Olli Dittrich & Bastian Pastewka – 20.9.2002 – Bonn
Gäste: Susi Frese und Ralf Rüdiger Maria Hartmann
Pantheon, Bonn
“Olli Dittrich mit special guests” im Pantheon, das hörte sich interessant an. Wir kauften Karten und hörten erst später, dass einer der Gäste Bastian Pastewka wäre. Noch besser. Allerdings guckten einige Leute, denen wir die Namen sagten, sehr nachdenklich. “Ääh, ja, die Namen habe ich schon mal gehört.” Mit meiner Ergänzung: Olli Dittrich ist der aus “Samstag Nacht” mit den “Meldungen vom Spocht”, und Bastian Pastewka ist “Brisko Schneider” aus der “Wochenshow”, zeigte sich sofortiges Erkennen und meistens erschien ein freudiges Grinsen auf den Gesichtern. “Hey, super!” Was bei diesem Zusammentreffen ablaufen würde, wusste ich nicht. Insgeheim hoffte ich, dass es vielleicht mal etwas ernsthafter und ruhiger werden könnte, denn beide Schauspieler können auch leise und nachdenklich sein.
Das Pantheon wollte an diesem Abend den Rekord des vollsten Theaterraumes aufstellen und es muss ziemlich nahe dran gewesen sein. Sogar Größen aus dem Showbusiness waren als Zuschauer dazwischen gequetscht, und ich erkannte Hugo Egon Balder, Horst Schroth und zwei Wise Guys, wobei die beiden letzteren zu meiner privaten Gruppe gehörten. (Ich überlege gerade, ob Hugo Egon Balder gerade in sein Tagebuch schreibt, dass am Nebentisch Anette Dewitz gesessen hat, aber ich befürchte, er führt gar keins.)
Es wurde dunkel, laute Showmusik erklang, und unter Scheinwerferlicht erschienen Olli Dittrich und Bastian Pastewka auf der Bühne. Großer Jubel vom Band und auch live aus dem Saal, die beiden verbeugten sich showmastermäßig und dankten mit Lächeln und Gesten für den langen Applaus. Als es endlich leise war, riefen sie ein lautes “Tschöö!” und gingen ab. Erneut ging die Showmusik mit dem Jubel vom Band an, sie kamen wieder, erhielten jetzt neben Applaus sogar Blumen, da war plötzlich der Strom auf der Bühne weg. Ratsch! – und sie standen still im Dunkeln. Mit Taschenlampen beleuchteten sie ihre Gesichter von unten, sobald sie sprachen, was besonders bei kurzen Sätzen sehr abgedreht wirkte, weil es ein schnelles An- und Ausknipsen im Dialog war. Ein witziger und origineller Anfang.
Als das Bühnenlicht wieder anging, erzählten sie, dass sie schon 1978 in der Comedytruppe “Die Juxraketen” zusammen aufgetreten waren, und gaben ein paar Kostproben aus der Zeit. Na ja. Manche Gags waren gut und witzig, die meisten fand ich allerdings etwas flach. Nicht, dass ich besonders kritisch war, denn ich finde Bastian Pastewka und Olli Dittrich wirklich klasse und bin bei ihnen lachbereit, aber es war oft eher albern als witzig. Nach fünf Kölsch mit netten Freunden in einer Kneipe hätte ich wahrscheinlich bei den meisten Sachen glucksend auf dem Stuhl gehangen, aber für einen Bühnenauftritt bei Cola light waren mir viele Kalauer einfach zu billig.
Die beiden Darsteller hatten trotzdem Spaß, warfen sich die Pointen zu und stolperten auch schon mal schnell in Spontangags. Sie merkten selbst, wenn die Witze nicht gut genug waren, und bei einer Folge von Arztsketchen sagte Bastian Pastewka nach einem wenig belachten Gag: “Herr Patient, der Sketch ist beim Publikum nur mittelmäßig angekommen”, woraufhin beide sehr grinsen mussten. Es war trotzdem nett den beiden zuzusehen, ich lachte auch immer wieder, aber eher, weil ich Bastian Pastewka und Olli Dittrich sehr mochte.
Nach der Eröffnung ging es mit Solostücken weiter. Zunächst erklärte Bastian Pastewka die unterschiedliche Moderation von verschiedenen Sendungen und parodierte sie äußerst gut, treffend und sehr lustig. Plötzlich klingelte ein Handy im Zuschauerraum. Bastian Pastewka brach mitten im Satz ab, ließ die Arme sinken, guckte etwas fassungslos in die Richtung des Klingels und rief dann laut von der Bühne: “Er ruft zurühück!!” Während die Zuschauer lachten und der Handybesitzer peinlich berührt an seinem Handy rumfummelte, flüsterte Pastewka ihn entschuldigend lächelnd, aber sehr vernehmlich an: “Darf ich weitermachen? Ich will nicht stören. War kurz vor der Schlusspointe.” Sehr gut! Ich persönlich wäre ja dafür, dass bei einem während der Vorstellung klingelnden Handy sofort 50 Euro für einen guten Zweck bezahlt werden müssen.
Olli Dittrich löste seinen Kollegen nach beendeter Pointe ab und erschien in Jogginghose, Bademantel, Latschen, mit Plastiktüte in der Hand und Klätschhaaren auf dem Kopf. Total überzeugend im Typ und erschreckend echt. Solche Leute gibt es, die nicht allzuviel im Kopf haben, etwas einsam sind und einen zulabern, bis man endlich flüchten kann. Sehr gute schauspielerische Leistung, aber leider etwas zu lang. Auf die Hälfte gekürzt, wäre die Nummer knallig gut gewesen, aber da kein richtig guter Endpunkt kam, fühlte ich mich fast schon wirklich vollgelabert. Andererseits war das dann wie im echten Leben, wo auch kein Gag nach langem Welterklären kommt. Aber tolle Darstellung!
Bastian Pastewka war danach Fritz Egner und moderierte von den “witzigsten Werbespots der Welt”, über die “geilsten Pornos der Welt” bis zur “schlechtesten Schlusspointe der Welt”. Und die war wirklich nicht gut. Die restliche Parodie mit einem ätzenden bayerischen Egner-Dialekt war allerdings schnell und gelungen.
Mit Musik ging es weiter, Olli Dittrich brachte Herrn Hartmann mit Gitarre und Susi mit sexy Kleidung und Stimme mit. Ich hatte sie in dieser Dreikombination unter dem Namen ”die Affen” auch schon im Fernsehen gesehen. Susi war sehr temperamentvoll und es war witzig, als Olli Dittrich den Sinn eines Liedes ausführlich in Sauerländer Platt erklärte und die beiden Kollegen immer wieder lachen mussten. Aber auch hier fand ich die Texte oft etwas einfach und hätte mir originellere Formulierungen gewünscht. Wahrscheinlich nur, weil ich glaube, dass Olli Dittrich und Bastian Pastewka weit mehr können, als sie zeigten. Es darf ruhig berührender werden und muss nicht immer albern witzig sein. Als Pastewka mitsang, und es um “Ruby” ging, die auf der Golden Gate Bridge saß und die Füße ins Wasser baumeln ließ, fand ich es aber wieder sehr witzig.
“Neues vom Spocht” war grandios. Einfach bewundernswert wie Olli Dittrich in rasendem Tempo mit den Worten spielte, veränderte, neuen Sinn hinein brachte und den Zuschauern alles lässig um die Ohren fetzte. Superklasse!! Geniale Gags, von denen ich die Hälfte bei diesem wahnwitzigen Tempo vermutlich nicht mal mitgekriegt habe. Wenn es im Zuschauerraum abwartend ruhig blieb, bis das Verstehen beim Publikum einsetzte, grinste Dittrich verständnisvoll: ”Manches dauert …”
Seine Fußballmeldungen mit Tiernamen waren supergut. Kaum zu fassen, dass so falsche Worte vom Gehirn doch sinngemäß richtig verarbeitet werden können. Beispielsätze: “RABE nichts anders HUHN können. So wird Bayern HÜHNCHEN nie Tor WELLENSITTICH.”
Nach einem textreichen, gesungen Rezept in hohem Tempo ging es in eine 20-Minuten-Pause. Ich hatte zwar oft gelacht und häufig gegrinst, war aber trotzdem etwas enttäuscht. Irgendwie hatte ich bessere Sachen erwartet. Entweder richtig gute Gags, oder eine gnadenlose Albernheit, die auch die blödesten Sachen aufwertet. Bisher war es nur stellenweise richtig gut, ansonsten eher zu flach und weit unter dem Können der beiden Hauptdarstellern geblieben. Na, es gab ja noch einen zweiten Teil.
Der begann auch gleich gut. Bastian Pastewka kam in Jogginghose, quäkte zum quietschenden Vergnügen des Publikums mehrfach: “Ääääääaaaaaa” und ergänzte schließlich: “Ich weiß’n Witz.” Es war superwitzig, er stellte umständlich die Theorie auf, dass der Witz vom Witz am Ende liegt, und erzählt darum nur die Schlusspointe. Leute, die keine Witze erzählen können, sind saukomisch, wenn sie einen erzählen wollen.
Olli Dittrich brachte die extrem sexy Susi mit, die eher in Dessous, als in Rock und Oberteil gekleidet war. Sehr scharf. Sie hatte eine tolle Figur, sah wirklich klasse aus, aber ihre gespielte Mimik ging doch ziemlich schnell auf die Nerven. Zehnmal das empört erstaunte Gesicht gezogen ist eher nervig als glaubwürdig. Egal. Sie sah süß aus und sang ein herrliches “Sächsbomb” im passenden sächsischen Dialekt. Höhepunkt: “Isch bin ‘ne Sächsbomb, hotte, hotte, hü.” Etwas albern, aber im Kontrast von Bild zu Ton sehr klasse.
Zwei weitere Solostücke von Bastian Pastewka und Olli Dittrich waren teilweise sehr gut, aber trotzdem leider zu lang. Ich hatte das Gefühl, dass einfach jeder 10 Minuten voll kriegen wollte und darum alles etwas ausweitete. Danach aber ein tolles Stück, als alle zusammen ein Burt Bacharach-Stück spielten, das die Carpenters gesungen hatten. “Close to you”, ein wunderschönes Lied, das von Bastian Pastewka gesungen und am Flügel gespielt wurde. Er sang schön ruhig, seine Stimme war sehr gut und die Töne sauber getroffen. Den Backgroundchor schwabberten die “Affen” softig weich, und es war romantisch und zart.
Im Mittelteil holte sich Olli Dittrich eine Trompete, hob sie langsam an, um die Solostelle zu spielen, und ich starrte ihn bewundernd an. Wow! Er spielte Trompete! Bei den ersten Tönen fiel ich allerdings fast vom Stuhl. Mit völlig ernster Miene trötete er ungekonnt ungefähre Töne mit grauenhaftem Klang, während Pastewka am Flügel sanft weiterspielte, als wäre das Solo wunderbar und sehr gelungen. Total komisch, ohne jedoch das schöne Lied zu zerstören. Großartig!
Eine improvisierte lange Nummer im Wiener Dialekt machte riesigen Spaß, weil so viel spontan fabrizierter Schwachsinn von der Bühne kam, dass es ein reines Vergnügen war. Bastian Pastewka verirrte sich immer komplizierter im Wiener Prater in eine Gondel zu einem Windpocken-Knaben und fand keinen Ausweg mehr. Olli Dittrich, der ihm die Vorlage gegeben hatte, musste immer wieder vergnügt loslachen und ließ ihn einfach hängen. Schließlich platzte Pastewka raus: “Lasst uns um Himmels Willen was singen, ich komme aus der Scheiße nicht mehr raus!” Großes Gelächter beim Publikum. Ein gesungenes, witziges “Memories”, das in “Memory spielen” umgeändert war, dann war laut umjubelter Schluss.
Meine Meinung: Ich finde Olli Dittrich und Bastian Pastewka klasse. Die können was. Der Abend war lustig, auch wenn ich etwas enttäuscht war, weil sie viel mehr können, als sie gezeigt haben. Ein paar bessere Gags, die Parodien etwas gekürzt, mehr gemeinsam erarbeitete Sketche oder auch Improvisationen, dann wäre es wirklich klasse. So war es vergnüglich, aber nicht umwerfend. Allerdings wäre ich sofort bereit, mit ihnen zusammen in einer Kneipe zu sitzen, viel zu lachen und Quatsch zu machen. Und dann würde ich bestimmt auch bei den flachen Gags kichernd unter dem Tisch liegen und alles total witzig finden. Alternativ würde ich mir wünschen, dass sie mehr ernste Zwischentöne dazu nehmen, die dann, bei aller Komik, sehr berühren können.