Berichte

Götz Alsmann, Bibi Johns, Bill Ramsey – 18.08.2002 – Köln

WDR4-Bühne, Köln

Gute Musik war auf dem Kölner Ringfest nicht einfach zu finden. Das meiste, was ich von den diversen Bühnen, die überall aufgebaut waren, zu hören bekam, machte „WumWumWum“ und war eintönig laut. Auf der WDR4-Bühne trat dagegen Götz Alsmann auf, und der spielt selbst ziemlich seichte Schlager aus früheren Zeiten so toll, dass die gute Musik darin zu erkennen ist. Ich mag seine Haartolle, sein Festhalten an der Nierentischzeit, die schmuseweiche Stimme und sein augenzwinkerndes Auftreten mit viel Humor.

Vor allem ist er ein sehr guter Musiker, bei dem es swingt und jazzt, und der Schätzchen auskramt, die sonst längst vergessen wären. Neben den musikalischen Schätzchen waren es diesmal auch die beiden Gäste, auf die ich mich sehr freute. Bibi Johns und Bill Ramsey, auch irgendwie von früher, aber mit Sicherheit noch heute voller Musik.

Zunächst kamen die Musiker der Band auf die Bühne, der Percussionist staubte sorgfältig den Klavierhocker des Meisters ab und setzte sich dann sogar hin- und herwedelnd darauf, um ihn zu polieren. Alle hatten korrekte dunkle Nadelstreifenanzüge an und wirkten sehr seriös. Als alles vorbereitet war, kam unter Jubel der Chef auf die Bühne, hatte einen hellen Anzug an, natürlich mit Brusteinstecktuch, die Tolle war hochgekämmt und es ging gleich swingend und mitreißend los.

Bassgitarre und Schlagzeug lieferten ein exaktes Fundament, der Percussionist gab passende Akzente und der Posaunist war einfach immer perfekt an der richtigen Stelle mit dem richtigen Ton da. Dazu Götz Alsmann singend am Flügel – einfach klasse!

Während mir Schlagzeuger und Gitarrist nicht besonders auffielen, weil sie halb verdeckt hinter dem Flügel standen und so unauffällig gut und genau spielten (sie waren so perfekt, dass sie einfach nur da waren und sich durch keinen Fehler bemerkbar machten), fiel mir der Percussionist mal wieder sofort auf. Ich beobachtete vergnügt, mit welcher Hingabe er auf die Bongos klopfte oder wie ernsthaft er im richtigen Moment über die Metallringe strich, um ein Glockengeräusch zu erzeugen. Sehr süß! (Eine reine Feststellung ohne ernsthafte Absichten!)

Konkurrenz bekam er aber auch von dem Posaunisten, der so lässig genau die passenden Töne ganz sauber traf, und in seinen Pausen immer wieder zufrieden auf Götz Alsmann oder den Percussionisten guckte und dabei so nett lächelte, bevor er wieder die Posaune ansetzte und die nächsten Töne blies.

Nach den ersten Liedern kam Bibi Johns auf die Bühne, war zierlich, klein und sehr süß, und sang eine Art Medley ihrer Hits, ‘Sag mir wo die Blumen sind’, ein Lied von Gilbert Becaud und ein romantisch-schönes ‘Dankeschön’. Götz Alsmann wurde sofort vom Hauptdarsteller zur kompetenten Begleitung und überließ ihr die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Genauso muss es sein; er lässt seine Gäste im Mittelpunkt stehen und begleitet sie musikalisch sehr einfühlsam.

Bibi Johns, deren Stimme schön jazzig sein konnte, auch wenn sie nicht besonders laut war, kam sehr gut an und bekam viel Applaus. Ein besonders schönes Bild gab es, als ein ungewöhnlich großer Fotograf die sehr zierliche und fast kleine Bibi Johns fotografieren wollte, und sich mit dem Oberkörper fast waagerecht neben ihr runterbeugen musste, damit die Kamera vor seinem Auge überhaupt in ihre Kopfhöhe kam.

Danach ging es erstmal mit der Band weiter. Götz Alsmann, der begnadete Selbstdarsteller hatte das Publikum im Griff, sang sanft ins Mikro, fetzte los, swingte und rockte auf dem Flügel und warf zwischendurch Kusshände ins Publikum. Sehr mitreißend und hochmusikalisch.

Die Fans honorierten alles mit Klatschen und Jubeln, und die Stimmung war klasse und wegen der brennenden Sonne auch tatsächlich richtig heiß. Hilfskräfte verteilten Wasser aus Eimern und rannten völlig verschwitzt nach immer neuem Nachschub, damit drohende Hitzekollapse der Zuschauer verhindert werden konnten. Leider gab das eine ziemliche Hektik im Bereich zwischen Bühne und Absperrung, und als Götz Alsmann bei einem sanften Lied ganz leise wurde und nach dem ungefähren Wortlaut: “die Kinder werden stumm”, eine kurze Pause machte, hörte man einen der Helfer laut: “Noch Tassen da?” ins Publikum rufen. Es gab natürlich Gelächter, auch wenn es eigentlich ziemlich störend und blöde war.

Zu einer kleinen Pause verließ die Band die Bühne und Götz Alsmann packte eine kleine Ukulele aus, erzählte ein bisschen viel über Mozart und schaffte es dann den ganzen Platz sehr still zu bekommen, als er spielte. Ein einzelner Mann, der auf einer großen Bühne vor einem Mikro steht, ein ruhiges Lied singt, sich auf einer kleinen Ukulele mit mageren vier Saiten begleitet und Hunderte von Leuten zum Zuhören kriegt.

Die Band kam zurück, spielte noch was Nettes, dann war der zweite Gast dran, Bill Ramsey. Vorher hatte mir noch eine ältere Frau erzählt: “Der Ramsey hat ‘Ohne Krimi geht die Minni nicht ins Bett’ gesungen. Und er hat deutsche Filme gespielt.” Aber abgesehen davon, dass die Dame ‘Mimi’ hieß und ‘nie’ ins Bett ging, konnte Bill Ramsey richtig gut jazzen, was in Deutschland aber leider nie sehr gefragt war.

Er legte jedenfalls gewaltig los, musste bei einer Einleitung sogar “wie die Mainzer Hofsänger knödeln”, weil das so geschrieben war, wie er vorher warnte und sagte dann sehr witzig mit seinem amerikanischen Akzent: “Isch muß die Hände rrrischtig halllten wegen die knödellln.”

Sein ‘Route 66’ war klasse, besonders weil er auch Reime auf die Route 65, 64, und 63 hatte, aber als er dann ‘Georgia’ sang, lief mir eine Gänsehaut den Rücken runter. Nicht nur, weil er vorher Götz am Flügel als ‘Nat King Cole’ vorstellte, den tollen Musiker und Sänger, sondern weil in ‘Georgia’, gesungen von Bill Ramsey, mehr Musik steckte, als an allen anderen Ring-Bühnen an diesem Tag zusammen gemacht wurde. Es war eine unglaubliche Dynamik, ganz tiefes Gefühl und einfach total supergut.

Im weiteren Verlauf des fast zweistündigen Konzertes hörte ich noch ein Duett von Bill Ramsey und Bibi Johns, viel Götz Alsmann mit Band, erlebte eine heiße Tanznummer von Götz und dem Posaunisten, die die Luft zum Kochen gebracht hätte, wenn die nicht sowieso schon geflimmert hätte, und war am Ende sehr begeistert. Götz Alsmann und Band von dem tollen Publikum auch, denn sie gaben eine Zugabe mehr als geplant und hatten sichtlich Spaß an dem Auftritt.

Auf dem Rückweg quer durch die hämmernden Rhythmen hörte ich den ganzen Ring entlang nur im Bauch klopfendes “WummWummWumm”, sah auf diversen Bühnen hüpfende, bauchnabelfreie Mädels und war zum Glück gerade an der Bühne vorbei, auf die Jürgen aus dem Big Brother Container trat und hinter mir: “Seid ihr alle gut drauf???” brüllte. Anscheinend hatte ich auf der WDR4-Bühne am Sonntag mit Götz Alsmann und Band, Bibi Johns und Bill Ramsey den größten Anteil an richtig guter Musik erlebt, der auf dem gesamten Ringfest zu hören war.