WG Konzertberichte

Wise Guys – 07.04.2001 – Millowitschtheater – Köln … ohne ungarische Tante

Nach zwei verdienten Urlaubswochen starteten die Wise Guys schwungvoll mit einer fünftägigen Konzertreihe im Millowitsch-Theater, um gleich danach erneut eine längere Konzertpause einzulegen, um im Studio an der neuen CD zu arbeiten. Es gab also wenige Möglichkeiten, die Wise Guys in diesem Monat auf der Bühne zu erleben. Die LIVE-CD war im letzten Jahr bei den Millowitsch-Konzerten aufgenommen worden, und da die Stimmung dort als besonders schön galt, war es kein Wunder, dass die fünf Abende schon lange ausverkauft waren. Ich hatte mir Karten für das vierte Konzert am Samstag geholt, und freute mich schon sehr auf das nette, kleine Theater an der Aachener Straße.

Hier hatte ich mehrfach Willy, Peter, Barbie und Mariele Millowitsch gesehen. Ich liebe diese guten Verwirr-Komödien, bei denen links einer abgeht, rechts einer kommt, und man genau weiß, dass das Chaos ausbricht, wenn der von links zurückkommt. Wäre eigentlich schön, wenn die Wise Guys so etwas an diesem Abend auch mal machen würden. Sari geht grinsend links ab, Dän läuft wutschnaubend quer über die Bühne, um ihn zu suchen, Eddi bleibt die ganze Zeit still hinter einem Vorhang stehen und nur die Schuhe gucken raus, Clemens läuft klackernd mit seinen südamerikanischen Schlaghölzern hin und her, und am Schluss kommt Ferenc als ungarische Tante, um die Verwandtschaft zu besuchen: “Halllooo Kindääärrrr!” Gäbe bestimmt viel Spaß und einen Riesenapplaus!

“Spaß und Riesenapplaus gibt es auch so!” haben sich die Wise Guys wohl gedacht, und so stand an diesem Abend ihr normales Programm auf dem Plan. Einerseits schade, andererseits gut, denn schließlich war ich ja gekommen, um sie singen zu hören. Obwohl – die ungarische Tante könnte mich schon reizen …

Zunächst ging es aber viele Treppen hoch, vorbei an den Portraits der verschiedenen Herren Direktoren Millowitsch und hinein in den schönen Saal. Dort gab es rot gepolsterte Sitze, die auf jeder zweiten Rückenlehne eine Postkarte mit der Werbung für das Tanzbrunnenkonzert der Wise Guys stecken hatten. Passte farblich ganz wunderbar und sah witzig aus. Jedenfalls war es nicht zu übersehen. Im Foyer gongte es dezent, und die letzten Besucher eilten zu ihren Plätzen. Das Saallicht ging aus, und die Wise Guys kamen in das helle Bühnenlicht hinein schwungvoll auf die Bühne. Es gab sehr viel Begrüßungs-Applaus, der kaum aufhören wollte und der klar zeigte, dass die Zuschauer mit der richtigen Vorfreude gekommen waren.

Die wahre Liebe eröffnete das Programm, Eddi sang sehr schön, der Ton war wunderbar und mir gefiel es sofort. Alles prima. Dän bedankte sich für den freundlichen Empfang, meckerte aber gleich über Eddi, der ihn mit seiner dreckigen Brille, die er im Scheinwerferlicht genau sehen könne, wahnsinnig machen würde. “Die könnte er genauso gut gar nicht tragen!”, nölte er herum, was Eddi veranlasste, sofort die Brillengläser am Hemd zu putzen. Danach das Frühlingslied, bei dem Clemens optisch wunderbar litt und bei dem mich interessieren würde, was ein nicht-deutsch-sprechender Mensch anhand der Mimik verstehen würde. Besonders die angedeuteten (nicht immer jugendfreien) Bewegungen, die den Text unterstützen, wären dabei interessant. Es machte auf jeden Fall viel Spaß, hinzusehen. Hinzuhören auch, ehe mich jemand falsch versteht! Dazu gab es eine schöne Lightshow mit gelbem Scheinwerferlicht und vielen, grünen Sechsecken, die sich im Hintergrund drehten und auch schöne Lichtspiele auf den weißen Hemden zeigten. Wirklich klasse!

Die Zuschauerumfrage zeigte, dass etwa die Hälfte der Zuschauer zum ersten Mal auf einem Wise Guys Konzert waren, was Dän zu der verwunderten Frage veranlasste: “Wieso haben Sie dann am Anfang so geklatscht?” Ungefähr die Hälfte der Besucher waren Kölner, es gab fünf Leverkusener und keinen Düsseldorfer. Wenigstens keinen mutigen, der sich traute, das zuzugeben.

Beim RTL-Lied fiel mir schon wieder das sehr gute Licht auf. Schön unterstützend, ohne die Wirkung der Darsteller wegzunehmen. Gut ausgeleuchtet, farbig, aber nicht zu viel. Gegen Schluss gab es dann auch noch neue Tanzschritte im Background. Wo kamen die denn plötzlich her? Sah wirklich klasse aus und wenn sie demnächst auch noch synchron kommen, ist es ganz spitzenmäßig! Bei Genurjanie Indiebarda löste Sari vergnügtes Gelächter aus, sobald er grinste. Und Eddis lässige Brusthaar-Nummer, um zu zeigen, was an ihm „Tolles dran“ ist, kann kaum geschlagen werden. Sehr gut! Allerdings putzte Eddi nach dem Lied schon wieder seine Brille. Da hatte Dän ihn irgendwie verunsichert.

Große Sorge machte mir dann Dän bei Zur Lage der Nation. Von Monat zu Monat wird sein Gesichtsausdruck dabei blöder und er sah besonders in der ersten Strophe völlig debil aus. “Ein IQ wie Weißbrot”, kommentierte einer der fünf Leverkusener hinter uns passend. Wie singt Dän dieses Lied im nächsten Jahr? Viel bescheuerter kann er eigentlich gar nicht gucken, obwohl mich Dän jeden Monat neu überrascht. Es geht doch immer noch ein bisschen mehr. Wenn ich an diesem Abend vor Lachen einfach nicht mehr hingucken konnte, fiel mein Blick auf Eddi, der auch total dämlich aussah und geistig scheinbar völlig daneben hing. Dazu Clemens mit seiner Pauken-Nummer – es machte mich fertig. Irgendwann werde ich vor Lachen platzen, befürchte ich. Auch eine Dame vor mir hing mit Lachkrampf schräg im Sessel.

Das Parfum danach sehr schön gesungen, aber fast zu kräftig. Ich mag es lieber sanft, melancholisch und etwas leiser. Dann wirkt es stimmungsvoller und ist ein größerer Kontrast zu anderen Liedern. Trotzdem war es sehr schön. Aber die Jungs waren stimmmäßig einfach zu gut drauf und hatten zu viel Power, um sanft und traurig zu singen. Noch während Dän Ohne dich ansagte, mutierte Eddi zum coolen, harten Typen und bekam einen unangenehmen Gesichtsausdruck. So sang er dann auch, und nur manchmal kam durch, dass der harte Typ da oben eigentlich sehr verletzt war. Ist jetzt schwer zu erklären, dass der weiche, nette Eddi einen harten, coolen Typen spielt, der aber nicht so hart und cool ist, wie er tut, sondern nur sehr verletzt wurde und jetzt seine Ex-Freundin verletzen will, indem er hart und cool tut. Klasse – ich mag das Lied sehr.

Bei der Heißen Liebe gab es beim Publikum in südamerikanischen Rhythmen hin- und herzuckende Schultern zu sehen und Gelächter bei Däns akustischer und mimischer Einlage. Die Wise Guys hatten viel Spaß, was ihnen deutlich anzusehen war. Als Clemens dann in der Ansage des Besserwissers erwähnte, dass Ferenc’ Schulbildung durch die Kriegsjahre unterbrochen wurde, gab es erst im Publikum, dann auch auf der Bühne Lachanfälle und alle beruhigten sich nur langsam. Extra-Applaus für die gute Stimmung! Das Lied wurde dann wieder rasend schnell gebracht und das plötzliche Ende überrumpelte die Zuschauer. Häh? War das der Schluss oder kommt noch was? Der Applaus kam nach einigen Sekunden Schreck- und Abwartpause. “Ein überraschendes Ende liegt Ihnen nicht so”, kommentierte Dän. Im anschließenden Werbeblock regte er mit einem emotionalen Ausbruch zum Kauf des Wise Guys Kalenders an, der schon wieder im Preis gesunken war. War ja auch schon April. Und Eddi putzte seine Brille.

Letztes Lied vor der Pause war Mädchen lach doch mal und inzwischen hatten Eddi und Sari die passenden Instrumente gefunden. Monatelang hatten sie zwischen angeblichen Kilttrommeln, Pavianhinterhauttrommeln und anderen exotischen Geräten hin und her gewechselt, bis sie bei ihren Kängurutrommeln angekommen waren. Ihre Show, als sie damit über die Bühne sprangen, war mal wieder umwerfend und lohnend gut. Begeistertes Gelächter und viel Applaus für das ganze Lied. Dann war Pause und ich merkte, dass ich an diesem Abend nichts zu meckern hatte. Gesang, Ton, Licht, Stimmung, Laune – alles sehr gut und rundum schön. Mir gefiel es einfach supergut und ich war auch ohne ‘Eddi hinter dem Vorhang’ und „Hallloo Kindääärrrr!” sehr zufrieden und gut gelaunt.

Nach der Pause Bleib wie du bist mit orangefarbenen Lichttupfern im Hintergrund und von Dän anders als sonst gesungen. Nicht leicht melancholisch lächelnd, und damit sehr ernsthaft, sondern eher mit einem richtigen Lächeln im Gesicht und locker. War sehr schön und in Ordnung, mir gefällt es aber in der sehr ruhigen Version ohne fröhliches Gesicht besser. Ist ja ein positives und stellenweise auch lustiges Lied, wirkt aber, wenn es ernsthaft gebracht wird, noch eindringlicher.

Sehr klar und sauber wurden danach die Philosoffen gebracht und ich fand sie noch viel besser, als in der Philharmonie, auch wenn an diesem Abend im Millowitsch das Publikum nicht so laut reagierte. Irgendwie wirkte die Darstellung sehr seriös und ich glaube, dass viele Zuschauer nicht sicher waren, wie das Lied einzuordnen war. Waren die Strophen witzig, oder war das echt gemeint? Beim Refrain war es aber immer eindeutig und es wurde viel gelacht. Es war aber mehr ein Zuhör-Lied und bekam erst am Schluss den starken Applaus. Ich persönlich finde es wunderbar. Dän versäumte auch nicht, extra auf das Tom van Hasselt-Programm im Atelier-Theater hinzuweisen. (Ein Besuch lohnt sich, kann ich da nur sagen!)

Willst du mit mir gehen kam sehr gut an und Sari bekam Extra-Applaus für seine lasziv-sexy Bewegung. Wow! In meinem Lexikon stehen bei ‘lasziv’ übrigens zwei Bedeutungen: 1. lat. lascivus, ausgelassen  2. zweideutig, unanständig. Saris Bewegung hatte eher die zweite Bedeutung, da er aber so nett und anständig aussah, wirkte es doppelt gut. Es gab am Ende des Liedes superviel Applaus und Sari forderte mit einer heimlichen Handbewegung noch einen erneuten Applaussturm herauf. Er freute sich diebisch, als das sofort klappte. Ferenc, das sieht eng für dich aus! Nachwuchs aus den eigenen Reihen.

Abgesehen davon, dass When I’m 64 im Vordergrund vom jeweiligen Leadsänger immer gut gebracht wird, war diesmal auch im Hintergrund viel los. Die Herren alberten herum und sangen zum Teil seltsame Geräusche im Background. Dass die nicht üblich waren, merkte man sofort am losplatzenden Gegrinse des jeweiligen Nebenmannes. Sehr lustig beim Zusehen, auch wenn man den Witz nicht immer erfasste. Bombenapplaus und begeisterten Jubel für dieses „multilinguale“ Meisterstück. Die Wise Guys waren überhaupt den ganzen Abend über sehr gut gelaunt und die Urlaubs-Erholung war zu merken. Sie gingen mit viel Schwung in diese Millowitsch-Konzerte.

In Wahnsinnstempo wurde der Root Beer Rag gebracht und war einfach supergut. Spitzenklasse! In den abklingenden Applaus hinein wurde aus dem Publikum ein begeistertes “Kekse!” gebrüllt, auf das es wieder lautes Gelächter gab. Sexbomb hatte wieder tolles Licht, sehr schön effektvollen Nebel und kam toll an. Es gab für Ferenc Standing Ovation vom laut Dän „übermotivierten Publikum“, während die anderen Wise Guys sehr betroffen auf der Bühne standen. Dän versuchte den Schlag tapfer hinzunehmen, Eddi streckte verärgert die Zunge raus, aber Clemens sah aus wie kurz vorm Heulen. Süß.

Nach dem temperamentvollen Zu schön für diese Welt (ist ja fast langweilig, dass alles so gut war und auch so gut ankam), gab es Schlag mich, baby, bei dessen Ansage Eddi fast zusammenbrach, als es um “VHS-Kurse mit Klaus” ging. Irgendein Insiderwitz, aber sehr lustig zu sehen, wie Eddi bei Däns Worten die Fassung verlor. Beim Singen gab es tollen, knallrot beleuchteten Nebel und bei mir die Frage, warum die Zuschauer in den Nebelschwaden einen Hustenreiz bekamen, die Wise Guys aber nicht. Abgang bei lautem Geklatsche und Getrampel und sofort beeindruckend gleichmäßige Zugabe-Rufe des kompletten Publikums.

Ohne weitere Ansage gab es Nein, Nein, Nein (wie immer klasse) und Dän wies zum wiederholten Male auf den Kronleuchter hoch oben an der Decke hin. Wie ich nachher erfuhr, war der immer wieder sehr schön angestrahlt und sah supertoll aus, aber das war nur von der Bühne, oder den hinteren Plätzen aus zu sehen. Eigentlich schade, aber ich hätte meinen vorderen Platz ungerne gegen einen hinteren getauscht, nur um den Kronleuchter zu sehen. Schließlich waren die Wise Guys auch schön angestrahlt und sahen gut aus. Und Eddi putzte auch extra nochmal seine Brille.

Däns Satz “Wir wollen uns Gedanken machen zum Tod …” machte alle Zuschauer etwas betroffen und es blieb zunächst ganz still. Erst als das Lied Herrjott begann, wurde wieder laut gelacht und Eddis hallige Mundharmonika war wieder supergut. Als Abschluss dann “Golden-Ei” passend zur Osterzeit, wie Dän betonte, und die Lichtleute zeigten nochmal ihr Können. Harte Schatten, kaltes Blau, passender Nebel. Richtig unheimlich. Der Gesang war gewaltig, laut und einfach umwerfend gut. Eddi bekam mittendrin Applaus und es war mal wieder ein furioses Ende.

Als danach das Licht anging, hörten viele Klatscher sofort auf, um zur Garderobe zu eilen. Schade. Auch der Afterglow im Millowitsch war ziemlich kurz, weil die Angestellten dort Feierabend haben, sobald alle Besucher draußen sind, was ihnen lieber zu sein schien, als mit den Wise Guys noch lange im Foyer zu stehen.

Es war ein supergutes Konzert, das mir von Anfang bis Ende nur gefiel und bei dem ich wieder mal so viel gelacht habe, als wäre ich noch nie auf einem Wise Guys Konzert gewesen. Supertoll. Spitzenklasse. Ein Sahnestück.

Die wahre Liebe
Frühlingslied
Ich war noch nie bei RTL
Genurjanie Indiebarda
Parfum
Zur Lage der Nation
Ohne dich
Heiße Liebe
Besserwisser
Mädchen lach doch mal

Bleib wie du bist
Philosoffen
Willst du mit mir gehn
When I’m 64
Root Beer Rag
Sexbomb
Zu schön für diese Welt
Schlag mich, baby
Nein, nein, nein
Herjott
Golden Eye