Kleine & Linzenich – Mann oh Mann – 27.10.2000 – Erftstadt
Phallstudien zum Geschlechterk(r)ampf
Evangelisches Gemeindezentrum, Erftstadt-Lechenich
Der Saal im Ev. Gemeindezentrum Lechenich war wie immer eng bestuhlt und voll besetzt. Es versprach ein guter Abend zu werden, denn es stand mal wieder das Duo Nikolaus Kleine & Ferdinand Linzenich auf dem Programm. Diesmal nicht mit Texten und Gedichten bekannter und weniger bekannter Persönlichkeiten, sondern mit überwiegend eigenen Sachen. Thema: “Mann und Frau”, mit spitzer Zunge kommentiert – das musste ja einfach lustig werden!
Zu Beginn kam der Pianist Bernd Speier auf die Bühne, sagte an, sang ein Sololied und erntete johlenden Applaus, während die beiden Hauptdarsteller schon im Hintergrund standen und über den Erfolg des Pianisten säuerlich lächelten. Sie schafften ihn dann auch zügig und nicht sehr nett von der Bühne und starteten ihr Programm. Es ging im Wesentlichen um die angeblichen Hauptinteressen der Männer: Geld, Fußball, Sex. Wobei es sich in diesem Programm fast nur um den dritten Punkt drehte und darum, dass Männer möglichst viel davon bekommen möchten. Ein Klischee nach dem anderen wurde genüsslich präsentiert und das Publikum lachte sich kringelig. Es war sofort eine Superstimmung da, wie aber immer in dem kleinen Saal. Das Publikum kam jedes Mal gut gelaunt und mit dem Vorsatz, sich zu amüsieren. Sehr schön für die auftretenden Künstler.
Kleine & Linzenich stellten die Behauptung auf, dass die Welt von Frauen beherrscht würde. “Ich sehe einige Männer nicken – sofern sie dürfen”, und dass eine typische Frauenlüge der Satz sei: “Schatz, wir machen das genauso, wie DU willst!” Brüllendes Gelächter im Saal, auch wenn es manchmal etwas vorhersehbar und platt wurde. Die beiden auf der Bühne wirkten so intelligent und seriös, dass gerade der Kontrast zu ihrem vorgetragenen Schubladen- und Schablonendenken lustig war.
Besonders die Mimik von Ferdinand Linzenich war toll. Er hatte keine Angst unvorteilhaft auszusehen – sein 90jähriger Seniorenheimbewohner war großartig -, und seine Darstellungen kamen sehr überzeugend und oft zum Schreien komisch rüber. Als Gegenpart Nikolaus Kleine, der oft die Frauen in Schutz nahm und sich darum mit seinem Partner auf der Bühne kräftig fetzen konnte. Dass er größer gewachsen war als Ferdinand Linzenich, betonte er zur Freude des Publikums immer mal wieder.
Abwechselnd mit lautstarken Diskussionen wurden Texte vorgetragen und Lieder gesungen. Sehr gut dabei der Wechsel zwischen ruhigen Tönen und kräftig ausgeteilten Spitzen. Der Pianist spielte sehr gut und sah erstaunlicherweise nie gelangweilt aus. Dabei müsste er die Texte eigentlich rückwärts mitsprechen können. Er guckte aber immer freundlich und am Programm interessiert. Das machte gute Laune beim Hingucken.
Die Darstellungen eines Mannes, der von der letzten Nacht berichtete, in Varianten als Manager, Computerfreak, Alternativer und eines Kölners aus dem Ortsteil Kalk, brachten wahre Lachstürme und waren gnadenlos komisch. Zu südamerikanischen Rhythmen wurde danach anschaulich erzählt, wie unterschiedlich Männer und Frauen Geld am Automaten holen. Sehr schön Nikolaus Kleine als immer wieder grinsende Hauptdarstellerin, die atemberaubend schnell im “Handtasche-auf-Mäppchen-raus-Mäppchen-rein-Handtasche-zu”-machen war.
Viel zu schnell war das Programm vorbei und meine geliebte Zugabe: “In 50 Jahren ist alles vorbei”, von Otto Reuter wurde gebracht. Der starke Beifall verlangte eine weitere Zugabe, und mit “Sybille” wurde ein Lied gesungen, das besonders von Ferdinand Linzenich großen körperlichen Einsatz verlangte. Nikolaus Kleine feuerte ihn an: “Gib alles! Sie sind völlig paralysiert!”, und Linzenich legte eine faszinierende, schweißtreibende Performance aufs Parkett. Klasse! Viel Applaus.