WG Konzertberichte

Wise Guys – 06.05.2001 – Beethovenhalle – Bonn … mit Papalahden

Die Wise Guys hatten es geschafft. Sie waren Stars. Die Zugänge der Beethovenhalle waren durch je zwei uniformierte Wachen abgesichert und der ganze Komplex zum Hochsicherheitstrakt umgewandelt. Hier kam niemand ohne Legitimation rein. Die Aufpasser sahen zwar nicht sehr trainiert aus und ein kleiner Fan-Trupp hätte sie locker über den Haufen rennen können, aber die Konzertbesucher hielten diszipliniert Abstand und wirkten fröhlich und harmlos. Statt zu stürmen, tranken sie Kölsch oder Sekt und schauten sich die Plakate an. Ein Mädchen tippte mit strahlenden Augen auf ein Wise Guys Bild und erklärte den Eltern blitzschnell und ganz richtig: “Das ist der Sari, das ist der Eddi, das ist der Ferenc, das ist der Dän, das ist der Clemens. Ich find ALLE gut.”  Verständnisvoll lächelnde Elternblicke trafen sich und man konnte ihnen ihr leichtes Seufzen und ihre Genervtheit ansehen. Wahrscheinlich hörten sie das 100 Mal am Tag.

Vor der Beethovenhalle stand Ludwig van, der von weitem noch recht gut aussah, von nahem aber doch stark verfallen wirkte. Na, er war schon lange tot und das sah man ihm irgendwie an. Zumindest von der Seite.   

Die Saaltüren gingen auf und 2000 dunkelblaue Polsterstühle warteten auf ihre Besetzer. Da es Platzkarten gab, gab es kein Gedrängel. Eine Eisverkäuferin mit großem Bauchladen lief durch die Reihen und aus dem Foyer zog der penetrante Duft von gekochten Würstchen an meiner Nase vorbei. Alles etwas seltsam, aber irgendwie passend. Ich bin sowieso kein Fan von Konzerten in großen Sälen und wusste auch gar nicht so genau, warum ich Karten für die Beethovenhalle gekauft hatte. Natürlich freute ich mich auf das Konzert, war aber skeptisch und zurückhaltend wegen des großen Saales. Dazu die Aufpasser, der Würstchengeruch – wenn so Erfolg aussah … naja.

Der Abend war vom Pantheon-Theater veranstaltet und ersetzte ganz viele der schönen, kleinen Pantheon-Konzerte. Es gingen bestimmt achtmal mehr Besucher in die Beethovenhalle, die Bühne war auch achtmal größer, und ich hoffte sehr, dass das Programm der Wise Guys auch achtmal länger als sonst sein würde. War aber nur eine sehr vage Hoffnung. Angeblich sollte es noch einige Restkarten an der Abendkasse geben, aber kurz vor Konzertbeginn sah der Saal rappelvoll aus.

Das Licht wurde mit viel Applaus bedacht als es aus ging und es gab einige Sekunden lang erwartungsfrohe Stimmung im Dunkeln. Plötzlich ein kleiner Scheinwerfer, und mit rhythmischem “dm dm dpff” kam Clemens ganz alleine auf die Bühne. Hey! Interessanter, schöner neuer Anfang! Dän kam etwas später dazu, dann auch die drei anderen. Lässig, locker und sehr groovig sangen sie ihr neues Lied Jetzt ist Sommer. Dän in der Leadstimme traf genau den richtigen, lässigen Klang und ich fühlte Sonne, Zeit und gute Laune. Klasse! Das Lied möchte ich bei strahlendem Sonnenschein am Tanzbrunnen hören! Supergut! Am Schluss wurde begeistert applaudiert und dann sangen sie den Refrain plötzlich nochmal. Ein bißchen seltsam und unlogisch, aber wer weiß, was sich der Komponist dabei gedacht hatte.

Er hatte das gar nicht so geplant, erfuhren wir sofort danach, als Dän das Publikum begrüßte. Das Lied war einfach zu neu, denn fünf Tage vorher, am Dienstag, war es erst fertiggeworden, drei Tage vorher, am Donnerstag hatten sie es eingeübt und jetzt, am Sonntag, auf der Bühne gebracht. Da gab es wohl noch kleine Textprobleme, die ich allerdings nicht bemerkt hatte. Ich hatte ihnen das so geglaubt, wie sie es gesungen hatten und mir hatte es auch in dieser Form sehr gut gefallen. Da lag Hitqualität drin! Sehr schön!

Das Publikum war eingestimmt und hatte gute Laune. Bei Däns Ansagen wurde gekichert und gelacht, auch wenn es eigentlich noch gar nicht witzig war und sogar das einfache Wort “Düsseldorf” erntete ohne weiteren Zusatz vergnügtes Gelächter. Beim Frühlingslied fiel dazu das gute Licht auf. Sehr schön angeleuchtete Wise Guys und über ihnen ein sanfter Nebel wie auf einer Lichtung am Sommermorgen. Liest sich etwas seltsam, sah aber wirklich so aus.

Bei der Zuschauer-Umfrage musste von einer Gruppe im Mittelbereich auf die gesamten Zuschauer hochgerechnet werden, da es nicht möglich war, mitten im Konzert das Saallicht anzuschalten. Stattdessen gab es einen optisch netten Lichtkegel, der aber nur einen kleinen Teil der Zuschauer erfasste. Es gab mehr Neu- als Althörer, einen guten Teil Bonner, einige waren aus Köln gekommen (verwunderte Frage von Dän: “Warum?”), und Berlin war ebenso vertreten wie Düsseldorf. Als die Düsseldorfer sich meldeten, gab es tatsächlich Leute, die vom Platz aufstanden und angestrengt die Hälse reckten, um sie anzusehen. Das fand ich schon ziemlich seltsam. “Ein Düsseldorfer im Saal!”-“Wo?”

Das RTL-Lied wurde eifrig beklatscht und ich grinste über die kleine, witzige Choreographie. Sah so untypisch aus. Kleine Hopser wie von einem springenden Pferd, aber dann auch Go-go-Girl-Bewegungen. Beim Schlussrefrain klatschten etwa 1900 Leute auf 1 und 3, und die restlichen 100 mit den 5 Wise Guys auf 2 und 4. Etwas schnell wurde Genurjanie Indiebarda gesungen. War dennoch sanft und sehr schön, aber warum diese Eile? Läuft das Visum ab?

Die Anmoderation von Zur Lage der Nation war viel zu ernst. Ein politisches Statement ist ja gut, aber die Stimmung im Publikum ging merklich runter und man wusste gar nicht, wie man reagieren sollte. Es gab fragende und ernste Blicke im Publikum und es war für einen lustigen Konzertabend zu hart. Vorher noch lachen über die „schöne Schien“ und dann plötzlich von umgebrachten Ausländern zu hören, war wie ein Schlag in den Magen. Wobei ich keinesfalls sagen will, dass das Thema unter den Tisch fallen sollte. Aber das Thema Ausländerfeindlichkeit ist nicht locker und wenn das Lied danach wieder lustig ist, ist es schwierig. Beim Refrain gab es entspanntes, aufatmendes Gelächter und die gute Laune kehrte langsam zurück. An Däns Stelle “… und wir sind endlich unter uns”, sah er so gemein und unangenehm aus, dass mir eine Gänsehaut über den Rücken lief. Brrr! Viel Applaus.

Noch ein neues Lied gab es, und inzwischen gefiel es mir sogar in der Beethovenhalle ganz gut. Armes Schwein, ein textlich witziges, musikalisch schönes Lied für Leute, denen es dreckig geht. Ein Zuhörlied, das dem „Sommer“-Lied aber keine Konkurrenz machen wird.

Danach ging es um „Papalahden“. Ich stockte bei Däns Anmoderation, weil mir dieses Wort im Wortschatz bisher fehlte, beim nächsten Satz konnte ich es aber deuten. “Wir haben‘n Papalahden geschrieben”, hieß nichts anderes, als dass sie „ein paar Balladen“ dabei hatten. Papalahden … also, mir gefällt das Wort. Die nächste Papalahde war Ohne dich und wurde sehr schnell gebracht. Die Lichtspiele flitzen über den Vorhang und Eddi musste bei der hohen Strophengeschwindigkeit zügig von rechts nach links über die Bühne hetzen. Wirkte dadurch sehr temperamentvoll. War aber auch gut gesungen und das Publikum lachte sehr über den Text.

Wer den Besserwisser im letzten Jahr in der Wissenschaftsshow gehört hatte, konnte ihn an diesem Abend kaum wiedererkennen.  In der Zeit, die sie damals für eine Strophe brauchten, sangen sie jetzt das gesamte Lied. Plus Applaus. Es war rasend schnell und erforderte höchste Publikumsaufmerksamkeit, um überhaupt die Fragen zu verstehen. An Antworten war nicht zu denken. War beeindruckend gut und eine zungenbrecherische Glanzleistung. Ich vermutete inzwischen, dass die Jungs noch etwas nach dem Konzert vorhatten und darum viele Lieder so schnell sangen. Mädchen lach doch mal war wieder klasse, auch wenn die Känguru-Trommel-Einlage bei der Riesenbühne doppelt so lang hätte sein können. Da hätten Sari und Eddi den Platz voll ausnutzen können. So waren sie gerade am Rand angekommen, als sie schon wieder zurückeilen mussten. Große Jubelei und laute Pfiffe vom Publikum.

Im Saal war es sehr heiß geworden und es tat gut, zur Pause in das kühlere Foyer zu gehen. Das dachten fast alle Besucher und als es dort voll war, ging ich in den Saal zurück, der dann erstaunlicherweise schon wieder viel kühler als das überfüllte Foyer war.

Der zweite Teil begann mit begeistertem Jubel über die Anzüge, in denen die Wise Guys auf die Bühne kamen. Bleib wie du bist auch schneller als sonst, aber trotzdem von Dän sehr schön sanft und leicht melancholisch lächelnd gesungen. Ich liebe das Lied einfach. Die Philosoffen wurden mit viel Vergnügen gehört und im Swing-Teil wurde sogar begeistert mitgeklatscht. Es kam sehr gut an und bekam viel Beifall. Klasse.

Sari wurde bei der Anmoderation von Willst du mit mir gehn ziemlich übel behandelt, und vielleicht sollte der Psychopath, bei dem Clemens in Behandlung ist, mal analysieren, warum jeder der Wise Guys, der bei Frauen erfolgreich ist, von Dän was auf den Deckel kriegt? Reiner Neid, oder steckt mehr dahinter? Sari nahm es locker, schwang lässig die Hüften, grinste strahlend ins Publikum und baggerte sehr charmant in der Gegend herum. Einfach süß, und dem Applaus nach auch höchst erfolgreich.  

Dagegen wurde dann Ferenc bei Sexbomb von Dän sehr mitfühlend und verständnisvoll angesagt und ganz sozial wurde ihm diese „letzte Freude“ gegönnt. Nach der Ansage erwartete das Publikum einen klapprigen Greis mit Gehhilfe, bekam aber einen glitzernden, selbstbewusst lächelnden Star zu sehen. Ferenc sang sehr schön lässig und der Spaß war ihm anzusehen. Nach dem Lied bekam Sari von ihm Frack mit Schwung ins Gesicht gepfeffert und das Publikum war in Hochstimmung. Die Tanzeinlagen in Schlag mich, baby bauschten Däns Haare locker duftig auf, und da sie schon wieder ziemlich lang gewachsen waren, machte er dem leicht gekürzten Eddi schwere Konkurrenz. Es gab also inzwischen zwei ‘Herren mit langen, krausen Haaren’.

Am Ende des Konzertes gab es sehr starken Applaus, Pfiffe und eine wirkliche Superstimmung. Die Wise Guys kamen für die erste Zugabe auf die Bühne zurück und freuten sich sehr über den kaum enden wollenden, langen Extraapplaus. Endlich wurde es ruhig und ohne weitere Vorwarnung sangen sie Nein, nein, nein. Da alle in Erwartung einer Moderation von Dän waren, war die Wortwahl schon sehr witzig. Es wurde wieder ziemlich schnell gesungen und auch zur nächsten Zugabe kamen die Wise Guys wieder im Laufschritt auf die Bühne. Also doch eilig, was?

Dän kündigte einen kleinen Afterglow im Foyer an, “Sie können alle hierbleiben, und es gab die Zugabe Golden Eye. Auch hier, wie am ganzen Abend, wieder sehr gutes Licht, und der Suchscheinwerfer vom Anfang könnte ruhig noch etwas länger zu sehen sein. Der Ton war laut und zog intensiv durch den ganzen Raum. Beeindruckend!

Schrilles Pfeifen und tobendes Klatschen holten die Wise Guys ein letztes Mal zurück. Zur großen Freude wurde der zweite Versuch von Jetzt ist Sommer angekündigt, und Dän wies freudig auf die passende Single hin, die am 28. Mai erscheinen wird. Kleiner Tipp: Tanzbrunnenbesucher können sie schon am 27. Mai bekommen. Das Lied war noch etwas lockerer als zu Beginn und fast karibisch zu nennen. Diesmal gab es auch die seltsame Pause am Schluss nicht und ich sehe gute Chancen für einen Sommerhit. Es groovt einfach voll ab. Es gab verdient Standing Ovation vom sehr begeisterten Publikum.

Ich fand die Beethovenhalle zwar immer noch zu groß, aber das Publikum hatte tolle Stimmung und das Konzert war klasse. Vielleicht kann ich aber den Deal machen, für den Preis einer Karte in der Beethovenhalle, achtmal ins Pantheon zu gehen …?

Als ich aus der Beethovenhalle raus kam, regnete es kalt und ungemütlich. Mit der Refrainzeile „Jetzt ist Sommer“ summte ich mich fröhlich bis zum Auto und fuhr mit klappernden Scheibenwischern durch das Herbstwetter nach Hause. Ich fühlte es ganz deutlich: Sonne, Badesachen, Strand und ganz viel Zeit …

Jetzt ist Sommer
Frühlingslied
Ich war noch nie bei RTL
Genurjanie Indiebarda
Zur Lage der Nation
Armes Schwein
Ohne dich
Besserwisser
Mädchen, lach doch mal

Bleib wie du bist
Philosoffen
Sexbomb
Willst du mit mir gehn
Schlag mich, baby
Nein, nein, nein
Golden Eye
Jetzt ist Sommer