Mark Britton – Welcome to Britton – 16.03.2001 – Köln
Bürgerzentrum Chorweiler, Köln
An diesem Abend hatte ich Mark Brittons wunderbares “Apatschen à gogo” sehen wollen. Stattdessen zeigte er überraschend “Welcome to Britton”, einen Best-of-Zusammenschnitt der letzten sechs Jahre. Auch gut. Es begann mit knallig amerikanischer Showmusik, aber als der gesamte Opener ziemlich chaotisch verlief, wurden den Zuschauern sofort klar, dass hier kein normaler Unterhaltungsabend ablaufen würde.
Mit seinem netten, englischen Akzent erzählte Mark Britton über alle möglichen Themen von der Geburt bis zum Tod. Gleichzeitig spielte er, tanzte, stolperte über die Bühne und verwandelte sich in alle möglichen Personen. Eine kleine Geste, ein anderer Gesichtsausdruck, und er war plötzlich nicht mehr die Kindergartentante, sondern das weinende Kind. Absolut beeindruckend! In raschem Wechsel stellte er Situationen dar, die sofort wiederzuerkennen waren. Requisiten waren unnötig, da er sie so perfekt andeutete, dass sie trotzdem da waren. Ich meinte sogar die kleinen Kamele vor den Beduinenzelten seiner angedeuteten Schlaghose liegen zu sehen! Völlig verrückt! Er hüpfte und drehte sich über die Bühne und versprühte dabei volle Energie. Auch wenn der Ton in Chorweiler bei der Verständlichkeit sehr zu wünschen übrig liess (oft zu leise und zu hallig), war das Programm von Mark Britton ein optisches und akustisches Erlebnis.
Er zeigte Schwächen bei Frauen, Männern, Deutschen und Briten auf, blieb dabei aber immer freundlich, liebevoll und voller Achtung. Sogar Themen wie das Überziehen eines Kondomes, bzw. der Versuch dazu, waren zum Weglachen gut und überhaupt nicht peinlich. Die bunte Mischung der best-of-Sachen ließen den Lachmuskeln kaum eine Pause, denn es ging Schlag auf Schlag weiter. Sehr schön auch die Darstellung der beiden Sprachschlangen in seinem Kopf. Die englischen Wörter, die sauber und ordentlich, mit Melone auf dem Kopf in einer Reihe standen, und auf der anderen Seite die deutschen, die chaotisch durcheinanderliefen und zum Teil nicht wussten, wo sie hingehörten. (Jetzt weiß ich endlich, wie es bei mir aussieht. Da stehen schon die deutschen Wörter nicht ganz so ordentlich, aber von den englischen sind die meisten nicht mal da!)
Als mitten im Programm plötzlich eine laute Sirene begann, hielten das viele Zuschauer noch für einen geplanten Störfall und warteten lachend, wie es weiterging. Es war aber ein echter Alarm. Der anhaltende Ton war so laut, dass Mark Britton sein Programm nicht weitermachen konnte. Er versuchte die Zeit mit kleinen nonverbalen Späßchen nach Stummfilmart zu überbrücken. Das Publikum sah ihm dankbar zu, aber die Sirene hörte einfach nicht auf. Nach einigen Minuten rief Mark Britton verzweifelt: “Ich träume das nur! Gleich wache ich auf und liege in meinem Bett und habe nur geträumt, dass mitten in der Vorstellung, im fast ausverkauften Bürgerzentrum von Chorweiler, eine lauter Alarm angeht, der nie aufhört. Und mir strahlt dabei die ganze Zeit ein roter Scheinwerfer ins Gesicht. Es ist alles nur ein schrecklicher Albtraum!!”
Schätzungsweise 7 Minuten hielt er bewundernswert durch, dann gab er auf, rief laut: “Kurze Pause!” und ging ab. Keine 10 Sekunden später hörte der Alarm auf. Mark Britton erschien wieder auf der Bühne und sagte kopfschüttelnd: “Alles muss der Künstler selber machen. Ich musste nur den Knopf drücken!” Großes Gelächter und viel Beifall. Die Zuschauer hatten alle mitgelitten und durch so eine ungewohnte Situation rückten Künstler und Publikum gefühlt näher zusammen. Wir hatten gemeinsam mit Mark Britton den Fehlalarm überstanden. Die Stimmung war danach fast noch besser, als vorher.
Dass es ein Fehlalarm war, vermuteten wir alle übrigens nur. Konnte ja nicht sein, dass das Haus wirklich brannte! Mir ging durch den Kopf, dass die Feuerwehr sich später beim Bergen unserer verbrannten Leichen wundern würde, dass wir – trotz lauter Alarmsirene – im Untergeschoß eines brennenden Hochhauses sitzengeblieben waren, um einem verzweifelt über die Bühne hüpfenden Briten zuzusehen. Verrückt! Und ziemlich blöd.
Es gab viel Beifall am Ende des Programmes und ich war wieder mal begeistert. Mark Britton ist für mich der beste, umwerfend komische, seriöse Comedy- Pantomime- Slapstick- Schauspieler, den ich kenne. Er verausgabt sich voll und zieht nie irgendeine billige Comedy ab. In seinen Programmen zeigt er sehr sorgfältig ausgefeilte Situationen, die trotzdem immer locker, leicht und spontan wirken. Wer einen Sinn für leicht schrägen britischen Humor hat, muss sich sein Programm unbedingt ansehen! Der Lachfaktor ist sehr hoch.