Wise Guys – 04.03.2001 – Bürgerhaus – Quadrath-Ichendorf … mit viel Gelächter
Quadrath-Ichendorf liegt etwa 30 Autominuten westlich von Köln und ist ein Vorort von Bergheim. Vor dem Autokennzeichen BM (für Bergheim) scheuen richtige Kölner fast ebenso zurück, wie vor einem echten Düsseldorfer. Ein Konzert im Zentrum des Feindlandes, das Kölner Tour-Auto auf dem Parkplatz umgeben von vielen BM-Nummernschildern, das war schon eine tapfere Leistung für die fünf Kölner Jungs.
Wenn ich es aber mal genau bedachte, war es mit den echten Kölnern gar nicht so weit her. Kam Eddi nicht aus dem nebeligen London? Dän hatte als Geburtsort die Nachbarstadt Brühl gewählt und Ferenc war in der Nähe von Karlsruhe geboren. Selbst das Tour-Auto mit dem K-Kennzeichen war ein Imi* aus Japan. (*Imi: kölsch für einen falschen, imitierten Kölner) Einzig Clemens und Sari hielten die Fassade aufrecht, wobei ‘Sari’ als Bezeichnung für ein indisches Kleidungsstück, natürlich auch zu denken gab. Aber um jetzt keine Schlagzeilen in den Zeitungen hervorzurufen, tue ich mal einfach so, als hätte ich es nicht gemerkt, verschweige diese schockierende Wahrheit und finde es bemerkenswert, dass fünf Kölner bis fast nach Bergheim kommen!
Das Publikum im Bürgerhaus spürte wahrscheinlich, dass die fünf Kölner ihnen näher standen als sie zugaben und empfing sie mit sehr viel Applaus. Als Dän dann auch noch ganz richtig „Quá-drath-Ischendorf“, mit der Betonung auf dem „Qua“ und einem ausgeprägten rheinischen „Isch“ sagte, hatte er sofort alle Sympathien gewonnen und der Abend konnte nicht mehr schief gehen.
Die Gags bei seinen Anmoderationen kamen ausnahmslos gut an und ergaben oft langes Gelächter. Das Publikum war überhaupt sehr zum Lachen aufgelegt. Völlig gut gelaunt wurde locker und laut losgelacht, sobald es humorvoll wurde. Sehr schön! Während des Frühlingsliedes hörte das vergnügte Gekicher kaum noch auf. Trotzdem wurde aufmerksam zugehört und nicht gestört. Bei der Zuschauerbefragung verglich Dän den holzvertäfelten Saal sehr passend mit einer Massensauna und die 800 bekleideten Saunagänger hatten schon wieder einen Grund zum Lachen. Irgendwie kam es mir vor, wie bei einer Comedyshow. Sehr vergnüglich. Der etwas größere Teil der Zuschauer hatte die Wise Guys schon gesehen, aber viele Lieder waren ihnen trotzdem neu.
Beim RTL-Lied hätte ich bei der Stimmung sofortiges Mitklatschen erwartet, aber ringsherum hörten alle interessiert und mit lachenden Gesichtern zu. Erst beim wunderbaren „… li-ti-ti-vi” gab es Sonderapplaus und der Mitklatsch-Bann war gebrochen. 1 +3. Muss ich noch mehr sagen? Der Klang war an diesem Abend sehr gut und die Stimmen waren getrennt voneinander schön zu hören. Alles sehr klar und zusammen mit dem guten Licht wirklich klasse.
Bei Genurjanie Indiebarda gab es zu Beginn noch lautes Gelächter, es wurde aber im Verlauf des Liedes immer leiser. Nicht, weil die Stimmung nachließ, sondern weil es viel zu schön war, um laut zu lachen. Ich mag das Lied sowieso besonders gerne, aber an diesem Abend war es auch noch ganz besonders gut. Bei einem Pärchen vor mir legte der Mann vorsichtig seinen Arm um die Partnerin und sie kuschelte sich ganz eng an ihn. Total romantisch. Es passte zu der wunderschönen ruhigen Stimmung, die das Lied verbreitete. Ganz, ganz toll!
Dafür konnten die Zuhörer sich bei Zur Lage der Nation austoben. Quietschendes Gelächter bei der Textzeile “… wir klatschen auf die 1 und auf die 3” auch bei den Leuten, die vorher schon bei “RTL” auf die 1 und die 3 geklatscht hatten. Auch der ‘Anton, der in Tirol bleibt’ bekam jubelnden Szenenapplaus. Es ist kaum zu glauben, aber das Lied wird besonders im darstellerischen Teil immer noch besser. Ich weiß manchmal gar nicht, wo ich hinsehen und zuerst lachen soll. Es gab viel langen Applaus dafür.
Beim Parfum verstummten die ersten Lacher, die den Comedian-Harmonist-Stil des Liedes für einen Gag gehalten hatten, ganz schnell und es wurde aufmerksam zugehört. Ein tolles Publikum! Eddi erhielt bei Ohne dich Lacher für seine peinlich-verlegene Geste beim ‘Single-Bar-Toilettenpapier’. Eine Stelle, die auch ich sehr gelungen finde. Außerdem spielte er sehr anschaulich, wie er mit den Frauen am Strand von Ibiza umgeht. Besonders nett, wenn er sie am Ende lässig über die Schulter nach hinten wirft.
Vor der Heißen Liebe warf Clemens wie gewohnt das “Rasselei” (keine Ahnung wie es korrekt heißt) im Bogen zu Ferenc. Er warf es diesmal aber zu tief und genau auf empfindliche Regionen zu. Glücklicherweise hatte Ferenc sehr gute Reflexe, aber der anschließende Blick von ihm zu Clemens war schon klasse! Sari flippte beim ‘Mokkatanz’ fast aus und zog alle Blicke auf sich und seine lässig-lockeren Bewegungen. Danach gab es den ersten rhythmischen Applaus, weil das Lied komplett klasse war. Bei Mädchen lach doch mal! wurden Eddi und Sari von ihren Känguru-Trommeln über die Bühne gehetzt und vor mir sah ich nur noch wackelnde Schultern, weil die Zuschauer so stark lachen mussten.
Nach der Pause ein sehr schönes Bleib wie du bist. Der Klang war schon fast ein ‘Ohne-Micro-Feeling’, weil die Stimmen so schön getrennt klangen. Außerdem war Däns Stimme ganz leicht rauh und klang supergut. Gefällt mir ja auch sonst supergut, aber es gab eben nochmal einen Kick. Schon das breite, zufriedene Grinsen von Sari bei der Anmoderation von Willst du mit mir gehn war sehenswert. Und seine Vorstellung so klasse, dass er dafür Gejohle, begeisterte Pfiffe und sehr viel Applaus bekam. Da wächst den Wise Guys wohl noch eine weitere kleine Sexbomb heran. Der Jubel des Publikums ließ das erwarten.
Auch When I’m 64 räumte ab. Lustig, als bei Däns Strophe erst nach vier Takten plötzlich bei dem Wort „Zäng“ losgelacht wurde, weil dem Publikum da erst klar wurde, dass Dän kölsch sang. Dafür hörte das Lachen dann aber nicht mehr auf, und Clemens bekam für sein zitteriges ‘Sohohonnenbahahank’ Szenenapplaus. Wegen der vergnügten Reaktionen des Publikums drehten auch die Wise Guys immer weiter auf. Dän erzählte vor dem Root Beer Rag, wie ratlos und verzweifelt die Wise Guys im letzten Herbst gewesen waren. “Wir wussten nicht mehr, wie es weitergehen sollte …”, und in diesem Moment lehnte im Hintergrund Clemens mit sehr leidender Miene das ihm von Sari angebotene Wasserglas ab. Schallendes Gelächter vom Publikum, auch Sari musste losplatzen und der arme Dän konnte nicht wissen, warum es plötzlich so viel Lachen und Applaus gab. Er nahm es aber lässig hin. Das Lied selbst war Eddis Show. Wie kann er sein Gesicht eigentlich so verziehen? Faszinierend und sehr komisch!
Bei der nachfolgenden Moderation zu Sexbomb erwähnte Dän, dass Ferenc ein Solo singen möchte, und das war eindeutig der falsche Einstieg. Sofort gab es nämlich viel begeisterten Applaus und der Beifall war schon fast so wie nach dem Lied. Dän bekam aber sofort die Kurve, indem er den Applaus interpretierte: “Dass die Geschichte lustig ist, wissen wir auch.” Erstaunlicherweise wurde während des Liedes kaum laut gejohlt, das hätte ich eigentlich erwartet. Aber alle schauten fasziniert zu, und nach dem Lied zitterte die Quadrath-Ichendorfer Bürgerhaus-Sauna unter den begeistert trampelnden Füßen. Das Abwinken des Applauses von Ferenc klappte dann so unerwartet perfekt, dass es noch während seiner Armbewegung komplett still wurde. Absolut super!
Däns letzte Worte der folgenden Ansage “… das Lied heißt: Nein, nein, nein” wurden von einem begeistert gejauchzten “Ja!” aus der Reihe hinter mir kommentiert. Und natürlich wurde während des Liedes mitgeklatscht und teilweise sogar recht laut mitgesungen. Nach Schlag mich, Baby gab es dann gewaltiges Getrampel und laute Zugabe-Rufe. Ich glaube übrigens ganz ehrlich, ich habe es noch nie geschafft, den kompletten Text konzentriert anzuhören. Jedes Mal sehe ich so begeistert auf die Tanzbewegungen, dass ich völlig abgelenkt bin. Dabei soll ja gerade der Text eine lyrische Meisterleistung sein, wenn ich Dän da glauben darf. Allerdings ist der Tanz eine so körperlich-erotisch-bewegungstechnische Glanzleistung, dass ich völlig hin und weg bin. Außerdem würde mich interessieren, wieviel Liter Schweiß bei den Wise Guys und den Tanztherapeuten geflossen sind, bis dieses Ergebnis da war. Hat sich aber auf jeden Fall gelohnt!
Als Dän später in einer Moderation von einer „wärmeren“ Welt schwärmte, griff Clemens verstohlen nach Eddis Hand und der nächste Lacher ging durch den Saal. Das aufmerksame und sehr gute Publikum forderte die Wise Guys zu solch kleinen, aber feinen Gesten heraus und übersah nichts. Und dann wurde bei Ich will keine A-cappella tatsächlich auf die 2 und die 4 mitgeklatscht! Und das ganz ohne Anleitung, nur aus dem Gefühl heraus. Sollten die Bergheimer immer unterschätzt worden sein?
Beim Abgang der Wise Guys von der Bühne gab es lauten rhythmischen Applaus von allen 750 Besuchern. 1500 Hände klatschten gleichzeitig aneinander und ich will jetzt gar nicht ausrechnen, wieviele Finger das waren. Als die Wise Guys ziemlich zügig auf die Bühne zurückkamen, verblüffte der wieder T-Shirt-bekleidete Sari einen Menschen hinter mir: “Wie hat der sich so schnell angezogen?”
Der Abschluss war wieder Golden Eye mit einigen Lachern am Beginn über Eddis ungewohnte Stimmlage, aber staunender Stimmung am Ende. Sah alles wunderbar mystisch aus und Eddis Haare, die von den hinteren Scheinwerfern beschienen wurden, standen wie ein gelber Strahlenkranz um seinen Kopf herum. Sehr fremd und eigenartig kalt. Große Klasse!
Und hätten die Zuschauer einfach weiter heftig geklatscht, hätte es bestimmt noch eine vierte Zugabe gegeben. Aber als das Licht anging, hörten und standen sie auf. Wahrscheinlich hatte Däns Frage, ob sie keine Lust auf den Afterglow hätten, mitgeholfen.
Mein persönlich lustiges Erlebnis hatte ich im Anschluss, als eine nette Reporterin mich ganz gespannt fragte: “Wenn jetzt die Wise Guys vor Ihnen stehen würden, was würden Sie sie gerne mal fragen?” Dazu fiel mir dann leider nichts ein, denn kurz vorher hatten die Wise Guys vor mir gestanden und auch da hatte ich keine Frage an sie gehabt. Aber woher sollte die Reporterin wissen, dass die Wise Guys öfter mal vor mir standen? Leicht enttäuscht fragte sie danach die neben mir sitzende Sarah vom Artikelstand: “Und wie hat Ihnen das Konzert gefallen?” Antwort: “Ich bin die CD-Verkäuferin und habe nur die ersten vier Lieder gehört.” Danach stellte sie uns keine weiteren Fragen, sondern suchte sich ergiebigere Konzertbesucher.
Schlussbemerkung für die, die sich den kompletten Bericht ersparen möchten, was jetzt allerdings etwas spät ist: Fünf Kölner in Bergheim. Sehr gutes Konzert mit schönem Klang und aufmerksamem Comedy-Publikum. Klasse Stimmung und sehr viel Gelächter. Gute Laune auf der Bühne und bei den Zuschauern. Einfach rundum gut!
Frühlingslied
Ich war noch nie bei RTL
Genurjanie Indiebarda
Zur Lage der Nation
Parfum
Ohne dich
Heiße Liebe
Mädchen lach doch mal
Bleib wie du bist
Willst du mit mir gehn
When I’m 64
Root Beer Rag
Sexbomb
Nein, nein.nein
Schlag mich, baby
Ich will keine A-cappella
Golden Eye