaufnahmen vorbereiten musste, hatte aber meinen Backstage-Pass zu Hause vergessen. Ein Ordner ließ mich nach einiger Diskussion hinein, drohte mir jedoch streng, dass ich nach einem Verlassen des Gebäudes nicht erneut hineinkommen würde. Kaum war ich drin, fiel mir mit Schrecken ein, dass ich alle meine Sachen im Kofferraum des Autos auf dem Parkplatz hatte. Verzweifelt versuchte ich über unterirdische Geheimwege einen Ausgang zum Parkplatz zu finden, um zu holen, was ich für das Konzert dringend benötigte. Während ich noch in höchster Anspannung in einem versteckten Gang herumschlich, immer in der Gefahr von einem Ordner entdeckt zu werden, kamen die Wise Guys an mir vorbei und begaben sich sofort zur Bühne. Was? Das war doch viel zu früh! Ich war doch noch gar nicht fertig! Mit wachsender Panik hörte ich, wie die Zuschauer losjubelten und die Wise Guys mit dem ersten Lied begannen. In diesem Augenblick stockte mir der Atem, denn ich sah hinter dem Lichttechniker, der gerade ebenfalls durch den geheimen Gang lief, einen Ordner, der mit äußerst missgelauntem Blick in meine Richtung sah. Hatte er mich entdeckt? Mir brach der Schweiß aus und ich wusste, dass ich in der Falle saß. BING-BING, BING-BING holte mich mein Wecker aus dem Schlaf. Es war 6 Uhr 30 und erst Dienstag. Ich hatte noch vier Tage Zeit. Puh!

Um es auch in echt spannend zu machen, blieb das Wetter in den Tagen vor dem Tanzbrunnen-Wochenende so, wie es seit drei Wochen war: sehr nass. Der Dauerregen ließ die Pflanzen grün und saftig in Dschungeldimensionen wachsen, und im Wetterbericht wurden für Samstag Regen und für Sonntag ein Unwetter über Köln angekündigt. Ich sah die Zuschauer vor meinem geistigen Auge schon unter Plastikplanen sitzen oder fröhliche Schlammschlachten in tiefen Pfützen abhalten, aber das konnte ja gar nicht sein. Die Wise Guys im Tanzbrunnen – da musste das Wetter einfach mitspielen! Und siehe da, unmittelbar vor dem Wochenende wurde es überraschend besser.

Am Samstagvormittag gab es am Tanzbrunnen sogar Sonne. Durch die Luft segelten Massen von weißen Pappelsamen, die mit ihrer wattigen Konsistenz an leichte Schneefälle erinnerten. Das Wasser im Becken auf dem Gelände war von einer flaumigen Schicht bedeckt und ich fürchtete, dass die Wise Guys während des Konzertes immer wieder Hustenanfälle durch eingeatmete Pappelsamen bekommen würden, falls sie nicht mit Mundschutz auf die Bühne gehen wollten. Nun sah ein Mundschutz als Bühnenoutfit nicht so prickelnd aus, aber Pappelsamen auf den Stimmbändern waren künstlerisch auch nicht besonders wertvoll. Ein Problem, das die Wise Guys geschickt lösten, doch davon später.

Zunächst stellten sich ab mittags die ersten Fans vor den Toren an, oder schlenderten nochmal gemütlich vor die Bühne, um einen Blick auf den Aufbau und eventuell vorhandene Wise Guys zu werfen. Am Samstag konnten sie dabei sogar noch dem Soundcheck der Wise Guys zuhören, ehe einige Ordner sie vor das Tor schickten. Zweieinhalb Stunden vor Beginn des Konzertes wurden die Tore geöffnet. Die Fans sprinteten los, hatten ihre Taschen fest unter den Arm geklemmt und das Ziel im Blick, die etwa 400 Meter entfernte Bühnenabsperrung. Die wollten sie in Rekordzeit erreichen. Einige durchtrainierte Ordner stellten sich den Läufern in den Weg und riefen tatsächlich: “Nicht rennen!” Die Fans rasten in unverminderter Geschwindigkeit auf sie zu, machten kurz vorher blitzschnelle Schlenker, die sie in gefährliche Schräglagen brachten, rannten knapp um die Hindernisse herum und mit langen Schritten weiter den Weg entlang. Es sah aus wie beim Abfahrtsslalom auf Skiern, in engen Bögen um die Stangen herum. Nur ohne Schnee. Und die Ordner schnellten natürlich auch nicht wie die echten Stangen bis fast auf den Boden und wieder zurück. Aber spannend war’s trotzdem. Die Sieger durften in die erste Reihe, die Zweiten in die zweite und so weiter. Die Ordner gaben in der Zwischenzeit auf, denn nachdem die ersten zweihundert Sprinter vorbei und die begehrtesten Reihen voll waren, kamen die weiteren Besucher in weitgehend normalem Gehtempo an.

In den nächsten zwei Stunden trafen in aller Ruhe nach und nach die weiteren Besucher ein und suchten sich ein Plätzchen auf dem Gelände. Die Wartenden saßen zum Teil auf Decken, spielten Karten, unterhielten sich oder guckten den Videos und der Werbung auf der Leinwand zu. Ganz neu war der „Sonnencremeküsse“-Clip mit Marionetten, bei dem ich die Puppen und das Video gemacht hatte.

Am Sonntag gab es in der Stunde vor dem Auftritt der Wise Guys Musik der Band ‘Amber’, die schöne Stimmung machte und allgemein gut ankam. Trotzdem gab es Stimmen, die lieber ein reines Wise Guys Konzert gehabt hätten, zumal der Soundcheck der Band gemacht wurde, als die ersten Zuschauer schon da waren und viele das eher nervig als interessant fanden. Ich persönlich fand die Musik sehr gut, würde aber auch eher für ein reines Wise Guys Konzert plädieren, denn ich merke, dass ich mich an so einem Tag gar nicht auf andere Musikrichtungen einstellen möchte. Damit werden Vorgruppen, so gut sie auch sind, irgendwie zu B-Künstlern und “Zeitvertreibern bis zum Hauptact” abgestuft. Andererseits ist es natürlich eine Chance für eine Band vor so vielen Besuchern ihr Können zeigen zu dürfen.

Am Samstag wurde der Himmel dunkler, je näher der Zeitpunkt des Wise Guys Auftrittes rückte. Wenige Minuten vor Konzertbeginn begann es zu regnen. Och, nee. Ich guckte besorgt, aber die Wise Guys hatten es perfekt geplant und getimt, denn durch die dicken Tropfen klebten die Pappelsamen am Boden fest und hatten keine Chance sich auf dem Luftwege irgendwelchen Stimmbändern zu nähern. Wahnsinn! Ich bewunderte die Jungs für diesen Plan rückhaltlos. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen. Sollten sie jetzt noch so geschickt sein und den Regen nach einigen Minuten aufhören lassen? Wäre ja sonst ein bisschen blöde für ein ganzes Konzert.

Die Zuschauer, die nicht unter den großen Schirmen standen, spannten eigene Regenschirme auf, so dass der umlaufende Rand der großen Zuschauergruppe einen ringsherum laufenden wulstigen, bunten Abschluss bekam. Eigentlich war Konzertbeginn. Als plötzlich die Nebelmaschine auf der Bühne lospustete, brandete Applaus auf, der aber ebenso wie der Nebel wieder verschwand. Eine Taube landete auf der Bühne und wurde ebenfalls begeistert beklatscht, und kurz danach begann das Publikum mit einem ungeduldigen Klatschen und Pfeifen, das nicht mehr aufhörte und die Hauptakteure auf die Bühne forderte. Die reagierten auch umgehend und kamen aus der Mitte des Vorhanges auf die Bühne geeilt. Tosende Rufe und lauter Applaus empfingen sie. Der Himmel war dunkel, es regnete und trotzdem jubelten die Zuschauer total begeistert los und schienen tolle Laune zu haben.

Die Wise Guys stellten sich auf, Sari gab den Ton an, aber der Jubel ging so laut weiter, dass sie die Arme aus der angespannten Position wieder fallen ließen und lachend ins Publikum blickten. Ein paar Sekunden später gaben Clemens und Eddi plötzlich das Kommando und in das aufkommende Jubelgeschrei hinein wurde laut das erste Wort: “Showtime!” gesungen. Kurze Stille, dann legte das Publikum sofort mit heftigem Mitklatschen und Mitsingen los. Eine absolut tolle Stimmung von der ersten Sekunde an! Bei der Stelle: “Heut simma hier!!” liefen die Wise Guys freudestrahlend auf den Bühnenrand zu und das Publikum reagierte mit einem so lauten Aufschrei, dass es wirklich gänsehautmäßig war. Am Ende des Liedes gab es Riesenjubel.

Ohne eine weitere Ansage drehten sich die Wise Guys auf der Bühne mit dem Rücken zu den Zuschauern und begannen in der erwartungsvollen Stille mit Ruf doch mal an. Der Bass wummerte heftig los und der ganze Rhythmus zog sofort mit. Unglaublich, wie viele Leute den Text kannten und völlig sicher mitsangen! Es war so mitreißend, dass selbst die Nebelmaschine völlig außer sich geriet und ein bisschen zu viel Qualm pustete. Aber egal. Das Stück war ein Oldie, der erst in der Woche davor seine Live-Premiere gehabt hatte und bis dahin nur auf der CD “Alles im grünen Bereich” von 1997 vorgekommen war. Da fragte man sich wirklich, warum. Und gleich danach, ob es nicht noch mehr solcher fast vergessenen Schätzchen gab, die nach einer kleinen Entstaubung und Politur ihren Wert zeigen könnten.

Auch wenn das Lied ein Oldie war, waren die Bewegungen dazu nicht unbedingt für Oldies geeignet. Besonders das rhythmische Springen mit den Armen an der Seite gefiel mir ausgesprochen gut, und ich grinste vor Freude über das ganze Gesicht. Superklasse und optisch ein Genuss! Eddi ließ die Hüften kreisen und bekam als Antwort begeisterte Teenie-Aufschreie, die die Aussage: “Wir sind doch keine Boygroup!” völlig lächerlich machten. Der Regen wurde weniger, die meisten Schirme wurden zusammengeklappt und im letzten Refrain donnerte der Tanzbrunnen vom Klatschen der vielen Hände, die rhythmisch aneinander gehauen wurden. Es war total mitreißend. Dän meldete sich nach dem großen Applaus mit einem freudigen: “Wow!!” zu Wort. Er begrüßte die Zuschauer “an diesem strahlenden Frühsommertag in Köln am Tanzbrunnen“ und bat darum, dass die Großen die Kleinen nach vorne lassen sollten, woraufhin die Kleinen klatschten, aber auch einige der Großen.

Ein wenig tat sich daraufhin in den ersten Reihen, kleine Köpfe tauchten plötzlich hinter dem Absperrgitter auf und bemühten sich angestrengt darüber zu sehen, aber es waren doch erstaunlich wenig Kinder in der ersten Reihe. Manche Fans waren nicht bereit, ihren hart umkämpften Platz aufzugeben. Andererseits kann es nicht für schätzungsweise 1500 Kinder Freiplätze in den ersten 20 Reihen geben, damit sie etwas vom Konzert mitbekommen können. Ich persönlich gehe mit Kindern, die zu klein sind, einfach nicht zu Veranstaltungen, bei denen sie erwartungsgemäß nichts sehen können. Allerdings fühlten sich auch manche mittelgroße Fans, meist jungen Damen, berechtigt, mit dem Kinderbonus und Gewalt bis nach vorne zu kommen. Auf empörte Rufe: “Wir stehen hier schon seit zwei Stunden, da könnt ihr euch nicht einfach vordrängen!” reagierten sie mit schnippischem: “Phh! Selber schuld!” und noch stärkerem Drängelverhalten. Aber das waren Ausnahmeerscheinungen.

Im nächsten Jahr wird es ganz fair sein, indem alle ankommenden Zuschauer nachgemessen und nach ihrer Größe aufgestellt werden. Wer 1,98m hoch ist, muss ganz hinten stehen. Selber schuld, wenn er so groß wird und ein Stehkonzert anhören will! Und die Kleinen brauchen erst fünf Minuten vor Konzertbeginn anzukommen, weil sie sich dann bis in ihren Größenbereich nach vorne begeben dürfen. Dass damit Freunde und Familien getrennt werden, ist leider nicht zu vermeiden, aber anders kann so ein System nicht funktionieren. Na, vielleicht können Sari und Clemens mal eine Bewertungsformel entwickeln, bei der man abhängig von Größe, Ankunftszeit, Textsicherheit und CD-Anzahl einen perfekten Platz bekommt, so dass im nächsten Jahr mal alle zufrieden sind.

Die letzten Schirme waren inzwischen weggepackt, die Pappelflusen aus der Luft verschwunden und das Wetter trocken, da war bei den Wise Guys schon der Deutsche Meister dran. Sofort wurden überall rot-weiße Schals und einige Plakate geschwenkt, und der Publikums-Chor sang kräftig mit. Wunderbar wie Dän den “… Schaum” erst sang, als das eifrige Publikum schon damit fertig war, aber auch schön, wie gut die Zuschauer mitmachten. Dän bedankte sich nach dem Lied auch sofort für die “stimm- und schunkelsichere Zusammenarbeit”.

Die Umfrage war bei so vielen Besuchern besonders interessant. Gerade für das Samstags-Konzert waren große Gruppen aus ganz Deutschland angereist, die begeistert johlend die Arme hochrissen, sobald nach ihrem Bundesland gefragt wurde. “Saarland?” – “Yeah!!!”  “Schleswig-Holstein?” – “Yeah!!”  “Was gibt’s noch? Mecklenburg-Vorpommern?” – “Yeah!!!”

Bei so vielen Bundesländern wurde die Umfrage etwas länger, aber es war einfach toll, dass es nie stumm blieb, sondern wirklich von überall her Fans gekommen waren. Am beeindruckendsten war dann die Frage: “Nordrhein-Westfalen?”, bei der anscheinend die komplette Menschenmasse synchron die Arme in die Luft riss. Erstaunlicherweise gab es auch einige Meldungen auf die Frage, wer die Wise Guys zum allerersten Mal in einem Konzert sah. “Echt?“ staunte Dän verblüfft und rief dann verwundert hinterher:” Wo wart ihr denn vorher??”

Bei Du bist dabei löste der komplizierte Tanz im Background zunächst lachende Begeisterung aus, die sexy Hüftschwünge dann lautes Gekreische.

Dass weiterhin tolle Stimmung im Publikum herrschte, muss ich wohl nicht bei jedem Lied schreiben.

Obwohl das Lied Das wär’s gewesen sehr ruhig und etwas sentimental ist, sang das Publikum wieder von Anfang an mit. Meistens sogar ziemlich kräftig, aber das störte mich überhaupt nicht, obwohl ich sonst ein Gegner der Mitsing-Konzerte bin. Aber am Tanzbrunnen und in der Totalnacht war es etwas völlig anderes und es MUSSTE einfach mitgesungen werden. Allerdings hatte ich auch niemanden neben mir stehen, der es mit penetranter Stimme und einen Halbton tiefer in mein Ohr röhrte. Ich bekam nur den Gesamtklang des großen Fan-Chores mit, der von Mädchenstimmen geprägt durch die Luft schwebte. Es war schön. Nicht so leise und stimmungsvoll wie sonst, aber trotzdem eben anders schön.

In die Abmoderation hinein reichte Ferenc einen Zettel an Dän, auf dem eine Suchmeldung stand. Der achtjährige Alexander wurde von seinen Eltern gesucht. Ich sah mir die riesige Menschenmasse an und konnte nachfühlen, wie besorgt die Eltern waren. Dän erklärte gerade noch, dass der Technikwagen, an dem die Eltern warteten, unmittelbar neben der Bühne stand, da kamen Rufe aus der Mitte der ersten Zuschauerreihen. Dän guckte hin, fragte: “Habt ihr das Kind schon?”, grinste los und drehte sich zu den Eltern neben der Bühne: “Das Kind ist bester Dinge hier vorne. Reicht das?” Alexander hing quietschvergnügt hinter dem Absperrgitter, konnte knapp darüber hinwegblicken und hatte seine Eltern offensichtlich überhaupt nicht vermisst. Während das Publikum noch sehr über den witzigen Ausgang lachte, huschten zwei Männer, vermutlich der Vater und ein Ordner durch den Bühnengraben zu dem Kind, um ihm schnell Instruktionen zu geben. Dän kommentierte sofort: “Beide Väter sind schon da!”, was erneutes Gelächter auslöste.

Samstags war Alexander das gesuchte Kind, am Sonntag wurden etwa zur gleichen Zeit Eltern gesucht. Wieder bekam Dän einen Zettel, von dem er vorlas: “Svenja Esser sucht ihre Mutter Renate Endres. Esser? Endres? Und Dominik Dreyer sucht seinen Vater Jürgen.” Dän erklärte, dass die Kinder heute am Merchandise-Stand auf ihre Eltern warten würden und rief nochmal auf: “Frau Endres, holen Sie bitte Ihre Tochter Svenja Esser ab und einigen Sie sich auf den Namen!”

Es folgten Kinder – schon das Wort “Nachwuchs” löste in der Anmoderation Jubel aus, Was für eine Nacht – mit extrem viel Nebel, der als weiße Wand über die Bühne kam,

Sonnencremeküsse (mit unglaublich textsicherer Publikums-Chor-Begleitung) und die Powerfrau (ohne Besen in der Choreographie). Bei allen sangen die Fans laut mit und die Stimmung war einfach klasse.

Zu Mädchen lach doch mal mussten vorher vom Publikum Vorschläge für die Improvisation gemacht werden. ‘Berufe’ und ‘Medikamente’ waren die Gebiete, und als der Jubel über den Zuruf: “Stripper!!” kein Ende nahm, erklärte sich Sari grinsend dazu bereit. Das Medikament ‘Viagra’ lehnte Dän dann aber sofort als zu einseitig ab, so dass die Wahl am Samstag schließlich so aussah: Eddi war ‘ein Optiker mit Hühneraugenpflaster’ und Sari ‘ein Stripper auf Speed’. Dän betonte, dass es eine Familienveranstaltung wäre, aber sowieso nichts peinlicher als ‘der schwangere Pfarrer auf Ecstasy’ aus der Vorstellung im Millowitsch-Theater werden könne.

Natürlich starrten im Improvisationsteil fast alle Zuschauer auf Sari und kaum einer guckte zu, wie der humpelnde Eddi seinem Kollegen Ferenc eine Brille anpasste. Sari machte typische Striptanz-Bewegungen, hob unter dem Geschrei fast kollabierender Teenies das T-Shirt kurz an und fuchtelte dann an seinem Gürtel herum. Schließlich zog er ihn mit Schwung aus den Schlaufen, wirbelte ihn verführerisch über seinem Kopf herum und warf ihn auf den Bühnenboden. Das begeisterte Geschrei war unglaublich. Eddi hüpfte auf einem Bein zu ihm hin, setzte ihm seine Brille auf und dann war das Lied leider zu Ende, ehe Sari weitermachen konnte. Ich vermute, dass ein Großteil der Zuschauer gerne noch weitere zwei bis fünf Strophen angehört und Sari beim Entkleiden zugesehen hätte. Laute “Zugabe!”-Rufe brandeten über den Platz, und Sari stellte sich mit beschwichtigenden Armbewegungen in die Mitte der Bühne, grinste ins Publikum und hob dann sein T-Shirt mit einem Ruck nochmal hoch, so dass für eine Sekunde der Bauchnabel zu sehen war. Als sich das Publikum einigermaßen beruhigt hatte, wurde es von Dän auf den Boden zurückgeholt. Er zeigte sich erstaunt über die Reaktionen, und betonte, da die Wise Guys das jeden Tag im Backstagebereich sehen würden: “Es lohnt sich NICHT!”

Am Sonntag war Eddi ein ‘Klempner’ und Sari als ‘Hebamme’ holte ihm einen Teddybären unter dem Hemd hervor. Alles kindergeeignet und sehr geschmackvoll dargestellt. (Als Eddi vor einigen Wochen im Millowitsch-Theater breitbeinig auf dem Boden liegend ein Elektrokabel gebar, war das optisch grenzwertig, aber sehr witzig.)

Kurz vor den Tanzbrunnen-Konzerten hatten die Fans ihre Lieblings-Oldies wählen können, und zwei davon waren nun im Programm. Dän kündigte das erste etwas abfällig als “ein ziemlich blödes Lied” an (Am Sonntag war es dann sogar schon “ein ausgesprochen doofes Lied”), und das Publikum jubelte los, als Probier’s mal mit ‘nem Bass losging. Egal, was Ferenc inzwischen gesungen hatte, DAS war sein Lied. Der Hit, der an ihm kleben bleiben würde, weil er einfach perfekt auf ihn zugeschnitten war. Er strahlte mit seinen blauen Augen ins Publikum, und das jubelte ihm begeistert zu. Am Ende gab es langen Applaus, die anderen Guys tranken am Rand stehend betont gelangweilt ihr Wasser und hörten den “Zugabe!”-Rufen zu. Als es weniger wurde, kamen sie nach vorne und Dän las mehrere aneinander gehaltene Plakate vor: “Ferenc – wir – lieben – dich!”. Er grinste amüsiert: “Das Interessante daran: Es sind zwei Männer dabei!” Im Übrigen waren die Moderationen bei den Tanzbrunnenkonzerten stark eingeschränkt, was mir auch sinnvoll erschien. So sehr ich die Sprüche und Ansagen von Dän mag, war hier doch mehr die Musik gefragt, zumal gerade die Ansageverständlichkeit weit hinten auf dem Platz sicher schwierig war.

Letztes Lied vor der Pause war Köln ist einfach korrekt. Das Publikum sang laut mit, und beim Sonntagskonzert bewegte Dän während der ersten Strophe nur die Lippen und ließ die Fans singen, die den Part begeistert und sicher übernahmen. Es war nochmal ein richtiger Aufheizer, und nach dem abschließenden Bejubeln verließen die Wise Guys winkend die Bühne und die plötzliche Ruhe und das Absinken der Feier-Stimmung war ernüchternd.

Die Pause am Samstag war zu lang. Dän hatte von 15 bis 20 Minuten gesprochen, aber es dauerte etwa 40 Minuten, bis die Wise Guys auf die Bühne zurückkamen. Sie saßen in der Zwischenzeit nicht lachend hinter dem Vorhang und testeten aus, wie lange man die Fans ruhig halten konnte, sondern waren einfach etwas zu spät zum Einsingen gegangen und machten das dann länger als erwartet. Es war trotzdem blöd, weil die Zuschauer immer ungeduldiger wurden und nicht wussten, warum es nicht wie versprochen weiterging.

Endlich teilte sich der Vorhang, und die Zuschauer applaudierten und johlten begeistert. Die Wise Guys stellten sich ruhig auf und begannen mit dem Dialog. Leider blieb es im Publikum etwas zu unruhig, was nicht alleine die Folge der langen Wartezeit war. Das Sonntags-Publikum war da wesentlich ruhiger und auch bereit, die langsamen Stücke in Ruhe anzuhören.

Clemens hatte ein neues Hemd an, durch dessen viele Risse ein weißes T-Shirt schimmerte. Ich guckte mir das etwas besorgt an, denn im ersten Teil hatte er schon seine geflickte Jeans angehabt, deren Nähspuren und andersfarbige Flicken nicht zu übersehen waren. Wenn ihn nun einer seiner Schüler hier sah? Wie sollte er später überzeugend über eine nachlässige Heftführung meckern können, wenn er selber mit zerrissener Kleidung auf die Bühne ging? Er schien mit seinem abgetragenen Zeug aber überhaupt keine Probleme zu haben. Prima, Clemens! Lass dich von solchen Äußerlichkeiten nicht kleinkriegen!! Auch für dich wird es mal wieder ein neues Hemd und eine gekonnt geflickte Jeans geben!

Bei den Chocolate Chip Cookies tobten die Fans los und sangen von Anfang an kräftig und sehr deutlich mit. Klasse!

Jeder Hüftschwung auf der Bühne wurde mit lautem Johlen kommentiert, und der Gesang von mehreren tausend Fans war schon ziemlich beeindruckend. Am Ende gab es Jubel, Pfiffe, Johlen und totale Begeisterung.

Nach When I’m 64 kam als Oldie Zu schön für diese Welt und danach Die Bahn kommt. Endlich! Seit dem ersten Hören war ich von dem Lied begeistert und vermisste es schwer auf den Konzerten. Endlich war es dabei, und obwohl ich weder eine engere Beziehung zur Bahn, noch irgendwann mal eine Fernbeziehung hatte, traf das Lied auch bei mir einen Nerv. Die Live-Version gefiel mir sehr gut und ich fand besonders den langsamen Schluss noch besser als die Ausblendung auf der CD. Die Choreographie dazu war sehr ruhig und passend und alles wunderbar. Ich war hocherfreut. Ganz erstaunlich war wieder, dass so viele Leute den Text perfekt beherrschten.

Auch bei Träum vom Meer blieb es beim Samstagskonzert leider viel zu laut im Publikum. Sogar Unterhaltungen liefen in den Randbereichen weiter, und der Grundgeräuschpegel war viel zu hoch. Sehr schade. Es kann ja wohl nicht sein, dass man bei manchen Konzerten nur schnelle, heftige Stücke bringen kann, weil ein Teil der Zuschauer ansonsten nicht zuhören will. Das lief am Sonntag viel besser.

Nach einem erfrischenden Du Doof ging es temperamentvoll mit Sing mal wieder weiter. Die Zuschauer klatschten mit und durften dann sogar beim Mitsingteil aktiv werden. Eddi sang vor, das begeisterte Publikum nach. Es wurde immer lauter und der zurückschallende Chor war superklasse. Eddi sang und sang, und der Mitsingteil würde immer länger und machte riesigen Spaß. 2 Minuten 10 Sekunden dauerte er am Samstag, und Dän staunte danach: “Mannomannomann, Eddi, das war aber lang, du.” Am Sonntag legte Eddi noch eine halbe Minute drauf und ließ lange Töne singen, die sich über 4 Takte zogen. Dän und Clemens schüttelten staunend die Köpfe, aber das Publikum machte perfekt mit.

Beim Sonntagskonzert wurde nach dem Lied ein Kind auf die Bühne gebracht und Dän stellte vor: “Das ist die Ilona. Ilona ist 6 Jahre alt und hat ihre Eltern verloren. Ihre Eltern sollen bitte mal zum Merchandise-Stand kommen, wo Herr Dreyer und die anderen, … äh, Endres und… äääh, ja, genau, Esser, sind.” Das Kind wurde zum Stand gebracht und Dän wunderte sich, während er auf der Bühne stand: “Wie macht man so was? Wie verliert man sein Kind? Ich mein’, ich hab keine Kinder, ich kann gut reden, aber so’n Kind verliert man doch nicht!”, kurze Pause, dann: ”Vielleicht doch.”

Bei King of the road war natürlich Ferenc der gefeierte Star. Er wurde umjubelt, und nach dem Lied brauchte es eine Menge Zeit, bis Dän mit seiner nächsten Ansage durchkam. Er versuchte es zunächst, gab aber auf, weil das Jubeln und begeisterte Pfeifen nicht weniger wurden. Bei der Sonntagsvorstellung steuerte Dän dann das Geschehen, indem er einfach nicht mit den Schlusstönen begann, sondern immer wieder den Auftakt machte, bei dem Ferenc mit “Ich bin der King of the road” einsetzen musste. Während Ferenc langsam ungeduldig wurde und immer weiter wie blöd seinen letzten Satz sang, schlenderte Dän an den Rand, begrüßte dort Fans und sang dabei die Begleitung weiter. Plötzlich zog Ferenc mit Schwung seine Lederjacke aus, bekam dadurch die gesamte Aufmerksamkeit des Publikums, das Jubeln legte voll los, und Dän setzte sofort mit den Schlusstönen ein. Sehr witzig!

Clemens löste begeisterte Schreie aus, als er am Anfang von Meine heiße Liebe in den Bühnengraben ging und die Fans ganz nah ansang. Eine tolle Idee! Die Kameras versuchten, das unerwartete Geschehen einzufangen und auf der großen Leinwand auch den anderen Besuchern zu zeigen.

Nach Schlag mich baby kam  Verlieben, verloren. Clemens war mit lockiger Perücke, Schnäuzer und einem Arm voller Freundschaftsbändern das perfekte Wolle-Double und löste Kreischanfälle aus. Leider war der Bart dann am Sonntag verloren gegangen, aber die optische Gesamt-Wirkung wurde nicht beeinträchtigt. Kurz vor Ende des Liedes warfen sich die Wise Guys plötzlich Blicke zu, nickten unauffällig, grinsten leicht und zogen den einsetzenden Schlussakkord synchron einen Halbton tiefer. Igor und Reinhard am Ton blickten erschrocken hoch und lachten dann erleichtert los. Ich liebe so abgedrehte, sehr gut gebrachte Sachen!

Das Konzert war offiziell zu Ende und die Wise Guys gingen ab, was natürlich eine erhöhte Jubelfrequenz und laute “Zugabe!”-Rufe zur Folge hatte. Nicht unerwartet kamen sie kurz danach zurück und brachten erst Rasier dich und dann Nein, nein, nein. Tobende Klatschstimmung ging durch den Tanzbrunnen, und die Fans beruhigten sich erst, als Golden Eye in schwach-bläulichem Licht begann. Es war zu spüren, wie die letzten Lieder des Konzertes gewaltig mitgefeiert wurden und viele Fans nochmal richtig aufdrehten.

Zu Ich will keine a-cappella erschien Sari mit offenem Hemd, sexy und gewohnt unathletisch, und besonders die jungen weiblichen Fans zeigten sich begeistert. Aber auch ältere weibliche Fans bekamen glitzernde Augen und sicher auch einige der anwesenden Männer. Er war zu schnuckelig, wie er so lässig lachend und selbstbewusst über die Bühne lief. Wieder sangen viele tausend Stimmen laut mit und die Zuschauer klatschten und pfiffen am Ende in Höchststärke.

Mit Jetzt ist Sommer kamen die Wise Guys zum letzten Mal auf die Bühne zurück und das Lied war ein fröhlicher, jubelnder, vergnügter Schlusspunkt. Die Fans sangen und tanzten mit, die Wise Guys sprangen aufgedreht über die Bühne und waren sichtlich vergnügt. Was für ein tolles Wochenende, was für mitreißende Konzerte!

Nach dem Verbeugen gab es sogar noch einen Nachschlag, als die Wise Guys plötzlich den letzten Refrain des Sommer-Liedes mit Power loswummerten und das Publikum ohne Zögern sofort wieder einsetzte und mit unverminderter Begeisterung mitmachte. Toll! Eine letzte gemeinsame Verbeugung am Bühnenrand, dann liefen die Wise Guys im Laufschritt hinter den Vorhang.

Obwohl ein Teil der Tanzbrunnenbesucher noch eine Weile mit Klatschen und Pfeifen versuchte, die Wise Guys für eine weitere Zugabe auf die Bühne zu bekommen, blieb sie leer. Auf der Leinwand wurde noch ein letzter Videoclip gestartet und das Konzert war tatsächlich vorbei. Am Backstage-Eingang gab es noch Autogramme, und auch wenn es nicht möglich war, alle Fans zu versorgen, denn es kamen immer neue dazu, so dass es wohl stundenlang kein Ende genommen hätte, liefen die Wise Guys freundlich herum und schrieben zumindest eine Zeit lang alles voll, was ihnen vor die Nase gehalten wurde.

Kleines Fazit: Zwei tolle Konzerte mit jeweils 29 Liedern, 12000 Besuchern am Samstag, 9000 Besuchern am Sonntag und immer mit jubelnder, fröhlicher Stimmung. Die Zuschauer verteilten sich am Sonntag etwas lockerer auf der gleichen Fläche, konnten aber genauso laut mitsingen und waren ebenso textsicher wie die Samstagbesucher. Das lag vielleicht auch daran, dass einige Sonntagsbesucher auch Samstagsbesucher gewesen waren. Das Wetter war Sonntags schöner, die Wartezeit kürzer, dafür hatte der Samstag mit seinen unglaublich vielen Besuchern seinen Reiz. Wie der Klang überall auf dem Platz war, kann ich leider nicht sagen. Am Samstag war es in einigen Bereichen im ersten Teil wohl zu leise, am Sonntag insgesamt besser. Ich fand das komplette Wochenende toll und werde die Stimmung noch längere Zeit in mir tragen und mich mit großer Freude zurückerinnern.

Showtime
Ruf doch mal an
Deutscher Meister
Du bist dabei
Das wär’s gewesen
Kinder
Was für eine Nacht
Sonnencremeküsse
Powerfrau
Mädchen lach doch mal
Probier’s mal mit ‘nem Bass
Köln ist einfach korrekt

Dialog
Chocolate Chip Cookies
When I’m 64
Zu schön für diese Welt
Die Bahn kommt
Träum vom Meer
Du Doof!
Sing mal wieder
King of the road
Meine heiße Liebe
Schlag mich Baby
Verlieben, verloren
Rasier dich
Nein, nein, nein
Golden Eye
Ich will keine a-cappella
Jetzt ist Sommer