WG Konzertberichte

Wise Guys – 16.06.2002 – HS Menden – St. Augustin … mit 1000 Energiesparlampen

Auf den Eintrittskarten stand das Datum 26. Januar und der Preis war noch in vertrauten DM angegeben, denn das Konzert musste vor einigen Monaten aus Krankheitsgründen verschoben werden. Anstatt also in Frostkälte bibbernd vor der Türe auf den Einlass zu warten, standen die Besucher luftig gekleidet und in Urlaubsstimmung davor und genossen den Sommertag. Als die Türen aufgingen, blieb aber trotzdem keiner draußen, denn erstmal mußte ein schöner Platz gesucht werden. Bei über 700 Möglichkeiten keine leichte Auswahl.

Die große Aula war an der Decke ziemlich betonig, und hatte dort ein scherengitterartiges Beleuchtungssystem angebracht, das mit sehr vielen Energiesparlampen bestückt war. Durch die hohe Anzahl der Lampen wurde das Energiesparen dann doch wieder in Frage gestellt. Es gab eine Eckbühne, Vorhänge milderten das einfallende Sonnenlicht und beim Blick auf den Boden bekam ich leuchtende Augen. Schwarzer Granit mit ganz vielen mittelgroßen, weißen Rheinkieseln. Fußböden waren mir bei meinen bisherigen Konzertbesuchen nie besonders aufgefallen, aber der in der Hauptschule Menden war wirklich etwas Besonderes. Wie Pippi Langstrumpfs Pferd, nur umgekehrt, also viele weiße Punkte auf Schwarz. Ich war gespannt, ob es mir gelingen würde den Blick im Verlauf des Konzertes auch mal auf die Bühne zu richten.

Die Aula war voll, das Licht ging aus und trotzdem blieb es ein wenig hell, weil hinter den Vorhängen die Sonne strahlte. Auf der Bühne ging das Licht an und die Wise Guys standen da in ihren schwarzen Bühnensachen. Huch? Hatte ich etwas verpasst? Das waren doch die Sachen vom zweiten Teil, die erst nach der Pause getragen wurden. Hatte ich zu lange auf den Fußboden gestarrt und die erste Hälfte verträumt? Nein, zum Glück begannen sie mit Showtime, aber zu meinem Schrecken hörten sie sich ziemlich grässlich an. Metallisch, hart und wie aus einem schlechten Radio. Schade, denn der Opener sollte eigentlich die gute Kennenlernnummer sein und nicht Neuhörer abschrecken. Aber mir ist natürlich völlig klar, dass beim Soundcheck die Einstellungen so gut wie möglich gemacht werden, der Klang in so einer Betonaula dann aber trotzdem ganz anders ist, wenn sie voller Menschen ist. Reinhard, der am Ton saß, drehte dann auch an vielen Knöpfen und ganz unauffällig wurde es Stück für Stück besser. Nachher war ich ganz zufrieden und fand es für die Örtlichkeiten gut gelöst.

Am Ende von ‚Showtime‘ gab es trotzdem sehr guten, langen Beifall und die St. Augustiner waren begeistert. Vielleicht kannten sie den Klang auch gar nicht anders. Dän begrüßte zum „offiziellen Alternativprogramm zur Fußball-Weltmeisterschaft“, machte ein paar seiner üblichen Bemerkungen und das Publikum verstand alle Gags sofort, lachte offen los und hatte überhaupt keine Anlaufschwierigkeiten. Gute Reaktionen, die auch Dän motivierten. Der Abend versprach sehr schön zu werden.

Clemens’ unvergleichlich gute Mimik beim Frühlingslied brachte große Heiterkeit, und am Lachen konnte ich erkennen, dass einige Neuhörer im Saal waren. Bei der anschließenden Publikumsbefragung, bei der alle 2000 Energiesparlampen losstrahlten, meldeten sich dann auch recht viele Neuhörer und sogar zwei mutige Düsseldorfer. Deutscher Meister begann schön leise, und im Saal war es ganz ruhig. Ganz zart setzten die Wise Guys den ersten Refrain an, superschön und zum Dahinschmelzen. Im Verlauf des Liedes wurde es dann aber immer temperamentvoller und der Refrain konnte, wie vorher angekündigt, wirklich nach dem zweiten Hören mitgesungen werden. Das Lied kam sehr gut an und wurde laut beklatscht, auch wenn nicht sehr auffällig mitgeschunkelt wurde. Das fand ich sitzend und mit einem älterem, mir unbekannten Nachbarn aber auch nicht so einfach.

Die Single-Moderation machte bei diesem tollen Publikum sehr viel Spaß, weil die Zuschauer aufmerksam waren und sofort mit leisem, zufriedenem Gekicher, oder auch lautem Gelächter reagierten. Oh, Scheiße war beeindruckend schön und der Kontrast zwischen der sanften Musik und dem nicht so schönen Kraftausdruck war wunderbar komisch. Gleich danach Das wär’s gewesen, was ich in der Reihenfolge nicht gut gewählt fand, weil sich beide Lieder zu ähnlich waren. Bei beiden gab es eine Leadstimme und einen ruhigen Backgroundchor. Vorher klagte Eddi, dass er ’sie‘ bekam, ohne es zu wollen, und danach klagte Clemens, dass er ’sie‘ wollte, aber nicht bekam. Na, nicht tragisch, es war ein wunderschönes Lied, bei dem besonders die klare, ruhige, leicht von Ton zu Ton springende Stimme von Clemens beeindruckte. Auch seine immer nur leicht veränderte Mimik brachte seine Gefühle sehr überzeugend rüber. Sehr romantisch und ein wenig traurig. Der Beifall danach war laut, aber ohne Pfeifen und Jubeln, doch davon darf man sich nicht täuschen lassen. Wenn es mich im Herzen ergreift, kann ich danach nicht losbrüllen, sondern nur laut und ehrlich klatschen.

Nach der Anmoderation von Kinder hatte das Publikum inhaltlich etwas ganz anderes erwartet und lachte nach der ersten Zeile überrascht los. Das Gelächter blieb im Saal, es gab große Begeisterung und sogar Szenenapplaus. Auch Was für eine Nacht riss alle mit, und der Refrain wurde heftig mitgeklatscht. Supergut! Der Applaus war noch größer als bei ‚Kinder‘ und das freute mich persönlich, denn ich bin überzeugt, dass das Lied noch richtig gut abgeht. Meine heiße Liebe wieder die Rundum-Comedy-Show und einfach klasse! Clemens ertrug es mit Fassung, dass sich am Ende keiner mehr für ihn interessierte und überließ den Applaus den Quatschmachern. An das Ende von Sensationell werde ich mich übrigens nie gewöhnen! Aber ansonsten war’s wieder sehr schön.

Die Anmoderation von Mädchen, lach doch mal hatte eine überraschende Änderung, denn Dän stellte die Rhythmiker Eddi und Sari nicht wie üblich als „untalentiert“ vor, sondern sagte: „… wobei ich heute sagen muss, sie sind sehr begabt.“ Eddi und Sari guckten ihn überrascht an, ihr Blick zeigte deutlich „Was is’n jetzt los?“, und nur Clemens grinste breit und vergnügt. Die Auflösung erhielt ich hinterher: Im Publikum saß eine Zuschauerin, die sehr begeistert, aber immer völlig falsch mitklatschte, was Dän und Clemens sofort aufgefallen war. Nach dem Lied gingen die Wise Guys unter Jubel und gellenden Pfiffen ab in die Pause, und das gut gelaunte Publikum zog fast komplett auf den sommerlichen Schulhof ab.

Zum zweiten Teil kamen die Jungs in ihren sommerlichen, bunten Bühnensachen zurück, und das Publikum klatschte staunend. Das zeigte deutlich, dass es völlig egal ist, was sie wann tragen, Hauptsache anders. Allerdings passten die bunten Sachen viel besser zum Sommerabend, und auch Clemens hätte seine kostümtechnisch vorgesehene Jacke bei solchen Temperaturen ruhig ausziehen und im T-Shirt auftreten können. Wenn sie tanzt wurde vom Publikum sehr aufmerksam angehört und am Schluss kräftig und lange beklatscht. Sehr schön. Danach die Chocolate Chip Cookies – mir ist ein Backrezept nie vorher so sexy und lasziv erzählt worden! Wow! Da kriegt man ja richtig Spaß am Backen. Besonders Eddi mit seinem verführerischen: “Abstand halten, denn die Dinger gehen auf!” war schön. Überall lachende Gesichter und am Ende viel Beifall.

When I’m 64 war natürlich wieder der Knaller und das nachfolgende Lied musste warten, bis das begeisterte, rhythmische Klatschen aufgehört hatte. Dann aber Sing mal wieder, sehr groovig, im Mittelteil wunderbar jazzig und mit schönen Choreographie-Sahnehappen. Danach bei blau-grünem Licht ein wunderbares Träum vom Meer. Es war ganz, ganz still im Saal, und ich habe keine Ahnung, warum mir bei diesem Lied vom ersten Ton an ein seltsames Kribbeln durch alle Muskeln geht, mich total ruhigstellt und ich immer wieder beeindruckt bin. Es macht etwas mit mir, das ich nicht beeinflussen kann. Sehr ungewohnt und ich nehme das mit Staunen zur Kenntnis.

Zum Aufwachen danach der Root Beer Rag, sensationsschnell und nur die Kopfchoreographie beim hin- und herwackeln müsste nochmal überarbeitet werden, denn das sah inzwischen alles ziemlich durcheinander und ungeplant aus. Ferenc zog das Publikum mit King of the road in seinen Bann und bekam natürlich tosenden Applaus. Dän kündigte das letzte Lied an und das Publikum reagierte mit lauten “Ooooooh”s, die aus allen Ecken immer wieder neu kamen. Ganz streng drohte er: „Wir können auch SOFORT gehen!“ Dickes Gelächter, und er machte eine lange Anmoderation über eine unbekannte Sängerin und erotische Choreographien. Es war viel pseudokluges Gelaber und als ganz am Schluss der Name Britney Spears fiel, gab es einen Lachaufschrei vom Publikum. Quietschendes Gelächter und strahlende Augen bei der Tanzperformance von Schlag mich, baby und am Ende Geklatsche, Pfiffe und Riesenapplaus.

Die erste Zugabe war Jetzt ist Sommer, Dän ermutigte: „Sie dürfen auch aufstehen!“ und war mit dem Satz noch nicht fertig, als die beiden ersten Reihen schon standen. Keine 10 Sekunden später stand der ganze Saal, es wurde mitgeklatscht, Sommerfeeling zog durch den Raum und es war einfach wunderbar. Abgang unter Superapplaus, Zugaberufe und natürlich ging es weiter. Breit grinsend sah ich Ferenc und Sari bei Rasier dich zu und amüsierte mich sehr. Leicht kitschig, wunderschöner Backgroundchor und mit völlig ernster Miene von Sari und Ferenc gesungen und getanzt. Zum Weglachen gut und einfach total klasse! Ich fand es von vorne bis hinten toll und hätte nur einen winzigen Verbesserungsvorschlag: Am Ende, wenn Eddi wie der sterbende Schwan zusammensinkt, sollte er langsam in den Spagat rutschen. Das käme noch besser. Die Arme elegant über den Kopf gehalten, ein perfekter Spagat – na, den kann er ja in der Sommerpause mal üben und im Herbst damit überraschen!

Standing Ovations nach ‚Rasier dich‘ und es kam eine letzte Zugabe. Schon der Satz „Es ist ein James Bond Film …“ löste laute Begeisterung aus. Blaues Licht und Nebel auf der Bühne wirkten superklasse, weil es inzwischen draußen dunkel geworden war, und als die Wise Guys mit gezückten ‚Waffen‘ langsam auseinander gingen und ihre Schatten auf dem Bühnenhintergrund zu sehen waren, war es richtig spannend und unheimlich. Eddi sang super und sein Ton am Schluss war knallhart, schneidend und einfach wow!

Viel, viel Applaus, lauter Jubel, gellende Pfiffe, Superstimmung und ich rechnete bei diesem Publikum fest mit einer vierten Zugabe. Doch dann gingen die Millionen Energiesparlampen an, es wurde hell, urplötzlich verebbte der Lärm und alle standen auf und gingen begeistert raus.

Der Afterglow war mal so richtig ungemütlich, denn obwohl es noch Brötchen und Getränke gab, wurde mit Höllenlärm aufgeräumt. Stühle wurden quietschend über den Boden geschoben, Tische mit Pistolenknalleffekt zusammengeklappt und ich zuckte immer wieder zusammen und fühlte mich schwer im Weg. Die Wise Guys schrieben in dieser Umzugsstimmung Autogramme, stellten sich vor blitzende Fotoapparate und bekamen von zwei Mädchen, den Sweet sheeps, noch ein auf sie getextetes Lied vorgetragen, dann war Ende. Erst auf dem Rückweg fiel mir auf, dass ich überhaupt nicht mehr auf den Fußboden geguckt hatte. Beruhigend, dass die Wise Guys dann doch attraktiver waren.


Showtime
Frühlingslied
Deutscher Meister
Oh, Scheiße
Das wär’s gewesen
Kinder
Was für eine Nacht
Meine heiße Liebe
Sensationell
Mädchen lach doch mal

Wenn sie tanzt
Chocolate Chip Cookies
When I’m 64
Sing mal wieder
Träum vom Meer
Root Beer Rag
King of the road
Schlag mich, baby
Jetzt ist Sommer
Rasier dich
Golden Eye