Wise Guys – 24.02.2002 – Rhein-Mosel-Halle – Koblenz … mit schwachen Kröten
Beim letzten Konzert hatte sich die rheinland-pfälzische Stadt, die weniger als 100 km von Köln entfernt liegt, als fast weißer Fleck auf der Wise-Guys-Karte herausgestellt. Gerade mal 200 Leute saßen im kleinen Saal der Rhein-Mosel-Halle und erlebten ein fast schon privates Konzert. Wie würde es in diesem Jahr aussehen? Konnten die Besucherzahlen gesteigert werden? Die Ankündigungen in der Koblenzer Presse waren jedenfalls nicht unoriginell:
Um mit gutem Beispiel voranzugehen und der Statistik einen kräftigen Schwung zu geben, waren wir in diesem Jahr nicht zu viert, sondern zu acht erschienen. Wir hatten uns sozusagen verdoppelt. Das hatten zu unserer großen Überraschung aber auch alle anderen Besucher des Vorjahres getan, so dass der Saal mit 400 Zuschauern brechend voll und ausverkauft war. Der Altersdurchschnitt lag etwas höher und viele Besucher sahen aus, als ob sie sonst auch gerne zu Volksmusikabenden oder Patrick Lindner gingen. Das sah auf den ersten Blick nicht so vielversprechend aus, aber ich hatte mich schwer getäuscht. Kaum ging das Saallicht aus, gab es begeistertes Geschrei und lauten Vorapplaus. Auch die Wise Guys, die durch den ganzen Saal gehen mussten, um nach vorne auf die Bühne zu kommen, grinsten freudig überrascht in den langen, lauten Applaus.
Die Showtime startete den Abend fetzig und die Stelle “Heut simmer hier!” wurde mit Jubel und Geklatsche kommentiert. Am Ende des Liedes gab es lautstarke Begeisterung und Dän grinste zur Begrüßung: “Da müssen wir die Stimmung fast ein wenig runterfahren am Anfang.” Danach sprudelte er Daten und Reiseführerinfos über Koblenz herunter, kannte die Einwohnerzahlen, verwies auf die Römer und das ‘Castellum apud Confluentes’ und zeigte damit, dass die Wise Guys vermutlich zu früh vor Ort gewesen waren und er in seiner Verzweiflung alle ausliegenden Faltblätter auswendig gelernt hatte. Ich hätte die Dinger ja stundenlang lesen können, ohne irgendwelche Infos zu behalten und war total baff, was er alles behalten hatte. Wahrscheinlich waren alle Anwesenden erschlagen davon, denn für diese Leistung gab es kaum Reaktionen. Vielleicht hatten sie auch die Befürchtung, dass es den ganzen Abend so weitergehen würde. Gelächter gab es dann wieder auf die Feststellung: “Wir sind zum zweiten Mal in Koblenz und zum ersten Mal ist der Saal voll.”
Beim Frühlingslied gewann Clemens mit seiner Mimik sofort alle Sympathien. Das Publikum lachte quietschend über sein ernstes, leidendes Gesicht und dieser Erfolg stachelte ihn zu noch intensiveren Ausdrücken an. Superklasse! Die Refrainzeile “Anna hat Migräne” wurde vom Publikum laut mitgesungen. Ohne weitere Ansage ging es mit Ich war noch niemals in New York weiter, und die Zuschauer klatschen begeistert auf 1 und 3 mit. Zu meinem Entsetzen sah ich, dass unsere Kinder, die zwei Reihen vor uns saßen, auch auf 1 und 3 mitklatschten! Ey, das gibt Ärger! Taschengeldentzug! Computerverbot!! “Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr niemals, wirklich NIEMALS auf die 1 und die 3 klatschen sollt!!?? Wenn ich das nochmal erlebe, könnt ihr was erleben!! Das wird jetzt geübt. Los! eins-ZWEI-drei-VIER. Und wehe, es klatscht einer zu früh!” (Wir verstehen uns übrigens mit unseren Kindern sehr gut und solche Kommentare von mir nehmen sie nicht besonders ernst.) Abgesehen vom Mitklatschen war das Lied aber prima und ich mag den kleinen, aber superguten Tanz am Ende besonders gerne. Sehr süß!
Der Klang war übrigens sehr schön. Ich hatte nichts zu meckern, konnte alle Stimmen gut hören und fand es sehr ausgewogen. Nicht zu viel Hall, kein sumpfiger Sound oder sonstwas. Um meine Ohren richtig voller Wise Guys Sound und damit klasse. Ein Grund mehr für mich, dieses Konzert fröhlich entspannt zu genießen.
Für die Zuschauer-Umfrage ging das Saallicht an, und eine Gruppe Fans in den ersten Reihen hielt kreischend und lachend viele Papierblätter hoch. Die Wise Guys guckten interessiert und Dän grinste charmant: “Da steht WISE GUYS, also von uns aus GUYS WISE, aber wir wissen ja, was gemeint ist. Danke.” Es gab nur ganz wenige Koblenzer und Dän, der wahrscheinlich die ganze Zeit über verzweifelt war, weil seine Ortskenntnisse nicht angekommen waren, atmete auf: “Darum haben Sie auf mein geballtes Wissen nicht reagiert.” Der einzige Düsseldorfer des Abends, der nach der Frage nach Düsseldorfern aufstand, war dann doch keiner. “Da hinten steht einer. Ist das Düsseldorf?” “Nee, der steht schon die ganze Zeit.”
Weil das Leben so kurz ist, wurde das Lied sehr schnell gesungen und die Mitklatscher kamen nicht mit. Allerdings fand ich es in dem Tempo etwas zu hektisch, zumal das Lied selber ja schon sehr staccatomäßig angelegt ist. Die Single-Moderation war super. Gekicher und großes Vergnügen bei den Zuschauern und die lange Pause nach dem ersten “Geborgenheit” reichte aus, um im Saal lauten Applaus auszulösen. Da scheinen viele geheime Sehnsüchte angesprochen zu werden. Oh, Scheiße dann sehr schön, ab und zu Gelächter, aber auch immer wieder fast atemlose Stille bei den Zuhörern.
Clemens wurde im Verlauf der heißen Liebe wieder mal zum Strophensänger degradiert, während die Show im Hintergrund ablief. Am Ende zog Sari alle Blicke auf sich und war einfach klasse. Der kann sich bewegen! Sehr witzig und total klasse! Noch temperamentvoller ging es mit Die Frau hat Rhythmus weiter. Ein Lied von 1997, aus der Kiste gekramt und total klasse. Sag ich ja schon immer, dass dieses Lied gut abgeht und unterschätzt wird. Im Übrigen wäre ich sehr dafür, dass es generell einen Monats-Oldie gäbe. Wäre für die Zuschauer sehr interessant und gleichzeitig für die Wise Guys eine gute Übung für die nächste Totalnacht. Von mir aus könnten sie sich den auch immer selber aussuchen und nicht in dubiosen Umfragen ermitteln lassen.
Vor dem letzten Lied vor der Pause, die Ankündigung wurde vom Saal mit langgezogenem “Oooooooh!” kommentiert, zählte Dän genüsslich die letzten Unfälle seines Kollegen Eddi auf. Dabei ließ er es an Mitleid fehlen, und die Story war reine Comedy, aber leider wahr. Wer weiß, vielleicht baut Eddi das mit weiteren Schrammen aus, weil es so erfolgreich ist. Mädchen, lach doch mal ließ auch die Zuschauer laut lachen, die supergute Stimmung im Saal konnte man auch auf der Bühne finden, und es ging mit breitem Grinsen in die Pause.
Weiter ging es danach mit Wenn sie tanzt. Leider hielt am Anfang das aufgedrehte Publikum die ernste Miene von Clemens für den Beginn einer weiteren lustigen Nummer und lachte immer wieder los. Schade, denn er guckte einfach normal ernst, löste mit jedem Blick ins Publikum aber neues Gelächter aus. Däns angeschlagene Stimme war ziemlich rauh, und obwohl ich ihm gesundheitlich natürlich eine Besserung wünschte, mag ich so eine rauhe Stimme ja immer besonders gerne. Er muss da aber nicht weiterhin Rücksicht auf mich nehmen, sondern darf auch gerne mal wieder ganz gesund werden.
Mein persönlicher Höhepunkt und unerwartet tiefer Absturz war dann der Kaiser Franz. Betonung: MEIN Absturz. Eddi demonstrierte den Grillen ihr Geräusch, das mit einem lauten Plopp endete. “Eine Python-Grille, die am Ende explodiert”, verdeutlichte Dän passend. Und obwohl vor dem Übungseinsatz ein gequältes: “Nein, Hilfe!” aus den Zuschauerreihen kam, war das Ergebnis sehr gut. “Das wird kaum zu schlagen sein”, lobte Dän anerkennend. Und dann waren die Kröten dran. Yeah!! Ich war eine Kröte!! Endlich keine blöde Eule und kein blöder Uhu, der das Geräusch mit gerollter Zunge pfeifen muss! Meine Sternstunde war gekommen. Ich würde ihnen aber so was von einem Krötengeräusch hinlegen, das hatten sie noch nie gehört. Wow! Kröten nach vorne! Sari machte es vor, Clemens gab den Einsatz – und die Kröten rollten jämmerlich ein kaum zu hörendes “Rrrrr”. Oh, nein! Clemens guckte nicht besonders begeistert und ich war verzweifelt. Was war los mit den Kröten? Die waren doch sonst immer so gut!
In der Zwischenzeit übte Clemens schon mit den Uhus und brachte den Saal mit seiner gerollten Zunge und seinem damit extrem dämlichen Aussehen an die Grenzen der Belastung. Japsendes Gelächter und tränengewischte Augen waren die Folge. Bei der letzten gemeinsamen Übung krötete ich mit voller Kraft, aber um mich herum blieben fast alle stumm und ich machte mich zum Affen, beziehungsweise zur Kröte, ohne dass es was brachte. Ein resignierter Dän sagte nur: “Von den Kröten kommt gar nix. OK, Kröten sind im Winterschlaf.” Die Atmo-Ballade kam mit ihrem verdrehten Humor sehr gut an, der Wald war voll mit Uhus und explodierenden Python-Grillen, und Clemens guckte verächtlich und winkte die kaum vorhandenen Kröten mit einer abfälligen Handbewegung ganz ab. Ich stürzte ganz tief in die Verzweiflung. Ich hatte eine Chance gehabt und war kläglich gescheitert. Das Leben konnte so hart sein. Ab jetzt würde ich mich in mein Schicksal ergeben und nur noch mental Nebel erzeugen.
Meine Laune stieg sofort, als Sari bei Willst du mit mir gehn über die Bühne wirbelte. Entzücktes Gekreisch und wenig damenhaftes Gejohle begleitete seine Darbeitung. Ein supergutes Lied! Und auch das folgende When I’m 64 löste die übliche Begeisterung aus. Es wurde viel und laut gelacht, aber immer nur ganz kurz und sofort wieder aufmerksam auf den Text gehört. Ein tolles Publikum! Allerdings klatschte es häufig auf 1 und 3, und die Fangruppe mit den Blättern fand ich auch etwas an der Grenze. Ihr Geschrei und Gekreisch machte einerseits Stimmung, war manchmal aber auch schon störend. In letzter Zeit gab es sowieso immer häufiger Konzerte, die fast an Boygroup-Auftritte erinnerten, weil sich sehr junge Fans extrem laut und aufgedreht in den ersten Reihen die Stimme aus dem Hals schrien.
Sensationell fand ich wie immer total klasse und achtete wieder verzückt auf die vielen Sachen, die im Background vorkamen. Ich liebe es einfach: Das schön beatlige ‘Yeah, yeah, yeah’, die Polizeisirene, das ‘I love you’ mit den zugehaltenen Nasen …. Allerdings der Schluss. Oh, je. Dän erklärte danach: “Wir hatten keine Zeit für einen Schluss”. Na, super! Dann habe ich jetzt auch keine Zeit für den Schluss des Konzertberichtes.
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Nee, war Quatsch. ICH nehm mir die Zeit einfach!
Bei der Ansage zum Root Beer Rag kam Dän richtig in Laune und brachte seine Kollegen zu Lachanfällen. Große Erheiterung im Publikum, besonders als Clemens am Ende eines Lachanfalles schlagartig ernst wurde und Sari daraufhin erneut losplatzte. Eddi hatte unschlagbare Grimassen drauf und im langen, sehr lauten Jubel nach dem Lied hörte ich einen Mann hinter mir begeistert sagen: “Wor dat jooooot!”
Dann der große Augenblick: Das neue Lied von Ferenc. Der löste schon mit einem Blick ins Publikum ein Aufkreischen aus, es durfte auf 2 und 4 mitgeschnippt werden und King of the road legte los. Supergut und perfekt für Ferenc’ Stimme. Sein tiefer, warmer und sehr schön weicher Bass legte los und das gefiel mir sehr gut. Beim Beifall, der natürlich laut und begeistert ausfiel, hatte ich jedoch seltsamerweise leichte Probleme dem „Idioten-Raser“ Ferenc zuzujubeln. Das fiel mit beim ‘Bass’ oder auch bei ‘Sexbomb’ leichter. Manchmal finde ich mich selber seltsam.
Eddi als Tina sang Golden Eye mit lauter, fast schon schneidender Stimme und es war toll. Es gab lauten Applaus und rhythmisches Klatschen, und als die Wise Guys abgingen, schallten laute “Zugabe”-Rufe durch den Saal. Sie nahmen allerdings nicht den langen Weg zu ihrer Garderobe, sondern gingen ein kurzes Stück, gerade zur Saaleingangstüre hinaus. Messerscharf kombinierte ich, dass sie noch eine Zugabe geben würden, und tatsächlich: Sie kamen zurück! Das hieß natürlich, dass das Konzert erst beendet sein würde, wenn sie beim Abgang den langen Weg nehmen würden. Ich bin zwar blond, aber ganz schön schlau!
Da sie zu viert zurückkamen und Sari unterwegs verloren hatten, hätte ich ganz vorlaut „Ich will keine A-cappella“ in den Saal rufen können, aber ich wartete ruhig ab, bis Marcello Sarini mit offenem Hemd auf die Bühne eilte und freute mich dann unauffällig mit allen anderen Zuschauern mit. Dän war gut gelaunt und es machte ihm große Freude, die anderen Wise Guys mit seinen Sprüchen fertigzumachen. Das Schlüsselwort war “einstimmig”. Sobald es fiel, grinsten Clemens, Sari und Ferenc breit und Eddi klappte mit Lachanfall zusammen. Das Publikum war in Hochstimmung und Dän genoss es mit ernster Miene, aber blitzenden, hellwachen Augen.
Am Ende des Liedes gab es die ersten Standing Ovation, großen Jubel, und die Wise Guys gingen den kurzen Weg ins Foyer. Zurück kamen sie mit Jetzt ist Sommer, das viele Zuschauer erneut vom Sitz riss und sehr fetzte. Auch wenn es kalt war, der Sommer stand vor der Türe und ich vermute, dass das Lied in diesem Jahr nochmal richtig abgeht. Wäre schön!
Abgang unter Jubel und Getöse ins Foyer und erneuter Auftritt mit Schlag mich, baby. Das war ein krönender Abschluss, der die Stimmung ein letztes Mal hochkochen ließ. Im Geheimen warte ich auf den Tag, an dem Sari mit seiner kreisenden Faust volle Kanne aufs Kinn von Ferenc oder Dän trifft. In Koblenz ging alles gut. Es gab großen, begeisterten Schlussapplaus, und diesmal gingen die Wise Guys den langen Weg zu den Garderoben und das Konzert war zu Ende.
Beim kleinen Afterglow ohne Getränke gab es noch eine kleine und erstaunlich gute Kostprobe von ‘Mädchen lach doch mal’, gesungen von einigen der ‘Blätter’-Fans und dann war endgültig Schluss. Es war ein Konzert, das ich von vorne bis hinten schön fand. (Den Krötenteil verdränge ich einfach.) Tolle Stimmung, gute Laune und klasse Musik.
Showtime
Frühlingslied
Ich war noch niemals in New York
Das Leben ist zu kurz
Oh, Scheiße
Ohne dich
Meine heiße Liebe
Die Frau hat Rhythmus
Mädchen lach doch mal
Wenn sie tanzt
Kaiser Franz
Willst du mit mir gehen
When I’m 64
Sensationell
Root beer Rag
King of the road
Golden Eye
Ich will keine A-cappella
Jetzt ist Sommer
Schlag mich Baby