WG Konzertberichte

Wise Guys – 02.10.2001 – Savoy – Düsseldorf … ohne Kölsch

Okay, ich gebe zu, es war total bekloppt, aber diesmal konnte ich nichts dafür! Ich hätte mich niemals getraut, diesen Vorschlag zu machen! Ehrlich nicht! Aber als ich drei Tage vorher zusammen mit dem Gatten auf einer anderen Veranstaltung im Düsseldorfer Savoy-Theater war, betrachteten wir lächelnd die Plakate, die das Konzert der Wise Guys ankündigten. Auch über das Treppengeländer gelegt hingen einige der Poster und ich verzog mitleidig das Gesicht, als ich die Jungs dort mit einer besorgniserregenden Biegung im Rücken liegen sah. Der Gatte sagte: “Du kannst ja mal sehen, ob du noch Karten bekommst.” Sehr vernünftig und etwas von oben herab erinnerte ich ihn: “Wir sind doch am nächsten Sonntag auf einem Wise Guys Konzert, das ist ja wohl ein bisschen viel”, nur um zu zeigen, dass ich nicht auf jeden Scherz reinfiel. “Wer sagt denn immer, dass er die Wise Guys mal in Düsseldorf hören will?” fragte er entrüstet. Ich schaltete blitzschnell und ergänzte: “Ich will sie auch unbedingt mal in Berlin sehen”, aber auf diese weiteren Reisepläne ging er leider nicht ein. “Vielleicht ist ja schon ausverkauft”, versuchte ich meine aufkeimende Freude zu unterdrücken. “Probier’s doch einfach! Wenn du Karten kriegst, gehen wir.” Etwas fassungslos starrte ich meinen Gatten an. Hey, der meinte das ganz ernst. Und nicht mir zuliebe, sondern weil ER gerne gehen wollte! Dabei denken doch immer alle, dass ICH so verrückt wäre! Ich riß mich zusammen und sagte cool, aber doch etwas zu schnell um wirklich cool zu wirken: “In Ordnung”, weil ich berechtigte Sorge hatte, dass er sonst auch ohne mich gehen würde.

Es gab tatsächlich noch zwei Karten, auch wenn das Konzert als ausverkauft galt. Mein erstes Wise Guys Konzert in Düsseldorf! Es war außerdem die Gelegenheit eine unerwartete Ankündigung zu überprüfen. Im aktuellen Düsseldorf-Guide hatte ich entdeckt, dass die Wise Guys nur noch zu viert waren und fand es merkwürdig, wie sehr sie sich auf dem Bild im Programmheft darüber freuten. War Sari mit seinem neuen Bärtchen nicht mehr gesellschaftsfähig? Was hatten sie mit ihm gemacht, dass sie sich zu viert so herzhaft darüber freuen konnten?

Im Savoy wurde es dunkel, und unter schönem Begrüßungsapplaus erschienen die Wise Guys zu fünft. Sari war also dabei. Zuerst wunderte ich mich, aber später sah ich, dass er den Bartwuchs auf seiner Oberlippe entfernt hatte, und vielleicht dadurch eine Sonder-Auftrittserlaubnis bekommen hatte. Ist natürlich nur eine Vermutung, aber mir erscheint sie logisch.

Der Opener begann und mir gefiel der Klang überhaupt nicht gut. Es fehlte an Volumen, die Stimmen waren nicht voll und rund und es hörte sich an, als wäre die Übertragungsanlage zu klein. Die Stimmen waren gut und einzeln zu hören, aber irgendwie war es zu wenig. Wenn meine Nachbarn halblaut eine Bemerkung machten, konnte ich sie verstehen und das darf bei einem Konzert eigentlich nicht so sein. Da muss um einen herum nur Musik in der Luft liegen. Allerdings saß ich diesmal ganz hinten, wo der Klang vielleicht verfälscht ankam, aber ich bin nicht wirklich davon überzeugt, dass es bis zur Reihe vor mir in Ordnung war und erst dann abschlaffte.

Dann kam die Begrüßung. In Düsseldorf. Dän atmete ganz tief durch, grinste und erzählte vom Fund im Garderobenkühlschrank ‘FrankenheinBlue’, einem Mischgetränk aus Cola und Altbier, “ein untrügliches Zeichen, dass wir in Düsseldorf sind!” Natürlich ließ er ein paar Spitzen los, warnte auch, dass es Äußerungen geben könnte, die den ein oder anderen ärgern würden, aber gleichzeitig wirkte er sehr versöhnlich und drückte durch seine Körperhaltung ein “Hau mich nicht, is ja nur Spaß!” aus. Also, mir wirkte er fast zu nett. Aber er wollte wohl nicht mehr als nötig provozieren und schwenkte sozusagen eine weiße Fahne. Es gab Gelächter und Geklatsche und die Düsseldorfer sahen es locker.

Das Frühlingslied begann und es gab wenig laute Lacher, eher verschwiegenes Gekicher, dafür aber während des Liedes extrem viele Zuspätkommer. Die anschließende Statistik-Umfrage war interessant. Zum ersten Mal dabei: Gaaanz viele (Etwa 2/3). Mehrfach im Konzert: Auch ‘n paar. Mehr als 50km angereist: Ne ganze Menge. Mehr als 100 km angereist: Immer noch recht viele. Mehr als 200km angereist: “Woher? Aus Berlin? Da kommen wir auch bald hin, da hätten Sie nicht herkommen müssen!” Aus Köln: Einige (etwa 10 %). Aus Düsseldorf: (Etwa 10 %) „Oh, das sind mehr als sonst!”

Bei Das Leben ist zu kurz blieb das Publikum verhalten und ruhig, kicherte allerdings vergnügt an der Stelle “… und viel zu kurz für Altbier und Pils”. Ein wenig leichtes bis lauteres Gelächter auch an einigen Stellen der Philosoffen, aber insgesamt zu ruhig im Publikum. Die Grundstimmung war gut, es wurde amüsiert zugehört, aber nur leise reagiert. Waren die Düsseldorfer vornehmer und kultivierter? Oder zeigten sie ihre Gefühle nicht so unbeherrscht wie die Kölner?

Dann spitzte ich plötzlich meine Ohren, weil die Anmoderation unerwartete Richtungen nahm. Hey, sollte das … ja, es gab den Griechischen Wein. Den hatte ich ja schon lange nicht mehr gehört. Eigentlich hat mich das Lied ja nie so umgehauen, auch wenn ich es auf der Bühne sehr witzig fand, aber so kurz vor der Euro-Einführung wirkte es sehr aktuell und ich fand es wirklich klasse. Das Publikum lachte vergnügt, und wenn die Wise Guys mit den Fingern ihre berüchtigten Mund-Bouzukis rührten, auch sehr laut. Das Lied ersetzte vorläufig das ‚RTL-Lied‘, welches noch ein wenig Auszeit brauchte. Da beide im Original von Udo Jürgens waren, war es eigentlich egal.

Danach Bleib wie du bist, etwas langsamer als sonst. Erstaunlicherweise wurde das Lied davon noch schöner. Ruhig, liebevoll lächelnd gesungen und einfach traumhaft schön. Außerdem dauerte es bei dem langsameren Tempo länger, was ich durchaus genießen konnte. Sehr nervig war am ganzen Abend nur der Spot-Schweinwerfer, auch ‘Verfolger’ genannt. Abgesehen davon, dass es keine richtige Lightshow, sondern nur einige magere, farbige Scheinwerfer gab, brachte der helle, kreisrunde Spot Unruhe ins Bild. Er wurde groß, sofort wieder klein, wackelte, beleuchtete Dän, auch wenn schon lange Clemens sang, oder suchte auf der ganzen Bühne nach dem Leadsänger. Da war nicht so gut. Im Zweifelsfall lieber groß auf alle gerichtet, wäre er besser gewesen.

Bei Ohne dich fehlte mir wieder extrem der volle Ton und bei der Heißen Liebe hörte ich nur wenig Gelächter, sah aber ringsherum vor Lachen wackelnde Schultern, die von herzhaftem, aber leisem Vergnügen zeugten. Der heftige Beifall nach dem Lied zeigte dann auch, dass es dem Publikum sehr gefallen hatte. Der Gatte raunte mir vergnügt zu: “Du grinst wie ein Honigkuchenpferd”, und ich grinste honigkuchenpferdemäßig zurück. Das zeigte deutlich, dass ich auch bei hohem Konzertkonsum den Spaß daran immer noch nicht verloren hatte.

Mädchen lach doch mal kam mit den Känguru-Trommeln sehr gut an, und beim Abgang in die Pause gab es sehr lautes und begeistertes Geklatsche. Es schien, als wäre der Düsseldorfer Bann endlich gebrochen.

Nach der Pause kam Wenn sie tanzt, auch etwas langsamer als sonst und leider auch wieder ohne genügend Volumen im Ton. Der Gesang hörte sich damit nicht voll genug an, eher wie eine ‘Normal-Gruppe’, nicht wie ‘Profis’, um es mal überspitzt auszudrücken.  Auch etwas mehr Hall in Däns Stimme hätte eine noch traumhaftere Stimmung gemacht. Bei all meinem Gemecker, – ich finde ja nur, dass es noch besser hätte sein können-, war es trotzdem sehr schön und beeindruckend. Die Zuhörer waren ganz still und das Lied wurde mit viel Beifall belohnt.

Danach die ‘Atmo-Ballade’ Kaiser Franz. Schon alleine die Vorbereitung der Hintergrundgeräusche, das Vormachen, Üben und die Kommentare von Dän waren superlustig. Es gab lautes Gelächter und supergute Stimmung. Das Lied wird dadurch ein richtiger Knaller im Programm. Als es losging, setzte das Publikum gewaltig ein und ICH wäre in diesen Wald nicht gegangen! Bei den Feen-Strophen wurde sehr gut an den richtigen Stellen gelacht, bei den Kaiser-Franz-Stellen amüsiert gegrinst und ich weiß jetzt, warum der Endbeifall für dieses Lied manchmal weniger als erwartet ist: Der Schluss fehlt! Es hört ganz ruhig auf und alle warten noch auf einen letzten lauten Knaller-Refrain. Noch einmal Kaiser-Franz mit grandiosem Endjodler wäre für die normalen Hörgewohnheiten besser, aber was erwarte ich von einem Lied, das von vorne bis hinten seltsam und abgedreht ist? Dän war jedenfalls mit den Zuschauergeräuschen sehr zufrieden und ernannte das Publikum offiziell zu „Waldmeistern“.

Willst du mit mir gehn kam sehr gut an und bei der Stelle “… damit du weißt, was du nachher schreien musst!”, brach vor mir ein Mann lachend im Sessel zusammen und konnte sich kaum noch beruhigen. Der Knaller war mal wieder When I’m 64, auch wenn ich mir nicht erklären kann, warum dieses Lied immer so extrem gut ankommt. Klar, es ist sehr gut gebracht und witzig, aber das sind andere Lieder doch auch! So viel Beifall hatten früher nicht mal die Beatles dafür. (Der Gatte musste bei dieser Textzeile sehr lachen, denn als Beatleskenner wusste er, dass die Beatles mit diesem Lied nie öffentlich aufgetreten sind, sondern es nur im Studio für die Platte eingespielt haben. Sie konnten also niemals Applaus dafür bekommen. Da hatte ich also mit meiner unwissenden Behauptung vollkommen Recht!) In Düsseldorf gab es zuerst Szenenapplaus für Ferenc’ tiefen Bass, dann Applaus für Dän mit seiner Strophe, so dass Clemens erst mit einem Takt Verzögerung loslegen konnte und am Ende Riesenjubel für Sari und überhaupt alles. Und damit war es endgültig geschafft: Das Publikum war da, laut und locker. Gewonnen.

Sensationell gefiel mir wieder sensationell gut, obwohl der Schluss seinen Namen ja immer noch nicht verdient, weil das Lied nur plötzlich aufhört. Manchmal ist es ja total witzig, wie Dän die Zuhörer dann übergangslos totquatscht, aber an diesem Abend war es seltsam und merklich unfertig. Da muss man noch was machen, denke ich. Bei der Ansage zum Root Beer Rag ließ Dän weitere Spitzen auf Düsseldorf los, indem er betonte, dass besonders die Düsseldorfer unter Stress und Druck stehen würden, “… weil es Leute gibt, die hier leben MÜSSEN!”

Zu Beginn von Golden Eye sahen die Wise Guys bei grüner Beleuchtung unheimlich und eklig aus und machten große, dunkle Schatten auf dem Vorhang. Zombies mit hellen Augenhöhlen … brrr! Tina-Eddi bekam anerkennenden Szenenapplaus, und ich fiel etwas später vor Lachen fast vom Sitz, als Dän das vermeintliche ‘Geschoss’ aus der Brust zog, auf den Boden warf und dann drauftrat, als ob er eine Kippe austreten würde.

Dän lud zum Afterglow ein “Trinken Sie mit uns noch ein Kölsch!”, und stellte am Vorabend der ‘deutschen Einheit’ fest, dass das Zusammenwachsen von Düsseldorf und Köln bis heute nicht geklappt hatte. Es folgte der Beweis mit Nein, nein, nein, das mit freudigem Geklatsche begrüßt wurde. Auf dieses Lied hatte ich gewartet und ich grinste wie zwei Honigkuchenpferde. ‘Nein, nein, nein’ in Düsseldorf, das wollte ich schon lange mal erleben. Es war superklasse, die Zuhörer lachten laut, und gleich danach gab es gab einen Riesenapplaus mit begeistertem Gepfeife und sofort einsetzenden Zugaberufen. Humor hatten die Düsseldorfer, das war klar.

Für das nächste Lied wurde unter Applaus ein Stuhl auf die Bühne gestellt, Dän erklärte: “Was die Düsseldorfer für Köln, das ist Ferenc für uns”, und unter lautem Extraapplaus kam Ferenc auf die Bühne und sang Probier’s mal mit ‘nem Bass. Superstimmung, das Publikum klatschte auf 2 und 4 mit und die Begeisterung im Saal wurde nur durch Schlag mich, baby noch weiter gesteigert. Besonders der Tanzteil wurde mit lautem Aufjuchzen aus den Zuschauerreihen kommentiert. Ringsherum hörte ich nur glucksendes Lachen und heftiges nach Luft schnappen. Supergut. Das Publikum in Düsseldorf war eindeutig gewonnen. Spät, aber überzeugend.

Als letzte Zugabe Jetzt ist Sommer, bei der Dän in den ersten Takten zum Aufstehen und Bewegen aufforderte und damit die Standing Ovation praktischerweise vorwegnahm. Der komplette Saal stand, klatschte durchgehend laut mit und hatte tolle Stimmung. Allerdings finde ich, dass dieses Lied spätestens im November zu den T-Shirts in den Schrank gehört und frühestens im April wieder ausgepackt werden sollte. Bis dahin könnte Dän ja eben mal eine Winter-Version texten. “Jetzt ist Winter, egal ob es taut oder friert …” Auch den Textvorschlag für die erste Strophe hätte ich schon: “Schlittschuhe an und ab auf den See, auch wenn ich dann bis zum Hals im Wasser steh’ …” 

Die Wise Guys verbeugten sich zum letzten Mal, gingen ab und das Publikum klatschte begeistert weiter. Ich wußte, das die vierte Zugabe drin war, aber als das Saallicht anging, entschieden sich die ersten Besucher doch lieber zur Garderobe zu eilen, und so wurde der Applaus dann immer leiser, bis er schließlich weggetröpfelte. Schade. Zwei Minuten mehr Geduld und es hätte sicher noch ein weiteres Lied gegeben.


Endbetrachtung: Ein ruhiges Publikum das erst in der zweiten Halbzeit auftaute, ein Ton, der mir zu wenig und nicht gut genug war, teilweise sehr langsames Tempo, das bei manchen Liedern überraschend gut, bei anderen zu langsam war, Wise Guys, die manche Stellen durchaus schon besser gesungen haben,
– und trotzdem ein Konzert, das insgesamt die Bewertung ‘In Ordnung’ bekäme (meine Skala geht von ‘superklasse’ bis ‘grottenschlecht’), weil es trotzdem gut war, das Publikum erarbeitet und schließlich gewonnen wurde, und die Wise Guys auch ohne tolle Licht- und Tonunterstützung überzeugen konnten.

Der Afterglow war extrem gut besucht, wirkte wie eine große Stehparty, überall leuchteten knallblauen Flaschen mit ‘FrankenheinBlue’, und auf Nachfrage schmeckte es keinem richtig gut, wurde aber fleißig getrunken. Ich hatte immer noch Honigkuchenpferd-Nachgrinsen im Gesicht und freute mich, dass es mit dem Konzert so kurzfristig noch geklappt hatte. Und auch wenn ich mal etwas kritisiere, sind die Wise Guys doch die einzige Gruppe auf der Welt, zu der ich extrem häufig, mit viel Spaß und nicht nachlassender Begeisterung gehe. Das zeigt, dass ich von ihnen und ihrer Art der Show einfach überzeugt bin! Honigkuchenpferdegrinsend.

Opener
Frühlingslied
Das Leben ist zu kurz
Philosoffen
Griechischer Wein
Bleib wie du bist
Ohne dich
Meine heiße Liebe
Mädchen, lach doch mal

Wenn sie tanzt
Kaiser Franz
Willst du mit mir gehn
When I’m 64
Sensationell
Root Beer Rag
Golden Eye
Nein, nein, nein
Probier’s mal mit ’nem Bass
Schlag mich, baby
Jetzt ist Sommer