Tschüss, Bonn! – Rheinische Kaffeefahrt – 06.09.2000 – Köln/Bonn
Im Doppeldeckerbus von Köln nach Bonn
Im letzten Jahr hatten wir die Tour im Doppeldeckerbus mit viel Spaß und den „Reiseleitern“ Jürgen Becker und Martin Stankowski als Probepublikum mitgemacht, und jetzt wollten wir mal sehen, wie sie als Endprodukt in ihrer offiziellen Form abläuft.
Mittwochs, 10 Uhr, an einer Kneipe am Kölner Ubierring. Wir enterten den Doppeldeckerbus und starteten Richtung ehemaliger Hauptstadt: Bonn. Mit an Bord waren der Journalist Martin Stankowski und der Kabarettist Jürgen Becker. Ein Paar, das sich sehr gut ergänzte. Der eine sorgte mit fundierten, interessant erzählten Geschichten für viel Information, der andere würzte es durch einen gehörigen Schuss Humor, so dass in idealer Weise Lernen und Lachen verbunden wurden. Außerdem gab es ein Fässchen Kölsch an Bord, das aber erst für die Rückfahrt vorgesehen war, damit wir dem Programm bis dahin einigermaßen klar folgen konnten.
Zunächst ging es mit kleinen Stories über “Anwohnerparken der Flößer” und “Nazi-Vergangenheit der evangelischen Kirche” durch Köln-Bayenthal, dann bog der Bus in eine unauffällige Straße zum Nobelviertel “Hahnwald” ein. Über den Buslautsprecher wurde “In the ghetto” von Elvis gespielt, denn hier leben die Menschen wirklich abseits der realen Wohnwelt. Allerdings nur, weil sie MEHR Geld, als die durchschnittlichen Bürger haben. Jürgen Becker richtete sein Hauptaugenmerk auf die Vielfalt der Zäune, erläuterte fachmännisch ihre Bezeichnungen und wusste einiges über Qualität und Haltbarkeit zu sagen. Namen wie “Amrum” und “Sylt” flogen uns um die Ohren und wir bekamen einen Blick für gutes und schlechtes Zaundesign. Auch diesmal sahen wir wieder keine sonnenbadenden Damen hinter den Mauern, erblickten auch niemanden, der die Garagenauffahrt saugte, hatten aber einen Riesenspaß.
Über die Autobahn ging es von Köln nach Bonn mit Musik und Stories weiter. Als wir auf den Bonner Verteilerkreis fuhren, stürzte plötzlich ein wild fuchtelnder Mann auf die Straße, hielt mitten im Verkehr unseren Bus auf und bestand darauf, einzusteigen. Natürlich entstand hinter uns sofort ein Stau!! Im Verteilerkreis! Ich hätte mich das nie getraut! Es war Fritz Litzmann in seiner Eigenschaft als Alterspräsident des Heimatvereines “Rhenania”, in einen zu engen Anzug gekleidet, die Haare seniorenhaft zurückgekämmt. (Eigentlich war es Rainer Pause, aber er ging so gut in seiner Rolle auf, dass ich ihn weiterhin Fritz Litzmann nennen werde!)
Fritz Litzmann war völlig mit den Nerven am Ende, jammerte uns die Ohren voll über das arme Bonn, die “Perle des Rheinlandes”, und sammelte währenddessen mit einem Klingelbeutel ein “Notopfer Bonn” ein, das von den Mitreisenden auch brav bezahlt wurde. Bei der Fahrt durch Bonn beklagte er das Schicksal der ehemaligen Hauptstadt, die von den Römern noch VOR Köln bewohnt gewesen war. Völlig logisch argumentierte er, dass die Römer von Italien aus erst durch Bonn kommen mussten, ehe sie nach Köln kamen. Bei einem kurzen Stopp an einem nachgebildeten römischen Kran demonstrierte er mit Jürgen Becker, wie die armen Ubier für die Römer arbeiten mussten. Es war hinreißend komisch. Fritz Litzmann im schwarzen Anzug und mit Römerhelm auf dem Kopf, brüllte herum und knallte mit einer Peitsche auf einen Ubier. Der wurde mit Hilfe eines plüschigen Autositzfelles, das über Kopf und Rücken hing, perfekt dargestellt von Jürgen Becker. Noch witziger wurde es, als die beiden danach in dieser Montur den Autoverkehr anhielten, um den Bus rückwärts auf die Straße zu winken. Grinsende Passanten sahen dem Schauspiel zu und auch wir im Bus mussten extrem lachen. Das sah einfach zu blöd aus! Sehr schön!
Den Tränen nahe sang Fritz Litzmann schaurigschön “Good bye, Rheinlands Rose” (sehr frei nach Elton John), nölte verbittert über den Umzug der Regierung nach Berlin und brach beim Anblick von zufällig zu sehenden Umzugswagen und “Zu-vermieten”-Schildern fast zusammen. Kurz bevor wir auf die andere Rheinseite fuhren, ließ der den Bus anhalten und verließ ihn fluchtartig. Viel Applaus, Gelächter und Winken verabschiedeten ihn und es war ein wirklich witziger Programmpunkt.
Mit der Rheinfähre ging es rüber, wobei unsere beiden Reiseleiter mit dicken Holzbrettern, die waghalsig in letzter Sekunde unter die Busräder geschoben wurden, ein Aufsetzen des Busbodens verhindern konnten. Spannend! Die kurze Überfahrt bei Sonne und blauem Himmel war sehr schön und es ging ganz schnell weiter bis nach Rhöndorf, unserem Ziel. Wir liefen zum Konrad-Adenauer-Haus und erhielten eine kleine Führung mit Geschichten von Martin Stankowski. Unsere Hauptfrage am Ende war: Wie kann die Familie Adenauer heute noch mit über 40 Personen plus Weihnachtsbaum plus Krippe in das Wohnzimmer passen? Darauf gab es leider keine Antwort. Dafür erzählte Jürgen Becker vor dem Haus Anekdoten von Adenauer, den er im Tonfall “wie echt” nachmachen konnte. Das passte sehr gut. Wir kamen aus Adenauers Wohnzimmer, standen auf seiner Terrasse und hörten ihn dann auch noch reden. Toll!
Auf dem Rückweg zum Parkplatz gab es einen kurzen Aufenthalt im Café Profittlich, wahlweise mit Kuchen oder Brötchen, doch als der letzte Kaffee gerade verteilt war (sie waren nicht besonders schnell!) wartete schon der Bus. Dort wurde auch endlich das Fässchen angeschlagen und mit lecker Kölsch und lustigen Erzählungen ging es zurück nach Köln.
Fazit: Eine sehr kurzweilige Fahrt in einem ungewöhnlichen Kabarett-Programm. Ist es Kabarett? Eigentlich doch mehr ‘Infotainment’, würde ich sagen. Wir haben jedenfalls sehr gelacht, viel gehört und den Vormittag entspannt genossen. Im Vergleich zur Probefahrt, die wir im Jahr davor gemacht haben, war sie viel kürzer, es fehlte aber trotzdem nichts! Sehr gut!