WG Konzertberichte

Wise Guys trifft … – 06.11.2000 – Sion Brauhaus – Köln … mit zwei Höhnern

WISE GUYS trifft  … Janus Fröhlich und Henning Krautmacher von den ‘Höhnern’

Mitten in der Kölner Altstadt, im Saal des Brauhauses SION, fand ein Treffen unter dem Titel “Kölsch, Kultur und Überraschungen” statt. Schon eineinhalb Stunden vorher öffnete sich die Saaltür und damit hatten die Zuschauer Zeit genug, einige Kölsch und eine zünftige Brauhausmahlzeit zu sich zu nehmen. Dementsprechend zog durch den Saal der Duft von Hämchen (Eisbein), gebratener Blutwurst und Bratkartoffeln. Die Köbese (laut Lexikon: Zapfburschen in einer kölschen Wirtschaft) verhielten sich meist vorschriftsmäßig: Gestresst, unfreundlich und leicht angewidert, wenn Wasser oder Cola bestellt wurde. Einer fiel etwas aus der Rolle, weil er außerdem die Telefonnummern netter, junger Damen notieren wollte. Da viele Zuschauer kamen, wurden einige Extra-Tische dazugestellt und es war schließlich voll, eng und gemütlich.

Die Wise Guys kamen zunächst ohne ihre Gäste auf die Bühne und sangen zur Einstimmung Do you believe (in Kölle Alaaf)  Die Akustik war nicht hervorragend gut, aber das erwartet in einem alten Brauhaussaal eigentlich auch keiner. Es war in Ordnung, und da ringsherum klapperndes Besteck, Gläserklirren und “mir noch zwei Kölsch!” zu hören war, erschien ein glasklarer A-cappella-Sound auch nicht nötig. So hatte es mehr die Atmosphäre eines “Cavern-Club”, zumal es bis zur Saal-Decke von der Bühne aus nicht sehr weit war.

Das Publikum war sehr locker und gut gelaunt. Allerdings hatten einige immer noch nicht begriffen, dass der Abend eine Talkshow und kein Wise-Guys-Höhner-Konzert war. Dän betonte es zwar am Anfang des Abends, aber bei manchen Besuchern zeigte das keine Wirkung.

Henning Krautmacher und Janus Fröhlich, Sänger und Schlagzeuger bei den Höhnern, kamen auf die Bühne und sangen mit Gitarrenbegleitung Schön, dat du do bes. (Ich habe keine Ahnung, ob es so geschrieben wird) Ein ruhiges, schönes Lied, zu dem Janus Fröhlich ein Mundharmonika-Solo ohne Mundharmonika spielte.

Danach begann die Talkrunde. Stichwort “Karneval”, so kurz vor dem 11.11. ein sehr aktuelles Thema für die Höhner. Es ging um die vielen Auftritte während der Karnevalzeit, die Liedauswahl und ob es ein Lied auch noch nachts um 12 Uhr im Gürzenich “tut”. Eigentlich sehr interessante Themen. Leider versäumten es die Höhner auch mal tiefergehende Antworten zu geben, obwohl die Zeit dazu da war. So hörten die Zuschauer meistens das, was sie eigentlich auch erwartet hatten. Das ernstere Thema “lange weg von der Familie” wurde gleich zu einem netten Lacher umgebogen und ging mit “billigen Frikadellen” weiter. Schade. Allerdings war auch ein Teil des Publikums nicht auf Zuhören eingestellt, so dass die ruhigen Töne wenig Chancen hatten.

Schön war, als Clemens nach der Bedeutung einer Textzeile aus dem Lied “Echte Fründe” fragte. Genau diese Zeile hatte für viel Verwirrung gesorgt, als ich beim letzten Karneval feststellte, dass alle sie lauthals mitsangen, mir aber keiner erklären konnte, was das heißt: “Echte Fründe stonn zesamme, su wie eine Jott un Pott.” Es gab dann zwar mehrere Erklärungen, aber alle waren unterschiedlich und keine überzeugend. Die schlechteste (von einer echten Kölnerin) war: “Die Kölner sagen eben manchmal Dinge, die sie selber nicht verstehen.” An diesem Abend wurde es von Janus Fröhlich für Clemens, mich und alle Anwesenden erklärt. In Kurzform: Früher war es klar: Es gab EINEN Gott und in der Mitte des Tisches EINEN Topf, aus dem die Familie gegessen hat. Echte Freunde stehen also so selbverständlich zueinander, wie es einen Gott und einen Topf auf dem Tisch gibt. Ist doch ganz einfach.

Es folgte Wenn der Herrjott ruft ein Höhner-Lied, bei dem die Wise Guys am Anfang unerwartet von Janus begleitet wurden. Großes Gelächter, als Eddi bei seiner Anfangs-Mundharmonika die Hände sinken ließ, der Ton aber weiter von Janus kam.

Im Talk ging es um “demokratische 5:0 Entscheidungen” im Höhner-Kreis, eine Abstimmungsform, die die Wise Guys sich nicht für ihre Gruppe vorstellen konnten. Bei ihnen reichte eine “einfache Mehrheit”, und sie kommentierten etwas verwundert: “Ihr seid bekloppt!” Beide Gruppen waren aber übereinstimmend der Meinung, dass man nach den vielen Wochen, die man zusammen verbringt, nicht unbedingt gemeinsamen Urlaub anstreben muss. Einige ungeduldige und sehr nervende “Musik!”-Ruferinnen an den vorderen Tischen wurden kurz zufriedengestellt, als Bleib wie du bist gesungen wurde, dann war Pause.

Mit dem Frühlingslied, das viel Heiterkeit auslöste, ging es weiter, dann folgte ein Sololied von Janus Fröhlich. Er stand mit einem bunten Kinderblechtrömmelchen vor dem Bauch auf der Bühne, sang lauthals ein Schlagzeug-Lied und löste bei Wise Guys und Zuschauern Lachanfälle aus. Es war aber auch so blöd, dass es schon wieder schön war. Er zählte rhythmisch völlig falsch mit und erstaunlicherweise konnte man den Refrain sofort mitsingen, auch wenn es weh tat. “Jaaaa, es hat schon seinen Sinn, zwo, drei, vier, – daaass ich Trommler in ‘ner Band bin, zwo, drei, vier….” Grausam gut.

Im weiteren Gespräch ging es um die “Entdeckung” der Wise Guys durch Janus Fröhlich, der die edle Tat aber mit dem Ausspruch relativierte: “Gutes kann man nicht verhindern, sondern nur unterstützen.” Janus Fröhlich hat die Wise Guys 1996 in der Kölner Altstadt gehört als sie Straßenmusik machten, war begeistert und holte sie als Gäste der Höhner zu einem Open-Air-Fest und in die Philharmonie. Das hat ihrer Karriere sicher den ersten Schwung gegeben und die Höhner zu verbürgten offiziellen Förderern gemacht.

Nach Zur Lage der Nation gab es ein längeres Gespräch über das Lobby-Restaurant “LORE” in der Kölner Domstraße. Dort können Berber (umgangssprachlich nicht sehr nett ‘Penner’ genannt) zu mäßigen Preisen essen gehen. Banker (alle Leute mit eigenem Konto) bezahlen etwas mehr und unterstützen das Restaurant damit. Die Höhner fördern das Projekt seit 6 Jahren und sangen das zur Eröffnung komponierte Lied Alles verlore. Sehr schön und ruhig. Von Janus Fröhlich kam die Aufforderung mal dort essen zu gehen und man konnte ein echtes Anliegen der beiden spüren. Thomas Münch vom Kölner Arbeitslosenzentrum KALZ bekam das Abendhonorar der Höhner in Höhe von 1000,- DM gespendet und die Wise Guys legten noch einen Scheck über 1000,-DM drauf.

Zum Schluss gab es ein wunderbares Hey, Kölle mit zwei Höhnern, fünf Wise Guys und einer Gitarre, danach ein schön lässiger Blues, Heim jonn mer nit (oder so ähnlich) bei dem Eddi eine wunderbar bluesige Trompete war und als sehr schöner Abschluss Echte Fründe, was von den meisten Zuschauern im Refrain laut mitgesungen wurde. Endlich wussten alle, was sie da sangen. Die Stimmung im Publikum war sehr gut, aber erstaunlicherweise nicht karnevalsmäßig.

Sofort beim Abtreten von der Bühne begannen laute Wise Guys-Rufe, was ich etwas schade und unhöflich den beiden Gästen gegenüber fand. Besonders die ungeduldigen Mädels vom vorderen Tisch wurden richtig laut. Es gab aber tatsächlich noch Zugaben. Die Wise Guys sangen Willst du mit mir gehen und When I’m 64 und ich hoffe, die Höhner mussten wirklich weg und saßen nicht weinend in der Garderobe.

Es war ein interessanter, amüsanter Abend, der bei den Gesprächen leider wenig in die Tiefe ging. Da war ein Teil des Publikums nicht ganz unschuldig, aber auch die Höhner blieben mit lustigen Bemerkungen an der Oberfläche. Ich persönlich habe gemerkt, dass die Höhner nicht nur auf laute Karnevals-Hits zu reduzieren sind, sondern durchaus leise Töne anschlagen können.

Liedliste:
Do you believe (in Kölle Alaaf)

Schön, dat du do bes
Wenn der Herrgott ruft
Bleib wie du bist
Frühlingslied
Schlagzeuglied
Zur Lage der Nation
Alles verlore
Hey, Kölle
Heim jonn mer nit
Echte Fründe
Willst du mit mir gehen
When I’m 64