WG Konzertberichte

Wise Guys – 07.10.2001 – Oper – Frankfurt … mit lautem Jubel

Ich konnte mich noch ganz genau erinnern: Im letzten Jahr gaben die Wise Guys ihr Konzert im Mozartsaal der Alten Oper. Vorher warfen sie einen Blick in den ‘großen Saal’ und einer von ihnen raunte mir danach zu: “Der ist riesig. So wie bei uns die Philharmonie. Bin ich froh, dass wir im kleinen Saal sind!” Doch dann wurden sie noch während der Pause ihres umjubelten Gastspiels für das nächste Jahr in den großen Saal gebucht, und ich nehme nicht an, dass der vorher so erleichterte Wise Guy dagegen lauten Protest einlegte.

In diesem Jahr also wieder in der Frankfurter Alten Oper, aber im großen Saal. Die Hinfahrt hatte ich mit der Familie als Ausflugstag gestaltet, dessen krönender Abschluss das Wise Guys Konzert in Frankfurt sein sollte. Begeistert waren wir am Vormittag fast drei Stunden in einer alten Burganlage bei Koblenz umhergeklettert, hatten unterirdische Wehrgänge durchstreift, dunkle Wendeltreppen erklommen, immer neue Durchgänge entdeckt und trotz Plan die Orientierung verloren. In der Alten Oper war es ähnlich. Der Architekt musste sich an die Pläne der Burgruine gehalten haben, denn auch dort gab es überall neue Gänge, zur Seite abzweigende Türen, die in unbekannte Gebiete führten und ich verlor nach zwei Runden völlig die Orientierung. Am seltsamsten war, dass ich mehrere Stufen zur Eingangstüre hochlief, dann drei Etagen Treppen hinaufstieg, um bei den untersten Stuhlreihen im Saal anzukommen. Wie viele Treppen waren die Leute gelaufen, die auf dem obersten Rang saßen? Und wie passten so viele Etagen in das von außen überschaubare Gebäude? Ich fühlte mich ein wenig wie die mittelalterlichen Burgangreifer, die die erste Mauer überwunden hatten, und dann ziemlich verdutzt im Innenhof vor einer weiteren Mauer stehen.

Der große Saal der Alten Oper war wirklich groß und sah mit seinen oberen, leicht gerundeten Rängen genauso aus, wie ich mir eine alte Oper vorstelle. Dunkles Holz und rot gepolsterte Sessel gaben eine eindrucksvolle Atmosphäre und mit etwa 2400 Sitzen war es ziemlich gewaltig. Nicht so elegant wie die Kölner Philharmonie, dafür ehrwürdiger.

Das Saallicht ging aus, das Bühnenlicht an, und ein schöner Willkommensapplaus begann. Als die Wise Guys in den Beifall hinein fröhlich auf die Bühne kamen, steigerte sich das Klatschen zu einem Jubel, der mit Gepfeife und Gejohle unheimlich laut wurde. Totale Begeisterung des Publikums, bevor der erste Ton gesungen war. Die Wise Guys standen ziemlich überrascht auf der Bühne, konnten ein strahlendes Grinsen nicht verkneifen und freuten sich einfach über diesen tollen Empfang. Wahnsinn! Als es endlich leise wurde, starteten sie mit dem Opener, der mich sofort zusammenzucken ließ, weil der Ton viel zu hallig, sumpfig und total schlecht war. Allerdings drehte da im weiteren Verlauf des Liedes jemand an den Knöpfen, denn es wurde schnell besser, auch wenn mir die Abmischung auch weiterhin eine Spur zu leise vorkam.

Der ‘Opener’ kam gut an, und an der Stelle  “… heut sind wir hier!” gab es frohen Extraapplaus des gut gelaunten Publikums. Mir war sofort klar: An diesem Abend müsste viel geschehen, um den Erfolg verhindern zu können. Die Wise Guys strahlten in den dicken Applaus hinein und Däns erste Worte zur Begrüßung waren ein lautes: “Boh, ey!” Ich fand, das war der passendste Kommentar zu diesem grandiosen Empfang. Schon im letzten Jahr war das Konzert in Frankfurt durch sein begeistertes, lockeres Publikum aufgefallen und das schien sich nicht geändert zu haben. Da konnten sich viele der zurückhaltenden Kölner Philharmoniebesucher mal eine dicke Scheibe abschneiden.

Die Anmoderation und das folgende Frühlingslied wurden an den richtigen Stellen von quietschendem Gelächter und Applaus begleitet, und Dän ging mit Schwung an die Statistikumfrage, des “bisher größten Konzertes außerhalb von Köln”. Es gab sehr viele Erst-Besucher, erstaunlicherweise ebenfalls sehr viele Mehrfach-Konzertbesucher, aber wenig echte Frankfurter. Einige Besucher hatten eine Anreise von mehr als 200 km hinter sich, einige kamen aus Köln und es waren sogar Düsseldorfer dabei. Bunt gemischt also.

Nach Das Leben ist zu kurz kamen die Philosoffen und mir gefiel einfach alles. Der tiefe Saal der Oper leuchtete wunderbar dunkelrot, die kleine Deckenbeleuchtung gab stimmungsvolles Licht, die Wise Guys hatten ihr Wasser in Weingläsern und die Stimmung bei Publikum und Sängern war toll. Allerdings musste ich grinsen, denn optisch passten die Wise Guys nicht richtig ins Bild. Die große Opernbühne war durch einen sehr hohen Vorhang verkleinert worden, und die Wise Guys bewegten sich auf den verbliebenen fünf Metern zwischen Vorhang und Bühnenrand. Mit ihren anscheinend ‘normalen Straßenklamotten’ vor dem geschlossenen Vorhang, ohne Instrumente in den Händen und so völlig normal, wirkte das eher wie ein Versehen. Optisch gehörte da für mich ein Orchester und eine seriöse, breite Sopranistin in dunkelgrünem Samtkleid hin. Emotional freute ich mich natürlich mehr über die fünf lockeren Jungs in ihren Jeans …

Im ausklingenden, langen Applaus für die ‘Philosoffen’ ging es ohne Ansage sofort mit Griechischer Wein weiter. Es gab im Publikum vergnügtes Lachen bei den im Mund gerührten Bouzukis und am Ende viel Applaus. Entspanntes Lächeln auch bei den Wise Guys auf der Bühne, die sichtlich Spaß an der guten Stimmung hatten. Es zeigte sich wieder ganz deutlich, dass ein gutgelauntes, aufmerksames Publikum den Künstlern auf der Bühne Schwung und Energie gibt und sie damit locker und leicht durch das Programm trägt. Der Saal schwirrte vor Freude und gegenseitiger Sympathie, und wenn ich jetzt sehr stark esoterisch eingestellt wäre, hätte ich die Ausstrahlung wahrscheinlich mit einem Stein eingefangen und auf meinem Schreibtisch noch wochenlang wirken lassen. Da ich ohne Stein im Saal saß (wer denkt schon daran in die Alte Oper einen Stein mitzunehmen?), konnte ich die positive Energie nur selber mit Herz und Seele einfangen und habe das Gefühl, sie reicht auch ohne Stein für eine längere Zeit.

Bleib wie du bist war sehr schön, wenn es mir persönlich auch etwas zu kraftvoll gesungen war. Ich liebe es ja mehr melancholisch weich, aber bei dieser tollen Laune konnte Dän einfach nicht melancholisch werden, das sah ich ein. Am Schluss des Liedes war es ganz still im Saal. Toll! Anschließend ein schönes Ohne dich, dann die Heiße Liebe, die bei der Ansage schon begeisterten Applaus bekam. Clemens besang eine Frau in der ersten Reihe mit “Du bist die erste, an die ich morgens denke …”, die davon völlig verlegen überrascht war und in ihrer Verzweiflung sogar versuchte, sich hinter ihrer Jacke zu verstecken. Es war ihr hochnotpeinlich und der gemeine Clemens (ich hatte ihn bis dahin immer für nett gehalten!), wechselte diesmal sein Ansing-Opfer nicht, sondern blickte ihr singend und lächelnd tief in die Augen und hatte sichtlich viel Spaß an der Situation. Als er endlich die fiktive Tasse Kaffee hob und sie verstand, dass gar nicht sie selber gemeint war, lachte sie etwas erschöpft, aber sehr erleichtert auf und wurde von dem neben ihr sitzenden Mann tröstend auf den Rücken geklopft.

Sari gab am Ende die Mokka-Show-Extra, bewegte sich scheinbar selbstvergessen wie ein Gummimensch, und Dän und Eddi gingen sogar einen Schritt zurück, um ihm Platz für seinen Auftritt zu geben. Es gab ganz viel lauten Applaus mit viel Gejohle. Als es endlich still wurde, ertönte ein einzelnes, lautes: “Zugabe!” und rief erneutes Gelächter hervor.

Bei den Anmoderationen, die vielen Besuchern ganz neu waren, gab es vergnügtes, quietschendes Gelächter, um mich herum sah ich lachende Gesichter, und ein Mann vor mir wackelte immer wieder hilflos im Sessel hin und her und wischte sich dabei die Lachtränen aus den Augen. Wunderbar! Nach dem Besserwisser kam Mädchen, lach doch mal und es gab anschließend so viel donnernden Applaus, wie es ihn woanders eigentlich nur am Ende eines Konzertes gibt.

In der Pause merkte ich, dass mir die Raumverteilung der Oper weiterhin Probleme machte und ich es nie im Leben fertigbringen würde, einen auch nur annähernd ähnlichen Raumplan des Gebäudes zu zeichnen. Zum Glück verlangte das auch niemand und ich konnte mit meiner akuten räumlichen Orientierungslosigkeit ganz gut leben. Außerdem sah ich zu meiner Beruhigung viele Leute, die verwirrt auf die Etagen-Schilder starrten und angestrengt überlegten, in welche Richtung sie gehen mussten. Unerwarteterweise fand ich am Ende der Pause meinen Platz aber sofort wieder.

Die Wise Guys machte weiter mit Wenn sie tanzt und die Stimme von Dän war etwas zu leise. Oder der Background zu laut. Trotzdem gab es eine wunderschön ungewöhnliche Atmosphäre und es war ganz ruhig im Saal. Bei aller Umstrittenheit des Liedes bei den CD-Versionen (entweder mag man das Lied sehr, oder überhaupt nicht), scheint es live überwiegend gut anzukommen. Das bewies an diesem Abend auf jeden Fall der kräftige Applaus. Bei mir zählt es zu den Lieblingsliedern.

Danach ging es mit der ungewöhnlichen Atmosphäre weiter, auch wenn Dän den Kaiser Franz als “völlig gewöhnlich” ankündigte. Das Publikum musste die Hintergrund-Waldgeräusche einüben, wobei Dän als Orientierungshilfe grinsend das Frankfurter Waldstadion erwähnte. Der obere Balkon, der ganz weit hinten lag, („Die sind so weit weg, dass wir sie wenigstens mal hören wollen”) machte eine sehr gute ‘Phyton-Grille’, die Zuschauer an den Rändern versuchten sich an den ‘Waldkröten’, die nach Däns Meinung noch ein wenig nach ‘Schäferhund’ klangen, und der Mittelblock, in dem ich saß, versagte jämmerlich bei den Eulen. Dän erkannte sofort, dass da nichts rauszuholen war und forderte die ‘Pythongrillen’ und ‘Waldkröten’ zur Unterstützung auf: “Alle, die die Eule können, geben ihr ursprüngliches Geräusch auf und helfen dort aus!”

Dän hatte die Entstehung des Geräusches mit gerollter Zunge und eingezogenem Hals anschaulich demonstriert, und bis dahin hatte das Publikum japsend über seinen Gesichtsausdruck gelacht. Als Clemens dann aber den Einsatz für die Geräusche gab und ebenfalls mit gerollter Zunge total dämlich aussah, gab es weitere Lachanfälle. Die Lied-Vorbereitung war einfach klasse! Das Lied wurde an den passenden Stellen sehr belacht, bei der “Weihnachtsfeier” hallte lautes Gelächter bis unters Dach der Oper und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass ein Publikum die Qualität des Liedes erkannt hatte. Supergut!

Sari räumte bei Willst du mit mir gehn ab, sein Hüftschwung brachte die Mädels zum Kreischen und in den jubelnden Endapplaus hinein machte er noch zwei heiße Extra-Hüftschwünge. Sari von vorne, Sari von hinten – WOW!! Das war echtes Boygroup-Feeling! Eddi starrte ihn etwas verwundert an, aber das war vermutlich der reine Neid. Danach stellte Dän Ferenc vor und wurde sofort durch donnernden Applaus für den Bass unterbrochen, der erst durch eine Handbewegung von Ferenc gestoppt werden konnte. Etwas säuerlich kommentierte Dän: “Das ist für die Geschichte gar nicht so wichtig”. Ferenc legte mit When I’m 64 los, hinter mir hörte ich eine junge, weibliche Stimme ein begeistertes “Wow!” ausstoßen und zu meinem großen Erstaunen wartete das Publikum, trotz lautem Zwischendurch-Gelächter, bis zum letzten “Plem-Plem”, ehe es losjubelte.

Sensationell war wieder spitzenklasse, aber das Lied hat es einfach. Sehr eindrucksvoll das Mitklatschen des Publikums im letzten Refrain, das absolut synchron wie ein lauter, knallender Peitschenschlag zu hören war. Toll! Nur der Schluss, der keiner ist … naja. Der Root Beer Rag wirbelte Körper und Seele ganz schön durcheinander, anstatt sie, wie Dän vorher angekündigt hatte, in Einklang zu bringen. Golden Eye wurde schon bei der Erwähnung von “James Bond” mit Applaus und Johlen begrüßt und diesmal gab es knallrotes Licht. Ich war wieder völlig begeistert wie fünf Leute ohne Instrumente so einen Sound hinkriegen! Es gab Szenenapplaus für Tinas Stimme und ich starrte fasziniert auf Eddi, der so anders aussah und es ganz ernst meinte. Als er weiter vorne auf der Bühne kniete und plötzlich das Gesicht ganz nah an dem roten Scheinwerfer hochhielt, sah das einfach umwerfend klasse aus! Super eindrucksvoll die ganze Nummer.

Auch der Beleuchter war so begeistert, dass er am Ende des Liedes das Bühnenlicht zwar wie geplant runterfuhr, dann aber nur das Saallicht anmachte und die Wise Guys im Dunkeln in ihrer Endposition eingefroren und vergessen stehen ließ. Es gab langen Applaus, doch wieder Licht auf der Bühne und eindrucksvolle Wasserspiele, als Eddi mit dem Arm an Saris Wasserglas knallte und das Wasser wie eine Fontäne heraus schoss.

Völlig unvorbereitet wurde das Publikum mit Nein, nein, nein beschallt, und die ersten Takte gingen fast im Jubel unter. Danach gab es extrem lautes Getrampel, Gepfeife und Standing Ovation. Als sich die Zuschauer endlich beruhigt hatten, rappelte es etwas, bis alle wieder saßen und ein verspäteter, fordernder “Zugabe!”-Ruf wurde von Dän mit einem grinsenden: “Daran hatten wir auch gerade gedacht” beantwortet. Ein Stuhl wurde auf die Bühne gestellt, um mich herum hörte ich begeistert gewispertes: “Das ist ‘Ich bin der Bass’!” und Ferenc kam unter großem Jubel auf die Bühne. Er sah mit seiner Lederjacke und dem hochgeschlagenen Kragen scharf aus und hatte das Publikum sofort auf seiner Seite. Es wurde auf 2 und 4 mitgeschnippt und die Stimmung war nicht mehr zu toppen.

Am Ende genoss Ferenc lächelnd den Applaus, während die anderen vier unmutig miteinander stritten und sauer von der Bühne gingen. Ferenc ging grinsend hinterher und der Applaus blieb ungebrochen laut und begeistert, bis die Wise Guys mit Jetzt ist Sommer loslegten. Alle Zuschauer standen, klatschen laut mit und ich befürchte, dass in den hinteren Reihen kaum noch etwas vom Lied zu hören war. Es war eine tolle Stimmung. Ein großer Saal mit über 2000 Leuten, die synchron im Rhythmus klatschen, war schon beeindruckend! Die Wise Guys gingen ab, der Beifall ging weiter, sie kamen zurück und standen auf der Bühne, umbrandet von immer noch langem, donnernden Applaus. Kopfschüttelnd und verwundert lächelnd nahmen sie ihn entgegen.

Als es endlich ruhig wurde, sprach Dän über “… ein Lied von einer Künstlerin …”  und wurde sofort von Geklatsche und Jubelrufen unterbrochen. Er warf einen gespielt verwunderten Blick ins Publikum, dann gab es Schlag mich, baby. Natürlich war auch das ein riesiger Erfolg und die Alte Oper bebte unter dem Applaus und der überschäumenden Begeisterung. Nach dem Abgang ging das Saallicht an und der Beifall hörte schnell auf. Och, nee! Leute, da wäre noch eine Zugabe drin gewesen! Immerhin gab es noch einen Afterglow ohne Glow. Eine halbe Stunde gaben die Mitarbeiter der Alten Oper netterweise Zeit zum Autogrammegeben und damit hatten die Wise Guys dann auch sehr viel zu tun. Es war ziemlich voll und nicht einfach, die Stars herauszufinden, aber im Regelfall war der Mittelpunkt einer der Menschentrauben ein Wise Guy.

Opener
Frühlingslied
Das Leben ist zu kurz
Philosoffen
Griechischer Wein
Bleib wie du bist
Ohne dich
Meine heiße Liebe
Besserwisser
Mädchen, lach doch mal

Wenn sie tanzt
Kaiser Franz
Willst du mit mir gehn
When I’m 64
Sensationell
Root Beer Rag
Golden Eye
Nein, nein, nein
Jetzt ist Sommer
Schlag mich, baby