WG Konzertberichte

Wise Guys – 12.09.2002 – Philharmonie – Köln … mit Kuhdose

Die Philharmonie war voll, das Licht ging aus und es blieb ungewöhnlich lange aus. Es war fast spannend, so im Dunkeln zu warten, wenn auch etwas untypisch, denn normalerweise kamen die Wise Guys immer sofort auf die Bühne gelaufen. Als sie dann mit Schwung aus der Seitentüre kamen und sich in der Mitte der großen Philharmonie aufstellten, gab es einen kräftigen Begrüßungsapplaus. Ohne Ansage ging es mit Showtime los, es war im Klang noch etwas dumpf, zog aber trotzdem gleich mit. Bei der Stelle “Heut simma hier!” jubelte das Publikum laut auf – kein Zweifel, eine Menge Leute freuten sich über diese Tatsache.

“Bevor wir einen Fehler machen, begrüßen wir zuerst den Z-Block”, sagte Dän und drehte sich zu dem Block hinter der Bühne um, in dem die Leute sofort begeistert klatschten. Im sogenannten ‘Gepäcknetz’ saß man zwar nahe an der Bühne, sah aber alles nur von hinten, so dass von der ausgeprägten Mimik der Darsteller, außer vielleicht einem leichten Wackeln der Ohren, nicht viel zu erkennen war. “Besser ein Wise Guys von hinten mit wackelnden Ohren, als gar kein Konzert”, sagten sich bestimmt manche der Besucher, und so waren diese Sitzreihen wieder erstaunlich gut gefüllt.

Zwei neue Dinge gab es für die erfahrenen Konzertbesucher zu sehen: 1. Ferenc hatte ein neues Hemd an, das mir sehr gut gefiel und schon wieder mit Gekritzel verziert war. Tja, was steht diesmal drauf? Er macht es für die Konzertgänger spannend. 2. Dän hatte ziemlich kurze Haare. Ich fand, es stand ihm recht gut, aber ganz ehrlich gefallen mir die längeren Haare bei ihm besser. Aber Haare wachsen heimlich nach, und wenn man ihn jetzt eine Weile von Scheren und Friseuren fern hält, wird das schon wieder. Mit dem Frühlingslied ging es weiter, und Clemens litt zur Freude des Publikums sehr unter den Begleiterscheinungen der Jahreszeit. Der letzte Ton war superschön. Hört sich etwas blöd an, denn die davor waren auch gut, aber das letzte “Uuuuuuuuh” war perfekt und klang so harmonisch, dass es prickelte. 

Dän verlangte das Saallicht und startete die Umfrage. Es gab zwar sehr viele Neuhörer, trotzdem aber eine größere Anzahl von Mehrfachtätern. Richtige Kölner waren in der Minderheit, “… aber sehr viel mehr als letzte Woche in Hamburg.” Sehr viele Leute waren mehr als 50 km angereist, manche sogar mehr als 500 km. Dän drehte sich zu seinen Kollegen um und stellte fest: “Wir entwickeln uns mehr und mehr zu einem Tourismusfaktor.” Mehrere Düsseldorfer outeten sich winkend auf den Stühlen stehend, was ihnen die Bemerkung einbrachte: “Düsseldorfer machen auch jeden Scheiß mit!” Vergnügtes Gelächter im Saal, und Das Leben ist zu kurz fetzte mitreißend los, auch wenn Saris Stimme etwas zu leise eingestellt war.

Danach der Deutsche Meister, dessen sanfter Anfang mir ans Herz ging, auch wenn ich eigentlich kein FC-Fan war. Für den Text gab es oft Zwischenapplaus, und bei jedem Refrain schunkelten und sangen ein paar Leute mehr mit. Allerdings wurde die rheinische Hin-und Herbewegung durch die Armlehnen an den Sesseln etwas erschwert, so dass sich der angestaute Bewegungsdrang erst am Ende durch großen Jubel und gellende Pfiffe Luft machte. Nach der Lautstärke des Applauses zu urteilen, war das Publikum in der Philharmonie gewonnen.

Das wär’s gewesen, wurde diesmal von Clemens in der Leadstimme ein wenig energischer und kräftiger gesungen. Das konnte aber auch an den seltsamen Geräuschen liegen, die am Anfang aus dem Bühnenbereich zu hören waren und sehr irritierten. Klatschte da jemand, oder war ein Mikro gestört? Zum Glück hörte es nach einiger Zeit auf, aber die ruhige Stimmung war etwas gestört. Ansonsten aber ein wunderschönes, leises Lied, auch wenn ich es noch mehr mag, wenn Clemens sanfter und verlorener singt. Diese schöne, wehmütige Traurigkeit, die man bei ihm dann hören kann, macht das Lied zu einem richtigen Erlebnis.

Nach dem Lied drehte sich Dän nach hinten um und bat: ”Mitklatschen im Z-Block bitte nur bei Liedern, bei denen sich das anbietet. Vielen Dank!” Aha. Das war also das Geräusch gewesen. Bei Kinder war Sari in der Leadstimme wieder etwas zu leise abgemischt, dafür der bedrohliche Zwischenchor viel zu laut, aber das Lied löste bei den Zuschauern spontane Heiterkeitsausbrüche aus und kam wieder mal richtig gut an. 

Eddi machte die nächste Ansage sehr fahrig, holpernd und verlor immer mal den Textanschluss. “Ääh, worum ging’s nochmal?” Ich wusste nie, wo es von ihm gespielt und wo es echt war und fand es darum genauso erheiternd wie seine Kollegen. Im Endeffekt wollte er wohl nur nur auf … ääh … ja, … mmmh, auf das Lied, glaube ich, hinweisen. Es hieß … mh … ach, ja … Was für eine Nacht.

Ferenc wummerte kräftig ins Handmikro, es zog wirklich volle Kanne ab und war der Beweis, dass man nur mit A-cappella und völlig ohne Instrumente richtig abrocken kann. Wow! Eines meiner Lieblingslieder, was nicht zuletzt am Text liegt, dem ich übrigens nur voll zustimmen  kann. Danach eines der ganz neuen Lieder: Sonnencremeküsse. Es waren gesungene Impressionen und Bildfetzen von einem Sommerurlaub, und ich hörte fast die Wellen leise rauschen und fühlte beinahe den Wind auf meiner Haut. Sehr lässig und soft von Dän gesungen, der Background war wunderschön leicht, es ging um Sonne, Sand, Salz, Meer und eine wunderschöne Zeit, die man zu zweit dort verbrachte. Kein spektakuläres Lied, aber sehr fein empfunden, die Stimmung kommt wunderbar rüber und mir gefiel es sehr.

Danach noch ein neues Lied mit viel Text, der schnell gesungen werden musste, wofür es bei den Wise Guys einen Experten gab: Den Sari. Er besang die Powerfrau, und ich lachte über den Text bis mir plötzlich auffiel, dass es nur so lustig war, weil nicht der Mann, sondern die Frau Karriere machte. Andersherum wäre der gleiche Text fast traurig, aber ziemlich normal. Komisch, dass es immer noch witzig ist, wenn ein fensterputzender Mann den Haushalt macht, während seine Frau arbeiten geht. Auch wenn es etwas Konzentration brauchte, um dem rasanten Text zu folgen, wurde viel gelacht und das Lied kam supergut an.

Sensationell war fetzig wie immer, und zum Schluss, der ja gar keiner ist, sage ich nichts. Unvermutet schallte in die nächste Moderation ein lautes, mehrstimmiges: “Feereeeenc!” vom Seitenblock, und Dän tadelte seinen Kollegen vorwurfsvoll: “Wir haben doch mit deinen Verwandten vorher gesprochen.” Dann musste Sari die ‘Kuhdose’ vorführen. Dän ließ ihm keine Chance zur Gegenwehr, und während Sari mehrfach kurz vor der eigentlichen Ausführung kieksend abbrechen musste, bogen sich die anderen drei schon vor Lachen. Dän ermahnte sehr ernst: “Wir sollten das jetzt nicht ins Lächerliche ziehen!”, woraufhin Sari einen erneuten Lachanfall bekam.

Endlich war es soweit. Sari, von einem Scheinwerfer angestrahlt, auf der Bühne der großen, seriösen Philharmonie, öffnete den Mund und blökte mit einem blöden Gesichtsausdruck vor 2000 gespannten Zuschauern ein hohles, tiefes: “Ööööööööööh!” Ferenc, Clemens und Eddi klappten lachend zusammen, und aus dem Publikumsbereich kam nur noch lautes, schluchzendes Gelächter. Superwitzig! Eddi rieb sich noch die Lachtränen aus den Augen, als Mädchen, lach doch mal los ging. Es wurde heftigst mitgeklatscht und dann war Pause.

Es ging weiter mit Wenn sie tanzt, wunderbar ruhig und wirklich schön gebracht, und danach kamen die Chocolate Chip Cookies. Wow! Diese prickelnde Atmosphäre, die von den Begriffen “Zucker” und “Mehl” ausgelöst wurde, die knisternde Erotik, als Ferenc mit verführerischer Stimme vom “luftdichten Behälter” sang! Die Zuschauer tobten so, wie sie noch nie nach dem Lesen eines Backrezept getobt hatten und waren begeistert. Ich glaube übrigens nicht, dass es nur am Rezept lag. Bei When I’m 64 legte Ferenc einen unglaublichen Bass hin, sehr kräftig, schön tief und einfach klasse! Ansonsten war es toll und witzig wie immer und der anschließende Jubel natürlich groß. Sing mal wieder fetzte um die Ohren und war auch choreographisch sehr beeindruckend. Danach Träum vom Meer bei blauem Licht und ganz ruhigem Publikum. Die Wise Guys nahmen sich Zeit, ließen die Pausen wirken und die Töne schwebten sanft durch den Saal. Total schön, und danach musste ich erstmal tief Luft holen.

Eddis Grimassen beim Root Beer Rag waren ausgeprägt wie selten, und das Publikum wurde mit extremer Aktiv-Meditation in die Wirklichkeit zurückgeholt. Bei King of the road übernahm endlich mal der Background das Wort “Idiot!” und warf es laut und hämisches dem Raser Ferenc vor die Füße. Also mir gefällt diese Variante besser und ich finde es logisch und witzig. Allerdings machte Dän am Schluss die Endlosschleife auf, indem er gemeinerweise den Schlussakkord einfach nicht sang, sondern immer wieder den Einsatz für die letzte Zeile gab. Der arme Ferenc musste ständig wiederholen, dass er der ‘König der Straße’ war, guckte schon mit blitzenden Augen zu Dän, kam aber nicht raus, wenn er nicht einfach abbrechen wollte. Der betont unschuldig guckende Kollege gab immer wieder den gleichen Einsatz und hörte erst dann sehr zufrieden auf, als dem letzten Zuschauer klar war, dass da jemand einen Sprung in der Platte hatte. Hinterhältig gemein, aber sehr witzig. Nach dem Lied konnte Clemens den tosenden Applaus für Ferenc nicht stoppen, und während Sari deprimiert über die Bühne schlich, und Eddi schon ganz verloren am Rand saß, übernahm Ferenc schließlich die Besänftigung der tobenden Masse und brachte alle mit einer einzigen Armbewegung zur Ruhe.

Dän erklärte, dass ein Afterglow in der Philharmonie leider nicht möglich wäre, und als er ergänzte: “… außer Sie kennen uns und haben das Passwort im Kopf”, platzten seine Kollegen vergnügt los. Ich stellte mir schon vor, wie Massen von Fans vor den Aufpassern stehen würden, um es mit der lauten Losung: “Niemals aufgeben, niemals kapitulieren!” zu versuchen, aber ehe ich mir die Reaktionen darauf vorstellen konnte, nahm Dän die Aussage schon zurück. “War’n Witz!”

Das letzte Stück des Abends war Schlag mich, baby. Hundertmal gesehen und immer noch ziehen sich meine Mundwinkel hochvergnügt bis zu den Ohren. Sofort beim Abgang gab es rhythmischen Applaus von 4000 Händen oder 2000 Besuchern, und die Wise Guys kamen zurück und legten mit Rasier dich los. Wunderschön, wie Clemens und Eddi im Hintergrund nach den fiktiven Geigen griffen, romantisch darüber strichen und sie ganz synchron wieder weglegten. Sari und Ferenc waren zum Weglachen gut, und ich kann nur immer wieder sagen, dass es einfach der Knaller ist und ich es total gut finde, dass sie es so überzeugend und wirklich umwerfend witzig bringen!

In den Applaus hinein kam eine der Philharmonie-Damen, überreichte jedem Akteur eine Rose und ließ Ferenc heftig zusammenzucken, als sie ihm mit Schwung eine Dorne in die Handfläche drückte. Die Wise Guys gingen ab, der Applaus donnerte weiter, auch wenn die ersten Hände schon auf dem Weg zum Parkhaus waren. Es klatschten nicht mehr 4000, sondern nur noch etwa 3982, aber das war nur mit geschultem Ohr zu hören. Also ICH merkte es nicht.

Die Wise Guys kamen auf die Bühne zurück, stellten sich auf, und als die ersten Töne von Golden Eye zu hören waren, ging ein begeistertes “Uuuuuuaah!” durch das Publikum. Anerkennendes Johlen, als Eddi den Zopf öffnete und zu Tina mutierte, danach räkelte er sich sehr lasziv an den Monitorboxen. Während hinter ihm die ‘Ich-weiß-gar-nicht-wo-ich-zuerst-hingucken-soll’-Show ablief, drang seine hohe, durchdringende Stimme bis in den letzten Winkel der Philharmonie. Es gab Standing Ovation, und unter gellenden Pfiffen kamen die Wise Guys ein letztes Mal zurück und sangen Jetzt ist Sommer. Die meisten Zuschauer blieben gleich stehen und klatschten mit. Als nach einer letzten Verbeugung der Hauptpersonen und dem Abgang im Laufschritt das Saallicht anging, hörte der Applaus schnell auf und die meisten Besucher beeilten sich, rechtzeitig in den Stau im Parkhaus zu kommen.


Showtime
Frühlingslied
Das Leben ist zu kurz
Deutscher Meister
Das wär’s gewesen
Kinder
Was für eine Nacht
Sonnencremeküsse
Powerfrau
Sensationell
Mädchen lach doch mal


Wenn sie tanzt
Chocolate Chip Cookies
When I’m 64
Sing mal wieder
Träum vom Meer
Root Beer Rag
King of the road
Schlag mich, baby
Rasier dich
Golden Eye
Jetzt ist Sommer