Wise Guys – 21.02.2001 – Rheinhalle – Remagen … mit Platzreservierung
Der Abend begann eigentlich wie andere Konzertabende. Warten vor der Eingangstüre, dann Einlass ins Foyer und wieder warten, und endlich gingen die Saaltüren auf. Ich war früh da, hatte die Anzahl der Besucher vor mir grob abgeschätzt und dachte, dass da ein Platz in Reihe 5 bis 7 für mich drin sein könnte. Super! Reihe 5 habe ich gerne. Alles sehen können, aber selber nicht im Blickfeld sitzen. Als ich in den Saal kam wunderte ich mich, dass die ersten Reihen ganz ungewöhnlich frei blieben. Seltsam. Alle schüchtern, oder was? Aber dann sah ich es: Die erste, zweite und sogar dritte Reihe war komplett reserviert. Blöd! Wie kann man denn so viele Plätze für „Ehrengäste“ blockieren? Was is’n das für’n Veranstalter?
Als ich durch den Mittelgang nach hinten ging, traute ich meinen Augen kaum: Auch Reihe 4 und 5 waren reserviert. Reihe 6, 7, 8 auch. Ehe es jetzt langweilig wird: Bis zur Reihe 15 waren bis auf sehr wenige, unattraktive, äußere Randplätze alle Plätze blockiert. Übrig blieben die beiden letzten Reihen 16 und 17, dann war Schluss. Für die restlichen Besucher gab es ganz am Rand des Saales fünf lange, harte Tribünenstufen. Einfach unglaublich. So etwas hatte ich wirklich noch nie erlebt. Im Großteil des Saales waren alle guten Plätzen reserviert und übrig blieben nur Randplätze.
Ziemlich sauer ging ich zu dem Veranstalter, einem Vertreter der Stadt Remagen und fragte nach. Ob ich denn nicht lesen könne, pflaumte er mich an. Stände doch alles auf meiner Eintrittskarte. Da müsste ich nur mal genauer draufgucken! -Tatsächlich! Als er es mir zeigte, sah ich es auch! Da stand: “Außer Abonnentenplätze keine Platzreservierung!” Na, dann! War ich also selber schuld! Hätte ich mir doch eigentlich denken können, dass ich bei diesem Hinweis auf der Karte in der vorletzten Reihe sitze! Wahrscheinlich bin ich nur zu blond für sowas. Für mich hätte da stehen müssen: “Außer für Abonnenten keine guten Plätze!”, dann hätte ich das kapiert. Außerdem wäre ich die Einzige, die sich so massiv beschwert hätte. Das liefe schon seit Jahren so und es wären immer alle zufrieden und nur ich würde mich deswegen aufführen!
Ohje, da hatte ich es! Mit mir war etwas nicht in Ordnung – ich meckerte schon grundlos herum. Allerdings sahen die Leute, die vom Anblick der vielen, gelben Reserviert-Schilder überrascht wurden, auch nicht glücklich aus, und ihre Bemerkungen waren keineswegs netter als meine.
Bis zehn Minuten vor Konzertbeginn blieben die guten Sitzplätze fast alle leer, dann setzte plötzlich der Abonnentenstrom ein. Als würden sie mit Bussen angekarrt, quollen sie in den Saal. Einige Wise Guys Fans hatten lange Anreisen auf sich genommen, zum Teil seit 18 Uhr vor der Türe gestanden und konnten jetzt aus den letzten Reihen zusehen, wie die vorderen Plätze ganz gemütlich belegt wurden. Wirklich klasse! Ich holte tief Luft und beschloss, mein erstes und letztes Konzert in der Remagener Stadthalle zu genießen.
Um mich an diesem Abend weiter zu verwirren, begannen die Wise Guys ihr Programm ganz ungewöhnlich mit der Wahren Liebe. Bei den Hitchcock-Geigen nach der Textstelle: ‘… hol’ mir mal ein Bier!’ gab es leises Gelächter im Publikum und der Einstieg in den Abend lief gut an. Danach das Frühlingslied, sonst das erste Lied, aber an diesem Abend lief ja manches anders. War auch sehr schön, und das Publikum wirkte aufgeschlossen und gut gelaunt.
Bei der Begrüßung unterteilte Dän die Zuschauer in ‘Abonnenten’ und ‘Freiwillige’ (Danke, Dän, das tat mir gut!) und liess sie zum Vergleich getrennt applaudieren. Fiel bei beiden Gruppen gut aus, weil die Abonnenten wirklich nette Leute waren. Sie konnten ja auch nichts für den Platzbevorzugungsplan der Stadt Remagen.
Beim RTL-Lied wurde wieder gleich beim ersten Refrain mitgeklatscht (1+3, wie sonst?), und obwohl die Wise Guys dann auf die 2+4 vorklatschten, schwenkte nur ein Teil des Publikums um. Däns Bemerkung dazu war klasse: “Ein Teil musikalisch, ein Teil konsequent!” Genurjanie Indiebarda war wieder mal sehr schön und hatte dazu drei auffallende Punkte: 1. Wurde beim Nennen des Titels so gut wie gar nicht gelacht, 2. War Saris Trompete wieder außergewöhnlich gut *schmelzdahin*, und 3. gab es Meeresrauschen! Gegen Ende des Liedes begann im Saal ein lautes Rauschen, dass an Meereswogen erinnerte. Eigentlich sogar eher an kräftigen Monsunregen. Ich dachte zuerst an eine starke Lüftung. Wie sich nachher herausstellte, war es jedoch ganz echter Regen, der auf die Oberlichter des Saales geprasselt war. Also doch Monsun! In Remagen.
Sehr gut kam auch Zur Lage der Nation an. Meine Lieblingsstelle von Dän, bei der er so schön gemein singt: “… wir sind endlich unter uns”, hat sich inzwischen um die danach folgenden Wörter verlängert. Die röhrt er so klasse heraus! Klein, aber ganz wunderbar am Schluss: Eddi, der seinen linken Arm gerade noch im Hochheben stoppen kann. Unbedingt mal drauf achten!
Das Parfum sehr schön, auch wenn ich in Clemens’ Ansage nicht verstand, wie man ein Parfum auf dem Grund seiner Seele finden kann. Bei mir liegt das unterm Bett oder hinterm Schrank, aber ich bin da wohl eher unromantisch. Vielleicht haben aber auch die guten Wünsche auf der Milchschnitte in Klettenberg (28.1.) Wirkung gezeigt? Bis zur Pause ging es schön weiter, und das Publikum war sehr zufrieden und weiterhin neugierig aufgeschlossen. Es tobte nicht gerade, aber die Stimmung war insgesamt sehr nett. Als das Licht anging, gab es die nächste Überraschung für mich: Die zierliche, gelockte Dame vor mir, die immer so ungewöhnlich tief lachte, war beim Umdrehen ein Mann. Womit würde mich Remagen noch überraschen?
Nach der Pause ein sehr schönes Bleib, wie du bist, und später ein When I’m 64, bei dem Dän spontanen Szenenapplaus nach seiner kölschen Strophe bekam. Der arme Clemens sang seine erste Zeile leider unhörbar in das Geklatsche hinein, aber er konnte nicht mehr stoppen. Auch Sari erntete begeisterten Extra-Applaus und danach gab es endlich mal Riesenapplaus und sogar Getrampel. Auch Sexbomb war ein Erfolg (besonders die Randplätze johlten begeistert mit), und Nein, nein, nein brach dann den ersten Applausrekord des Abends. Die Situation ‘Köln gegen Düsseldorf’ war anscheinend auch in Remagen ein Begriff und es wurde viel gelacht.
Schlag mich, baby kam bei den Zuschauern ebenfalls gut an, was aber irgendwie auf der Bühne nicht richtig erfasst wurde. Dän redete danach höchst ironisch von ‘Ostwestfalen’, was aber gar nicht stimmte. Es flippte zwar keiner aus, aber es wurde wirklich gut gelacht und die Stimmung war in Ordnung. Irgendwie ging das in den Tiefen und Weiten der Halle verloren und kam nicht richtig zu den Akteuren zurück. Es ging aber nachweislich keiner der Zuschauer zum Lachen in den Keller, sondern alle blieben in der Turnhalle. Das war die Remagener Rheinhalle nämlich, wenn sie nicht Konzertraum war. Darum auch die seitlichen Tribünen. Da kriegt man sonst als Zuschauer den Handball auf die Nase geknallt. Außer als Abonnent. Da darf man vermutlich auf dem Spielfeld sitzen.
Als erste Zugabe gab es den Herrjott, bei dem Eddis ‘Mundharmonika’ hallig und gewaltig loslegte und klasse rüberkam. Das gab eine Zwangspause für die Wise Guys, denn der spontan einsetzende Applaus musste abgewartet werden. Seine Solostelle brachte Eddi sehr theatralisch verzweifelt und ich war begeistert. Passte sehr gut! Bei der Ansage zu A-cappella bewies ein Zuschauer hinter mir, wie gut er aufgepasst hatte, denn er sagte mit Blick auf die Bühne laut und sicher: “Da fehlt doch einer!” Na, klar. Als Einer/Sari dann kam, war sein T-Shirt-loser Bauch noch weißer als weiß und jede Rippe warf einen Schlagschatten. Also bitte: Hier etwas weicheres Licht mit höherem Gelb- oder Rot-Anteil! Das sieht ja sonst aus, als hätte man ihn ausgesaugt. Völlig abgemagert und blutleer. Singen konnte er allerdings noch gut.
Als letzte Zugabe gab es Golden Eye, und wieder erwies sich der Zuschauer hinter mir als blitzgescheit. “Die singen ja das halbe Programm als Zugabe. Das haben die vorher alles geplant!” Männer können wirklich schlau sein! Golden Eye war wieder mal hervorragend. Es gab zwar sehr viel Hall, wirkte aber gerade dadurch spitzenmäßig. Von hinten (schrieb ich schon, dass ich in der vorletzten Reihe saß?) sah es aus wie im Kino und hörte sich auch so an. Ganz toll und sehr beeindruckend! Die Zuschauer waren ruhig und schön aufmerksam. Dabei fällt das Stück vom Stil her genauso aus dem üblichen Programm raus wie das “Parfum”, aber das macht vielleicht den Reiz aus. Supertoll!
Zusammenfassend: Ein gutes Konzert, ein nettes Publikum, etwas leise Reaktionen, aber ein sehr schöner Abend. Trotzdem werde ich nicht nochmal in die Remagener Rheinhalle gehen. Das ist mir einfach zu blöd mit den vielen bevorzugten Abonnentenplätzen.
Die wahre Liebe
Frühlingslied
Ich war noch nie bei RTL
Genurjanie Indiebarda
Zur Lage der Nation
Das Parfum
Bleib wie du bist
When I’m 64
Schlag mich, baby
Herrjott
Ich will keine A-cappella
Golden Eye