Wise Guys – 05.03.2002 – Bürgerhaus – Quadrath-Ichendorf … mit Gewinnspiel
Fünf Tage vor dem Konzert lachten mich von der Titelseite des wöchentlichen Werbeblattes überraschend die Wise Guys an. Eine kleine Postkarte hingeschickt, und es konnte eine Wise Guys CD oder Eintrittskarten für das Konzert in Quadrath-Ichendorf gewonnen werden. Natürlich machte ich sofort mit. Der Gatte sah mir kopfschüttelnd nach, als ich mit der Karte zum Briefkasten marschierte. Die CD hatten wir schon und sogar Eintrittskarten für das Konzert. Aber ich handel eben unlogisch habe selbst für mich schwer nachvollziehbare Gedankengänge. Einfach mal beim Wise Guys Gewinnspiel mitmachen – das war doch nett.
Erst vier Stunden vor dem Konzert stellte ich fest, dass ich keine Gewinnbenachichtigung bekommen hatte. Na, da musste ich eben doch mit den eigenen Eintrittskarten los und weiterhin die eigenen CDs hören. War ja auch egal.
Vor dem Bürgerhaus stellten wir uns rechtzeitig an der ordentlich aufgebauten Schlange an und sahen zu, wie sie immer weiter anwuchs. Als das Ende nicht mehr zu sehen und die geplante Einlasszeit von sieben Uhr verstrichen war, wurde es unruhig. Immer mehr Ankommende mischten sich einfach von der Seite dazu. Das waren in Quadrath-Ichendorf fast nur gepflegte, eher biedere Leute um die 50, die mit teilweise unverschämter Ignoranz alle Proteste der Anstehenden überhörten und sich vorne anstellten. Wahrscheinlich genau diejenigen, die sich an anderer Stelle über das unsoziale Verhalten von Jugendlichen aufregen.
Ob richtig oder falsch angestellt, schließlich waren alle 750 Leute im Saal des Bürgerhauses und machten es richtig voll. Das Publikum kam mir im Schnitt etwas älter als sonst vor, und es waren relativ wenige Kinder und Jugendliche dabei. Kurz vor Beginn des Konzertes, die übliche Dudelmusik lief noch, begannen plötzlich einige Leute den Rhythmus mitzuklatschen. Auf 2 und 4! Das ließ hoffen, auch wenn diese hochmusikalische Darbietung recht schnell wieder versickerte. Es gab einen Getränkeverkauf im Saal, so dass im Verlauf des Konzertes mit dem zusätzlichen Klangerlebnis umgestoßener Flaschen gerechnet werden musste, die dann klirrend unter den Stühlen ausrollen würden, aber dafür würde keiner mit dumpfem Aufprall verdurstet vom Stuhl kippen können. War ja auch was.
Völlig überraschend ging das Licht aus, und unter freudigem Aufschrei des Publikums kamen die Wise Guys sofort auf die Bühne gesprungen. Es begann mit Showtime, und das Licht auf dem blauen Vorhang sah sehr schön dazu aus. Großer Beifall, und Dän begrüßte die Zuschauer im komplett holzverkleideten Saal mit: „Wir sind zum zweiten Mal in der Großraumsauna in Quadrath-Ichendorf“, was optisch passte. Bei der Anmoderation des Frühlingslieds sah Clemens so erbärmlich aus, dass es lautes Lachen über seine Haltung und Mimik gab. Während des Liedes dann vergnügtes, aber etwas verhaltenes Gelächter, ein Mann schräg vor mir schlug sich beim ersten „Anna hat Migräne“ mit überschäumender Freude auf die Schenkel und lachte mit weit offenem Mund sie neben ihm sitzende Frau an, die etwas verkniffen zurückgrinste. Oha!
Ohne weitere Ansage ging es mit Ich war noch nie bei RTL weiter, das im Refrain begeistert mitgeklatscht wurde. Leider auf 1 und 3. Im letzten Refrain forderte Dän auf: „Jetzt alle!“, und obwohl die Wise Guys es richtig vormachten, klatschten etwa 740 Leute auf 1 und 3, und die restlichen 10 mit den Wise Guys zusammen auf 2 und 4. Keine Chance. Dän wies danach vorsichtig darauf hin, dass es in diesem Klatschrhythmus „ein wenig Marschmusik“ sei, was das Publikum sehr amüsierte, aber nicht weiter beeinflusste.
Für die Zuschauerbefragung erbat Dän ein bisschen Saallicht und ZACK! war es strahlend hell. „Uuaaah!“ stöhnten die geblendeten Besucher und kniffen erstmal die Augen zu. Es gab recht viele Neuhörer, aber trotzdem etwas mehr Mehrfachhörer. Die meisten kamen aus der näheren Umgebung, und auf die Frage, wer mehr als 150 km angereist wäre, meldete sich nur ein Besucher. Auf die Frage woher er käme, antwortete er laut: „Aus Togo!“ und sah bei näherem Hinsehen sehr dunkelhäutig und afrikanisch aus. Großes Gelächter, und Dän sagte amüsiert: „Sie werden jetzt noch nachweisen müssen, dass Sie nur wegen uns gekommen sind!“ Grinsend schob er hinterher: „Normalerweise sage ich jetzt: Da kommen wir auch bald hin, aber bei Ihnen ist das eher unwahrscheinlich.“
Das Leben ist zu kurz war mir wieder zu schnell und ich befürchte, dass die Textverständlichkeit darunter leidet. Ganz genau kann ich das aber nicht beurteilen, weil ich den Text auswendig kann. Ich finde es aber fast anstrengend, zuzuhören und alles bei dem Tempo gut zu erfassen. Der Klang in der Riesensauna war anders als sonst bei Wise Guys Konzerten. Mir fehlte etwas Fundament, aber es war trotzdem sehr reizvoll, weil jede einzelne Stimme transparent und klar war. Ganz natürlich, und man konnte sich auf jeden Sänger konzentrieren und ihn perfekt raushören. Das gab manchmal ein ganz neues Klangbild und passte sehr zur A-cappella-Richtung. Allerdings fehlte dadurch auch ein wenig vom Volumen und der leichten Vermischung der verschiedenen Stimmen, die oft ein wenig die kleinen Kanten ausgleichen kann. Nach genauem Hinhören musste ich sagen, dass der Klang ungewohnt, aber unteressant war. Eine CD in dieser Art wäre perfekt, um die Wise Guys im gemütlichen Sessel, mit geschlossenen Augen und Kopfhörer über den Ohren sehr eindrucksvoll genießen zu können.
Die ‘Single’-Moderation von Dän ergab wieder hochvergnügtes Gelächter und kam einfach gut. Perfekte Pausenplatzierung, Mut zur Lücke und damit richtig gute Comedy. Allerdings gefiel mir seine Stimme nicht so gut, denn sie war noch rauher als beim Koblenzkonzert. Oh Scheiße wurde sehr belacht und war diesmal gar nicht so ruhig, obwohl es trotzdem seine herzbewegenden Stellen hatte. Bei der heißen Liebe wurde richtig laut gelacht und es gab endlich mal einen Applaus, der deutlich lauter als normal war. Die Stimmung im Saal war sehr vergnügt und gut gelaunt, trotzdem blieben die Reaktionen etwas zurückhaltend.
Eddi nutzte die komplette Bühne für Die Frau hat Rhythmus, und es war faszinierend, wie ruhig seine Stimme selbst bei schnellen Laufschritten blieb. Keine Hoppler und Wackler, er hat da wohl ein Anti-Ruckel-System eingebaut, wie es das auch in Walkmans gibt. Das Lied ging gut ab und erhielt auch guten Applaus. Danach wies Dän für die Pause auf den Verkaufsstand im Foyer hin und zog dabei über Eddis Songbook her. Zu alt, zu teuer, „für die 16 Euro würde ich mir lieber ’ne CD kaufen!“ Werden durch diese Ansage wegen des Mitleideffektes eigentlich mehr Hefte verkauft? Mädchen, lach doch mal machte nochmal richtig Stimmung, wurde heftig mitbeklatscht, und kaum waren die Wise Guys von der Bühne verschwunden, knallte das Licht an und es war Pause.
So plötzlich wie das Licht angegangen war, ging es am Ende der Pause auch wieder aus. ZACK! und es war dunkel im Saal. Die letzten Leute, die ahnungslos im Foyer gestanden hatte, hetzten stolpernd zu ihren Plätzen und die Situation war ganz schön blöd, weil die Wise Guys schon auf die Bühne kamen und mit Wenn sie tanzt begannen. So ein ruhiges Lied konnte die Unruhe und das Stühlerücken gar nicht gebrauchen, und es war gut, dass recht schnell alle ihre Stühle gefunden hatten und es ruhig wurde. Däns Stimme war so belegt und rauh, dass ich ihm am liebsten einen Topf heiße Suppe gekocht hätte. Allerdings muss ich anerkennend sagen, dass sich seine Stimme für mich ziemlich krank anhörte, er auf der Bühne aber eine wache, lebendige und fitte Vorstellung gab. Zuschauer, die nicht oft auf Konzerten sind, werden wohl kaum etwas gemerkt haben. Es wird einfach Zeit, dass mal wieder Auftrittspause ist.
Über SMS versorgt, konnte Dän danach vermelden, dass der Zwischenstand im Spiel ‘Bayer Leverkusen’ gegen ‘1. FC Köln’ noch 0:0 war, eine Information, die mit fröhlichem Applaus kommentiert wurde. Neu dazugelernt hatte er, dass es eine Art Feindschaft zwischen Quadrath und Ichendorf geben solle. „Wir sind sehr erstaunt. Wir wussten nicht, dass es da einen Unterschied gibt.“ Da war ein Teil der Zuschauer aber ganz anderer Meinung und bestand auf die Unterscheidung, wie man deutlich hören konnte.
Bei der Atmo-Ballade saß ich natürlich wieder inmitten der Eulen. Naja. Eddis „Fftftftftftftf – plopp!“ löste großes Gelächter aus und wurde ganz gut nachgemacht. Dän: „Es war nicht wirklich gut, aber auch nicht richtig schlecht. So die Mitte.“ Saris „Krrrrrrroooooook“ kam sehr schlecht zurück und Dän sagte: „Das war was dünn. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es im Verlauf des Liedes noch abstirbt.“ Als er die Uhus demonstrierte, sah er so schön blöd aus, dass der Saal vor Lachen losplatzte. Als dann Clemens optisch noch viel blöder den Einsatz geben wollte, war es mit der Beherrschung aus. Die Eulen fielen dementsprechend schwach aus und Dän kommentierte: „Na, das war ja praktisch gar nichts. OK, wir müssen ja mit dem leben, was Sie uns geben.“ Mit diesen nicht besonders guten Voraussetzungen ging es in den Kaiser Franz, ein meckerndes Schaf wurde schnell noch zurechtgewiesen, und bei giftgrün leuchtendem Nebel und viel Getier im Wald wurde von den Zuschauern sehr locker und laut über den abgedrehten Text gelacht. Klasse!
Willst du mit mir gehn brachte aus dem zurückhaltenden Publikum nur wenige Schreie für Saris sexy Hüftschwung und heftigen, aber erstaunlich kurzen Endapplaus. Bei When I’m 64 gab es lautes Gejubel bei Däns Strophe. Kölsche Heimatklänge in Quadrath-Ichendorf – die rheinischen Zuhörer reagierten begeistert. Bei Saris Strophe klappten dann einige Zuschauer lachend auf ihrem Sitz nach vorne und die Stimmung kochte hoch. Allerdings war das letzte „Plem-Plem“ am Ende des Liedes noch deutlich zu hören, was erfahrenen Konzertgängern sagt, dass die Stimmung nicht am Überkochen war.
Sensationell fetzig wie immer und auch der Root Beer Rag zog ab. Danach dann das neue Lied von Ferenc: King of the road. Eine gute Woche vorher hatte ich es zum ersten Mal in Koblenz gehört, und heute gefiel es mir noch viel besser. Der Background war an manchen Stellen immer noch etwas wenig, aber es fiel mir gar nicht mehr richtig auf, denn Ferenc war viel lässiger und zog sehr locker und überzeugend seine Show ab. Er zeigte das, was er als Text sang, auch mit Stimme und Mimik sehr eindrucksvoll, war mal sanft und charmant, mal rotzig und cool. Sehr klasse!
Golden Eye hatte ich wahrscheinlich schon hundertmal gehört, aber es war mir immer noch nicht zu viel. Ich war wieder begeistert und völlig fasziniert von Eddis Stimme und dem ganzen Aufbau des Liedes. Superklasse! Nur die harte Beleuchtung am Anfang, die statt Augen ekelig schwarze Löcher sehen ließ, erwies sich als äußerst ungünstig. Die Jungs sahen alle ziemlich alt aus und ich beschloss sofort, dass ich mich nicht von unten beleuchten lassen würde. Die späteren Lichteffekte waren aber klasse, und als Eddi plötzlich von hinten gelb angestrahlt wurde und seine Haare wie ein Leuchtkranz um das Gesicht standen, ging ein begeistertes Raunen durch die Menge.
Beim Abgang der Wise Guys gab es sofort Zugabe-Rufe und als sie zurückkamen, kündigte Dän eine gute und eine schlechte Nachricht an. „Die gute: Köln hat ein Tor geschossen! Die schlechte: Es war ein Eigentor. 1:0 für Leverkusen.“ Im Gelächter des Publikums konnte man ihn noch kopfschüttelnd „Unfassbar!“ murmeln hören.
Da die Wise Guys zu viert auf der Bühne standen, wussten Insider, dass Ich will keine A-cappella dran war. Marcello Sarini eilte in offenem Hemd auf die Bühne und erhielt nur sehr wenig Applaus. Hey, was war mit dem Publikum los? Dafür glich Dän das mit seiner Moderation aus, die auf einen dem Publikum unbekannten Vorfall anspielte und auf der Bühne massive Lachanfälle auslöste. Als er mit ernster Miene erzählte, dass Marcello seine komplette Brustbehaarung bei einem Unfall mit einer Laminiermaschine verloren hätte, brach Sari sofort in Lachen aus und auch die anderen grinsten breit los. Dass die Brustbehaarung jetzt angeblich in Plastik eingeschweißt im Café hänge, brachte Clemens, den Meister der Selbstbeherrschung, aus dem Konzept. Er klappte lachend nach vorne und konnte kaum noch aufhören. Bis zum ersten Ton hatten sie sich alle mühsam wieder gefangen, aber das Lachen lag ihnen noch im Gesicht. Sehr schön, auch wenn man keine Ahnung hatte, was da passiert war.
Die nächste Zugabe war Jetzt ist Sommer, und passend für die Publikumsreaktionen an diesem Abend stand nur eine Frau vom Sitz auf und klatschte stehend mit. Sehr mutig! (Ich war es übrigens nicht!) Die anderen klatschten immerhin sitzend mit. Danach gab es aber wieder viel Applaus und einen erneuten Zwischenstand von Dän: „Der 1. FC Köln hat jetzt wieder ein Tor geschossen, aber in die richtige Richtung. Es gibt Verlängerung.“
Schlag mich, baby hatte eine völlig neue Anmoderation, bei der ich erstmal ziemlich verblüfft, wenn nicht sogar blöd guckte, weil ich sie zunächst mit keinem Lied in Verbindung bringen konnte. Sari sang dann sehr temperamentvoll und mit viel Power, und es war klasse und gab eine tolle Stimmung im Saal. Die Wise Guys verbeugten sich unter großem Jubel, gingen ab, das Licht knallte ZACK! an, und die Zuschauer hörten sofort mit dem Beifall auf, standen auf, griffen nach ihren Jacken und quetschten sich alle dichtgedrängt, im Watschelgang zum Ausgang. Seltsam.
Beim Afterglow war nicht so besonders viel los, es gab die üblichen Autogramme, Fotos und kurze Gespräche, drumherum wurden die leeren Flaschen eingesammelt und der Boden gekehrt. Es tönte ein resigniertes: „3:1 für Leverkusen“ durch den Saal, was aber nur noch wenige mitbekamen. Fazit: Ein schönes Konzert mit sehr außergewöhnlichem Klang und vergnügtem Publikum, aber weit entfernt von der Riesenstimmung im letzten Jahr. Eher schön und normal eben. Jetzt war ich fast schon froh, dass ich keine Karten gewonnen hatte. So einen Gewinn hebe ich mir doch lieber für ein Sensations-Konzert auf.
Am nächsten Tag kam doch glatt mit der Post eine gewonnene CD!
Showtime
Frühlingslied
Ich war noch nie bei RTL
Das Leben ist zu kurz
Oh Scheiße
Ohne dich
Meine heiße Liebe
Die Frau hat Rhythmus
Mädchen lach doch mal
Wenn sie tanzt
Kaiser Franz
Willst du mit mir gehen
When I’m 64
Sensationell
Root Beer Rag
King of the road
Golden Eye
Ich will keine a-cappella
Jetzt ist Sommer
Schlag mich, baby